30 September 2023

Voralpenüberquerung - Wanderung über den Rabenkopf

 Zum ersten Mal war ich vor ca. 20 Jahren mit Quax auf dem Rabenkopf. Das genaue Datum finde ich nicht mehr heraus; aber den Bericht im Laufforum von damals und vom Törchen ins Paradies, den habe ich wiedergefunden. Es war eine Zufallstour, die mich bezauberte und so erfolgte einige Zeit später im Jahr 2005 die zweite Besteigung. Diesmal mit Mann und Hund (es war seine letzte Bergtour) von Jachenau aus durch die Rappinschlucht. 

Beides sind tolle Touren, so dass damals die Idee entstand, irgendwann mit öffentlichen Verkehrsmitteln an- und abzureisen statt mit Auto und die Strecken zu einer Überquerung zu kombinieren. 

Kaum sind fast 20 Jahre ins Land gegangen … schon wird die Idee in die Tat umgesetzt :-D



Um 8:00 Uhr von zu Hause Richtung S-Bahn gestartet, am Hauptbahnhof, wo schon vor neun Uhr am Morgen unglaubliche Mengen an Wiesengänger:innen-Gruppen  (die Wies‘n öffnet um 10 Uhr)  mit Bier- oder Schnapsflaschen in der Hand „vorglühen“ oder schon sicht- und hörbar reichlich alkoholisiert sind, dort am Hbf steige ich um in den Regionalzug nach Lenggries, wo wiederum der mit Wanderern reichlich gefüllte Bus in die Jachenau abfährt. 

Viele der Wanderer steigen an diversen Haltestellen unterwegs aus und strömen in die überaus reizvolle Umgebung des Jachenau-Tales. Ich selber fahre - wie auch einige weitere MitBusInsass:innen - bis zur Endhaltestelle in Jachenau-Ort. Der dortige Wanderparkplatz ist auch noch so reichlich mit Autos besetzt, dass ich eine überfüllte Bergwelt befürchte.



Dem ist aber zum Glück überhaupt nicht so. Die Wanderer nehmen unterschiedliche Wege und diejenigen, die zunächst denselben Weg wie ich einschlagen, verteilen sich großzügig.

Ein sehr großer Teil des Hinweges (es gibt mehrere Varianten und ich wähle eine für mich neue) verläuft entlang diverser Bäche, die kleine oder größere Wasserfälle passieren und wunderbare Gumpen speisen.


Der größte Teil der auf meinem Weg befindlichen Wanderer wandert lediglich bis zum Glasbachwasserfall. Der liegt eigentlich nicht auf meinem Weg - ich nehme ihn aber als Hin-Rück-Pendelstrecke auf jeden Fall mit, da ich dort noch nicht war.


Danach wird es ruhig und einsam. Und die Gumpen werden einladender.


Weit und breit kein Mensch außer mir. Was anderes bleibt da zu tun als: Klamotten aus und rein ins Wasser! „Zapfig“ is schó! Was hell war an Haut wird bleich, die bräunlichen Flächen des Körpers nehmen Krebsröte an. Nach Selfie-Erledigung plantsche ich noch ein wenig durch die Gumpe, die sogar Schwimmen zulässt.

Eiskalt den eiskalten Fluten entstiegen, reißen  - isch schwör‘! - für einen kurzen Moment die Wolken auf und eine fröhlich mir zulachende Sonne begleitet wärmend das gut gelaunte Wiederankleiden.




Im kleinen und nur spartanisch befüllten Rucksack befinden sich vorsichtshalber auch ein Paar Trekkingsandalen. Die ich nicht nutzte weil die Barfußschuhe von Freiluftkind die gesamte Tour zu einer leichtfüßig-lockeren Unternehmung machten.


Die Sonne ließ sich nur ab und zu kurz blicken.Worüber ich aber insgesamt nicht unfroh war. Gute Sicht bestand fast immer trotzdem und gerade in den Bergen wandert es sich durchaus leichter wenn die Sonne nicht allzu gnadenlos brennt.



Die dickeren Wolken zogen eher entfernt an der österreichischen Grenze entlang



Der Herbst färbt nach und nach die Bäume bunter


Gipfelrast mit Weitblick auf Kochelsee und Umland 


Auf dem Rückweg wechseln bequeme Wegteile …


… mit auch etwas unkomfortableren.


Im spartanisch befüllten Rucksack befand sich eine Powerbank, so dass ich die Tour tracken konnte ohne Energieknappheit des Akkus  fürchten zu müssen.




