10 November 2022

Andalusien Teil II - die „Großen“

 Der erste Teil meines „andalusischen Jahres“ fand im Frühling mit dem Wohnmobil statt und führte mich - siehe Tagebuch - bewusst an den zentralen und bekannteren Städten Andalusiens  nur vorbei. 

Diesmal so (Anflug + Bus im Land):


Große Zentren mit Mobil zu erfahren ist kompliziert, zeitraubend und gerade in südlichen Ländern oft schon rein atmosphärisch staubig und unattraktiv. Ansehen wollte ich sie mir aber trotzdem und so buchte ich über einen Reiseveranstalter eine entsprechende Exkursion. Die in der Woche Ende Oktober/Anfang  November während der bayerischen Herbstferien stattfand. 

Trotz den Ferien geschuldeter langer Warteschlangen am Flughafen lief alles fluffig und störungsfrei ab, die 24 (bzw. incl. Reiseleitung 25) Personen zählende Gruppe traf am frühen Samstag Nachmittag komplett und wohlbehalten in Málaga ein. Wo ein gemieteter Bus uns einlud und zum ersten Übernachtungshotel  in Granada brachte. Alle drei Hotels wiesen 4* auf, waren zwar sehr unterschiedlich in Ausrichtung, Aufmachung und Zielgruppe aber letztlich alle komfortabel und nix gab es zu meckern ;)

Wollte ich über jeden Besuch ausführlich oder auch nur oberflächlich aussagekräftig schreiben, müsste ich mindestens für jeden Tag einen eigenen Eintrag erstellen. Was ich nicht möchte und daher auch nicht tun werde. 

Vorweg ein Fazit: es war lohnenswert und richtig, die berühmten andalusischen Baudenkmäler und Sehenswürdigkeiten nicht nur per Bildern im Internet oder auf Kunstdrucken anzusehen sondern livehaftig ihre Größe und Ausstrahlung, die reiche Geschichte und ihren Wechsel vor Ort zu erspüren. Bilder fangen es manchmal ahnungsweise ein, das Fühlen klappt aber nur vor Ort. Und nur dort finde ich auch die dazugehörigen Geschichten, Anekdoten etc. so interessant, dass ich ihnen begeistert zuhören kann. Ob davon was hängen bleibt … steht auf einem anderen Blatt ;)

Den ersten Abend in Granada (=Granatapfel) mit Übernachtung in der Innenstadt nutzte ich für einen schnellen Spaziergang zum Erhaschen erster Bilder und Eindrücke.





Am zweiten Tag waren die Sehenswürdigkeiten Granadas oder zumindest einige davon an der Reihe (bei jedem der besuchten Orte hatte ich jeweils das Gefühl, dieser alleine wäre mehrere Besuchstage wert um ihm auch nur annähernd gerecht zu werden). Allen voran selbstverständlich die nahezu unbeschreibliche „Alhambra“, wo der dortige andalusische Fremdenführer und Nachnamensvetter von mir eine absolut gelungene weil spannende, lehrreiche und facettenreich-humorvoll vorgetragene Führung bot. 

Übrigens immer mit „Knopf im Ohr“  bei den Teilnehmenden und technisch gestützter Übertragung auf bestimmter Frequenz, was dort und anderswo Vorschrift ist und für ein lärmfreies Ambiente trotz relativ hoher Besucherzahlen garantiert. Und als Zuhörende_r kann mensch sich auch trotzdem frei von der Gruppe mal wegbewegen ohne etwas zu verpassen. Sehr angenehm!


Die Karten für die Alhambra und auch für viele andere der sehr stark besuchten Sehenswürdigkeiten müssen teilweise lange im Voraus fest gebucht werden. Sogar mit fest zugeteilten Zeitslots und in Bindung an den Ausweis, der auch überprüft wird (verhindert Schwarzhandel). Insofern ist der Besuch über einen Reiseveranstalter ein großes Plus in dieser Hinsicht, da es bei diesen vielen besuchten Orten extrem mühsam und vor allem zeitaufwändig in Vorbereitung und Reisedurchführung geworden wäre, es individuell zu gestalten.

Abends dann der Besuch einer Flamenco-Aufführung und in abendlichen Spaziergang eingebundene  Besichtung der beleuchteten Alhambra bei Nacht im Mondenschein. Die Temperaturen auch nachts und in den Morgenstunden durchgehend sommerlich. Passend für kurze Ärmel und Sommerkleider.





Córdoba - auf der Durchreise




Nicht zu glauben eigentlich, wie viele Besichtigungen, Wissensbausteine und Geschichten sich in einen Kurzbesuch auf der Durchfahrt integrieren lassen. Córdoba war die Stadt, deren Geschichte im Grunde den Ausschlag bzw. Anstoß gab für mein „andalusisches Jahr“. Und zwei große Eis incl. heiterem Dialog plus Spaziergang konnte ich auch noch unterbringen neben den besuchten Sehenswürdigkeiten, denen voran mit vollem Recht die den Atem raubende Mezquita steht.


Sevilla - Hauptstadt Andalusiens


Sevilla ist: lebendig, modern, traditonell, groß, heiß, bunt, voller Kunstgeschichte, Sehenswürdigkeiten und Geschichte(n). Parks, Blüten, Weite und Raum. Ein großer Fluss, der Guadalquivir (schon in Córdoba aber vor allem als junger Fluss schon im Frühling gesehen und genossen).  Sehens- und erlebenswert!

Das schreibt eine, die mit Großstädten nicht viel am Hut hat. Die Geschenkartikelläden, Geschäfte, Menschen, Bars etc. eher mühsam findet in der Regel. Hier fand ich es stimmungsvoll. Klasse. 




Auch viel Frömmigkeit zeigt sich dort. Marienverehrung im Alltag gelebt und untergebracht auch bei vielen jungen Menschen. Ungewöhnliche Eindrücke. 

Wenn ich meine Fotos so betrachte, scheinen sie den Eindruck zu erwecken, dort sei alles eher grau und steinlastig. Tatsächlich ist Andalusien ein „heißes Pflaster“. Im Sommer sind Temperaturen bis 50 Grad im Schatten keine Seltenheit. Minustemperaturen kennen nur die Gebirgslagen. Es fliegen Papageien, wachsen Palmen und natürlich gibt es viele trockene Ansichten. Aber durchaus auch viele Blüten, Farben und Buntheit. Meterhohe blühende Oleander säumen kilometerweit die Autobahnen, vielfarbige Bougainvillea umranken Häuser, Paläste und Zäune … es blüht allerorten. Und in allen Städten stehen unfassbare Mengen an dicht mit Früchten behangenen Zitrusbäumen. Größtenteils aber die bitteren Pomeranzen. Auf dem folgenden Bild nur eine kleine Auswahl:



In Sevilla blieben wir vier Nächte und unternahmen von dort mehrere Busausflüge in die Umgebung. 


