26 April 2022

Spanisches Tagebuch Teil 1: Katalonien

Der kleine Campinglatz „Can Coromines“ am Fuße der katalanischen Pyrenäen mit gut verstecktem eng-holprigem Zufahrtsfeldweg könnte auf den ersten Blick überall in Europa liegen. Im  Bayerischen Wald z. B.  oder in Mittelhessen, dem Hunsrück oder in den allgäuer Voralpen. Auf jeden Fall mit weniger Aufwand zu erreichen als das mehr als tausend Kilometer von zu Hause entfernte Katalonien.

Die mit Gänseblümchen übersäten großzügig und weitläufig angelegten Stellplätze auf flachem Untergrund sind eingebettet in Bäume  und Gestrüpp. Vogelstimmen lärmen; von weitem höre ich  das leise Rauschen und Knattern einer stark befahrenen Straße.



Viele der hier wachsenden Bäume, Zypressen z. B. und knorrige "Flachdach-Bäume" (wie auch immer sie heißen mögen), die im Sommer vermutlich ein kühlendes Blätterdach über die Camper ausstrecken (die für mein mehr als drei Meter hohes Mobil zu niedrig sind, so dass ich einen anderen Stellplatz aussuchen muss), gibt es in Deutschland nicht. Immerhin das! Es ist auch wärmer als im bayerischen Wald. Am Ankunftsabend noch bewölkt, scheint Dienstagmorgen eine strahlende Sonne des Südens bzw. des spanischen Nordens auf meinen Frühstücksplatz vor dem Wohnmobil.

Nach endlich tief durchschlafener Nacht fasse ich wieder eine Zuversicht, die mir gestern während der Fahrt durch Frankreich fast abhanden gekommen wäre. Fragte mich, ob es wirklich ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis sein kann, tagelang im Auto über zwar recht freie, insgesamt aber weitgehend unansehnliche und von Gewerbezentren, endlosen Weinfeldern und Industrieanlagen umrahmte, mautpflichtige Autobahnen zu rollen, nur um  irgendwann für ein paar Tage einen Strand oder ein paar Berge in Spanien zu Gesicht zu bekommen. Zumal Spritpreise und Mautgebühren schwindelerregend  hohe Fahrtkosten nach sich ziehen, für die mehrere Billigflüge zu haben wären.

Womit ich beim Thema des Tages bin: Geld! Schon im Vorfeld machte mich nervös, dass die comdirect mir in den letzten Jahren in unverständlich kurzen Abständen irgendwelche sich ähnlich sehende aber doch irgendwie verschiendene Karten zuschickte, deren genaue Verwendung und Unterscheidung mir streckenweise ein Rätsel blieb. Die gute alte und überall funktionierende EC-Karte? Scheint es so nicht mehr zu geben. Leider neige ich dazu, die mehrseitigen beiliegenden Faltblätter solcher Sendungen nur zu überfliegen, dann die Karte zu verwenden, die schon beim ersten Versuch zuverlässig Geld aus dem Automaten spucken lässt und von Discountern akzeptiert wird.

Vor der Abfahrt blinkte jedoch in einer hinteren Hirnregion die Erinnerung daran auf, dass auf einem der Begleitblätter erwähnt worden war, man könne  damit ausschließlich in Deutschland Geld abheben. Doch welche war das? Und wozu  eigentlich waren die anderen gut?  Eine Kreditkarte kapierte ich noch … aber wo war die PIN dazu? Ich habe sie bisher nur zum Bezahlen im Internet genutzt. Dann die beiden Karten – je eine von den beiden Familienkonten – die ich nie nutze?

Also doch gelesen und immer noch nicht kapiert, welche nun in Spanien zu nutzen ist, via BankenPortal kostenpflichtig die PINs geändert, beim Geldautomaten in D noch alle getestet … puh … Eine  wird schon tun, was sie soll.

Direkt hinter der französischen Grenze testweise die erste Tankstelle auf der Autobahn  angesteuert, Karte gegen das Lesegerät gehalten und *oh  Wunder* der Tankstutzen spuckt sogar ohne Eingabe jeder PIN und ohne Beteiligung von Tankstellenpersonal soviel Diesel aus wie die Karre braucht. Ich bin beruhigt. Auch die ersten beiden Mautstationen, die nur relativ bescheidene zweistellige Summen von mir verlangen, geben nach Vorhalten der Karte rückfragelos eine Quittung aus und öffnen die Schranke. So soll es sein. Meine Zuversicht wächst.