Wer den Weg strack und konsequent ohne Abweichungen geht, legt vermutlich einige Kilometer weniger zurück. Das maximalgezoomte Teilstückchen mit dem spaghettiartigen Streckenverlauf  zeigt mein Rumgekraxel an der Schwimmgumpe und solche bzw. ähnlich wirre Rumirr-Knödel gibt‘s mehrere.


Ich habe den Track über die gesamte Zeit laufen lassen und keine der Pausen (Wasserfall, Schwimmen in Gumpe, Gipfelrast oder Fotostops) gestoppt. Weil ich eine Einschätzung darüber bekommen wollte, wie ich Zeit, Strecke, Steigung … in der Gesamtheit einschätzen muss für künftige Alleingang-Tourenplanungen.




Die (vielen) Höhenmeter haben mich dann doch überrascht. Da aber die prägnanten Punkte alle korrekt erfasst wurden, gehe ich von relativer Korrektheit aus. Es gab oft Abweichungen, der Zusatzschlenker mit Steigung zum Wasserfall, Böschungsklettereien zum Wasser runter und wieder hoch … das läppert sich.

Insgesamt war ich an dem Tag ziemlich genau 12 Stunden unterwegs, brauchte also für An- und Rückreise (zurück mit Bus von Pessenbach nach Bad Tölz, Regionalbahn bis München, dann S-Bahn und ein Kilometer noch zu Fuß) genauso lange wie für die Wanderstrecke.



Wie gesagt: ich habe nichts rausgestoppt, so dass in der Durchschnittsgeschwindigkeit von 2.9 km/h alle Pausen und Stopps enthalten sind. Die Maximalgeschwindigkeit lässt völlig zu Recht mehr als nur erahnen: ab und zu und wenn die Strecke sich dafür anbot, bin ich ins Joggen verfallen und fühlte mich dabei grandios! Vielleicht wird das ja doch nochmal was mit der Fitness!

So fit und bewegungslocker wie im Moment habe ich mich tatsächlich schon sehr lange nicht mehr gefühlt. Okay … an den sehr starken Steigungen musste ich schleichen und schnaufen, mehrfach Stehpausen einlegen und einige junge Leute locker fluffig und in mehrfachem Tempo an mir vorbeiziehen lassen. Neidlos der Jugend selbige gönnend und meine Bejahrtheit akzeptierend.

Hauptsache, es gehen überhaupt noch die schönen Dinge mit Bewegung, Natur und durchaus auch vergossenem Schweiß. Die kommenden Tage wird ein Muskelkater ordentlich schnurren; ich spüre ihn jetzt schon. Aber so isses nunmal: von nix kommt ja auch nix ;-)







15 September 2023

Kein Bad mit dem Teufel - eine Grenzüberkletterung

Die Schlafkomfortstufe wieder hochgeschraubt, geht‘s am Wochenanfang mit dem Mobil in den Bayerischen Wald. Unter anderem geplant: eine 24 Kilometer lange grenzüberschreitende Wanderung, deren Track ich … ja wo eigentlich? … irgendwo im Internet gefunden habe. 

Das Mobil nach einem komplett anders gelagerten Morgentermin geparkt am Wanderparkplatz Scheiben,  wo ich noch vor halb zehn in der Frühe zur Tour aufbreche. Es geht bergauf. Viel und ziemlich steil. Gut, dass ich nur einen minimalistisch mit Wasser und einer Winzigkeit an Tagesverpflegung gepackten Tagesrucksack mitschleppen muss. Vermutlich unter 5kg wiegend.


Der Weg nach oben zum Zwercheck steinig durch den Wald



Im Rücken beim Blick nach hinten der Große Arber


Nach bewältigter Steigung ein Stück durch eine in dieser Gegend so typische Hochebene mit vielen toten aber auch noch und wieder lebendigen Bäumen aber vor allem vielen dicht mit Früchten behangenen Heidelbeersträuchern, die streckenweise bis fast an die Hüften reichen in der Wuchshöhe. Hier oben in einer Höhe von gut 1300 ü. NN sind die Früchte auch jetzt erst beim leckersten Reifegrad angekommen (weiter unten lange an den Büschen vertrocknet bzw. abgefallen und im geringeren Maß abgeerntet). Ich pflücke und esse reichlich davon. 



