10 November 2022

Andalusien Teil II - die „Großen“

 Der erste Teil meines „andalusischen Jahres“ fand im Frühling mit dem Wohnmobil statt und führte mich - siehe Tagebuch - bewusst an den zentralen und bekannteren Städten Andalusiens  nur vorbei. 

Diesmal so (Anflug + Bus im Land):


Große Zentren mit Mobil zu erfahren ist kompliziert, zeitraubend und gerade in südlichen Ländern oft schon rein atmosphärisch staubig und unattraktiv. Ansehen wollte ich sie mir aber trotzdem und so buchte ich über einen Reiseveranstalter eine entsprechende Exkursion. Die in der Woche Ende Oktober/Anfang  November während der bayerischen Herbstferien stattfand. 

Trotz den Ferien geschuldeter langer Warteschlangen am Flughafen lief alles fluffig und störungsfrei ab, die 24 (bzw. incl. Reiseleitung 25) Personen zählende Gruppe traf am frühen Samstag Nachmittag komplett und wohlbehalten in Málaga ein. Wo ein gemieteter Bus uns einlud und zum ersten Übernachtungshotel  in Granada brachte. Alle drei Hotels wiesen 4* auf, waren zwar sehr unterschiedlich in Ausrichtung, Aufmachung und Zielgruppe aber letztlich alle komfortabel und nix gab es zu meckern ;)

Wollte ich über jeden Besuch ausführlich oder auch nur oberflächlich aussagekräftig schreiben, müsste ich mindestens für jeden Tag einen eigenen Eintrag erstellen. Was ich nicht möchte und daher auch nicht tun werde. 

Vorweg ein Fazit: es war lohnenswert und richtig, die berühmten andalusischen Baudenkmäler und Sehenswürdigkeiten nicht nur per Bildern im Internet oder auf Kunstdrucken anzusehen sondern livehaftig ihre Größe und Ausstrahlung, die reiche Geschichte und ihren Wechsel vor Ort zu erspüren. Bilder fangen es manchmal ahnungsweise ein, das Fühlen klappt aber nur vor Ort. Und nur dort finde ich auch die dazugehörigen Geschichten, Anekdoten etc. so interessant, dass ich ihnen begeistert zuhören kann. Ob davon was hängen bleibt … steht auf einem anderen Blatt ;)

Den ersten Abend in Granada (=Granatapfel) mit Übernachtung in der Innenstadt nutzte ich für einen schnellen Spaziergang zum Erhaschen erster Bilder und Eindrücke.





Am zweiten Tag waren die Sehenswürdigkeiten Granadas oder zumindest einige davon an der Reihe (bei jedem der besuchten Orte hatte ich jeweils das Gefühl, dieser alleine wäre mehrere Besuchstage wert um ihm auch nur annähernd gerecht zu werden). Allen voran selbstverständlich die nahezu unbeschreibliche „Alhambra“, wo der dortige andalusische Fremdenführer und Nachnamensvetter von mir eine absolut gelungene weil spannende, lehrreiche und facettenreich-humorvoll vorgetragene Führung bot. 

Übrigens immer mit „Knopf im Ohr“  bei den Teilnehmenden und technisch gestützter Übertragung auf bestimmter Frequenz, was dort und anderswo Vorschrift ist und für ein lärmfreies Ambiente trotz relativ hoher Besucherzahlen garantiert. Und als Zuhörende_r kann mensch sich auch trotzdem frei von der Gruppe mal wegbewegen ohne etwas zu verpassen. Sehr angenehm!


Die Karten für die Alhambra und auch für viele andere der sehr stark besuchten Sehenswürdigkeiten müssen teilweise lange im Voraus fest gebucht werden. Sogar mit fest zugeteilten Zeitslots und in Bindung an den Ausweis, der auch überprüft wird (verhindert Schwarzhandel). Insofern ist der Besuch über einen Reiseveranstalter ein großes Plus in dieser Hinsicht, da es bei diesen vielen besuchten Orten extrem mühsam und vor allem zeitaufwändig in Vorbereitung und Reisedurchführung geworden wäre, es individuell zu gestalten.