In Dole, wo ich bei ziemlicher Kälte und später tosenden Regenfällen eine Zwischennacht verbringe, begegnet mir Sabine aus Nürtingen im Hexenmobil. Etwa mein Alter, ebenfalls gattenlos unterwegs und auf dem Weg nach Portugal. Sie schildert mir vom Problem, mit  ihren drei vorhandenen Karten nicht tanken zu können. Musste an einer Tankstelle ohne Personal einen netten Landsmenschen darum bitten, mit seiner Karte für sie zu tanken und dafür Bargeld zu nehmen. Sie machte sich nun Gedanken ... Was ich nur zu gut verstand, sie bemitleidete und Glück wünschte. Gleichzeitig unendlich froh war, dass mir dieses Problem – durch umsichtige Vorbereitung der Kartenangelegenheiten wie ich meinte,  erspart blieb. Wer mich ein bisschen kennt – und so ein kleines bisschen kenne ich mich selber auch – weiß, dass ich bei derartigen Problemfällen nicht nur etwas nervös werde sondern ohne lange Umschweife in kaum steigerungsfähige Spontanhysterie verfalle.

Die Kälte und das auch für den Folgetag angekündigte Regenwetter Frankreichs ließen mich vom ursprünglichen Plan einer weiteren Zwischenstation dort Abstand nehmen und ich brauste in einem Rutsch gen Spanien weiter. Ziemlich weit ist das schon!  Recht nah vor der Grenze neigte sich die Tankfüllung des Mobils dem Ende zu. Also eine Tankstelle angesteuert.  Der Versuch, der Zapfsäule mit Kartenlesegerät auf die bereits bewährte Art und Weise Diesel zu entlocken, mündete in einer Meldung, die Karte würde nicht akzeptiert. Unruhe keimte auf. Ich versuchte es mit den drei übrigen Karten. Dasselbe Ergebnis. Die Unruhe steigerte sich umgehend zur Panikattacke. Bargeld? Wurde auch nirgendwo angenommen und sehr viel davon hatte ich auch nicht einstecken. Nach den reibungslosen ersten Versuchen noch nah an der Deutschen Grenze wähnte ich mich in genug Sicherheit, hauptsächlich auf die Geldkarten zu setzen.

Mit roten Hektikflecken im Gesicht und vom schlagartig  angestiegenen Blutdruck schlierigem Gesichtsfeld suchte ich im angrenzenden Raststättengebäude nach einem Menschen, den ich um Hilfe anflehen könnte. 

In einer Ecke fand sich schließlich zwischen all den Souvenirverkaufsflächen und diversen Restaurantkennten mit FastFood ein unscheinbarer Stand mit Tabak, Getränken, Süßigkeiten und einer jungen, für Tankwillige zuständigen Frau. Meine Panik hatte auch noch die letzten Reste des lange verstaubten Schulfranzösisch aus meinen Hirn gelöscht und ich fragte sie – das immerhin auf Französisch – ob sie evtl. auch Englisch spräche.

Sie verneinte kompromisslos, behandelte mich von diesem Zeitpunkt an mit abgrundtiefer Verachtung, zügelte bei Erklärversuchen – irgendwie hatte sie doch irgendwann das zugrunde liegende Problem zu verstehen geruht-  in keiner Weise den französischen Sprachfluss. Zwei interessiert das Geschehen verfolgende weitere Kunden – augenscheinlich ebenfalls  Franzosen -  mit eher intellektueller Ausstrahlung bat ich schon fast flehentlich um Hilfe in Englischer Sprache.  Ein kurzes „No“ und auch hier schier verachtungsvoll-angewidertes Abwenden von dieser lächerlich hyperventilierenden Deutschen ohne akzeptable Sprachkenntnisse.  Es erschien mir letztlich fast wie ein  Wunder, irgendwann nach Auflegen der Karte und Leisten einer Unterschrift bei der jungen Französin doch für 100 Euro tanken zu dürfen. Zwar kein voller Tank bei derzeitigen Preisen  – aber immerhin.

Nach einer kurzen Pause hatten sich auch die flatternden Nerven wieder beruhigt, mein Plan, Frankreich schnell den Rücken zu kehren, erschien mir immer genialer und ich steuerte weiter in Richtung Spanien.