Ausgrabungsstätte Itálica: Trümmer gucken ;)



Cádiz




Acht Tage sind nicht viel und so muss es weitergehen. Ein Durchreisen-Halt in:

Ronda



Eine Stadt in spektakulärer Lage. Um das entsprechende spektakuläre Schlucht-Foto hinzubekommen, musste ich Stierkampfarena und Reisegruppe flott hinter mir lassen und mich sputen, um zur Ansicht zu gelangen und auch noch einen Spaziergang in Traumlandschaft mitnehmen zu können.




Die Weiterfahrt führte durch die Eindruck hinterlassende Sierra de las nieves nach Torremolinos, wo sich das Hotel für die letzte Übernachtung vor dem Rückflug ab Málaga befand. Vor dem Rückflug allerdings noch ein Ausflug ins nahe gelegene







Picasso-Museum … ist natürlich Pflicht. Und toll! 


Als aber die Gruppe vor die Kathedrale geführt und für deren Besichtigung 1,5h gewährt wird, überfällt mich jäh eine Art kathedraler Overload. Ich mache auf dem Absatz kehrt, suche auf Google-Maps den nächstgelegenen LIDL-Discounter … oute mich hiermit zum guten Schluss also noch als Vollproll ;-p .. entscheide: „schaffbar!“ und eile los ins etwas schmucklosere Wohnviertel nebenan. Von wo ich mit einer bewusst gewollten Ausbeute (ich war ja im Frühling schon bei hiesigen Discountern und hatte auf der inneren Agenda tollen Käse, einen bestimmten Wein, hochwertiges Olivenöl und qualitativ hochwertige Schokolade mit 95% Kakaoanteil … wollte ich unbedingt mitbringen, was im begrenzten Rahmen der fliegbaren Kapazitäten lag, wenn es denn ginge. Und nun ging‘s. Öl und Wein wanderten in den nun absolut prall gefüllten Koffer. Käse und Süßkram ins Handgepäck.

Am Sicherheitscheck des Flughafens bescheinigte die kontrollierende Dame, die mich samt Käse-Schokotasche zielsicher aus der Schlange pflückte, akribisch Käse für Käse in die Hand nahm und vor Restpublikum untersuchte, letztlich einen guten Käsegeschmack. Na also :o)





Ein kleines Resümee allegmeinphilosophischer Art auch noch:

Gruppenreisen dieser Art haben ganz bestimmt ihr Gutes und ihre Berechtigung. Ich habe vermutlich ein Vielfaches mehr gesehen und gelernt als ich in derselben Zeit im Alleingang hätte sehen und lernen können. Viele nette „Kleinigkeiten“ und „Nebengeschichten“, wie ich sie mir ja ohnehin besser merken kann als Jahreszahlen und historisch bedeutsame Namen, Kunstwerke und ähnliches.  Und ganz bestimmt ist jede Gruppe bei jeder Reise anders in Grundstimmung und Zusammensetzung.

Zwei Ehepaare mussten aufgrund positiver Corona-Befunde vorzeitig abbrechen (vermutlich im Flugzeug eingefangen, die Infektion. Denn auf dem Rückflug war die Besetzung des eher kleinen Flugzeugs weitgehend identisch wie auf dem Hinflug und nicht wenige der Mitreisenden husteten nun heftigst. In Spanien gibt es keine Test- und Quarantänevorschriften mehr, so dass es nicht gegen Regeln verstößt, wenn Infizierte mitfliegen).

Bei dieser Reise war ich altersmäßig am unteren Rand; durfte mich also regelrecht jung fühlen ;) und erstaunt feststellen, wie fit manche bis MitteAchtzigerInnen noch sind an Kopf und Körper. Dieser Umstand stört(e) mich nicht. Die insgesamt aber weitgehend distanzierte „Siez-Haltung“ traf nicht wirklich mein Lebensgefühl. 

Was ich genossen habe, war das „umsorgt werden“: sowohl im Hotel als auch bei den Führungen. Die Infos, die ich mir nicht mühsam erlesen musste, die Pläne, Buchungen und natürlich die Versorgung mit immer tollem Essen und Getränken. Das nicht denken und nicht kümmern müssen. 

Worüber ich aber ebenfalls froh war: dass ich ein Einzelzimmer hatte und immer wieder auch Gelegenheiten, mich zurückzuziehen und von der Gruppe stundenweise abzusetzen. Um mein Bedürfnis nach mehr Ruhe, Landschaft, Bewegung außerhalb von historischen Gemäuern und marmorgepflasterten Innenstädten zu befriedigen. Um auch mal durch Wohnrandgebiete und Parks zu streunen. Hier und da - viel zu selten - spanische Sprache anzuwenden und egal wie winzige menschliche Begegnungen mit Zufalls-über-den-Weg-laufern zu erleben, was in geschlossener Gruppe schlicht nicht möglich ist. Schon wenn man zu zweit reist, reduzieren sich solche Episoden drastisch. Nach denen mir aber der Sinn steht und die ich unterwegs jeweils besonders genieße.

Heißt: jedes Ding hat seine Zeit. Meine persönliche Zeit wird aber bei kommenden Urlauben erstmal wieder im personell kleineren Rahmen - bis hin zu sicher auch mal wieder ganz  alleine ;)  verplant werden.






















30 Oktober 2022

Diverse „lagos“ im Oktober. Oder: zwei sweet little sixties auf Reisen

 Bisschen noch Sonne und Süden tanken, so war die Devise. Der Anfang am Kochelsee mit einem runden Geburtstag in den dortigen Trimini-Thermen. So gingen denn für die weiteren 12 Tage eine fast noch und eine ganz  und gar frische Sechz‘gerin auf Seenreise.


Standplatz der ersten beiden Nächte auf der Mistplatte einer ziemlich alternativ daherkommenden Hofgemeinschaft in Schlehdorf, die unter dem Label „Alpacacamping“ auf eher privater Basis Stellplätze für kleinere Wohnmobile vergibt. Am ersten Abend mit mehrstündiger Brass-Banda-Band-Beschallung aus der offenen Scheune und der offen gebliebenen Frage: „Wo kommen eigentlich die vielen Alt-Neu-Hippies im 60er-70er-Jahre-Wollpullover-Outfit her? Hüpfende Kinder mit orangebunt gestrickten Mützen inclusive. Ein bisschen wie aus der Zeit gefallen.


So leer blieb die Mistplatte nur sehr kurze Zeit. Denn am zweiten Abend fand ein Kontakttanz-Event statt, deren TeilnehmerInnen unser Mobil dicht an dicht zuparkten. Großzügiger Stellplatz geht anders. Der Spaß für einen stolzen und eher futuristisch aus der Zeit fallenden Preis von 40 Euro pro Nacht. Ohne WLAN! („Funktioniert im Moment nicht“)  aber immerhin mit Strom und sauberen Toiletten. Der Stellplatzmangel der Umgebung macht‘s möglich ;)

Weil das aber schon irgendwie wieder ziemlich speziell und unsere Laune gut war, ging der Spaß als prima Urlaubsstart durch :o)


Nächster Stellplatz auf 1300m üNN in der Schweiz. An selbigem nix zu meckern. Spitzenaussicht, nette Leute, Dusche und Toilette im Container sauber, neu und beheizt.