Erreiche mit blauen Fingern und Zähnen das 1333m hohe Zwercheck


Minuten später das auf tschechischem Gebiet gelegene und zur anderen Seite ausgerichtete Gipfelkreuz des Svaroh

Ein Stück entfernt behauptet mein Track, es ginge nun rüber bzw. runter auf tschechischer Seite. Und zwar dort, wo früher eine Hütte stand. Dieser Platz ist über ein Schild, das über die dortige frühere Hütte erzählt, gut auffindbar … aber weder ein Schild noch ein Weg an der Stelle oder in der weitläufig akribisch abgesuchten Umgebung, an der ein Weg sichtbar abzweigt.

Die gekaufte tschechische und offline vorliegende Topographische Karte zeigt dort auch keinerlei Weg oder Pfad … aber wer auch immer diesen Track erstellt hat, ist dort offensichtlich entlang gegangen. Nach wenigen hundert Metern sollte ich laut Karte auch auf einen wirklichen Weg treffen und beschließe, das kurze Querfeldein-Stück zu riskieren.

Das bedeutet hier ein Stolpern durch Farne, Disteln, Brombeergestrüpp, Heidelbeer- und Heidekrautsträucher und diversen Heckenbewuchs. Das alles wächst auf einem Untergrund, dem beim Durchhangeln nicht auf den ersten Blick anzusehen ist, ob der nächste Schritt auf Boden, Stein oder in einem Loch landet. Eine holperige und stolperige, die Klamotten verhakende und Faden ziehende Angelegenheit, die ich schwitzend aber mit heilen Knochen bewältige und bald einen Forstweg erreiche.

Die Höhenlinien der topographischen Karte liegen auf der Folgestrecke so dicht beieinander, dass mir klar wird: hier geht‘s gach (steil) bergab. 

Erst jetzt stelle ich fest, dass der Track auf der Folgewischseite ein wunderbares Strecken- und Höhenprofil enthält. Äh … was bitte? … auf den 24 Kilometern sind fast 1.200 Höhenmeter in beide Richtungen zu bewältigen?! Leicht hysterisches Gekicher meinerseits … Könnte ich vielleicht mal lernen, im Voraus wirklich auch ALLE Infos gescheit durchzugucken …  Jahre ist es her, dass ich eine solche Strecke gegangen bin … und ich habe bis jetzt ordentlich rumgetrödelt, bin…  gerade erst bei Kilometer 3 kurz hinter dem höchsten Anstieg  angekommen. Überschlage die Zeit und beschließe: bisschen flotter werden und es könnte noch klappen. 



Dummerweise verschwindet das, was auf dem Track als Weg und auf der topographischen Karte als gestrichelter Pfad eingezeichnet ist, kurz darauf wieder im Gestrüpp des Urwalds im Böhmerwald. Sollte hier irgendwann ein Pfad langgeführt haben: da ist keiner mehr! Na super! Und jetzt? Steigung, umgestürzte Bäume auf Steilhängen, Gestrüpp und Büsche, felsiger aber überwachsener Untergrund … die Vernunft würde eindeutig den Weg zurück weisen .. mein Hirn denkt sich - wie so oft - alles etwas schöner - ich habe doch den Track und eine topographische Karte -  weil es die angesteuerten zwei Seen im Sumava unbedingt heute erreichen möchte. 

Immer wieder muss ich versuchen, die Richtung zu bestimmen und stelle fest, dass so ein GPS-Signal mitten im Wald nicht zuverlässig ankommt sondern irgendwie wild durch die nähere oder sogar weitere Umgebung hüpft und Standorte behauptet, die so auf keinen Fall stimmen können.  

So hangele ich mich im Zeitlupentempo den Steilhang hinunter. Scheuche Rehwild auf, finde deren Lagerplätze und immer, wenn ich denke: „das sieht doch hier nach Pfad aus“, ist es der Pfad von Tieren. Immerhin! Die gehen sicher auch nur dort, wo keine Absturzgefahr besteht und ich versuche, mich immer dort, wo sie sichtbar sind, an  diesen Wildpfaden zu orientieren.

„Baummikado“ (diesen Begriff habe ich bei Christine Thürmer geklaut) der Extraklasse. Die umgestürzten Bäume müssen unter- oder überklettert werden. Umgehen unmöglich weil sich über weite Flächen der größte Teil des ehemaligen Waldes in der Horizontalen befindet. Auf Steilstgelände. 

Aber: da unten ist eindeutig der „Schwarze See“ (Cerne jezero), zu dem ich als erstes möchte. Also weiterklettern. Und tatsächlich treffe ich bald - so nach ca. einem Kilometer Kletterei in fast einer Stunde -  auf einen wirklich schönen Wanderweg, der neben einigen Wanderern auch von Tourenradlern genutzt wird. Ein Schild sagt mir deutlich, dass ich das, was ich soeben getan habe, nicht hätte tun dürfen.


