Der erste Teil meines „andalusischen Jahres“ fand im Frühling mit dem Wohnmobil statt und führte mich - siehe Tagebuch - bewusst an den zentralen und bekannteren Städten Andalusiens nur vorbei.
10 November 2022
Andalusien Teil II - die „Großen“
30 Oktober 2022
Diverse „lagos“ im Oktober. Oder: zwei sweet little sixties auf Reisen
Bisschen noch Sonne und Süden tanken, so war die Devise. Der Anfang am Kochelsee mit einem runden Geburtstag in den dortigen Trimini-Thermen. So gingen denn für die weiteren 12 Tage eine fast noch und eine ganz und gar frische Sechz‘gerin auf Seenreise.
Standplatz der ersten beiden Nächte auf der Mistplatte einer ziemlich alternativ daherkommenden Hofgemeinschaft in Schlehdorf, die unter dem Label „Alpacacamping“ auf eher privater Basis Stellplätze für kleinere Wohnmobile vergibt. Am ersten Abend mit mehrstündiger Brass-Banda-Band-Beschallung aus der offenen Scheune und der offen gebliebenen Frage: „Wo kommen eigentlich die vielen Alt-Neu-Hippies im 60er-70er-Jahre-Wollpullover-Outfit her? Hüpfende Kinder mit orangebunt gestrickten Mützen inclusive. Ein bisschen wie aus der Zeit gefallen.
08 Juli 2022
Ingolstadt
Endlich! Schon seit für meine Verhältnisse ewigen Zeiten wollte ich mir Ingolstadt anschauen. Irgendwann hatte mir jemand erzählt, es sei - dafür, dass es so unbekannt ist und die meisten Münchner es nur als hässliche Außenansicht von Ferne von der Autobahn aus kennen - unerwartet interessant und sehenswert und mit einigem Flair versehen dazu.
Als fünftgrößte Stadt Bayerns kennen es die meisten Auswärtigen als Autostadt (Audi), für das wohl riesige Outlet-Center vor den Toren (kann ich nicht beurteilen, interessiert mich nicht) und ansonsten gar nicht. Mir war erzählt worden, dieses Image würde der lebendig-attraktiven Stadt in keiner Weise gerecht und so nutzte ich mein 9-Euro-Ticket zur Überprüfung vor Ort.
Trotz Warnungen auf dem Bahnportal vor Überfüllung der Regionalzüge fand ich sowohl auf Hin- als auch auf Rückfahrt jeweils angenehme Sitzplätze - wobei es in der Tat gerammelt voll wurde in den Bahnen - und alle Verbindungen kamen fahrplangetreu auch an.
Lange angedacht aber dann doch eher spontan verwirklicht, hatte ich keine konkreten Vorbereitungen für den Tagestrip getroffen, schlenderte nach Busfahrt vom Bahnhof einigermaßen ziel- und planlos kreuz und quer. Bis ich die Asamkirche in der Innenstadt betrat - mir war bekannt, dass es sie gibt .. mehr nicht.
Am Eingang war von "Kasse" und "3 Euro" die Rede bzw. die Schreibe. Aber als ich den Geldbeutel zückte, klärte mich die sehr sympathische Kassenfrau darüber auf, dass an diesem Tag und während der gesamten Zeit des momentan stattfindenden Stadtfests (es wurde zum Teil noch aufgebaut mit vielen Bühnen, Buden und temporären Einrichtungen) alle Museen in Ingolstadt kostenfrei besichtigt werden können. Na super! Prima Termin getroffen :-)
Nach Durchschlendern und Betrachten der Kirche - die mich übrigens nicht allzu sehr inspirierte - bedankte ich mich nochmal bei der Frau, sie freute sich, wir kamen ins Plaudern und ich fragte sie aus einem spontanen Impuls heraus:
"So! Sagen Sie: was mache ich jetzt am besten mit den paar Stunden, die mir mein 9-Euro-Ticket-Besuch noch für Ingolstadt übrig lässt? Außer Asam-Kirche weiß ich hier eigentlich nix. Was würden Sie sagen, das ich mir heute noch ansehen sollte?"