Zu meckern lediglich generell an der Schweiz  (irgendwas ist ja immer): Sämtliches Guthaben auf allen drei im Auto befindlichen Handys war anschließend auch dort leergelutscht, wo nicht einmal irgend etwas genutzt, angewählt oder versucht wurde. Schon das bloße Einwählen ins Netz ohne jegliches sonstige Tun verbrauchte an dem einen Tag in der Schweiz stolze fünfzig Euro. Und auch nur deshalb nicht mehr, weil keine automatische Aufbuchung aktiviert war. Uff! Schwein gehabt. Telefonieren, Surfen also an diesem Tag nicht möglich da von den Schweizer Datenwegelagerern ausgeraubt.


Ein herrlicher Sonnenaufgang beim morgendlichen Joggingründchen.


Cannobio. 

Trotz vier dort verbrachter Tage und Nächte habe ich es versäumt, den Stellplatz oder die durchaus sehenswerte kleine Stadt mit Flair am Lago Maggiore zu fotografieren.


Bilder gibt‘s also nur von den Ausflügen und Spaziergängen.



Palmen, Eidechsen, Maroni, viel Sonne, viel Aussicht.



Ein Ausflug - mit dem Bus allerdings - führte in die größte Stadt am Lago Maggiore: Verbania.



Einige hübsche Blickfänge und Eindrücke gab es … neben viel Autokrach und Autostink und enger, wenig ansehnlicher Stadt. Fazit: nett, dort gewesen zu sein. Für die Zukunft aber verzichtbar.




Ein abendliches Joggingründchen zur malerischen Brücke.

Den mit einer Fähre besuchten Markt auf der gegenüberliegenden Seeseite … habe ich wieder nicht geknippst. War aber irgendwie nicht anders als jeder Straßenmarkt in beliebiger anderer Stadt Europas, würde ich sagen. Wer sowas mag, mag Spaß haben. Für mich: wieder nett, es gesehen und erlebt zu haben aber künftig auch eher verzichtbar.

Für den Folgetag sind Regenmassen angesagt. Wir packen zusammen und ziehen weiter.



Stellplatz am Lago d‘Iseo. Sehr nett. Platz unter Pinien- und Olivenbäumen. Gute Pizza.


Schöne Umgebung, atmosphäroische Spaziergänge mit trotz trüben Wetters wunderbaren Ausblicken.



Wir begnügten uns mit den Höhen und verzichteten auf Versuche, über‘s Wasser zu gehen.


Auch hier: rundherum viel Bergwelt.



Am Folgetag der Beschluss: nicht wieder über von Industrievierteln umsäumte und tunnelreiche Autobahnen Richtung Trentino bzw. Südtirol weiterzufahren sondern einen serpentinenreichen Bergpass mit durchaus auch engeren Straßen gewählt. 

Kleines nervenraubendes Zwischenspiel: eine verklemmte und in Folge qualmende und stinkende Kupplung. Glücklicherweise letztlich glimpflich ausgegangen.

Unterschlagen werde ich weitestgehend den „Kalterer See“ - der ist in meinen Augen nunmal gleich komplett und gänzlich verzichtbar. Schwamm drüber. Auch über den Umstand, dass sowohl in Meran als auch in der näheren Umgebung alle Stell- und Campingplätze auf Wochen ausgebucht waren und wir weiterziehen mussten. Dann eben nicht … und einmal über den Brenner gestaut.


… ins Stubaital. 

Stellplatz prima, schöne Tour aufs Kreuzjoch.




Irgendwie hab‘ ich die Bergtouren ja doch vermisst.


Und war und bin noch immer glücklich, dass 1200 Höhenmeter auf typischen Bergpfaden wieder problemlos klappen.


Immer dabei natürlich: die „Majas“ der EnkelInnen und der Lisa-Tragestock. Poliert und beschriftet zum Geburtstag vom besten Ehemann von allen. 


Herbstgold und Muskelkater am Folgetag zum Urlaubs(erster Teil)ende. So gehört das!




08 Juli 2022

Ingolstadt

Endlich! Schon seit für meine Verhältnisse ewigen Zeiten wollte ich mir Ingolstadt anschauen. Irgendwann hatte mir jemand erzählt, es sei - dafür, dass es so unbekannt ist und die meisten Münchner es nur als hässliche Außenansicht von Ferne von der Autobahn aus kennen - unerwartet interessant und sehenswert und mit einigem Flair versehen dazu. 

Als fünftgrößte Stadt Bayerns kennen es die meisten Auswärtigen als Autostadt (Audi), für das wohl riesige Outlet-Center vor den Toren (kann ich nicht beurteilen, interessiert mich nicht) und ansonsten gar nicht. Mir war erzählt worden, dieses Image würde der lebendig-attraktiven Stadt in keiner Weise gerecht und so nutzte ich mein 9-Euro-Ticket zur Überprüfung vor Ort.

Trotz Warnungen auf dem Bahnportal vor Überfüllung der Regionalzüge fand ich sowohl auf Hin- als auch auf Rückfahrt jeweils angenehme Sitzplätze - wobei es in der Tat gerammelt voll wurde in den Bahnen - und alle Verbindungen kamen fahrplangetreu auch an.

Lange angedacht aber dann doch eher spontan verwirklicht, hatte ich keine konkreten Vorbereitungen für den Tagestrip getroffen, schlenderte nach Busfahrt vom Bahnhof einigermaßen ziel- und planlos kreuz und quer. Bis ich die Asamkirche in der Innenstadt betrat - mir war bekannt, dass es sie gibt .. mehr nicht.

Am Eingang war von "Kasse" und "3 Euro" die Rede bzw. die Schreibe. Aber als ich den Geldbeutel zückte, klärte mich die sehr sympathische Kassenfrau darüber auf, dass an diesem Tag und während der gesamten Zeit des momentan stattfindenden Stadtfests (es wurde zum Teil noch aufgebaut mit vielen Bühnen, Buden und temporären Einrichtungen) alle Museen in Ingolstadt kostenfrei besichtigt werden können. Na super! Prima Termin getroffen :-) 

Nach Durchschlendern und Betrachten der Kirche - die mich übrigens nicht allzu sehr inspirierte - bedankte ich mich nochmal bei der Frau, sie freute sich, wir kamen ins Plaudern und ich fragte sie aus einem spontanen Impuls heraus:

"So! Sagen Sie: was mache ich jetzt am besten mit den paar Stunden, die mir mein 9-Euro-Ticket-Besuch noch für Ingolstadt übrig lässt? Außer Asam-Kirche weiß ich hier eigentlich nix. Was würden Sie sagen, das ich mir heute noch ansehen sollte?"

Ihre Antwort ist verantwortlich für diesen Blogbeitrag. 