Tja, sorry … zu spät … aber das Schild hätte auf die andere Seite gehört … nungut .. zugegeben … die Tatsache, dass dort keine Wege (mehr) waren, hätte mich auf die richtige Idee bringen können … aber nun … geistert womöglich eine etwas ältere Frau in schwarz-weißen Klamotten schwitzend und kletternd duch die Aufnahmen zweier Wildkameras (hier ist Luchs- und Auerhahngebiet - davon habe ich aber keine zu Gesicht bekommen), die ich unterwegs sah und zwar versuchte, nicht ins Kamerabild zu laufen … aber ich kenne den Winkel, den sie abdecken nicht. Sei‘s drum … zu spät! Bitte nicht nachmachen ;-)



Es handelt sich um ein von tschechischer Seite gut zu erreichendes Wander- und Radlerziel, das auch an einem Dienstag-Mittag relativ gut frequentiert ist. Wanderer und Radler genießen die Aussicht. Alle - auch ich natürlich - halten sich an die Verbotsschilder, die so ziemlich alles verbieten, was dem See zu nahe kommen würde. Baden sowieso.



Dasselbe gilt auch für den nahe gelegenen und über einen wieder nach oben steil ansteigenden Weg zu erreichenden Teufelssee (Certovo jezero), der in der Tat duster anmutend im Kessel mit am Hang allerdings weitgehend nur toten Bäumen liegt. Ein etwas irritierendes Bild. Borkenkäfer? Trockenheit? Vermutlich beides zusammen. Da es auch hier verboten ist, zu nah oder gar in das Wasser zu gehen, sich außerdem auch hier einige Wanderer und Radfahrer aufhalten, muss ich meine Hoffnung von vor dem Wissen des Verbotes auf ein Bad mit dem Teufel im See aufgeben. Angenehm wäre es gewesen denn ich bin mehrfach durchgeschwitzt und in keinem frischen Zustand mehr. Noch ist nicht einmal die Hälfte der geplanten Tagesstrecke geschafft und so halte ich die Pause an diesem bezaubernden See recht  kurz.

Die Strecke bis zum Grenzübergang bzw. zum Bahnhof in Bayrisch Eisentstein verläuft durchgängig auf breiten Waldwegen stramm bergab. Ich gebe etwas Gas. Meine bis dahin weitgehend friedlichen Bänder, Gelenke und Muskeln melden sich im Wechsel zu Wort und auch die arthritische Wirbelsäule mit den angeblich schon drei versteiften Wirbeln und angegriffenen Nervenkanälen, die sich bis hierher gemütlich hat spazieren tragen lassen und die Strecke dadurch offensichtlich einigermaßen genießen konnte, fragt immer häufiger: „Wie weit ist es noch?“ oder „Wann sind wir da?“



Ab Alžbětín , im  Tal des Großen Regen kann ich die schmerzenden Füße damit befrieden, dass ich ein Stück - mit Sandalen weil es doch sehr steinig, uneben und vor allem rutschig ist - in eben diesem Fluss Regen weiterwandere anstatt den parallel verlaufenden Pfad zu nutzen.

Mir graut vor dem letzten Teilstück ab Bayrisch Eisenstein, denn ab dort würden mich noch weitere acht Wanderkilometer mit einem weiteren Anstieg über mehr als 400 Höhenmeter erwarten.


Und wie ich am Bahnhof von Bayrisch Eisenstein - der tiefsten Stelle der Strecke - darüber nachsinne, ob es nicht eine mögliche Alternativen gibt, biegt ein Bus um die Ecke, dessen Aufschrift die richtige Richtung erhoffen lässt. Ein gnädiges Schicksal spielt mit! Busfahrer und Handy bestätigen mir die Annahme der passenden Richtung, dem Deutschlandticket auf dem Handy sei Dank steige ich ohne weitere Umstände einfach ein, genieße die steile Fahrt nach oben über Serpentinen mit viel Aussicht, einmal Umsteigen in der Nähe des Großen Arber und eine weitere kurze Busfahrt später steige ich direkt an meinem Wanderparkplatz beim Langlaufzentrum Scheiben aus dem Bus. Herrlich! Die knapp 16 gewanderten Tageskilometer mit ca. 700 Höhenmetern samt Kamikaze-Kletterei durch den Urwald sind für den heutigen Tag und mich mehr als genug!

