Montag, 09. Mai - Dienstag 10. Mai
Der Abschied fiel mir fast ein bisschen schwer. Aber nützt ja nix. Am späten Vormittag war ich startklar: die Kefirknöllchen gefuttert und gefüttert, nochmal den Abwasch erledigt, Pipibox geleert, Tisch und Stühle sowie das Interieur zusammengelegt und verstaut, Kabeltrommel und Stromutensilien verstaut, die zu kühlenden Sachen samt Kühlakkus vom Kühlschrank in die Box im Heck umgepackt, Fahrrad zusammengeklappt und verstaut, Platzkosten - für die 5 Nächte gerade mal etwas über 80 Euro - bezahlt ... es kommt doch immer einiges zusammen bei diesen Platzwechseln.
Die Strecke führt zunächst noch viele Kilometer auf engen gewundenen Sträßchen durch den Naturpark, an einigen Miradores (Aussichtspunkten) halte ich noch für ein paar Abschiedsfotos an.
Bis beim auch sehr hübshen! Örtchen Puerta de Segura die Straßen wieder etwas komfortabler werden. Wobei das relativ ist. Ich habe mich entschlossen, nicht wieder die schnellere Küstenstrecke heimwärts zu rollen sondern auf eine etwas mittigere Alternative durchs spanische Hinterland zu setzen. Eine grandiose Entscheidung! Am liebsten würde ich an jeder zweiten Ausfahrt rausfahren (Haltebuchten bzw. Möglichkeiten für schnelle Stopps an Autobahnen, Schnellstraßen oder auch kleineren Landstraßen existieren hier quasi nicht oder so gut wie gar nicht. Jeder Halt ist mit Mühen verbunden, die Tankstellen genau dort, wo es mal so gar nix zu knipsen gibt.
Und ich will ja vorwärts kommen. Der nächste Halt soll in Teruel , der Hauptstadt der mir vorher komplett unbekannt gewesenen Provinz Aragonien stattfinden und die Erfahrung hat gezeigt, dass es mehr bringt, sich einen Ort etwas intensiver vorzunehmen und dafür nicht an jeder Kirche, jedem Aquädukt, jedem Canyon oder ausgeschilderten Kloster anzuhalten. Obwohl es reizt. Von der STraße aus sieht man reichlich davon, noch mehr Ausschilderungen zu irgendwas sehenswertem und überhaupt erfahre ich, dass ich mich städnig auf irgendwelchen "Routes touristicos ... irgendwas" befinde. Naturparks sind ausgeschildert, die Landschaften wechseln sich mit drastischen Veränderungen ab - eine beeindruckender als die andere.
Vorbei ist es mit den Monokulturen. Hier im Hinterland - und schon dafür hat sich diese Route gelohnt - gibt es alles: steppenartige Hügellandschaften, felsige Gelände, größtenteils Hochebenen - ich bewege mich fast den ganzen Tag auf Straßen um die 1000 Meter üNN - ein Pass zeigt 1300 Meter an. Es wechseln sich in schneller Folge auch landwirtschaftlich genutzte Flächen: Wein, Obstbäume, Oliven und viel Getreide - immer wieder ab. Zwischen den Bäumen, an Straßenrändern und auf den Brachen wahre Blütenmeere. Es dominiert dunkelroter Mohn. Meist gemischt mit vielen Gelbtönen aber auch Rots und Blaus kommen immer wieder als Farbspiele dazwischen, daneben und miteinander vor. Das Fahren auf den sehr leeren Straßen ist ein Genuss. Ab und zu der Wunsch vorhanden, in eine der Landschaften auch einzutauchen. Aber es wartet ja die Weltkulturerbestadt Teruel auf mich.
Gegen 17:00 Uhr erreiche ich den kostenlosen Wohnmobilstellplatz am Stadtrand. Ist okay. Ziemlich viele Wohnmobile - so 30 etwa. Scheint ja wirklich zu lohnen, der Besuch hier.
Erwartungsvoll begebe ich mich mit dem ausgepackten Rädchen auf den Weg ins ca. drei Kilometer entfernte Stadtzentrum. Es ist eine hügelige Landschaft, auf die Teruel gebaut wurde, so dass es massenhaft alte und neue Viadukte gibt. Einige sogar übereinander. Ich habe nur das erste und vermutlich bedeutungsloseste fotografiert:
Danach kam ich ins Altstadtzentrum. Schon auf dem Weg dorthin war mir aufgefallen, wie voll und verstopft mit Autos alle Straßen sind. Kaum Radwege, hier und da mal kleine Schnippsel. Vor dem Altstadtzentrum lässt es sich noch einigermaßen auf den breiten Fußgängerwegen fahren. Aber man merkt, dass hier in Teruel alles auf Autos abgestimmt ist. Es knubbelt sich, staut sich, macht irre Krach und ... ich bin gestresst.
Vermutlich lag es in erster Linie daran, dass mir diese Stadt nichts geben konnte und ich sie nicht würdigen. Auch im Zentrum war es voll, eng und hier hatte ich Verständnis dafür, dass viele Menschen Schutzmasken trugen: trotz der eigentlich freien Höhenlage stank es erbärmlich nach Abgasen. Und wo nicht das, wehten massive Parfumdüfte der Passanten immer wieder in mich stressender Strenge in die Nase. Eine spezielle Mode dieser Stadt oder fällt mir das sonst nur weniger auf?