Ihre Antwort ist verantwortlich für diesen Blogbeitrag.
Einschub / Randanmerkung
Denn: meine Bloglust tendierte in den nachurlaubs-Monaten gegen Null. Natürlich gab es hier und da Unternehmungen, Besichtigungen, Veranstaltungen etc., aus denen sich einige Momentaufnahmen hätten extrahieren lassen. Aber es war mir den Zeitaufwand nicht wert.
Einschub-Ende
Was also war die für mich zunächst erstaunliche Antwort der Asamkirchen-Kassenfrau? Sie sagte:
"Dann gehen Sie unbedingt ins Medizinhistorische Museum in der Anatomiestraße!"
Ichso: "öööhhh" ... Medizinhistorisches Museum? Hmpf ... "Da wäre ich jetzt mal so gar nicht drauf gekommen" ... Mit Begeisterung und Nachdruck wurde mir vom Jubiläum der Universität, der Ausstellung und der wirklich tollen Gestaltung ebendieser erzählt, von dem schönen Gebäude, dem tollen Kräutergarten und dass man dort in wirklich guter Atmosphäre sitzen und Kaffee trinken könne ... so dass ich nach kurzem Erstaunen mich bedankend entschied:
"Okay! Wenn Sie das sagen, dann mache ich jetzt genau DAS und gehe dahin. Vertraue Ihnen einfach mal ohne Hinterfragen. Ich habe schließlich gefragt und eine unerwartete Antwort bekommen. Schon deshalb werde ich das jetzt machen und mir die medizinhistorische Ausstellunge angucken. Basta!"
Wir plauderten noch ein Ründchen. Von der Asamkirche und auch von Ingolstadts wirklich nett-atmosphärischer Innenstadt habe ich übrigens keine Fotos gemacht weil ich inzwischen der Meinung bin: die besseren Fotos von den üblichen Ansichten touristischer Standardziele gibt's im Internet oder in Fotobuchbänden. Mir müllen sie nur Festplatte, Cloud, Blog und Tageszeit zu.
Dann schlenderte ich durch die Altstadt zum Medizinhistorischen Museum, das - by the way erwähnt - 2021 den Bayerischen Museumspreis gewonnen hat. Verdient, würde ich sagen.
Um mich nicht zu sehr in begeisterten Inhalten zu verlieren: selten habe ich einen besser, unterhaltsamer und inspirierender besprochenen Audioguide gelauscht. Anfangs noch misstrauisch, was denn bei einer ollen Steintafel so interessantes zu hören sein würde, wählte ich - die Buchstaben am Anfang eines Rundgangs haben ja doch die höhere Chance, auch gedrückt zu werden - die entsprechende Nummer und erfuhr, dass eine andere, leider nicht mehr erhaltene Gedenktafel schon vor Jahrhunderten eine Inschrift trug, laut derer der Tod selber hier zu Grabe getragen wurde. Und zwar von der Medizin, die ihn bald überflüssig machen würde. Diese Hybris! Dieser Erzählstil ... schon war ich auch innerlich mitten in der Medizingeschichte angekommen, lauschte hingerissen allen Kapiteln des Audioguide und knipste dann doch endlich diverse Exponate.
Hier zeige ich nur die "harmlosen" Exponate. Die wirklich gruseligen mit Gänsehauteffekt - insbsondere aus der Geburtsabteilung - lasse ich aus. Irgendwie finde ich gut, gesehen zu haben, dass es sowas gibt. Naturgetreue farbige Zeichnungen bzw. Gemälde übrigens z. B. von einer bei der Geburt verstorbenen sehr jungen Frau nach oder während der Sektion. Mit allen Einzelheiten vom Gesichtsausdruck der gerade Verstorbenen fast noch kindlichen Frau bis zum geöffneten Bauch, dem darin noch befindlichen ebenfalls toten Ungeborenen und den anatomischen Einzelheiten von Gebärmutter, Muttermund etc.. Das ist schauderhaft in seiner Realität. Im Blog möchte ich es aber nicht abfotografiert zur Schau stellen.