Einschub / Randanmerkung

Denn: meine Bloglust tendierte in den nachurlaubs-Monaten gegen Null. Natürlich gab es hier und da Unternehmungen, Besichtigungen, Veranstaltungen etc., aus denen sich einige Momentaufnahmen hätten extrahieren lassen. Aber es war mir den Zeitaufwand nicht wert.

Einschub-Ende

Was also war die für mich zunächst erstaunliche Antwort der Asamkirchen-Kassenfrau? Sie sagte:

"Dann gehen Sie unbedingt ins Medizinhistorische Museum in der Anatomiestraße!"

Ichso: "öööhhh" ... Medizinhistorisches Museum? Hmpf ... "Da wäre ich jetzt mal so gar nicht drauf gekommen" ... Mit Begeisterung und Nachdruck wurde mir vom Jubiläum der Universität, der Ausstellung und der wirklich tollen Gestaltung ebendieser erzählt, von dem schönen Gebäude, dem tollen Kräutergarten und dass man dort in wirklich guter Atmosphäre sitzen und Kaffee trinken könne ...  so dass ich nach kurzem Erstaunen mich bedankend entschied:

"Okay! Wenn Sie das sagen, dann mache ich jetzt genau DAS und gehe dahin. Vertraue Ihnen einfach mal ohne Hinterfragen.  Ich habe schließlich gefragt und eine unerwartete Antwort bekommen. Schon deshalb werde ich das jetzt machen und mir die medizinhistorische Ausstellunge angucken. Basta!"

Wir plauderten noch ein Ründchen. Von der Asamkirche und auch von Ingolstadts wirklich nett-atmosphärischer Innenstadt habe ich übrigens keine Fotos gemacht weil ich inzwischen der Meinung bin: die besseren Fotos von den üblichen Ansichten touristischer Standardziele gibt's im Internet oder in Fotobuchbänden. Mir müllen sie nur Festplatte, Cloud, Blog und Tageszeit zu. 

Dann schlenderte ich durch die Altstadt zum Medizinhistorischen Museum, das - by the way erwähnt - 2021 den Bayerischen Museumspreis gewonnen hat. Verdient, würde ich sagen.

Um mich nicht zu sehr in begeisterten Inhalten zu verlieren: selten habe ich einen besser, unterhaltsamer und inspirierender besprochenen Audioguide gelauscht. Anfangs noch misstrauisch, was denn bei einer ollen Steintafel so interessantes zu hören sein würde, wählte ich - die Buchstaben am Anfang eines Rundgangs haben ja doch die höhere Chance, auch gedrückt zu werden - die entsprechende Nummer und erfuhr, dass eine andere, leider nicht mehr erhaltene Gedenktafel schon vor Jahrhunderten eine Inschrift trug, laut derer der Tod selber hier zu Grabe getragen wurde. Und zwar von der Medizin, die ihn bald überflüssig machen würde. Diese Hybris! Dieser Erzählstil ... schon war ich auch innerlich mitten in der Medizingeschichte angekommen, lauschte hingerissen allen Kapiteln des Audioguide und knipste dann doch endlich diverse Exponate. 


Hier zeige ich nur die "harmlosen" Exponate. Die wirklich gruseligen mit Gänsehauteffekt - insbsondere aus der Geburtsabteilung -  lasse ich aus. Irgendwie finde ich gut, gesehen zu haben, dass es sowas gibt. Naturgetreue farbige Zeichnungen bzw. Gemälde übrigens z. B. von einer bei der Geburt verstorbenen sehr jungen Frau nach oder während der Sektion. Mit allen Einzelheiten vom Gesichtsausdruck der gerade Verstorbenen fast noch kindlichen Frau bis zum geöffneten Bauch, dem darin noch befindlichen ebenfalls toten Ungeborenen und den anatomischen Einzelheiten von Gebärmutter, Muttermund etc.. Das ist schauderhaft in seiner Realität. Im Blog möchte ich es aber nicht abfotografiert zur Schau stellen.

Viele, viele Exponate rund um dieses Thema von Nottaufenspritzen für das noch Ungeborene, das wohl gleich sterben wird samt vieler ähnlcher Hebammenausrüstungsgegenstände über Gebärstühle, Seziertische, Pestmasken, Missbildungsopfern ... puh .. harter Stoff zum Teil. Insbesondere in Begleitung mit den über Audioguide ergänzenden Erläuterungen, Anekdoten, Hintergründen ...

Gelernt dazu - ich zumindest hatte es vorher nicht gewusst: 

  1. Titel eines Bereichs der Ausstellung lautet:
    "Der berühmteste Student Ingolstadts hat nie existiert - Dr. Frankenstein"
    Die englische Schriftstellerin Mary Shelley hat ihre Geschichte von Frankenstein - einem neuen Wesen in Ungestalt, geschaffen aus Leichenteilen vom Wissenschaftler,  Mediziner, Professor der Ingolstädter Uni und diesem schließlich sich verselbständigend über den Kopf gewachsen, - in Ingolstadt handeln lassen. An der dortigen Medizinischen Fakultät.
    Kannte die Autorin den Grabstein, laut derem der Tod zu Grabe getragen werden sollte von der Medizin und hat sie das inspiriert? Wir wissen es nicht. Aber spannend ist das allemal.

  2. der Orden der Iluminaten (auch Goethe war Mitglied),  der durch Aufklärung, Vernunft und sittliche Verbesserung die Herrschaft von Menschen über Menschen überflüssig machen sollte, auch er wurde in Ingolstadt an der dortigen Uni gegründet. Weisheit für alle? Gleichberechtigung? Keine Macht mehr den Mächtigen? Geht ja gar nicht! Wurde natürlich verboten und würde auch heute schnell auf der Liste der Verfassungsschützer landen.

Auch der Kräutergarten und die Außenanlagen - wie versprochen stimmungsvoll. Mit surrenden Bienen samt Bienenstock, Schmetterlingen, Seerosenteich .. sehr hübsch!


 
 
Ingolstadt hat vieles von dem, was Städte in Bayern stimmungsvoll macht: einen Fluss (Donau) mit schöner Uferpromenade, überdurchschnittlich viele und auch sehr schön gestaltete Parks und Grünflachen, bunte Giebelhäuser in der Innenstadt, großzügige Fußgängerzonen mit auch noch individuellen Geschäften zwischen all den Ketten. Gemütliche Restaurants, Cafés, Außengastronomie, eine Eismanufaktur. Lecker! ... ich durchschlenderte alles genießend und ohne die Kamera bzw. das Handy zu zücken. Aber dann, direkt neben dem Rathaus und auf zentralstem Platz der Innenstadt, zwischen all der Bayernnostalgie ... dann kam DAS:
 
 
Dieses gruselige ... Ding! Schandwerk! ... es steht in der Mitte der Innenstadt. Zentral. Blickfüllend. Völlig irre!
 
