Toller Platz: camping Fuente de la Pascuala , wo neben den Dauercamperparzellen viel Freiraum - größtenteils unter Pinien - für Kurzzeitgäste existiert. Keine eingeteilten Parzellen - wer kommt, sucht sich ein Plätzchen aus, das gefällt und passt. Eichhörnchen flitzen spielend und Futter sammelnd unterhaltsam zwischen Bäumen und Campern umher. Vögel zwitschern, die Motorsäge kreischt ;)
Mitten im Naturpark de las sierras de cazorla segura y las villas am Fluß Guadalquivir.
Der erste Morgen unter Pinien: duschen, frühstücken, sich spontan und ohne langes Überlegen einem zufällig in der Nähe stehenden alleinreisenden Spanier anschließen (um nicht zu sagen: einfach per Überrumpelungstaktik ans Eigenbrötlerbein kleben ;)
Gemeinsam losmarschieren. Einen Weg nehmen, der keine Wanderschilder hat, von dem beide nicht wissen, wie es dort aussehen mag, weitergeht oder wo und ob er endet oder zu etwas hinführt. Er geht bergauf. Es tauchen Bienenstöcke auf unterwegs und Höhlen. Findet man hier oft. Ansonsten ist es ein Weg im Wald mit vielen Steinen. Erinnert ein bisschen an den Bayerischen Wald. Nur steiler und wärmeliebendere Pflanzen wie Rosmarin (wie überall in unglaublichen flächendeckenden Massen, Thymian, Wacholder etc.)
Mit Aus- und Weitsichten. Wald, mehrfach sich zeigenden unterschiedlichen Wildarten (Dam- und Rotwild, würde ich sagen), vielen Spuren von Wildschweinen, die sich allerdings nicht blicken lassen.
Hier entdecke ich auch die von mir als Heilkraut sehr geschätzte Zistrose und erfreue mich an ihr.
Verlassene Almen tauchen auf. Hänge voller unterschiedlicher Bäume. Viele Oliven, Walnüsse; es wird steiniger.
Bäche, klar und sprudelnd begleiten zeitweise den Weg.
Irgendwann wird klarer: bis zu einem möglichen Gipfel ist das für heute zu weit. Auch für einen Rundweg taugt die Strecke nicht. Wir werden denselben Weg zurück gehen müssen. Aber wann? Wie lange weitermarschieren. Oder doch eine Abkürzung versuchen?:
Ein kleiner Beispieldialog (aus dem Englischen übersetzt ;)
Ich: "Sag`du. Ich latsch`dann einfach hinterher"
Mitwanderer: "Stop. So war nicht der Deal. Wir haben uns gemeinsam auf einen Weg begeben und deshalb werden die Entscheidungen auch gemeinsam getroffen. Einfach hinterherlaufen ist bei mir nicht."
Ja stimmt eigentlich. Da will frau ausdrücklich nie mitblökendes Schaf einer Herde sein, bestimmt dann aber ohne Not jemanden, der darauf gar keinen Wert legt, zum Leithammel.
Das und anderes führt zum Leitmotiv des Tages: gucken wir immer auch die andere Seite an.
Und auch deshalb die Entscheidung: wir gehen genau so lange, bis wir auf die andere Seite sehen können. Immer wieder sieht es danach aus, als müsse hinter der nächsten Biegung ein Pass auf eine Art erreicht sein, dass es uns den Blick zur anderen Seite des Berges öffnet.
Doch da kommt immer noch ein die Sicht versperrender Felsen, noch eine Biegung, noch eine steile Windung ... bis wir sie endlich sehen können: die andere Seite. Sieht eigentlich ziemlich ähnlich aus. Andere Perspektive, andre Sichtachsen. In der Ferne erkennt man einen canyonartigen Einschnitt, aus dem trotz weiter Entfernung starkes Rauschen von Wasser - klingt nach Wasserfall - zu hören ist. Sehen kann man ihn nicht.
Nach einer Rast begeben wir uns auf den Rückweg. Stellen fest, dass es nicht derselbe Weg zu sein scheint wie der Hinweg. Klar: bergab geht leichter. Die Sonne ist auf einem anderen Stand. Der Blick richtet sich auf vorher nicht wahrgenommene Dinge.
Viel wichtiger aber: die ihn Gehenden haben sich geändert. Haben - redend, nachdenkend, oft auch schweigend, philosophierend, politisierend, argumentierend, frotzelnd und witzelnd - andere Seiten gesehen und gefühlt. Unerwartete. Neue. Insbesondere an sich selber. Eingefahrene für wahr gehaltene und vor allem auch selbst gewählte Verhaltens- und Denkmuster gedanklich nochmal befreit.
Zum eigenen und gegenseitigen Erstaunen festgestellt: das geht auch noch im fortgeschrittenen Alter und mit etwas exzentrischer gewordenen Charakteren, was mensch fast verloren glaubte: urplötzlich tiefe Nähe erleben, sich gegenseitig wichtiges geben können. Besonderes fühlen. Es zulassen.
Nein, keine Sorge: ich vorenthalte den Lesern keine Erotik- oder Lovestory. Es gibt Ebenen, bei denen die Tiefe nicht bei Hormonen stoppt sondern weiter geht. Gibt's nicht nur im höheren Alter - dann aber vielleicht sogar besser.
Aber bevor ich endgültig in esoterisches Geschwurbel abgleite, belasse ich es mit der Erkenntnis: es gibt wunderbare Tage im Leben, die manchmal genau dann stattfinden, wenn es in keiner Weise zu erahnen war und genau dort, wo keine Wegweiser und Hinweisschilder auf irgendwas existieren.
1 Kommentar:
STAUN!!!
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