Abends dann der Besuch einer Flamenco-Aufführung und in abendlichen Spaziergang eingebundene  Besichtung der beleuchteten Alhambra bei Nacht im Mondenschein. Die Temperaturen auch nachts und in den Morgenstunden durchgehend sommerlich. Passend für kurze Ärmel und Sommerkleider.





Córdoba - auf der Durchreise




Nicht zu glauben eigentlich, wie viele Besichtigungen, Wissensbausteine und Geschichten sich in einen Kurzbesuch auf der Durchfahrt integrieren lassen. Córdoba war die Stadt, deren Geschichte im Grunde den Ausschlag bzw. Anstoß gab für mein „andalusisches Jahr“. Und zwei große Eis incl. heiterem Dialog plus Spaziergang konnte ich auch noch unterbringen neben den besuchten Sehenswürdigkeiten, denen voran mit vollem Recht die den Atem raubende Mezquita steht.


Sevilla - Hauptstadt Andalusiens


Sevilla ist: lebendig, modern, traditonell, groß, heiß, bunt, voller Kunstgeschichte, Sehenswürdigkeiten und Geschichte(n). Parks, Blüten, Weite und Raum. Ein großer Fluss, der Guadalquivir (schon in Córdoba aber vor allem als junger Fluss schon im Frühling gesehen und genossen).  Sehens- und erlebenswert!

Das schreibt eine, die mit Großstädten nicht viel am Hut hat. Die Geschenkartikelläden, Geschäfte, Menschen, Bars etc. eher mühsam findet in der Regel. Hier fand ich es stimmungsvoll. Klasse. 




Auch viel Frömmigkeit zeigt sich dort. Marienverehrung im Alltag gelebt und untergebracht auch bei vielen jungen Menschen. Ungewöhnliche Eindrücke. 

Wenn ich meine Fotos so betrachte, scheinen sie den Eindruck zu erwecken, dort sei alles eher grau und steinlastig. Tatsächlich ist Andalusien ein „heißes Pflaster“. Im Sommer sind Temperaturen bis 50 Grad im Schatten keine Seltenheit. Minustemperaturen kennen nur die Gebirgslagen. Es fliegen Papageien, wachsen Palmen und natürlich gibt es viele trockene Ansichten. Aber durchaus auch viele Blüten, Farben und Buntheit. Meterhohe blühende Oleander säumen kilometerweit die Autobahnen, vielfarbige Bougainvillea umranken Häuser, Paläste und Zäune … es blüht allerorten. Und in allen Städten stehen unfassbare Mengen an dicht mit Früchten behangenen Zitrusbäumen. Größtenteils aber die bitteren Pomeranzen. Auf dem folgenden Bild nur eine kleine Auswahl:



In Sevilla blieben wir vier Nächte und unternahmen von dort mehrere Busausflüge in die Umgebung. 


Ausgrabungsstätte Itálica: Trümmer gucken ;)



Cádiz




Acht Tage sind nicht viel und so muss es weitergehen. Ein Durchreisen-Halt in:

Ronda



Eine Stadt in spektakulärer Lage. Um das entsprechende spektakuläre Schlucht-Foto hinzubekommen, musste ich Stierkampfarena und Reisegruppe flott hinter mir lassen und mich sputen, um zur Ansicht zu gelangen und auch noch einen Spaziergang in Traumlandschaft mitnehmen zu können.




Die Weiterfahrt führte durch die Eindruck hinterlassende Sierra de las nieves nach Torremolinos, wo sich das Hotel für die letzte Übernachtung vor dem Rückflug ab Málaga befand. Vor dem Rückflug allerdings noch ein Ausflug ins nahe gelegene







Picasso-Museum … ist natürlich Pflicht. Und toll! 