Viele, viele Exponate rund um dieses Thema von Nottaufenspritzen für das noch Ungeborene, das wohl gleich sterben wird samt vieler ähnlcher Hebammenausrüstungsgegenstände über Gebärstühle, Seziertische, Pestmasken, Missbildungsopfern ... puh .. harter Stoff zum Teil. Insbesondere in Begleitung mit den über Audioguide ergänzenden Erläuterungen, Anekdoten, Hintergründen ...
Gelernt dazu - ich zumindest hatte es vorher nicht gewusst:
- Titel eines Bereichs der Ausstellung lautet:
"Der berühmteste Student Ingolstadts hat nie existiert - Dr. Frankenstein"
Die englische Schriftstellerin Mary Shelley hat ihre Geschichte von Frankenstein - einem neuen Wesen in Ungestalt, geschaffen aus Leichenteilen vom Wissenschaftler, Mediziner, Professor der Ingolstädter Uni und diesem schließlich sich verselbständigend über den Kopf gewachsen, - in Ingolstadt handeln lassen. An der dortigen Medizinischen Fakultät.
Kannte die Autorin den Grabstein, laut derem der Tod zu Grabe getragen werden sollte von der Medizin und hat sie das inspiriert? Wir wissen es nicht. Aber spannend ist das allemal. - der Orden der Iluminaten (auch Goethe war Mitglied), der durch Aufklärung, Vernunft und sittliche Verbesserung die Herrschaft von Menschen über Menschen überflüssig machen sollte, auch er wurde in Ingolstadt an der dortigen Uni gegründet. Weisheit für alle? Gleichberechtigung? Keine Macht mehr den Mächtigen? Geht ja gar nicht! Wurde natürlich verboten und würde auch heute schnell auf der Liste der Verfassungsschützer landen.
Auch der Kräutergarten und die Außenanlagen - wie versprochen stimmungsvoll. Mit surrenden Bienen samt Bienenstock, Schmetterlingen, Seerosenteich .. sehr hübsch!
17 Mai 2022
Rückweg, Wellness, Urlaubsende und ein Resümee
Am Freitag den 13. Mai kam ich kurz vor Mitternacht wieder in München an. Nach drei Wochen unterwegs. Exakt notiert habe ich mir die gefahrenen Kilometer nicht. Aber es waren irgendwas um die fünftausend, vermutlich ein paar mehr davon, die die Räder in dieser Zeit gerollt sind. Die letzten 2.200 Kilometer mit Dauerwarnmeldung des Motors: bei jedem Start ein Piepen mit der mehrfachen Aufforderung, den Motor kontrollieren zu lassen. Dauerhaft leuchtende Motorkontrollleuchte. So richtig entspannend ist das nicht. Nach Recherche entschloss ich mich aber, die Kontrolle auf die Zeit in Deutschland zu verschieben (steht noch aus).
Die längsten Fahrtage gingen mit acht Stunden auf der Straße durch. Inclusive tanken. Pausen habe ich dabei sehr selten und wenn, dann extrem kurze gemacht. Wollte ich an einem konkreten Ziel ankommen, habe ich auch meist komplett durchgezogen. Nach solchen Tagen blieb für nicht viel mehr Zeit als zum Platz beziehen, bisschen auspacken, essen, vielleicht ein kleiner Spaziergang und einige Sachen besorgen.
Häufiger waren die Distanzen und damit auch die Fahrtzeiten kürzer. Vier oder sechs Stunden pro Ortswechsel. Einige Male auch nur drei Stunden. Summa summarum müsste ich aber deutlich mehr als 60 Stunden rein fahrend verbracht haben. Im Mobil ist das für mich noch erträglich. Als nicht allzu begeisterte Autofahrerin - besser gesagt: ungern lange Stillsitzerin - finde ich das im Nachhinein betrachtet viel zuviel.
