21 Mai 2023

Eine Nacht unter Sternen im Woid

Aus Gründen kann bzw. soll zu den zum Festhalten der Eindrücke geposteten Bildern und Filmchen (noch) keine ausführliche Geschichte erzählt werden. Obwohl es sie gibt ;)



Die ehemaligen Klostergebäude in Gotteszell haben bessere Tage gesehen


Es tobt der Frühling allerorten


Manche Ortsnamen sind Programm



Mit Topographischer KartenApp macht der Woid noch etwas mehr Spaß


Fund (vom Wildnisliebhaber zurückgelassen?) im Wald


Typische Wege


am Regensburger Stein


Selfie muss auch mal wieder sein. Kamerablick gen Regensburg


Höchster Punkt der Tour am Klosterstein


Die Himmelsfarbe kündigt den Abend an


Einigermaßen passendes Plätzchen gefunden


Das übliche Packchaos bricht aus


Ist kein Regen angesagt, kann auch auf Tarp noch verzichtet werden, so dass der Blick in den später sternenübersäten Himmel frei bleibt.



Die bestimmenden Geräusche der windigen und traumreichen Nacht: knirschende, quietschende und krachende Baumkronen (bleibt bloß da oben, ihr Äste!), mehrfache Duette zwischen  Kauzmännchen und Kauzweibchen; also lautes  *huhuuuuuhu* und *kihiit* direkt über den Ohren und das deutlich vernehmliche Brummen der kreuzenden Flugzeuge am Nachthimmel. In den Dämmerungen dazu der zum Namen der Gegend passende Vogelsang (leider keine Nachtigallen wie sie im Donautal zu hören waren).



Mit gutem Schlafsack bleibt‘s kuschelig


Wassermangel ist im Woid eher kein Problem



So eine Zivilisation mit Tisch und Bänken hat schon auch ihre Vorteile


Aber vom Wald gibt‘s im Woid mehr


Viel mehr!


Und sauberes Wasser für die Morgentoilette reichlich.


Blumen, Blüten und noch unreife aber eine reiche Ernte versprechende BlauBeeren im Überfluss.


18 Mai 2023

schlafloses Frieren im oberen Donautal - zweiter Streich

Wenn Begeisterung und Elan für eine Sache mich mitreißen, schlage ich durchaus gerne mal in überschäumendem Übermut ordentlich über die Stränge und neige zur massiven Selbstüberschätzung. Werde dann aber auch meistens schmerzhaft flott wieder auf den steinigen Boden der Realität zurückgeholt.

In diesem speziellen Fall hielt ich mich nach der ersten frierfreien und regelrecht als kuschelig empfundenen Übernachtung im Freien bei Nässe und ungemütlichen Temperaturen sofort für die ultimative Outdoor- und Survival-Spezialistin. Packte für‘s dreinächtige Outoor-Wildnis-Gruppenwochenende im oberen Donautal einen wesentlich dünneren Schlafsack ein, verzichtete auf die zusätzliche Biwaksack-Unterlage und auf die Thermo-Unterwäsche aus Angora sowieso. Spart ja alles ordentlich an Gewicht und was hat eine Yeti-Outdoor-Spezialistin wie ich schon zu fürchten?! HA!



Diese Ausbildungseinheit hatte drei Tage und Nächte ohne feste Behausung über dem Kopf und unter so weit wie möglicher Vermeidung zivilisatorischer Nähe  zum Inhalt. Alle benötigten Lebensmittel wurden mitgeschleppt. Zweimal am Lagerfeuer dort vorhandener Biwakstellen gegrillt (mit beim Amt eingeholter Genehmigung dafür und auch für die Übernachtungen an angemeldeten Orten. Grill: ich zwei dicke Kartoffeln einfach in die  Glut gepackt - lecker!!!).  Außerdem waren ein Gas- oder Spiritus-Campingkocher für je zwei Personen vorhanden. Sägen, Messer, Kompasse, Wasserfilter, Kerzenlampen und einiges mehr an unter den Teilneher:innen aufgeteilter Gruppenausrüstung gehörte ebenfalls dazu. 

Geschlafen wurde unter Tarps, wobei ich eigentlich wie auch die anderen für ein zweier-Tarp vorgesehen war. Mir aber im Vorfeld ein Regenponcho-Tarp-Kombination für eine Person gekauft hatte und diese ausprobieren wollte.