Resümee:

  • Die tschechische Seite des Waldes werde ich sicher noch häufiger aufsuchen, mich aber vorher hoffentlich besser über die korrekte Wegführung informieren anstatt mich auf irgendwelche gefundenen Wandertracks blind zu verlassen. Dort im Sumava warten viele interessante Ziele.
  • Was mir schon vorher im Grenzgebiet z. B. beim Einkaufen aufgefallen ist: so ziemlich alle Tschechen in dieser Gegend sprechen ziemlich gut Deutsch (ich wurde auch auf dieser Tour mehrfach locker angesprochen und bei der Erkenntnis, dass ich des Tschechischen nicht mächtig bin, wechselten die tschechischen Sprecher auch höheren Alters nahtlos zum Deutschen) aber umgekehrt niemand auf deutscher Seite Tschechisch.
  • Mein eigener tschechischer Sprachfundus beschränkt sich momentan nur noch auf „Dobrý den“ (Guten Tag), „Děkuji“ (Danke) sowie „ano“ und „ne“ (ja und nein). Das vor mehr als 30 Jahren aus Gründen gekaufte und im Regal verstaubende Buch „Tschechisch für Anfänger“ ist schon ausgekramt. Der Vorsatz lautet, dass ich mir so ca. 20 der gängigsten tschechischen Floskeln und Redewendungen ins Hirn prügele weil es doch überall besser ankommt, wenn man zumindest rudimentär höflich in der Landessprache kommunizieren oder wenigstens so tun kann als ob ;)
  • Wie ich der Presse schon früher entnommen habe, besuchen nicht wenige tschechische Schüler:innen das Zwieseler Gymnasium und gehören dort regelmäßig - obwohl sie in einer für sie zunächst fremden Sprache lernen und arbeiten müssen -  auch zu den jahresbesten Abiturient:innen. Erstaunlich, wie ich finde ich!


Beim Stichwort „Schule“ sei noch ganz am Rande der eigentliche Anlass meines Besuches im Bayerischen Wald erwähnt. Denn nun ist auch der jüngste meiner drei Enkelkinder auf den Weg in die Schule gebracht. Freudig aufgeregt war er und sehr stolz!





11 September 2023

zielloser Pilgerweg in Franken - Contemplatio

Der ursprünglich erstellte konfessions- und religionsübergreifende Weg für innere Einkehr und Meditation verläuft zwischen Neumarkt in der Oberpfalz und dem Kloster Plankstetten.


Inzwischen wurde er um das Mehrfache der ursprünglichen Distanz auf 250 Kilometer bis Parsberg erweitert. Er hat kein Ziel am Ende sondern diverse Stationen unterwegs und führt entlang vorhandener Wege unterschiedlicher Inhalte und Ansinnen. Er sprach mich an und ich plante, einige Tage auf diesem Weg zu gehen. 

Beginnend in Plankstetten (umständliche halbtägige Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln), dort verabredet mit in der Nähe wohnendem Kollegen in der Klostergaststätte noch ein gemeinsames Getränk bei einem gemeinsamen Ratsch verbringend, beschloss der Kollege, mich über die ersten ca. 2-3 Kilometer zu begleiten. Ein wunderbarer Einstieg in den Weg, der auf der ersten Etappe bis Berching den Benediktusweg  nutzt mit diversen informativen und interessanten Stationen zum Innehalten und Lesen.



In Berchings historischer Altstadt gönnte ich mir ein Eis und einen Espresso.


Der größte Teil des Weges verläuft durch waldige Strecken mit gelegentlichen aber nicht allzu dramatischen Steigungen. Anfangs erschienen mir meine gut 12kg Tourengepäck regelrecht “leicht” zu verkraften.




Nach 16 Tageskilometern in ca. fünf Wanderstunden suchte ich mir ein Quartier für die Nacht, das ich passend in der Nähe eines Wasserspeichers mit unglaublich vielen dort rastenden oder wohnenden Wildvögeln zu finden vermeinte.

Merke:

  • Gänsescharen in Ohrweite lärmen u. U. die ganze Nacht hindurch
  • Wo viel Wasser ist, ist am Morgen auch an sommerheißen trockenen Tagen viel Morgentau, das die Außenwand des Minizeltes komplett nässt, so dass sie nass eingepackt werden muss und auch die Wiesen, durch die es noch zu stapfen gilt, sind so unglaublich triefend vor Nässe, dass auch die Wandersfrau es nach Durchquerung hoch bis an die Hüften ihrerseits ist.
Auf Kochutensilien hatte ich verzichtet (noch mehr Gewicht wollte ich wirklich nicht mitschleppen) denn angesichts der durchquerten ziemlich besiedelten Landschaft findet sich unterwegs genügend Möglichkeit der auch genießerisch orientierten Einkehr bei Milchkaffee und Frühstück.