Ich war aus einer Straße direkt gegenüber frontal darauf zugesteuert und hatte es ohne Vorwarnung in Vollansicht. Wie angewurzelt und mit runterklappender Kinnlade leicht hysterisch kichernd starrte ich das Monster - Frankenstein ist ein Scheiß dagegen! - komplett von den Socken an.

Das kann doch nicht sein! In welcher Art von geistiger Umnachtung ist sowas jemals genehmigt worden? Josef Beuys-Kunstaktion oder was? Ich habe mich (noch) nicht darüber schlau gemacht. Aber immerhin hat es dieses ... dieses ... ja, was sagt man eigentlich zu sowas? .. Ungetüm ... vermocht, mich doch nochmal zur Kamera greifen zu lassen. So irre, dass es fast schon wieder gut ist :o)

Das war für mich Ingolstadt: hübsche Altstadt an der Donau mit Uferpromenade, hübschen Häusern, viel Kunst am Wegesrand, Leben, jung und bunt. Dazu international und vielsprachig. Ich mag das!  Viele Grünflächen, Parks, Anlagen. Theater, Bühnen, junges Volk. Scheußliche Ausreißer der Architektur.  Interessantes Museum, aufgeschlossene Menschen, gutes Wetter.  Ein schöner Tag.

 



17 Mai 2022

Rückweg, Wellness, Urlaubsende und ein Resümee

Am Freitag den 13. Mai kam ich kurz vor Mitternacht wieder in München an. Nach drei Wochen unterwegs. Exakt notiert habe ich mir die gefahrenen Kilometer nicht. Aber es waren irgendwas um die fünftausend, vermutlich ein paar mehr davon, die die Räder in dieser Zeit gerollt sind. Die letzten 2.200 Kilometer mit Dauerwarnmeldung des Motors: bei jedem Start ein Piepen mit der mehrfachen Aufforderung, den Motor kontrollieren zu lassen. Dauerhaft leuchtende Motorkontrollleuchte. So richtig entspannend ist das nicht. Nach Recherche entschloss ich mich aber, die Kontrolle auf die Zeit in Deutschland zu verschieben (steht noch aus).

Die längsten Fahrtage gingen mit acht Stunden auf der Straße durch. Inclusive tanken. Pausen habe ich dabei sehr selten und wenn, dann extrem kurze gemacht. Wollte ich an einem konkreten Ziel ankommen, habe ich auch meist komplett  durchgezogen. Nach solchen Tagen blieb für nicht viel mehr Zeit als zum Platz beziehen, bisschen auspacken, essen, vielleicht ein kleiner Spaziergang und einige Sachen besorgen.

Häufiger waren die Distanzen und damit auch die Fahrtzeiten kürzer. Vier oder sechs Stunden pro Ortswechsel. Einige Male auch nur drei Stunden. Summa summarum müsste ich aber deutlich mehr als 60 Stunden rein fahrend verbracht haben. Im Mobil ist das für mich noch erträglich. Als nicht allzu begeisterte Autofahrerin - besser gesagt: ungern lange  Stillsitzerin - finde ich das im Nachhinein betrachtet viel zuviel. 


So erreichte ich nach einem dieser langen Rückfahrttage - noch dazu bei Hitze und auf nicht-Autobahnstrecken mit dicht in beide Richtungen aneinandergereihtem Dauer-Fernlastverkehr - ein kleines Örtchen "Digoin", von dem ich bei der Entscheidung, auf einem dort angezeigten Wohnmobilstellplatz (eine Art Volksfestplatz mit noch vielen Schaustellern und anderen Fahrzeugen), nicht mehr wusste, als dass es sich in Frankreich und an meinem Weg befindet.

Ich war groggy. Fertig. Müde. Nach mehreren Tagen des Dauerfahrens grunderschöpft. Und beschloss, mich keinen Meter mehr aus dem Mobil wegzubewegen. 

Wenig später: "mal auf Google-Maps gucken, wo ich eigentlich bin, wie weit es morgen noch sein wird etc." und was sehe ich: nur wenige Meter hinter mir bzw. hinter diesem großen Platz fließt die Loire.


Hmmm ... okay, dann eben doch noch einen Abendspaziergang machen. 

Ein einziger großer Chor aus Vögeln und quakenden Fröschen empfängt mich am Fluß. 

In der Richtung "weg von der Fernverkehrstraße" befindet sich ein extrem naturbelassenes Naturreservat mit wuchernden Pflanzen, vielen Tieren und es verläuft auf einer Brücke über die Loire ein schiffbarer Kanal. 


Leider hat die Schleuse schon geschlossen und so gibt es an diesem Tag keine Fotos mehr von Schiffen, die auf Brücken über den Fluss fahren (ich kenne es von der Kanalüberführung über die Ems nahe Münster und auch nahe Magdeburg fahren Schiffe im Kanal über die Elbe. Immer wieder eine Besonderheit, finde ich.) So brachte mir der zweistündige Abendspaziergang doch noch einen unerwarteten Erholungseffekt und Balsam für die geschundene Autofahrerinnenseele.


Das Froschkonzert aus den Feuchtgebieten quakte mich an diesem Abend in den Schlaf.


Balsam für die Agnostikerinnenseele auch die von außen eher klobig wirkende Ortskirche, die sich innen als stimmungsvoll, angenehm kühl und - man erkennt es auf den Fotos nicht wirklich - erhaben-anrührend erweist. Ein kleines Vorab-Dankeschön von hier ging an alle höheren Mächte für die bisher glücklich und weitgehend reibungslos verlaufene Reise.

Am Folgetag begab ich mich gegen 10:00 Uhr auf die letzte "Auslandsetappe" und erreichte ca. vier Stunden später Müllheim in B-W.


Ahhh - eine Eisdiele! Entspannen! eine ruhige und gut sortierte Fußgängerzone, einladende Restaurants ... und ich stelle fest: ich bin hier sozialisiert. Fremde und neue Eindrücke schön und gut. Aber die hiesige Infrastruktur ... sie liegt mir doch näher und kommt meinem Alter entgegen. Diesen Nachmittag genieße ich sehr. Übernachte auf einem Wohnmobilstellplatz nahe einer Sportanlage am Ortsrand und stelle fest: gut besucht! Außerhalb der Ferien und an einem Donnerstag stehen hier in diesem mir vorher nicht bekannten Städtchen über ein Dutzend Wohnmobile (aus D, F und der CH).



Auch für die Thermen-Infrastuktur sind nicht nur meine alternden von Arthrose geplagten Gelenke empfänglich, sondern auch die Bewohner der angrenzenden Länder. Mindestens die Hälfte der Gäste - eher mehr - sprechen Französisch. Alle Beschriftungen und Erklärungen sind in Deutsch und Französisch gehalten. So schließe ich mit einem Besuch der Cassiopeia-Therme in Badenweiler am Freitag den 13. Mai meinen Urlaub quasi so ab, wie ich ihn gestartet hatte. 