Kleines Resümee zum guten Schluss
In den drei Urlaubswochen habe ich viel gesehen, erlebt und auch einiges daraus mitgenommen. Bin aber vor allem viel gefahren. Zuviel! für meinen Geschmack und meine Neigungen. Von den exorbitanten Diesel- und Mautkosten mal ganz abgesehen. Alleine davon hätte ich anderswo einen Luxusurlaub verbringen können. Daher wird eine solche Tour in diesem Format vermutlich nicht mehr wiederholt sondern anders angegangen.
So, dass weniger Tage im Auto und auf Strecken verbracht wird. So, dass mehr "Ankommen" und "Dort sein" stattfinden kann.
Heißt konkret: frühestens in Rentenzeiten - sollte bei mir dann noch das Bedürfnis danach vorhanden sein - werde ich derartige Strecken nochmal im Wohnmobil zurücklegen. Mit deutlich mehr Zeit.
Die jetzt noch üblichen max. drei zusammenhängenden Urlaubswochen auf kürzere Ziele verlegen oder eben mit anderen Transportmitteln als Auto oder Wohnmobil planen.
Also ab jetzt: Schwarzwald, Harz, Bayerischer Wald und Böhmerwald, Pfalz, Kärnten, Tirol und andere Gegenden Österreichs .. und es gibt ja noch die Schweiz, viele Ziele in Italien ... auch mit weniger Kilometern lassen sich tolle Gegenden finden. Bei drei Wochen Zeit würde ich den Fahrradius keinesfalls mehr höher setzen als 1.000 Kilometer (eine Woche: max. 500 Kilometer, zwei Wochen max. 800 Kilometer ... so irgendwie ...). Immer mit der Tendenz: drunter bleiben.
Klar: alle genannten Ziele sind weniger "wild" als die viel weniger übervölkerten Länder des Südens, sind enger, sind oft wegen hoher Nachfragen vorzubuchen oder - außerhalb der diversen Ferienzeiten - kalt, nass und nur mit Glück "wohmobilkuschelig" für eine wie mich, die Wärme, Freiheit, Natur aber auch und insbesondere viel Licht schon im Frühling oder wieder im Herbst liebt. Aber die Infrastruktur in vielen Dingen ist komfortabler. Wie sagt der Volksmund so treffend: "Du kannst nicht alles haben." Oder um es mit Kurt Tucholsky auszudrücken ( aus "Das Ideal"):
"Ja, das möchste!
(1927)
Einige Stichpunkte und Randgedanken auch noch - einfach mal so zusammenhanglos in den Raum geschrieben:
- Autofahren: die Tempolimits in F und E (130 km/h auf Autobahnen und 90 km/h auf Landstraßen, weitgehend 30km/h innerorts) empfinde ich als extrem entspannend und den Verkehrsfluss beruhigend und entstressend. Ist in D wirklich lange überfällig! (by the way: obwohl ich mir wirklich Mühe gegeben habe, alle Regeln einzuhalten, ist mir wohl ein Tempolimit-Schild durchgeflutscht. Gestern kam die schriftliche Forderung aus Spanien, 50 Euro zu überweisen, weil ich mit 105km/h geblitzt wurde, wo 90km/h erlaubt waren).
- Die Spanier habe ich so als Rundumeindruck (mir ist bewusst, dass es alle Sorten an Menschen überall gibt aber es gibt nun auch oft gegendtypische Gesamteindrücke) als extrem entspannte, freundliche, gelassene und auch als Autofahrer sehr rücksichtsvolle Zeitgenossen erlebt (die Franzosen auf der Durchreise nicht ganz so ...). Gefördert wird dies beim Autofahren wohl auch durch eine Infrastruktur, die Rücksicht vielerorts erzwingt. So sind die Zebrastreifen fast überall nicht nur aufgemalt sondern auf erhöhte Fahrbahnschwellen verlegt, die ein Abbremsen davor schlicht erzwingen. Überhaupt finden sich in Ortschaften viele dieser den Verkehrsfluss verlangsamenden Schwellen, Rüttelstreifen etc. Find' ich gut. Will ich hier auch haben!