Trocken ist die Gegend und heiß war die Septemberwoche. Bis 30°C gingen die Temperaturen hoch, so dass es für mich auch streckenweise ein Leidensweg wurde. Zumindest die Passagen über schattenfreies Gelände.


In Freystadt wieder eine Gaststättenrast in historischer Altstadt.



Tatsächlich war ich zu diesem Zeitpunkt derartig erschöpft, dass ich versäumte, den barocken Bau der Wallfahrtskirche Maria Hilf bei Freystadt zu fotografieren. Es zog mich mit Macht in deren kühles Innere, wo ich mein Handy zum Aufladen in eine vorgefundene Steckdose einstöpselte und mich selber auf einer Kirchenbank auf untergelegte Matte und Rucksackkissen ausstreckte und dort ganz und gar meditativ eine liegende Stunde mit Blick in die Kirchenkuppel verbrachte.





Die Hitze des Tages, das Gewicht des Rucksack, die von zwei Wandertagen müden Knochen, das alles andere als frische Körpergefühl … der Tag wurde schwerer für mich als ich es gedacht bzw. erhofft hatte. Viele Kirchen und Kapellen am Wegesrand, auf Hügeln und an aussichtsreichen Stellen bieten nette Ansichten und Momente und es gab auch einen Teil des Weges, der als “Weg der Stille” mit Anregungen zu meditativen Übungen gestaltet war. 

Für mich stelle ich fest: mit Tourengepäck und Muskelkater meditiert und contempliert es sich zumindest an heißen Wandertagen nur mühsam bis gar nicht. Zumindest im vom Weggestalter vorgesehenen Sinne nicht. Die Einkehr findet bei mir eher so statt, dass ich es irgendwie doch schaffe, mich zum schlichten und eher denkfreien Weitergehen motivieren zu können. Hier und da dringen die Eindrücke von außen durch. Aber eher als Geräusche, Bildfetzen, Windhauchmomente … sowas.  Es ergibt sich aus dem Gehen und nicht aus dem Planerischen Gestalten.



Im Rucksack meiner Meinung nach nur wenige Dinge, die sich zur Not einsparen ließen. Auch wenn ich Regenschutz und langärmliges Fleeceshirt + langärmlige Jacke diesmal nicht benötigte: ohne solches loszuziehen hierzulande im September wäre wohl eher leichtsinnig. Da ich auch keine nennenswerte Verpflegung mitschleppte (neben einem Liter Wasser, das unterwegs nachgefüllt wurde ein paar Kekse, Miniriegel, Nüsse und etwas Schokolade), frage ich mich tatsächlich, wie es sich bewerkstelligen lässt, mit einem Gepäck unter 10kg auf längere Wandertour zu gehen (ich rechne die Verpflegung immer ins Gewicht rein weil ich die häufigen Angaben ohne dieses für irreführend halte. Meinem Rücken und den Schultern ist es egal, was sie niederdrückt und eine Angabe wie häufig gefunden: “soundsoviel Kilo Gepäck plus Verpflegung” halte ich für Augenwischerei … insbesondere, wenn dann noch mehrere Liter Wasser unter die “Verpflegung” fallen. Daher bei mir immer Gesamtgewicht als Angabe). 

Ohne Übernachtungsgepäck würde es lockerst funktionieren, unter den 10kg zu bleiben. Mit diesem Rucksack wäre ich jetzt auch für mehrere Wochen genauso ausgerüstet für die drei Tage, die ich gehe. Aber schon Zelt mit Unterlegmatte, Ankern etc., Isomatte, Schlafsack, Taschenlampe … das Übernachtungszubehör bringt alleine fast 5kg auf die Waage … und mehr könnte ich über längere Strecken wirklich nicht mitschleppen.



Der Weg als solcher ist harmonisch. Viel Strecke im Wald (zum Glück bei der Hitze!) aber auch Weite und Ausblicke. Nette Steinformationen, gelegentlich Teich oder alter Kanalzweig am Wegesrand, viele Greif-  und sonstige Vögelsichtungen und Begleittöne. Reiche Pflanzenwelt. 