Denn: was im Blog noch nicht auftauchte, da das "Tagebuch" erst in Katalonien begann: die erste Urlaubsübernachtung hatte in Bad Saulgau stattgefunden mit einem anschließenden Besuch der dortigen  "Sonnenhof-Therme".




Auch in Müllheim und Badenweiler wachsen Palmen und übrigens auch große Rosmarinsträucher (ohne Foto). Warm ist es auch. Ziemlich sogar. Ein Wärmegewitter hinterlässt Schwüle.


Trotzdem beschließe ich, das endgültige Urlaubsende (und der dazugehörigen nochmal fünfstündigen Fahrt auf überfüllten deutschen Freitag-Abend-Autobahnen mit Staus und Baustellenchaos) noch zugunsten einer kleinen Wanderung hinauszuzögern. Schöne Wanderwege gibt's hier schon auch. Viel Grün. Und: Ausschilderungen ;)


Ausblicke in die Weite und sogar Höhlen in den Felsen. Alles da.



*

Kleines Resümee zum guten Schluss

In den drei Urlaubswochen habe ich viel gesehen, erlebt und auch einiges daraus mitgenommen. Bin aber vor allem viel gefahren. Zuviel! für meinen Geschmack und meine Neigungen. Von den exorbitanten Diesel- und Mautkosten mal ganz abgesehen. Alleine davon hätte ich anderswo einen Luxusurlaub verbringen können.  Daher wird eine solche Tour in diesem Format vermutlich nicht mehr wiederholt sondern anders angegangen. 

So, dass weniger Tage im Auto und auf Strecken verbracht wird. So, dass mehr "Ankommen" und "Dort sein" stattfinden kann.

Heißt konkret: frühestens in Rentenzeiten - sollte bei mir dann noch das Bedürfnis danach vorhanden sein - werde ich derartige Strecken nochmal im Wohnmobil zurücklegen. Mit deutlich mehr Zeit.

Die jetzt noch üblichen max. drei zusammenhängenden Urlaubswochen auf kürzere Ziele verlegen oder eben mit anderen Transportmitteln als Auto oder Wohnmobil planen.

Also ab jetzt: Schwarzwald, Harz, Bayerischer Wald und Böhmerwald, Pfalz, Kärnten, Tirol und andere Gegenden Österreichs .. und es gibt ja noch die Schweiz, viele Ziele in Italien ... auch mit weniger Kilometern lassen sich tolle Gegenden finden.  Bei drei Wochen Zeit würde ich den Fahrradius keinesfalls mehr höher setzen als 1.000 Kilometer (eine Woche: max. 500 Kilometer, zwei Wochen max. 800 Kilometer ... so irgendwie ...). Immer mit der Tendenz: drunter bleiben.

Klar: alle genannten Ziele sind weniger "wild" als die viel weniger übervölkerten Länder des Südens, sind enger, sind oft wegen hoher Nachfragen vorzubuchen oder - außerhalb der diversen Ferienzeiten - kalt, nass und nur mit Glück "wohmobilkuschelig" für eine wie mich, die Wärme, Freiheit, Natur aber auch und insbesondere viel Licht schon im Frühling oder wieder im Herbst liebt. Aber die Infrastruktur in vielen Dingen ist komfortabler. Wie sagt der Volksmund so treffend: "Du kannst nicht alles haben." Oder um es mit Kurt Tucholsky auszudrücken ( aus "Das Ideal"): 

"Ja, das möchste!

Aber, wie das so ist hienieden:
manchmal scheints so, als sei es beschieden
nur pöapö, das irdische Glück.
Immer fehlt dir irgendein Stück.
Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;
hast du die Frau, dann fehln dir Moneten –
hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer:
bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.

Etwas ist immer.
Tröste dich.

Jedes Glück hat einen kleinen Stich.

Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Daß einer alles hat:
das ist selten."

(1927)



Einige Stichpunkte und Randgedanken auch noch - einfach mal so zusammenhanglos in den Raum geschrieben:


  • Autofahren: die Tempolimits in F und E  (130 km/h auf Autobahnen und 90 km/h auf Landstraßen, weitgehend 30km/h innerorts) empfinde ich als extrem entspannend und den Verkehrsfluss beruhigend und entstressend. Ist in D wirklich lange überfällig! (by the way: obwohl ich mir wirklich Mühe gegeben habe, alle Regeln einzuhalten, ist mir wohl ein Tempolimit-Schild durchgeflutscht. Gestern kam die schriftliche Forderung aus Spanien, 50 Euro zu überweisen, weil ich mit 105km/h geblitzt wurde, wo 90km/h erlaubt waren).

  • Die Spanier habe ich so als Rundumeindruck (mir ist bewusst, dass es alle Sorten an Menschen überall gibt aber es gibt nun auch oft gegendtypische Gesamteindrücke) als extrem entspannte, freundliche, gelassene und auch als Autofahrer sehr rücksichtsvolle Zeitgenossen erlebt (die Franzosen auf der Durchreise nicht ganz so ...). Gefördert wird dies  beim Autofahren wohl auch durch eine Infrastruktur, die Rücksicht vielerorts erzwingt. So sind die Zebrastreifen fast überall nicht nur aufgemalt sondern auf erhöhte Fahrbahnschwellen verlegt, die ein Abbremsen davor schlicht erzwingen. Überhaupt finden sich in Ortschaften viele dieser den Verkehrsfluss verlangsamenden Schwellen, Rüttelstreifen etc. Find' ich gut. Will ich hier auch haben!

  • es gibt auf den innerländischen Autobahnen dort deutlich mehr "Grün- und Wildbrücken" als in Deutschland. Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck. In Frankreich waren auf der letzten Autobahn genau von diesen sehr viele aktuell im Bau. Es ist mir schon 2019 in Kroatien aufgefallen, dass dort mehr davon als hier vorhanden sind. Dabei ist Deutschland doch viel "vom Verkehr zerfressener". Wieso hat ein derartig wohlhabendes Land so wenig für seine Wildtiere übrig? Oder was sehe bzw. interpretiere ich falsch?