Als aber die Gruppe vor die Kathedrale geführt und für deren Besichtigung 1,5h gewährt wird, überfällt mich jäh eine Art kathedraler Overload. Ich mache auf dem Absatz kehrt, suche auf Google-Maps den nächstgelegenen LIDL-Discounter … oute mich hiermit zum guten Schluss also noch als Vollproll ;-p .. entscheide: „schaffbar!“ und eile los ins etwas schmucklosere Wohnviertel nebenan. Von wo ich mit einer bewusst gewollten Ausbeute (ich war ja im Frühling schon bei hiesigen Discountern und hatte auf der inneren Agenda tollen Käse, einen bestimmten Wein, hochwertiges Olivenöl und qualitativ hochwertige Schokolade mit 95% Kakaoanteil … wollte ich unbedingt mitbringen, was im begrenzten Rahmen der fliegbaren Kapazitäten lag, wenn es denn ginge. Und nun ging‘s. Öl und Wein wanderten in den nun absolut prall gefüllten Koffer. Käse und Süßkram ins Handgepäck.

Am Sicherheitscheck des Flughafens bescheinigte die kontrollierende Dame, die mich samt Käse-Schokotasche zielsicher aus der Schlange pflückte, akribisch Käse für Käse in die Hand nahm und vor Restpublikum untersuchte, letztlich einen guten Käsegeschmack. Na also :o)





Ein kleines Resümee allegmeinphilosophischer Art auch noch:

Gruppenreisen dieser Art haben ganz bestimmt ihr Gutes und ihre Berechtigung. Ich habe vermutlich ein Vielfaches mehr gesehen und gelernt als ich in derselben Zeit im Alleingang hätte sehen und lernen können. Viele nette „Kleinigkeiten“ und „Nebengeschichten“, wie ich sie mir ja ohnehin besser merken kann als Jahreszahlen und historisch bedeutsame Namen, Kunstwerke und ähnliches.  Und ganz bestimmt ist jede Gruppe bei jeder Reise anders in Grundstimmung und Zusammensetzung.

Zwei Ehepaare mussten aufgrund positiver Corona-Befunde vorzeitig abbrechen (vermutlich im Flugzeug eingefangen, die Infektion. Denn auf dem Rückflug war die Besetzung des eher kleinen Flugzeugs weitgehend identisch wie auf dem Hinflug und nicht wenige der Mitreisenden husteten nun heftigst. In Spanien gibt es keine Test- und Quarantänevorschriften mehr, so dass es nicht gegen Regeln verstößt, wenn Infizierte mitfliegen).

Bei dieser Reise war ich altersmäßig am unteren Rand; durfte mich also regelrecht jung fühlen ;) und erstaunt feststellen, wie fit manche bis MitteAchtzigerInnen noch sind an Kopf und Körper. Dieser Umstand stört(e) mich nicht. Die insgesamt aber weitgehend distanzierte „Siez-Haltung“ traf nicht wirklich mein Lebensgefühl. 

Was ich genossen habe, war das „umsorgt werden“: sowohl im Hotel als auch bei den Führungen. Die Infos, die ich mir nicht mühsam erlesen musste, die Pläne, Buchungen und natürlich die Versorgung mit immer tollem Essen und Getränken. Das nicht denken und nicht kümmern müssen. 

Worüber ich aber ebenfalls froh war: dass ich ein Einzelzimmer hatte und immer wieder auch Gelegenheiten, mich zurückzuziehen und von der Gruppe stundenweise abzusetzen. Um mein Bedürfnis nach mehr Ruhe, Landschaft, Bewegung außerhalb von historischen Gemäuern und marmorgepflasterten Innenstädten zu befriedigen. Um auch mal durch Wohnrandgebiete und Parks zu streunen. Hier und da - viel zu selten - spanische Sprache anzuwenden und egal wie winzige menschliche Begegnungen mit Zufalls-über-den-Weg-laufern zu erleben, was in geschlossener Gruppe schlicht nicht möglich ist. Schon wenn man zu zweit reist, reduzieren sich solche Episoden drastisch. Nach denen mir aber der Sinn steht und die ich unterwegs jeweils besonders genieße.

Heißt: jedes Ding hat seine Zeit. Meine persönliche Zeit wird aber bei kommenden Urlauben erstmal wieder im personell kleineren Rahmen - bis hin zu sicher auch mal wieder ganz  alleine ;)  verplant werden.