Die zweite Nacht verbringe ich am Rande eines recht kleinen Mischwaldes in Sichtweite eines Dorfes und einer Siedlung. Bin aber gut genug getarnt, um für flüchtige Hinseher vermutlich unsichtbar zu bleiben.

Nach 26 Tageskilometern, incl. einer sehr netten, persönlichen, informativen, unterhaltsamen Pausenstunde mit einem 93jährigen Altbauern aus Rohr - eine Begegnung wie sie in der Tat nur stattfinden kann, wenn mensch alleine unterwegs ist - fiel mir das Einschlafen etwas schwer. Beine und Rücken schmerzten sehr, die Sonne hatte den Kopf etwas drückend werden lassen … alles sehnte sich nach Gemütlichkeit und Komfort. Aber einmal eingeschlafen, fühlte sich das Aufwachen nach dann doch fast acht durchschlafenen Stunden halbwegs erholt an. Wobei … das Rauskrabbeln aus dem Zelt und erste Aufrichten … das ist an jedem Morgen eine zunehmend größere Herausforderung. Einige Dehn- und Streckübungen später wächst jedoch die Zuversicht, auch am kommenden Tag ein Stückchen weit weiterzukommen.

Zelt abbauen, alles wieder einsortieren und  alle Unterbeutel verstauen … puh … die Neigung zum Chaoshaushalt hat mich inzwischen meinen Wander-Trekking-Teleskopstock gekostet. Irgendwo bei einer Pause blieb er liegen und mag noch dort liegen … oder auch nicht .. ich wusste nicht mehr genau, wo denn überhaupt und das Risiko, ihn nicht wiederzufinden machte mir den Versuch, mindestens 6 oder gar 8 Kilometer zusätzlich und auch die Hälfte rückwärts zu wandern, nicht wert und ich ließ ihn los. Den Einzeltrekkingstock (ich wandere am liebsten ohne, deshalb habe ich ihn auch nicht sofort vermisst aber an Anstiegen nutze ich gerne einen Einzelstock. Mit zwei Stöcken wandere ich absolut nicht gerne, habe also nur einen im Gepäck. Und jetzt gar keinen mehr) entstammt einem vor ca. 20 Jahren mir geschenkten Paar, an dem ich eigentlich hänge … aber Loslassen zu können gehört zur Contemplation vermutlich dazu …

Frühstück an diesem Tag nach nur zwei Wanderkilometern in Möning und schon neigt sich das ursprüngliche Kernstück des Contemplatio-Weges seinem Ende zu. Die letzte Tagesetappe von 20 Kilometern bis Neumarkt steht für diesen Tag an. Sie erweist sich als wesentlich anstrengender als ich vermutet hatte. Die Hitze schlägt erneut zu, die vorgeschädigten Glieder mögen nicht mehr. Alles schmerzt und irgendwann wird nach jedem gegangenen Kilometer eine Verschnaufpause notwendig. Auch der Kreislauf schwächelt massiv. Befürchtungen beschleichen mich, so kurz vor Etappenende aussteigen zu müssen. Irgendwie schaffe ich es bis Neumarkt. Sehe die dortige Wallfahrtskirche auf einem prägnanten Hügel mit ordentlichem Aufstieg. Es herrscht Mittagshitze, der Weg hat schattenlose Anteile und mir ist klar: da komme ich mit dem Rucksack heute nicht mehr hoch. Umgehe also den Hügel mit Kirche und steuere direkt das Kloster St. Josef an, in dessen Gästehaus ich für die Folgenacht ein Zimmer gebucht habe. Checke ein, beziehe das Einzelzimmer, verteile darin einen halben Wald mit aus dem Gepäck fallendem Moos, Blättern, Nadeln, Ästchen … und lasse mich - trotz Hitze nun frierend - ungewaschen auf’s Bett fallen und schlafe für zwei Stunden tief und fest.



Die Dusche danach erfrischt wieder soweit, dass ich gepäcklos und erleichtert den hinter dem Kloster beginnenden Kreuzwegsweg zur Wallfahrtskirche Mariahilf hinaufgehe.



Hier kann ich auch endlich wirklich genießen, mich für eine Stunde versenken und “ankommen”


Als ich die Kirche wieder verlasse, versinkt mit spektakulären Farben hinter Neumarkt die Abendsonne. 