- es gibt auf den innerländischen Autobahnen dort deutlich mehr "Grün- und Wildbrücken" als in Deutschland. Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck. In Frankreich waren auf der letzten Autobahn genau von diesen sehr viele aktuell im Bau. Es ist mir schon 2019 in Kroatien aufgefallen, dass dort mehr davon als hier vorhanden sind. Dabei ist Deutschland doch viel "vom Verkehr zerfressener". Wieso hat ein derartig wohlhabendes Land so wenig für seine Wildtiere übrig? Oder was sehe bzw. interpretiere ich falsch?
- Betrifft: die noch viel kleineren Wildtiere: in Spanien hatte ich - trotz Monokulturwüsten und vieler sehr trockener, pflanzenarmer Landstriche - permanent von toten Insekten zugekleisterte Windschutzscheiben, Scheinwerfer, Kennzeichen ... ich musste so oft es ging putzen und schrubben (gar nicht so einfach bei einem so hohen Mobil), der gelegentliche Regen kam gelegen für bessere Durchsicht. Alles an der Mobil-Vorderfront war schwarz, braun, gelb, orange und rot zugebatzt von Insektenmatsch und Insektenblut. Abgesehen davon, dass mir auch der Tod dieser kleinen Viecher ans Gewissen ging ... immerhin zeigt das: es gibt davon ziemlich viele.
Auch viel viel mehr Vögel, Reptilien etc. hört bzw. sieht man unterwegs auch dort, wo keine Naturparks sind. Auch dort, wo es eher industriell, verkehrslastig, monokulturig zugeht. Wie kann das sein? Es wird sich oft darüber beschwert, dass in diesen Ländern Vögel zum Essen gefangen werden. Ja klar - mag unschön sein. Aber immerhin gibt es da welche. In Deutschland scheinen sie großflächig gleich vergiftet zu werden.
Denn: es ist auffällig - nach Verlassen des Loire-Gebiets schon in Frankreich auf Deutschland zu zeigte sich kaum noch neuer Insektenbatz auf dem Fenster. Stetig abnehmend. Und kaum in Deutschland angekommen: VORBEI! Alle paar Stunden mal eine Mücke, ein Falter oder irgendwas. Aber weit weg von den Dauereinschlägen vorher. Sehr auffällig. Daher die Frage: was wird in Deutschland anders gemacht, dass die alle tot sind? Dass es kaum noch Kleinleben in der Luft gibt? Hier ist es viel grüner, scheint optisch viel lebendiger, was Pflanzen und Bewuchs angeht. Aber: kaum Insekten, kaum Vögel. Finde ich bedenklich.
10 Mai 2022
on the road again - von Andalusien bis in die Pyrenäen
Montag, 09. Mai - Dienstag 10. Mai
Der Abschied fiel mir fast ein bisschen schwer. Aber nützt ja nix. Am späten Vormittag war ich startklar: die Kefirknöllchen gefuttert und gefüttert, nochmal den Abwasch erledigt, Pipibox geleert, Tisch und Stühle sowie das Interieur zusammengelegt und verstaut, Kabeltrommel und Stromutensilien verstaut, die zu kühlenden Sachen samt Kühlakkus vom Kühlschrank in die Box im Heck umgepackt, Fahrrad zusammengeklappt und verstaut, Platzkosten - für die 5 Nächte gerade mal etwas über 80 Euro - bezahlt ... es kommt doch immer einiges zusammen bei diesen Platzwechseln.
Die Strecke führt zunächst noch viele Kilometer auf engen gewundenen Sträßchen durch den Naturpark, an einigen Miradores (Aussichtspunkten) halte ich noch für ein paar Abschiedsfotos an.