Dann die letzte Mautstation vor der Grenze. 120 Euro wollte das Gerät von mir. Ich staunte nicht schlecht, hielt in gewohnter Manier die Karte ans Display … um von diesem die Auskunft zu erhalten, meine Karte würde nicht akzeptiert. Meine drei übrigen Karten teilten  dieses Schicksal. Hinter mir inzwischen weitere Autos, die die Mautstation passieren wollten. Sie drehten nach und nach grimmig um. Zum Glück gab es reichlich andere Durchfahrten. Ebenfalls zum Glück sah ich eine Möglichkeit, Bargeld  einzugeben. Um die Karte ans Display halten zu können, muss man so nah an die Station fahren, dass sich die Fahrertür nicht mehr öffnen lässt. Aus dem geöffneten Fenster aber ist dummerweise der Bargeldschlitz  nicht zu erreichen. Die Zufahrten sind eng. Rückwärts fahren, weitere Durchfahrwillige verärgern, rangieren, Türe öffnen, vor lauter Nervosität erst die Karten, dann die Lesebrille fallen lassen und mit zitternden Händen halb unter’s Mobil  kriechen zum Wiedervorfummeln.

Passende Scheine werden vom Schlitz gierig  eingsogen – ich darf weiterfahren.

Inzwischen hat  sich der Rest eines funktionierenden Nervenkostüm in schrill schillernde und fiepende Hirnfetzen verwandelt. Nur zum ersten auserkorenen Campingplatz werde ich fahren, so nehme ich mir fest vor. Und morgen über mautfreie Straßen wieder nach Hause. Dafür sollte mein noch vorhandenes Bargeld  ausreichen.

Den sympathischen jungen Mann an der Rezeption des Campingplatzes frage ich – nur dafür reicht mein heute in alle Regenbogenschnippsel zerfetztes A1-zertifiziertes Anfängerspanisch noch –  ob er auch englisch spricht.  Auf seine immerhin lächelnde Verneinung, er bevorzuge katalanisch, ansonsten Spanisch keimt nur sehr kurz ein erneuter Panikanflug in mir auf. Es stellt sich letztlich heraus, dass seine Englisch- und meine Spanischbrocken doch für eine rudimentäre Verständigung ausreichen. Aber gut: so ist  das eben, wenn frau auf versteckte kleine Campingplätze im Nichts der Pyrenäen fährt anstatt wie fast jeder anständige Wohnmobilist nach Barcelona, an die Costa Brava oder nach Gibraltar.

Nach fast zehnstündigem Schlaf scheint mir die Morgensonne durch die Dachluke aufs Hochbett. Wieder lärmen draußen Vogelstimmen. Ansonsten ist es ruhig.

Gestern haderte ich noch damit, niemanden vor Ort zu haben, dem ich meinen Stress aufs Ohr drücken oder mit dem ich ihn teilen bzw. je nach angedachter Person nochmal verdoppeln konnte. Und drückte meine gesammelte Verzweiflung dem zu Hause verbliebenen Gatten telefonisch aufs Ohr. Mobilfunk klappt. WLAN nur an der kleinen CampingBar mit Außenterrasse. Nett ist es hier. Und prima jetzt – im Moment - auch, allein unterwegs zu sein.

So kann ich unkommentiert frühstücken, was ich will. Oder zu müssen meine. Den aus Deutschland im Glas mitgeschleppten Kefir, Haferflocken, diverse mitgebrachte Rohkostsorten mit  Olivenöl. Vegane Rote-Bete-Sesam-Cracker und rohe  Sellerieschnippsel zu Rote-Bete-Saft mit Zitrone knabbern. Apfelschnitze und tassenweise Kräutertees von Kamille bis Blasen-Nieren- oder Leber-Galle-Heiltees.

Ich muss nicht landestypische Bars und Restaurants aufsuchen und darin mit meinen erworbenen auf die meisten Speisen und Getränke unwillig reagierenden Wohlstandszipperlein samt Übergewichtsneigung hadern.  Zipperlein,  die zeitweise und ganz besonders in letzter Zeit schon auf homöopathische  Spuren von Fleisch, tierischen Fetten überhaupt, Zucker oder Alkohol mit Gallenschmerzen oder Gichtanfällen reagieren. Davon hatte ich genug – allein unterwegs in Spanien muss ich das alles nicht haben.

Brauche mich mit niemanden darüber abstimmen, in welcher Richtung Tisch und Stühle aufgebaut werden sollen, ob und was im „Ja“-Fall unternommen werden kann. Wenn mir danach ist, lasse ich nur die Beine baumeln, mache Yoga, meditiere und plaudere ein Ründchen mit hypothetischen Gottheiten des Universums oder popele einfach nur hingebungsvoll in der Nase.  