Die kleine, etwas dunklergünere Plane auf dem Foto ist mein zum Tarp umfunktionierter Regenponcho. Weil ich dem dünnen Ding nicht recht traute und für den Fall, dass es ernsthaft regnen sollte, nah an der Asylmöglichkeit des größren Tarps mit nur einer Person aufgestellt.

Die Nacht war - die Eisheiligen ließen grüßen - kalt. Bis 5°C gingen die Temperaturen runter. Dazu feuchte Luft, immer mal wieder leichter Regen (großen Dank an alle freundlichen Mächte des Universums, dass wirklich heftiger Regen und Gewitter entgegen der Voraussage ausblieben und es immer nur ein bisschen fieselte oder die Güsse kurz waren!).

Sehr schnell war mir klar: Übermut tut mir nicht gut! Es fehlte mir an warmen Utensilien. Der dünne Schlafsack eher auf laue Sommernächte ausgelegt wärmte sich in keinster Weise auf. Auch nachdem ich quasi alle mitgeführten Klamotten übereinander angezogen und Tücher um den Kopf geschlungen  hatte, fror ich wie die sprichwörtliche Schneiderin. Keine Chance auf Schlaf. Eine durchlittene komplett schlaflose Nacht mit mehreren Pinkel- und gegen die Krampfneigung im-Wald-Rummarschier-Einheiten ließ mich morgens wie ein Elendshäufchen Kaffee schlürfend Abbruchphantasien aushecken.

Die am Tag feucht gewordenen Socken waren auch im Schlafsack noch nicht vollständig getrocknet. Überhaupt ist es nicht gemütlichkeitsfördernd, um sich herum nur feuchten Wald mit nassem Laub, Moos, schlammigem Boden zu haben, darauf die Sachen auszubreiten und anschließend Anteile des Waldes in Rucksack, Schlafsack und sonstigen Klamotten spazierenzutragen. Puh! Bin ich doch zu alt für den Quatsch?  Oder zu mimosig?


Die Landschaft im oberen Donautal ist eine Wucht. Voll der Hammer! Gigantisch! Wilde Felsformationen, Höhlen, saftig-bunt-grüne Wälder und Wiesen, weite Ausblicke auf Burgen, Klöster und Schlösser …

Aber es gibt von mir fast keine Fotos von unterwegs. Denn: ich war mit dem Zug und Deutschlandticket angereist und plante auch, auf diesem Weg wieder zurückzufahren. Eine Wildnis bietet keine Lademöglichkeit (ich zumindest besitze kein leichtes Solar-Ladegerät und sowieso machte die Sonne sich in diesen Tagen mehr als rar), beim Gepäck muss an jedem Gramm gespart werden, so dass ich nur eine kleine Powerbank mitschleppte und das Handy weitgehend einfach ausgeschaltet im Rucksack verstaut hielt. Lediglich bei den längeren Pausen dockte ich digital immer wieder kurz an die zivilisierte Welt an, checkte kurz Nachrichten, schrieb selber ein paar, machte ein paar Fotos und steckte das Smartphone wieder ein. 

Um abzubrechen musste ich ja nun ohnehin erstmal weiterwandern und eine Andockstelle an die Zivilisation finden. Gelegenheit wäre gewesen … aber das Wandern wärmt. Tagsüber war ich zwar müde und schlapp. Es wurden viele Höhenmeter in beide Richtungen bewältigt und einiges an Strecke. Dazwischen immer wieder Orientierungsübungen und diverse Lerneinheiten. So richtig gut ging es mir den ganzen Tag über nicht. Aber ich wusste: ein Ausstieg würde mich aktuell zwar entlasten, im Nachhinein aber mit Sicherheit ärgern. Also schaltete ich den schon bei schwierigen Läufen bewährten „Kartoffelhirnmodus“ ein und machte einfach - so denkfrei wie möglich - weiter mit.