  • Betrifft: die noch viel kleineren Wildtiere: in Spanien hatte ich - trotz Monokulturwüsten und vieler sehr trockener, pflanzenarmer Landstriche - permanent von toten Insekten zugekleisterte Windschutzscheiben, Scheinwerfer, Kennzeichen ... ich musste so oft es ging putzen und  schrubben (gar nicht so einfach bei einem so hohen Mobil), der gelegentliche Regen kam gelegen für bessere Durchsicht. Alles  an der Mobil-Vorderfront war schwarz, braun, gelb, orange und rot zugebatzt von Insektenmatsch und Insektenblut. Abgesehen davon, dass mir auch der Tod dieser kleinen Viecher ans Gewissen ging ... immerhin zeigt das: es gibt davon ziemlich viele.
    Auch viel viel mehr Vögel, Reptilien etc. hört bzw. sieht man unterwegs auch dort, wo keine Naturparks sind. Auch dort, wo es eher industriell, verkehrslastig, monokulturig zugeht. Wie kann das sein? Es wird sich oft darüber beschwert, dass in diesen Ländern Vögel zum Essen gefangen werden. Ja klar - mag unschön sein. Aber immerhin gibt es da welche. In Deutschland scheinen sie großflächig gleich vergiftet zu werden.
    Denn: es ist auffällig - nach Verlassen des Loire-Gebiets schon in Frankreich auf Deutschland zu  zeigte sich kaum noch neuer Insektenbatz auf dem Fenster. Stetig abnehmend. Und kaum in Deutschland angekommen: VORBEI! Alle paar Stunden mal eine Mücke, ein Falter oder irgendwas. Aber weit weg von den Dauereinschlägen vorher. Sehr auffällig. Daher die Frage: was wird in Deutschland anders gemacht, dass die alle tot sind? Dass es kaum noch Kleinleben in der Luft gibt? Hier ist es viel grüner, scheint optisch viel lebendiger, was Pflanzen und Bewuchs angeht. Aber: kaum Insekten, kaum Vögel. Finde ich bedenklich.


10 Mai 2022

on the road again - von Andalusien bis in die Pyrenäen

 Montag, 09. Mai - Dienstag 10. Mai

Der Abschied fiel mir fast ein bisschen schwer. Aber nützt ja nix. Am späten Vormittag war ich startklar: die Kefirknöllchen gefuttert und gefüttert, nochmal den Abwasch erledigt, Pipibox geleert, Tisch und Stühle sowie das Interieur zusammengelegt und verstaut, Kabeltrommel und Stromutensilien verstaut, die zu kühlenden Sachen samt Kühlakkus vom Kühlschrank in die Box im Heck umgepackt, Fahrrad zusammengeklappt und verstaut, Platzkosten - für die 5 Nächte gerade mal etwas über 80 Euro - bezahlt ... es kommt doch immer einiges zusammen bei diesen Platzwechseln.

Die Strecke führt zunächst  noch viele Kilometer auf engen gewundenen Sträßchen durch  den Naturpark, an einigen Miradores (Aussichtspunkten) halte ich noch für ein paar Abschiedsfotos an.


Bis beim auch sehr hübshen! Örtchen Puerta de Segura die Straßen wieder etwas komfortabler werden. Wobei das relativ ist. Ich habe mich entschlossen, nicht wieder die schnellere Küstenstrecke heimwärts zu rollen sondern auf eine etwas mittigere Alternative durchs spanische Hinterland zu setzen. Eine grandiose Entscheidung! Am liebsten würde ich an jeder zweiten Ausfahrt rausfahren (Haltebuchten bzw. Möglichkeiten für schnelle Stopps an Autobahnen, Schnellstraßen oder auch kleineren Landstraßen existieren hier quasi nicht oder so gut wie gar nicht. Jeder Halt ist mit Mühen verbunden, die Tankstellen genau dort, wo es mal so gar nix zu knipsen gibt.

Und ich will ja vorwärts kommen. Der nächste Halt soll in Teruel , der Hauptstadt der mir vorher  komplett unbekannt gewesenen Provinz Aragonien stattfinden und die Erfahrung hat gezeigt, dass es mehr bringt, sich einen Ort etwas intensiver vorzunehmen und dafür nicht an jeder Kirche, jedem Aquädukt, jedem Canyon oder ausgeschilderten Kloster anzuhalten. Obwohl es reizt. Von der STraße aus sieht man reichlich davon, noch mehr  Ausschilderungen zu  irgendwas  sehenswertem und überhaupt erfahre ich, dass ich mich städnig auf irgendwelchen "Routes touristicos ... irgendwas" befinde. Naturparks sind ausgeschildert, die Landschaften wechseln sich mit drastischen Veränderungen ab - eine beeindruckender als die andere. 

Vorbei ist es mit den Monokulturen. Hier im Hinterland - und schon dafür hat sich diese Route gelohnt - gibt es alles: steppenartige Hügellandschaften, felsige Gelände,  größtenteils Hochebenen - ich bewege mich fast den ganzen Tag auf Straßen um die 1000 Meter üNN - ein Pass zeigt 1300 Meter an. Es wechseln sich in schneller Folge auch landwirtschaftlich genutzte Flächen: Wein, Obstbäume, Oliven und viel Getreide - immer wieder ab. Zwischen den Bäumen, an Straßenrändern und auf den Brachen wahre Blütenmeere. Es  dominiert dunkelroter Mohn. Meist gemischt mit vielen Gelbtönen aber auch Rots und Blaus kommen immer wieder als Farbspiele dazwischen, daneben und miteinander vor. Das Fahren auf den sehr leeren Straßen ist ein Genuss. Ab und zu der Wunsch vorhanden, in eine der Landschaften auch einzutauchen. Aber es wartet ja die Weltkulturerbestadt Teruel auf mich.

Gegen 17:00 Uhr erreiche ich den kostenlosen Wohnmobilstellplatz am Stadtrand. Ist okay. Ziemlich  viele Wohnmobile  - so 30 etwa. Scheint ja wirklich zu lohnen, der Besuch hier.

Erwartungsvoll begebe ich mich mit dem ausgepackten Rädchen auf den Weg ins ca. drei Kilometer entfernte Stadtzentrum. Es ist eine hügelige  Landschaft, auf die Teruel gebaut  wurde, so  dass es massenhaft alte und neue Viadukte gibt. Einige sogar übereinander. Ich  habe nur das erste und vermutlich bedeutungsloseste  fotografiert:


Danach kam ich ins Altstadtzentrum. Schon auf dem Weg dorthin war mir aufgefallen, wie voll und verstopft mit Autos alle Straßen sind. Kaum Radwege, hier und da mal kleine Schnippsel. Vor dem Altstadtzentrum  lässt es sich noch einigermaßen auf den breiten Fußgängerwegen fahren. Aber man merkt, dass hier in Teruel alles  auf Autos  abgestimmt ist. Es knubbelt  sich, staut sich, macht irre Krach und ... ich bin gestresst.

Vermutlich lag es in erster Linie daran, dass mir diese Stadt nichts geben konnte und ich sie nicht würdigen. Auch im Zentrum war es voll, eng und hier hatte ich Verständnis dafür, dass viele Menschen Schutzmasken trugen: trotz der eigentlich freien Höhenlage stank es erbärmlich nach Abgasen. Und wo nicht das, wehten massive Parfumdüfte der Passanten immer wieder in mich stressender Strenge in die Nase. Eine spezielle Mode dieser Stadt oder fällt mir das sonst nur weniger auf?