Bis beim auch sehr hübshen! Örtchen Puerta de Segura die Straßen wieder etwas komfortabler werden. Wobei das relativ ist. Ich habe mich entschlossen, nicht wieder die schnellere Küstenstrecke heimwärts zu rollen sondern auf eine etwas mittigere Alternative durchs spanische Hinterland zu setzen. Eine grandiose Entscheidung! Am liebsten würde ich an jeder zweiten Ausfahrt rausfahren (Haltebuchten bzw. Möglichkeiten für schnelle Stopps an Autobahnen, Schnellstraßen oder auch kleineren Landstraßen existieren hier quasi nicht oder so gut wie gar nicht. Jeder Halt ist mit Mühen verbunden, die Tankstellen genau dort, wo es mal so gar nix zu knipsen gibt.
Und ich will ja vorwärts kommen. Der nächste Halt soll in Teruel , der Hauptstadt der mir vorher komplett unbekannt gewesenen Provinz Aragonien stattfinden und die Erfahrung hat gezeigt, dass es mehr bringt, sich einen Ort etwas intensiver vorzunehmen und dafür nicht an jeder Kirche, jedem Aquädukt, jedem Canyon oder ausgeschilderten Kloster anzuhalten. Obwohl es reizt. Von der STraße aus sieht man reichlich davon, noch mehr Ausschilderungen zu irgendwas sehenswertem und überhaupt erfahre ich, dass ich mich städnig auf irgendwelchen "Routes touristicos ... irgendwas" befinde. Naturparks sind ausgeschildert, die Landschaften wechseln sich mit drastischen Veränderungen ab - eine beeindruckender als die andere.
Vorbei ist es mit den Monokulturen. Hier im Hinterland - und schon dafür hat sich diese Route gelohnt - gibt es alles: steppenartige Hügellandschaften, felsige Gelände, größtenteils Hochebenen - ich bewege mich fast den ganzen Tag auf Straßen um die 1000 Meter üNN - ein Pass zeigt 1300 Meter an. Es wechseln sich in schneller Folge auch landwirtschaftlich genutzte Flächen: Wein, Obstbäume, Oliven und viel Getreide - immer wieder ab. Zwischen den Bäumen, an Straßenrändern und auf den Brachen wahre Blütenmeere. Es dominiert dunkelroter Mohn. Meist gemischt mit vielen Gelbtönen aber auch Rots und Blaus kommen immer wieder als Farbspiele dazwischen, daneben und miteinander vor. Das Fahren auf den sehr leeren Straßen ist ein Genuss. Ab und zu der Wunsch vorhanden, in eine der Landschaften auch einzutauchen. Aber es wartet ja die Weltkulturerbestadt Teruel auf mich.
Gegen 17:00 Uhr erreiche ich den kostenlosen Wohnmobilstellplatz am Stadtrand. Ist okay. Ziemlich viele Wohnmobile - so 30 etwa. Scheint ja wirklich zu lohnen, der Besuch hier.
Erwartungsvoll begebe ich mich mit dem ausgepackten Rädchen auf den Weg ins ca. drei Kilometer entfernte Stadtzentrum. Es ist eine hügelige Landschaft, auf die Teruel gebaut wurde, so dass es massenhaft alte und neue Viadukte gibt. Einige sogar übereinander. Ich habe nur das erste und vermutlich bedeutungsloseste fotografiert:
Danach kam ich ins Altstadtzentrum. Schon auf dem Weg dorthin war mir aufgefallen, wie voll und verstopft mit Autos alle Straßen sind. Kaum Radwege, hier und da mal kleine Schnippsel. Vor dem Altstadtzentrum lässt es sich noch einigermaßen auf den breiten Fußgängerwegen fahren. Aber man merkt, dass hier in Teruel alles auf Autos abgestimmt ist. Es knubbelt sich, staut sich, macht irre Krach und ... ich bin gestresst.
