Montag den 2. Mai 2022
Guadix ist eine der ältesten menschlichen Siedlungen Spaniens. Unzählige pilzförmige Kamine ragen aus den Erdwällen auf.
In fast allen der darunter befindlichen über 2.000 Höhlenwohnungen leben auch heute noch Familien.
Sehr unterschiedliche Standards gibt es zu sehen. Wohnungen mit Einfahrt und Vorbau vor der Höhle, schick oder bürgerlich gemütlich in der Frontansicht; die weitaus meisten aber eher schlicht: Hund davor, Wäsche auf der Leine, ein paar Hühner laufen herum. Man sieht Kinder spielen, Handwerker bei Renovierungsarbeiten oder Höhlenausbauten. In den engen Straßen am Berg rund um Guadix herrscht lebendiges Treiben und nur an die dafür ausgeschilderten Stellen zieht es die anderen wenigen Touristen zur Besichtigung.
Ich suche aber noch den Weg zur auf dem Berg erkennbaren Aussichtsplattform. Finde keine Schilder dorthin, mäandere suchend und letztlich findend durch die schmaleren und von anderen Fremdlingen freien Gassen durch die Höhlenhäuser.
Oben bin
ich alleine. Weiter Blick über Stadt, umliegende rote Felsformationen
aber auch zu den schneebedeckten und wolkenverhangenen Gipfeln der Sierra
Nevada.
Beim Rückweg durch abgelegene Sträßchen werde ich ein wenig skeptisch von den Bewohnern und auch von den vielen freilaufenden und die Gegend beschallend sich über Distanzen miteinander unterhaltenden Hunden (sieht man das verlinkte Video mit Ton, dann hört man auch die Hunde) – viele davon die hier typischen Podencos – gemustert und beäugt.
Überhaupt sind hier überall sehr viele Hunde. Nicht nur in Guadix. Auch in den andren Städten: Hunde vor Häusern, Hunde freilaufend aber eindeutig mit zu Hause, Hunde an Leinen, die ausgeführt werden. Auch und besonders sehr viele sehr kleine Schoßhunde. Häufig mehr als nur einer. Was mir bisher nirgendwo begegnet ist, sind herrenlose oder heruntergekommen aussehende Hunde bzw. Streuner. Angeblich soll es davon in Andalusien viele geben – gesehen habe ich noch keine. Die Hunde, die mir zu Gesicht kommen, haben ein zu Hause und sehen gut versorgt aus. Und zum Glück auch friedfertig.
Vor der kleinen Wanderung durch’s Höhlengebiet hatte ich die Kathedrale von Guadix besichtigt.
Mit Besteigung des offenen Glockenturms ....
von dem aus sich die gigantischsten Aussichten in alle Himmelsrichtungen bieten.
Die Innenausstattung der Kathedrale ist umwerfend, beeindruckend, der Audioguide erklärt mir auf Englisch - Deutsch ist nicht im Angebot - alles: geschichtliche Hintergründe, architektonische Besonderheiten, besondere Kostbarkeiten … nur merken kann ich mir gar nix … bin aber dennoch von allem hingerissen. Den Kuppeln, den Säulen, den Kapellen, Altären, dem Prunk, der Pracht und von der Erhabenheit. Einer Kopie der Pieta, die sich in Rom im Petersdom befindet.
Auch dem Museum und der Bildergalerie statte
ich einen Besuch ab. Ein würdiges Reinschnuppern in die andalusische Kirchenarchitektur
und den sakralen Reichtum des Landes.
Abends beschließe ich, Essen zu gehen.
Wobei das in Spanien nicht so einfach ist. Ich wusste, dass hier üblicherweise viel
später als in Deutschland zu Abend gegessen wird. Als ich deshalb erst um 20:30 Uhr das Restaurant betrete, befinden sich nur wenige Menschen
darin. Einige Spanier trinken lediglich eine Kleinigkeit. Die einzige Gruppe, die auch schon die Hauptmahlzeit
bestellt, besteht aus Deutschen.