Es gibt sie tatsächlich, die geschichtsträchtigen Gebäude. Ich habe mein Rad im Gewühl einkaufender Menschen daran vorbeigeschoben. An Fahren war nicht zu denken. Denn die Innenstadt ist voller Läden aller Art. Eine einzige Shoppingmeile. Wer darauf steht: hier gibt's alles - auch diese edelnamigen Boutiquen. Besonders den hier angebauten Wein, Würste und riesige Mengen vom  Jamon de Teruel könnte man an jeder Ecke  kaufen. Aber schon weil ich auf der Autobahn gleich mehrere sehr alte und in keiner Weise mit Kühlvorrichtung oder sonstigen Erleichterungen dieser furchtbaren Tierqual aussgestatteten Schweinetransporte gesehen habe, dreht es mir beim Gedanken daran Herz und Magen um. 

Mir ist nach nichts von alledem. Denke mir: die Bilder von den Sehenswürdigkeiten sehen im Internet irgendwie schöner und beeindruckender aus. Lasse das Handy stecken. Nicht ein Foto  habe ich mehr gemacht. Auch als ich am "Mausoleo  de los amantes", dem Mausoleum der zwei Liebenden, vorbeikomme und es noch geöffnet ist, habe ich kein Bedürfnis, es zu besichtigen. Auch die davor kostenlos zu sehende Statue  der beiden, die von einigen Touristen fotografiert wird, lasse ich unbeachtet. 

Die  Liebesgeschichte der beiden (angeblich - ich finde  ja, es sind Zweifel erlaubt, ob  die Liebe nach den Jahren des Wartens noch auf Gegenseitigkeit beruhte), so  eine spanische Romeo und Julia- Story, ist reichlich merkwürdig. Wie das Mausoleum aussieht, sehe  ich auch im Internet ... ich bin ungnädig, grantig, habe keine Lust  mehr auf Stadt, Gestank, alte Gemäuer, Andenkenläden .. und schiebe zurück zum Wohnmobilplatz  im Gewerbegebbiet am Stadtrand. 

Wach werde ich mitten in der Nacht. Denn  nebenan ist ein Parkplatz für Lastwagen, die ab  vier Uhr in der Früh auf Fahrt gehen. Nicht ohne vorher  erstmal den Motor  im Stand ein paar Minuten laufen zu lassen. Trotzdem schlafe ich nochmal ein und begebe mich nach einem Lesestündchen  zum Kaffee gegen 10 Uhr auf die Weiterfahrt. Bloß keine Stadt  mehr - soviel steht für mich fest. Mein Pensum an größeren Menschenansammlungen ist - Kulturerbe hin oder her - für diesen Urlaub  gedeckt.

Bleibe trotzdem bei dem Entschluss - ich könnte nochmal wieder umswitchen - nicht die Küstenstrecke zu nehmen sondern eine im Inland. Vorbei  an Zaragoza durch die Pyrenäen.



Wieder tolle und sich heftig abwechselnde Landschaften. Ausgeschilderte Naturparks, von denen vermutlich jeder einzelne für einen Urlaub gut wäre. Wieder nur sehr wenige Halts für ein paar wenige Bilder. 



Jetzt bin ich wieder in den Pyrenäen. Diesmal aber "so  richtig" mittendrin. Die Straßen teilweise echt heftig: enge Serpentinenstrecken, auf denen mir hier und da gelgentlich mulmig wird. Insbesondere, da mir auch ab und zu Laster oder Busse entgegenkommen. Nicht überall passen zwei Fahrzeuge aneinander vorbei. Man muss vorausschauend fahren und rechtzeitig, wenn man auf der Gegenfahrbahn jemanden kommen sieht, in eine der teilweise abenteuerlichen Haltebuchten ausweichen. 

An manchen Stellen, wo man wegen überhängender Felsen nicht um die Kurven sehen kann, sind Spiegel installiert. Es fährt sich anstrengend und gut, dass mein Mobil doch noch halbwegs wendig und kurz ist. Auf einer der Straßen ist die eine Straßenhälfte wohl durch Wasserunterspülung - von der Straße aus sind mehrere Flüsse und auch beeindruckende Wasserfälle an den Felswänden zu sehen (keine Chance auf ein Foto) - einfach weg. Da ist ein riesiges Loch ins Nichts. Die Stelle wurde bereits "gesichert", indem die weggebrochene Hälfte mit solchen rot-weißen Hütchen abgegrenzt wurde, zwei Ampeln davor und dahinter stehen, so  dass die Straße ein paar hundert Meter lang nur noch einspurig an der weggebrochenen Stelle vorbeiführt. Da kann mensch schon mal kurz schlucken und hoffen, dass es nicht genau in dem Moment weiterbröckelt, wo man selber dort entlangrollt.



Trotzdem bin ich froh, diese Strecke genommen zu haben. Beeindruckende Landschaft hier im Naturpark der hohen Pyrenäen schobn vom Mobil aus.



Nachdem ich die Serpentinen und einige Tunnel hinter mir gelassen habe, werden die Haltemöglichkeiten an den Straßen auf französischer Seite deutlich großzügiger. Auch sind die Straßen nicht mehr gar so eng.


Als ich - wieder ist es 17:00 Uhr und wieder war es ein langer Tag auf der Straße - im kleinen Talort Sarrancolin  einen ausgeschilderten Campingplatz  entdecke, steuere ich ihn an. Die Einfahrt ist mit einer Kette verschlossen, er sieht extrem ruhig aus. Ich bemühe den Google-Translator, mit dessen Hilfe ich mir  die benötigten Sätze für den Einstieg zurechtlegen lasse - eigentlich ganz einfach - sie mir merke und als ich  tatsächlich auf dem Gelände, auf dem ich die einzige Camperin zu sein scheine, eine Frau finde, die zuständig  ist, bringei ch sie an.

Super Sache: der zunächst misstrauische Blick verfliegt, sie erklärt mir  alles auf französisch und ich tue so  als würde ich mehr als nur die Hälfte verstehen (dafür reicht mein verstaubtes Schulfranzösisch gerade noch und Strom, Toiletten etc. ... ist eigentlich leicht und immer dasselbe) und als dann meine aktiven Sprachkenntnisse doch versiegen, besteht  schon eine sprunghaft angestiegene Bereitschaft auf der Gegenseite, die weitere Kommunikation in diversen Mischformen zu gestalten.

Gelernt: lege dir  in Frankreich - und anderswo  ist das sicher auch nützlich - für den Einstieg  eines Gesprächs zwei, besser drei, souveräne französische Sätze bereit: Begrüßung, höfliche Floskel und eine sachliche Frage z. B. und schon ist die weitere Kommunikation mit welchen Ausdrucksweisen auch immer geritzt.  Und wie meine Französischlehrerin in der Schule dermaleinst vor deutlich mehr als 40 Jahren mir sagte und was ich nie vergaß: "Dein Französisch insgesamt ist  alles andere als zufriedenstellend. Aber deine französische Aussprache ist wirklich sehr schön!" Damit punkte ich auch heute noch. 


Das Örtchen ist klein, liegt im Talkessel. Die Sonne verschwindet also früh. Aber warm und geschützt ist es, was auch die freiwachsenden Palmen zeigen. Ich bin ohnehin müde. Schnell zum Abendessen noch den Blogeintrag einstellen ... dann geht's morgen weiter.