07 April 2019

Back on track - Halbmarathon Bad Staffelstein

Endorphine? Kann ich! Muskelkater aus der Hölle? Auch ;o)

13 Jahre ist es her, dass ich an der zweiten Austragung des Bad-Staffelstein-Marathons teilnahm und dort meinen zweiten Marathon lief. Und erstmals die volle Wucht der Endorphine erlebte.

Meine Wiederholneigung beim Laufen ist an sich eher gering. Noch dazu, wenn die Strecken kürzer, die Höhenmeter weniger werden (beim Marathon knapp 700hm, der Halbmarathon bietet nur 120 davon) und ich mich deutlich langsamer als damals wähne. Wie gut, dass ich Ausnahmen zulasse!

Nach einem wunderbaren Kurzurlaub mit Tag-Nacht-Stopps in Nürnberg und Bamberg, steuerte ich das Mobil gen Bad Staffelstein, holte meine Unterlagen ab, besuchte die Läufermesse in der grandiosen Basilika Vierzehnheiligen, gönnte mir eine ausufernde Brotzeit mit frisch gezapftem Rauchbier (nicht zum ersten Mal an diesem Wochenende im Brauereienparadies Oberfranken mit seinen viel zu vielen  herrlichen Gasthäusern) und nächtigte an einer Ortsrandstraße nahe den Mainauen.

Um 8:45 Uhr sollte der Halbmarathon gestartet werden. Draußen herrschten noch kühle 8°C aber da der Tag sonnig und wärmer werden sollte, wollte ich in kurz-kurz laufen. Verließ erst um 8:30 Uhr das inzwischen auf dem Parkplatz der Obermain-Therme geparkte kuschelig warme Mobil und sprintete von dort zum ca. 1 Kilometer entfernt gelegenen Start. Schon wenige Minuten später ging's los. Was hatte ich geplant? Hatte ich Pläne? Wechselhafte ... eigentlich nicht aber vielleicht doch ...?

Stellte mich zwischen den Zugläufern für 1:59 Stunden und 2:14 Stunden auf. Sie standen erstaunlich nah beieinander angesichts der 1000 Halbmarathonis am Start. Das Display meines Schrittzählers ist bei Sonneneinstrahlung nicht ablesbar. Gedankengang also: "Halte dich an die sub2-Pacemaker und bleib so lange dran, wie es geht. Wenn es nicht mehr geht, lässt du dich zu den sub 2:15-Pacemakern zurückfallen, mit denen es eigentlich ins Ziel zu schaffen sein sollte. Denken, selber kontrollieren: dadurch unnötig!"

Gedacht, getan. Immer schön bei dem jungen Pacemakerpärchen geblieben und mir von ihnen das Tempo vorgeben lassen. Es knubbelte sich dort zwar ordentlich, doch die Laufwege sind breit und komfortabel. Ungefähr bei Kilometer 3 kam der Gedanke auf: "Ist mir zu schnell, kann ich nicht länger mitgehen." Kaum gedacht, sagt der männliche Part des Duos zum weiblichen Part:  "ich glaube, wir sind etwas zu schnell unterwegs und müssen ein bisschen langsamer werden."

Na prima! Zu schnell loslaufen kann ich auch alleine - dafür brauche ich keine Zugläufer :p

Sie werden geringfügig langsamer. Eigentlich ist mir das immer noch zu flott aber ich schaffe es, dranzubleiben. Es tut weh. Die Beine werden hart, hintere Oberschenkel und Po meutern schon früh. Als wir beim Kilometerschild 13 eine schöne Bergabstrecke laufen und ich es nicht schaffe, dort wie üblich rollen zu lassen und das Tempo anzuziehen weil meine Muskeln strikt dagegen sind, ist mir klar, dass ich überziehe. Und weil ich die Zielzeiten der Vorjahre aus meiner Altersklasse kenne, weiß ich auch: HIER lande ich auf keinem Siegertreppchen. Aber mein Muskelkater, DER wird Chancen auf einen persönlichen Treppchenplatz bekommen. 

Bis Kilometer 16 schaffe ich es irgendwie, an den sub2 Pacemakern dranzubleiben. Dann ist der Ofen aus und ich muss abreißen lassen. Kämpfe weiter unter Schmerzen in fast allen Gliedmaßen, widersetze mich jedem, der zum Überholen ansetzt. Warum das? Keine Ahnung! Vielleicht aus der Erfahrung heraus, dass Glück und Schmerz nur im Doppelpack mit Härte und Leiden zu haben sind. Nicht unbedingt gleichzeitig und leider lässt sich auch keine Gesetzmäßigkeit ableiten. Nicht jede Härte beschert auch Endorphine, nicht jeder Schmerz führt auf den Weg zum Glück. Doch zeigt die Erfahrung des Lebens: diejenigen Dinge, die zur höchsten Freude und Glückseligkeit beitragen, haben auch ihren Anteil am tiefsten Leid und Schmerz in diesem irdischen "Jammertal".

Irgendwann kommt Gegenwind auf, er killt mich nahezu. Die Beine sind Blei, die Füße kleben am Boden, es fühlt sich an als käme ich nicht mehr vorwärts. Dafür und für die wie Schneckentempo empfundenen letzten Kilometer finde ich meine Zielzeit von netto 2:02:30 (5:48min/km) schier unglaublich!

Und es hat funktioniert: Endorphine satt! Wie damals anno 2006 nach dem Marathon, so fluteten sie mich auch heute. Reichten noch für die fast dreistündige Rückfahrt, reichten sogar noch für die Tanzstunde am Abend. Lediglich die Treppenstufen, die sind ein wenig kritisch. Auch beim Aufstehen und aus dem Auto steigen entfleuchen mir Ächzen, Stöhnen und es sieht eher unelegant aus inzwischen. Ob der Muskelkater einen Treppchenplatz ergattert hat ... das weiß er dann vermutlich morgen ;)


Platz 128 von 250  bei den Frauen - Siegerin: Sandra Haderlein (Jg. 84) in 1:20:39
Platz 6 von 20 der AK W55 - Siegerin: Heike Niggemann (Jg. 63) in 1:50:14



Fazit und Plan: das Gequatsche von "nur noch Genussläufe", "keine Tempoambitionen", "auf's Altenteil zurückziehen" .. verschiebe ich nochmals auf unbestimmte Zeit. Es macht mir wieder Spaß und ich denke: mit ein bisschen gescheitem Training, hier und da wieder mehr Tempo, längeren Läufen, ein bis zwei Kilo weniger auf den Rippen - da sollten die sub 2 Stunden beim Halbmarathon nochmal drinsitzen. Auf flacher Strecke auch schon in diesem Jahr. Wir werden sehen ...