Das Essen ist lecker aber zu reichhaltig.
Fleischloses ist gar nicht im Angebot – so wähle ich Fisch. Ein mit Kartoffelscheiben ummanteltes und mit Rosinen und irgendwelchen
rötlich-mild-süßen Gewürzen geschmacklich sehr ungewöhnlich aber auch sehr
köstlich zubereitetes Kabeljaufilet. Bekomme begleitende Tapas mit Ei und Bohnen, Brot und bin pappsatt.
Der Kellner findet es merklich ungewöhnlich, dass ich alleine
unterwegs bin und essen gehe, fühlt sich dadurch offensichtlich verpflichtet,
mich in jeder seiner freien Minuten speziell zu unterhalten. So sehr ich mich
über die Gelegenheit freue, mein Anfängerinnenspanisch an den Mann zu bringen,
so nervt es mich irgendwann doch eher. Fast ein bisschen zu zudringlich ist er, der Mensch. Immer wieder
nimmt er zwar nur an Arm und kurzen Schulterberührmomenten Körperkontakt auf, beugt sich extrem nah an mich heran …
untergräbt meine Wohlfühldistanz eindeutig. Trotzdem protestiere ich nicht. Nicht
aus Feigheit oder Schüchternheit nicht
sondern eher, weil ich es so wichtig und schlimm dann doch nicht finde. Nur
nervig eben. Nötigt mir abschließend
noch einen Zitronenlikör auf – zwar lecker aber recht hochprozentig - und als
ich nach 22:00 Uhr das Restaurant
verlasse, füllt es sich nach und nach mit Spaniern, deren richtige Zeit
für ein passendes Abendessen jetzt angebrochen scheint.
Ich schlendere durch eine noch von vielen Flanierenden,
lauten Jugendlichen, knatternden Mopeds belebte Stadt zurück zum zentral
gelegenen als erlaubter Stellplatz für Wohnmobile ausgewiesenen großen Platz.
Ungefähr ein halbes Dutzend Mobilisten übernachtet dort. Die Hälfte davon aus
Deutschland. Kostenlos ist der Parkplatz aber auch ohne jegliche Zusatzeinrichtung
außer einem Müllcontainer. Es ist ein riesiger Platz, auf dem auch Volksfeste
und ähnliche Veranstaltungen stattfinden. Er liegt am hiesigen „Rio verde“ –
dem „grünen Fluss“. Tatsächlich ist das Flussbett grün. Aber nicht von darin fließendem Wasser sondern von den Pflanzen,
die im bis auf ein dünnes Rinnsal wasserfreien Flussbett wachsen.
Es ist kühl geworden. Im Mobil wechsele ich wieder zur dicken Winterdecke. Schlafe spät und kurz.
3 Kommentare:
bleibt zu hoffen, dass die Höhlenbewohner nur zu touristischen Zwecken ausharren und Motiv für Kameras von Heerscharen von Touris herhalten, entsprechend entschädigt werden vom Tourismusverband.
meint Trudy und schickt Grüsse in den Süden
Im Gegenteil, Trudy. In einem Bericht habe ich gelesen, dass die Bewohner es so lieben mehrheitlich. Und von Touristenmassen kann zumindest derzeit keine Rede sein. In den Stunden, in denen ich dort war (ein Montag Nachmittag) habe ich bei den Höhlen außer mir selber keinen weiteren Touristen gesehen.
In dercKathedrale waren Max. 10 besichtigende BesucherInnen unterwegs. Fast nur Spanier.
Wenn sich in Restaurants Ausländer sehen lassen, kommen die nicht unbedingt touristisch motiviert. Die drei Deutschen im Restaurant z. B. waren - wie mir der redselige Kellner gesteckt hat - geschäftlich dort. (Ich tippe auf Oliven ;)
Wer mehr über die Höhlen lesen möchte:
https://www.andalusien360.de/urlaub-reisen/sehenswuerdigkeiten/hoehlenviertel-guadix
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