Es gibt sie tatsächlich, die geschichtsträchtigen Gebäude. Ich habe mein Rad im Gewühl einkaufender Menschen daran vorbeigeschoben. An Fahren war nicht zu denken. Denn die Innenstadt ist voller Läden aller Art. Eine einzige Shoppingmeile. Wer darauf steht: hier gibt's alles - auch diese edelnamigen Boutiquen. Besonders den hier angebauten Wein, Würste und riesige Mengen vom Jamon de Teruel könnte man an jeder Ecke kaufen. Aber schon weil ich auf der Autobahn gleich mehrere sehr alte und in keiner Weise mit Kühlvorrichtung oder sonstigen Erleichterungen dieser furchtbaren Tierqual aussgestatteten Schweinetransporte gesehen habe, dreht es mir beim Gedanken daran Herz und Magen um.
Mir ist nach nichts von alledem. Denke mir: die Bilder von den Sehenswürdigkeiten sehen im Internet irgendwie schöner und beeindruckender aus. Lasse das Handy stecken. Nicht ein Foto habe ich mehr gemacht. Auch als ich am "Mausoleo de los amantes", dem Mausoleum der zwei Liebenden, vorbeikomme und es noch geöffnet ist, habe ich kein Bedürfnis, es zu besichtigen. Auch die davor kostenlos zu sehende Statue der beiden, die von einigen Touristen fotografiert wird, lasse ich unbeachtet.
Die Liebesgeschichte der beiden (angeblich - ich finde ja, es sind Zweifel erlaubt, ob die Liebe nach den Jahren des Wartens noch auf Gegenseitigkeit beruhte), so eine spanische Romeo und Julia- Story, ist reichlich merkwürdig. Wie das Mausoleum aussieht, sehe ich auch im Internet ... ich bin ungnädig, grantig, habe keine Lust mehr auf Stadt, Gestank, alte Gemäuer, Andenkenläden .. und schiebe zurück zum Wohnmobilplatz im Gewerbegebbiet am Stadtrand.
Wach werde ich mitten in der Nacht. Denn nebenan ist ein Parkplatz für Lastwagen, die ab vier Uhr in der Früh auf Fahrt gehen. Nicht ohne vorher erstmal den Motor im Stand ein paar Minuten laufen zu lassen. Trotzdem schlafe ich nochmal ein und begebe mich nach einem Lesestündchen zum Kaffee gegen 10 Uhr auf die Weiterfahrt. Bloß keine Stadt mehr - soviel steht für mich fest. Mein Pensum an größeren Menschenansammlungen ist - Kulturerbe hin oder her - für diesen Urlaub gedeckt.
Bleibe trotzdem bei dem Entschluss - ich könnte nochmal wieder umswitchen - nicht die Küstenstrecke zu nehmen sondern eine im Inland. Vorbei an Zaragoza durch die Pyrenäen.
Wieder tolle und sich heftig abwechselnde Landschaften. Ausgeschilderte Naturparks, von denen vermutlich jeder einzelne für einen Urlaub gut wäre. Wieder nur sehr wenige Halts für ein paar wenige Bilder.
Trotzdem bin ich froh, diese Strecke genommen zu haben. Beeindruckende Landschaft hier im Naturpark der hohen Pyrenäen schobn vom Mobil aus.
Das Örtchen ist klein, liegt im Talkessel. Die Sonne verschwindet also früh. Aber warm und geschützt ist es, was auch die freiwachsenden Palmen zeigen. Ich bin ohnehin müde. Schnell zum Abendessen noch den Blogeintrag einstellen ... dann geht's morgen weiter.
4 Kommentare:
Ach schade - du bist schon wieder am Rückweg? Gerade hatte ich mich so in die Gegend eingelesen. Verständlich, dass dir der Abschied schwer fiel.
Ich wünsche dir eine gute Heimreise und noch viele schöne einsame Plätzchen, kleine, sehenswerte Orte und schöne Begegnungen! :)
Danke dir, Doris :)
tatsächlich ist es ein bisschen schade, für die einzelnen Stationen oft so wenig Zeit zu haben. Und viel zuviel Zeit für die Fahrerei aufwenden zu müssen bei diesem Konzept. Wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich mich mal an so einem Resümee mit für mich gesehen Feilen an den Feinheiten versuchen.
Ich nehme an, dass du inzwischen wieder mit dem Münchner Alltag beschäftigt bist und dir überlegst ob du nicht als Pensionistin das Leben im Mobil verbringen solltest.
Herzliche Grüsse und danke für die interessante Reisebeschreibung und die herrlichen Fotos.
Trudy
Hallo Trudy,
der geplante und in Stückwerk vorbereitete Urlaubsabschluss-Beitrag ist endlich drin. Und deinen Kommentar entdeckte ich bei dieser Gelegenheit.
Es ist schlicht so, dass ich jetzt eigentlich Erholung vom Urlaub brauchen würde ;-) aber gleichzeitig ins volle Leben geworfen werde: das Gärtchen ein zugewucherter Dschungel voller wilder Kräuter ohne Authorisierung meinerseits und voller Schnecken, die die wenigen Salatköpfe für sich haben mögen.
Mobil wieder auf Vorderfrau bringen (ganz zu schweigen von der Notwendigkeit, damit eine Werkstatt auszumachen und aufzusuchen), Wäsche, Vorräte im Mobil und im Haus für Menschen und Katzen wieder auffüllen und am Montag gleich ab ins Berufsleben. Für's kommende Wochenende zum dreifachen Omaeinsatz angefragt ... puh ...
Aber es geht voran ....
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