Nacht 2: Inzwischen vertraute ich meinem Planenfähnchen doch soweit, dass ich es sogar „zum Land hin“ geöffneter etwas abseits der Gruppe nah am Hochwasser führenden Donauufer aufbaute. Mit Befestigung auch über Baumanbindung, was bequemer ist als viele Stöcke, Leinen und Anker zu zurren. Starkregen war ja nicht angekündigt. Die Gruppenrunde auf nacktem Boden bzw. später im Stehen leicht vor mich hin trappsend  - an diesem Platz war offenes Feuer nicht erlaubt -  brachte mich wieder in den eingefrorenen Klappermodus zurück. Kalte Füße, zitternder Körper, vor Klappern schmerzhaft verklemmter Kiefer … ich fürchtete mich vor der Nacht, stellte aber als mein persönliches Tagesresümé und Lernheit auch vor der Gruppe fatalistisch fest: „Irgendwie gewöhnt man sich sogar ans Frieren.“

Und wie sagte ein Mitwanderer dazu: „Stimmt! Ab einem bestimmten Grad an Müdigkeit schläft man auch nass und frierend.“

Was ich in dieser Nacht praktisch bestätigen konnte: kuschelig warm wurde ich nie. Aber irgendwie ging‘s dann soweit, dass mehrere kurze und oberflächliche Schlafeinheiten ein gewisses Maß an Erholung brachten. Nachts hörte ich es mehrmals laut ins Wasser platschen: nicht weit von mir entfernt befand sich eine Biberburg. Am Morgen weckte mich ein vielstimmiges und melodienreiches Vogelkonzert. Stechmücken waren - um auch mal das Positive zu erwähnen - noch keine aktiv und es verirrte sich auch in all den Tagen keine Zecke zu mir (lag‘s am Einreiben mit Kokosöl im Vorfeld oder Zufall?)


Hier war auch das Laub trockener, die Temperatur betrug ca. 7°C und die Lage war geschützter. Welch Luxus! 

Beim Frühstück mit Rührkaffee tauchte ein blauer Eisvogelblitz mit lautem Schrei direkt vor mir in der Donau nach Beute ab. Der Tag war gerettet! Weiter konnte es gehen.



Viele Höhenmeter, spannende Wege




 Mit einem Abstecher in „Teufels Küche“



Dritte Nacht: hier durfte wieder an einer dort vorhandenen Feuerstelle ein Lagerfeuer entfacht werden. So wirklich auf flachem Boden sitzen war für mich persönlich aber kaum noch möglich: Arthroserücken, Muskelkater und weiterhin eher kühle Gesamtkörpersituation führten dazu, dass ich mich schon möglichst früh unter mein Planenfetzchen zurückzog.




Diesmal mehrere hundert Meter von den Mitwanderern entfernt. Denn diese Nacht fand wieder in einer Höhe von ca. 800m üNN statt und noch dazu bei einer ausgesetzt stehenden Burgruine bzw. an einem hohen Abbruchkantengrat und nasser Wiese rundherum. Nur wenige ebene Flächen und wenn, dann sehr luftig. So zog ich mich etwas abseits alleine ins Unterholz zurück. Wieder gelang es mir, trotz empfundener Kälte einige unterbrochene Stunden zusammenzuschlafen. Morgens weckte mich wieder ein Vogelkonzert samt Regenguss.

Obwohl ich diesmal meine Utensilien schon deutlich organisierter verstaut hatte und unterwegs immer recht zielgenau fand, was ich gerade suchte und brauchte … diese räumlich doch sehr begrenzten trockenen Plätze unter minimalistischem Planenfetzen … die sind eine Packherausforderung. Alles irgendwie trocken lagern trotz Aus-, Um- und Zusammenpackens. Anziehen, ausziehen, Schuhe, Socken, Bänder und Leinen, Heringe für‘s Tarp, Kocher, Kleinkrams … jeweils morgens und abends war es doch immer wieder spannend und manchmal auch leicht wirr. Hat aber funktioniert. Nichts kam abhanden und so ein bisschen nass vom runtertropfenden Regenwasser wurde der Schlafsack gottlob erst am letzten Tag. Könnte bei längeren Outdoortouren und Niedrigtemperaturen aber ein Killer werden …

Ein halber Wandertag stand noch an, dann ging es nach einer gemeinsamen Stärkung am Imbiss in Fridingen an der Donau (war die Falafel wirklich so gut oder ich nur so hungrig? Oder beides?) im Auto eines freundlichen Mitwanderers  aus der Nähe von München und nach-Hause-Bringers wieder in Richtung Alltag, warmer Wohnung mit Bett, Herd, Badewanne! und natürlich viel, viel Schlaf!