Vermutlich lag es in erster Linie daran, dass mir diese Stadt nichts geben konnte und ich sie nicht würdigen. Auch im Zentrum war es voll, eng und hier hatte ich Verständnis dafür, dass viele Menschen Schutzmasken trugen: trotz der eigentlich freien Höhenlage stank es erbärmlich nach Abgasen. Und wo nicht das, wehten massive Parfumdüfte der Passanten immer wieder in mich stressender Strenge in die Nase. Eine spezielle Mode dieser Stadt oder fällt mir das sonst nur weniger auf?
Es gibt sie tatsächlich, die geschichtsträchtigen Gebäude. Ich habe mein Rad im Gewühl einkaufender Menschen daran vorbeigeschoben. An Fahren war nicht zu denken. Denn die Innenstadt ist voller Läden aller Art. Eine einzige Shoppingmeile. Wer darauf steht: hier gibt's alles - auch diese edelnamigen Boutiquen. Besonders den hier angebauten Wein, Würste und riesige Mengen vom Jamon de Teruel könnte man an jeder Ecke kaufen. Aber schon weil ich auf der Autobahn gleich mehrere sehr alte und in keiner Weise mit Kühlvorrichtung oder sonstigen Erleichterungen dieser furchtbaren Tierqual aussgestatteten Schweinetransporte gesehen habe, dreht es mir beim Gedanken daran Herz und Magen um.
Mir ist nach nichts von alledem. Denke mir: die Bilder von den Sehenswürdigkeiten sehen im Internet irgendwie schöner und beeindruckender aus. Lasse das Handy stecken. Nicht ein Foto habe ich mehr gemacht. Auch als ich am "Mausoleo de los amantes", dem Mausoleum der zwei Liebenden, vorbeikomme und es noch geöffnet ist, habe ich kein Bedürfnis, es zu besichtigen. Auch die davor kostenlos zu sehende Statue der beiden, die von einigen Touristen fotografiert wird, lasse ich unbeachtet.
Die Liebesgeschichte der beiden (angeblich - ich finde ja, es sind Zweifel erlaubt, ob die Liebe nach den Jahren des Wartens noch auf Gegenseitigkeit beruhte), so eine spanische Romeo und Julia- Story, ist reichlich merkwürdig. Wie das Mausoleum aussieht, sehe ich auch im Internet ... ich bin ungnädig, grantig, habe keine Lust mehr auf Stadt, Gestank, alte Gemäuer, Andenkenläden .. und schiebe zurück zum Wohnmobilplatz im Gewerbegebbiet am Stadtrand.
Wach werde ich mitten in der Nacht. Denn nebenan ist ein Parkplatz für Lastwagen, die ab vier Uhr in der Früh auf Fahrt gehen. Nicht ohne vorher erstmal den Motor im Stand ein paar Minuten laufen zu lassen. Trotzdem schlafe ich nochmal ein und begebe mich nach einem Lesestündchen zum Kaffee gegen 10 Uhr auf die Weiterfahrt. Bloß keine Stadt mehr - soviel steht für mich fest. Mein Pensum an größeren Menschenansammlungen ist - Kulturerbe hin oder her - für diesen Urlaub gedeckt.
Bleibe trotzdem bei dem Entschluss - ich könnte nochmal wieder umswitchen - nicht die Küstenstrecke zu nehmen sondern eine im Inland. Vorbei an Zaragoza durch die Pyrenäen.
Wieder tolle und sich heftig abwechselnde Landschaften. Ausgeschilderte Naturparks, von denen vermutlich jeder einzelne für einen Urlaub gut wäre. Wieder nur sehr wenige Halts für ein paar wenige Bilder.
Trotzdem bin ich froh, diese Strecke genommen zu haben. Beeindruckende Landschaft hier im Naturpark der hohen Pyrenäen schobn vom Mobil aus.
Das Örtchen ist klein, liegt im Talkessel. Die Sonne verschwindet also früh. Aber warm und geschützt ist es, was auch die freiwachsenden Palmen zeigen. Ich bin ohnehin müde. Schnell zum Abendessen noch den Blogeintrag einstellen ... dann geht's morgen weiter.