Resümé:

  • die Idee, einen immer wieder erweiterten Pilgerweg ohne konkretes Ziel entlang diverser spiritueller Orte zu gestalten und dabei auf vorhandene Wegestruktur aufzusetzen, halte ich für wirklich klasse!
  • die Wege sind einigermaßen leicht zu gehen und verlaufen trotz nicht wenig Besiedlung der Landschaft weitgehend naturnah
  • die Besiedlung und Verkehrsinfrastruktur rundherum hat allerdings zur Folge, dass sowohl Auto- als auch Flugzeuggeräusche bei genauem Hinhören nahezu durchgängig vorhanden sind
  • die Dörfer am Wegesrand bieten außer einer jeweiligen Bäckerei keine Einkaufsinfrastruktur. Was reicht … aber würde mensch mehr wollen, müsste der Weg mit größeren Abstechern verlassen und diese typischen Einkaufszeilen, die es nahe der größeren Orte gibt, aufgesucht werden. Selber habe ich es nicht benötigt
  • Wer nicht wild campen und im Freien übernachten will, könnte Schwierigkeiten bekommen, passende Quartiere zu finden (ganz abgesehen davon, dass es angesichts der doch exorbitant angestiegenen Hotelpreise - auch der Nähe zur Messestadt Nürnberg geschuldet - ein teures Wandervergnügen würde). Das Hotel in Freystadt hatte geschlossen und so fand sich direkt am Weg liegend keinerlei Hotel oder Pension. Auch dabei müsste man die Etappen verlassen und - wenn ich nicht irgendwelche Quartiere übersehen habe - sich in der Etappeneinteilung danach richten. Es gibt auf dieser Wegstrecke auch keine Camping- oder offiziellen Zeltplätze
  • Plätze, ein kleines Zelt schonend und unauffällig aufzubauen, sind reichlich vorhanden. Würde man fragen, dürfte man sicher auch auf Wiesen von Höfen oder Streuobstflächen von Liegenschaften campieren. Zumindest als alleinwandernde grauhaarige ältere Pilgerin sind die Ansprachen durch Menschen relativ häufig und durchgehend wohlwollend und anerkennend. So bekam ich völlig ungefragt und ohne das Übernachtungsthema von meiner Seite jemals aufzubringen, das Angebot, in der Scheune eines Bauernhofs zu übernachten. 
  • Ob ich die Verlängerung des Weges bis Parsberg wie angedacht irgendwann weitergehen werde, weiß ich noch nicht. Manches spricht dafür, anderes eher dagegen. Ich lasse es offen.
  • Der Abschlusstag mit Freundin in Nürnberg tat den geschundenen Gliedern wohl. Komplett beschwerdefrei sind sie aber auch drei Tage danach noch nicht. Muskelkater in den Beinen vergeht, Bänder an Hüfte, Knie und Füßen erholen sich … wollen aber gestretcht und gehätschelt, gedehnt und wieder gängig gemacht werden. Am kritischsten beurteilt meine von Arthrose gebeutelte Wirbelsäule das Unterfangen. Ob hierfür Training helfen kann?
  • Sportliche Betätigung insgesamt und überhaupt … würde mal wieder nicht schaden … *räusper* 
  • 63 Kilometer an drei Tagen (zwei halbe und ein kompletter) mit 12kg Tourengepäck bei Hitze war zuviel für meinen derzeitigen (un)Fitnessgrad aber irgendwie habe ich immer diesen Trieb, „Strecke zu machen“ (vielleicht daran mal arbeiten?)
  • WANDERN  IST TOLL!




05 September 2023

Wildnisidylle - Teil IV

 


Wenn‘s Wetter passt, lassen sich tolle Landschaften toll genießen


und toll ist‘s im Südschwarzwald allemal. 

Unterrichtsinhalte wie z. B. das Bestimmen von Himmelsrichtungen durch Sonnen- und Sternenbeobachtung bei Tag und bei Nacht in der Praxis und werden zur reinen Freude.
Deutlich einprägsamer als in geschlossenen Schulräumen.



Auch die wildnispädagogischen Einheiten des Erzählens von Geschichten am Lagerfeuer, diverse Wahrnehmungs-, Gruppen- und Meditationsübungen profitieren von gutem Wetter, tollem Lagerplatz und super Stimmung der Teilnehmer:innen.


Und weil ich auch noch ausrüstungstechnisch aufgerüstet und mir ein Leichtbauzelt angeschafft habe; außerdem in diesem Ausbildungsblock von mir ein wirklich kuscheliger neuer Schlafsack eingeweiht wurde, schlief ich in den Nächten mummelig, vor Nässe und Krabbeltieren deutlich besser geschützt als im Tarp, jeweils tief, fest und lange.