Fünfzig Kilometer wären die drei Etappen des Lech-Erlebnisweges von Schongau bis Füssen lang bzw. weit gewesen. Am Stück gewandert oder gelaufen. Dies zu tun, so lautete die ursprünglich grobe Idee angesichts des prognostizierten Schönwetter-Monatsletzten im diesjährigen Oktober. Mal wieder testen, was so geht mit den im Oktober und überhaupt im vergangenen Jahr viel zu wenig genutzten Beinmuskeln.
Mit Bayernticket und geschenkter Uhrumstellungs-Zusatzstunde noch vor sechs Uhr in die S-Bahn gestiegen, fuhr selbige und die folgende Regionalbahn bei Sonnenaufgang entlang des Starnberger Sees weiter nach Schongau, wo die dritte Etappe des Lech-Erlebnisweges startet.
Der Schongauer Bahnhof liegt außerhalb der etwas höher gelegenen Altstadt und weil Altstädte an noch halbverschlafenen Sonntagsmorgenden meist weitgehend uninteressant sind, sparte ich mir den Abstecher dorthin für spätere Zeiten auf und begab mich umgehend zum Start der Etappe am Lechufer.
Eine wirklich ganz und gar wunderbar zu wandernde und zu joggende Strecke erwartete mich. Erstaunlich leer und einsam. Nachdem die anfänglich noch flanierenden Morgenrunden-Hundespaziergänger in Stadtnähe passiert waren, folgte am Hochufer des Lech nur noch Einsamkeit auf weichen Waldpfaden, Weitblicke mit zunächst noch milchig-verschleiert in der Ferne auftauchendem Bergpanorama.
Im Wechsel langsam joggend, wandernd, knippsend und genießend erreichte ich nach einer Wege-Verirrung und damit leichten Wegverlängerung ca. 25 Kilometer später gegen Mittag Lechbruck, wo die offiziell dritte Etappe des Lecherlebnisweges endet.
Die Beine meldeten beginnende aber noch undramatische Ermüdungserscheinungen und bei einem riesengroßen und wirklich sehr leckeren Eis in der örtlichen Eisdiele ging ich in mich. Fragte mich, ob ich es tatsächlich mit aller Gewalt auf Leiden, Muskelkater und Schmerzen anlegen will. Bei einer nochmal etwas längeren Strecke als die bis hierher zurückgelegte war von all dem auszugehen. Geradezu mit Gelinggarantie.
Fast eineinhalb Jahre, einen überstandenen Wirbelbruch und einen extrem schmerzhaften Gichtanfall, der sich eben genau einmal jährte und zum Glück ohne Nachfolger geblieben war, war es her, seitdem ich vergleichbare Strecken zu Fuß zurückgelegt hatte bei den
Umrundungen von Starnberger See und
Ammersee im Jahr 2020. Danach zwar viel im Schneckentempo gejoggt und hier und da ein bisschen gewandert. Aber eher so im Wellness-Komfort-Bereich bis maximal 15 Kilometer.
Werde ich alt und bequem? Bin ich es schon? Zieht gar Altersweisheit ein? Sei es, wie es wolle: komplett und ohne einen Hauch von Bedauern, Versagengsgefühl oder selbstgestricktem Leistungsdruck stieg ich ein weiteres Eis später in einen Linienbus Richtung Füssen. Genoss die Strecke
der Folgeetappe aus der Ferne durchs Busfenster die Landschaft beschauend.
Erst in Rieden - also schon innerhalb der
fünften und letzten Etappe des Weges - stieg ich wieder aus, wanderte zum
Forggensee und legte die letzte Teilstrecke von ca. 10 Kilometern mit Blick auf's entfernte Schloss Neuschwanstein wieder zu Fuß zurück. Strunzzufrieden und mit dem Wissen, dass sich die Beine ge- aber nicht überfordert fühlen würden. Einfach mal wieder langsam reinschnuppern in weitere Wegestrecken. Ausbauen kann frau immer noch. Irgendwann. Vielleicht. Schaun'mer mal ....
Einen Ärgerpunkt gab es dann doch noch: die letzte Etappe endet offiziell am
Lechfall in Füssen und - soviel wusste ich bereits - bietet herrliche Fotoperspektiven. Insbesondere jetzt im Herbstgold. Zum dritten Mal führte mich mein Weg heute nach Füssen; noch nie hatte ich den Fall gesehen und folglich auch nicht fotografiert. Weil aber ein passender Zug nach München passgenau zu meiner Ankunft am - vor dem Lechfall liegenden - Bahnhof angekündigt war und der nächste erst 1,5 Stunden später und mit längerer Dauer fuhr, ich zudem großen Hunger hatte, mir aber nichts an Imbissen kaufen mochte (zu Hause wartete kiloweise Gemüse auf die Verarbeitung und außerdem wollte ich pünktlich zum Tatort dort sein ... was beides gelang) ... verschob ich die Besichtigung des Lechfalls auf einen späteren Zeitpunkt, der sicher kommen wird. Die Gegend bietet noch viele interessante Kurzurlaubsmöglichkeiten.
Mit An- und Rückweg zur S-Bahn haben meine Beine mit den immer wieder zippernden Füßen dran an diesem goldenen Herbsttag irgendwas um die 35 Kilometer zurückgelegt. Müde zwar und ein wenig hakelig. Aber weit entfernt von Schmerzen oder echtem Muskelkater. In den beiden Folgetagen war gemütliches Joggen problemlos möglich. Die Beschaulichkeit des unehrgeizigen Alterns hat eindeutig Vorteile ;-)
Zumal eine andere Belastungs-Langstreckenprobe in dieser Folgewoche bewältigt werden will: drei Opernbesuche innerhalb von fünf Tagen - eindeutig härter und fordernder als die paar Weitwanderkilometerchen ;-D
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