Kann das seit Jahren auf meinem Nachtschrank neben vielen anderen ungelesenen Büchern schon anstaubende Buch „Streifzüge durch das Abendland“ von Bill Bryson endlich zu lesen beginnen und mich von ihm letztlich inspirieren lassen, hier im Blog meine datenexibitionistischen Neigungen ebenfalls ein bisschen auszuleben, indem ich, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet, ein Reisetagebuch führe.

Sitze, wenn andere Reisende Konversation betreiben, auf der mit Wein überrankten Steinterrasse der Campingbar und schreibe Blogbeiträge. Wobei … wenn ich mich recht besinne, höre ich von den mich umgebenden Campern eher wenig Konversation. Die belgischen, niederländischen und ein deutsches Paar – alle im typischen Wohmobilisten-Renter oder zumindest rentennahen Alter – also: wenn überhaupt, dann nur geringfügig älter als ich es bin – sitzen, wenn sie nicht mit den mitgeführten E-Bikes unterwegs sind, relativ schweigend vor ihrem Fahrzeug in der Sonne. Die wenigen gelegentlich aufgeschnappten Wortfetzen scheinen sich dem Hören nach eher um die praktischen Fragen des Alltags zu drehen: wer macht den Abwasch (ich trinke so lange aus dreckig-benutzten Tassen, bis sie wirklich ALLE erdenklichen Farben und Farbtöne angesammelt haben. Schrecke auch vor Kamillentee aus nach Rote-Bete-Saft nicht abgespülter Tasse nicht zurück), in welche Richtung Tisch und Stühle aufgebaut werden sollen und was es zum Abendessen gibt.

Die Eltern mit spielenden und tobenden Kleinkindern widmen Spracheinsätze, soweit ich das mitbekomme, ausschließlich dem Nachwuchs. Ob sie selber das bemerken?

Die einzigen Personen, die ich am Vorabend auf der schon dunklen Terrasse wirklich miteinander habe sprechen und lachen hören, waren ein junges Deutsches Paar, das in breitestem schwäbischem Dialekt miteinander flüsterte, kicherte, vor sich auf dem Tisch mit Teekerzen und Bierflaschen eine romantisch-genussvolle Atmosphäre improvisierte, sich an den Händen hielt, zärtlich miteinander umging und ganz offensichtlich viel Freude am Leben,  sich selber, an der gemeinsamen Reise und am miteinander Sprechen hatte. Ich gehe davon aus, dass die beiden noch recht frisch liiert sind J

Bill Brysons Streifzüge durchs Abendland  fanden vor mehr als 30 Jahren statt. Kein wirklich aktuelles Europabild. Von Spanien gibt es keinen einzigen Beitrag im Buch. Ich genieße ganz besonders, von meiner eigenen sonstigen Verhaltensweise und Erwartungshaltung unabhängig einfach das zu lesen, wonach mir der Sinn steht.  Auch ohne jeden urlaubsbegleitenden Lokalkolorit des Landes. Ergötze mich laut lachend und hemmungslos losprustend an den todwitzigen Schilderungen deutscher, französischer und anderer landestypischer Eigenarten. Wie ich seit gestern weiß: nur wenig scheint sich geändert zu haben seit damals.

Die zwar recht weit entfernt aber noch in Hörweite stehenden belgischen und niederländischen Camper grüßen beim Vorbeigehen heute um ein Vielfaches aufgeschlossener als gestern Abend. Freundlicher und vor allem sogar auch aktiv selber. Ob’s an meinen Lachkaskaden liegt? Hatten auch sie bei meinem Anblick samt deutschem Autokennzeichen das Stereotyp der humorlosen Deutschen im Kopf und dieses nun zumindest für mich ein wenig abgemildert? Oder wirke ich heute einfach etwas entspannter und weniger zerknittert?

Inzwischen ist Dienstag Mittag. Ich beschließe, mein mitgenommenes Faltrad zusammenzubauen, mich auf selbiges zu schwingen und die ca. 4 Kilometer bis Besalú zu radeln. Ein kleines mittelalterliches Städtchen, von dem ich vorher nie gehört hatte, das aber laut Google als reizvolles touristisches Ziel erscheint. Mit Römerbrücke über den Fluss, Castell, historischer Altstadt und zwei alten Kirchen.

Über sandige und schotterige Feld- und Waldwege holpere ich mit dem Rädchen langsam dorthin. Keine Wegweiser. nach Besalú zu sehen  und als nicht zu überbietende Orientierungsniete muss ich an jeder Weggabelung halten, mich per googleMaps vergewissern, trotzdem mehrfach den Weg korrigieren. 

Ficht mich alles nicht an. Am Wegesrand blühen schmetterlingsumschwärmte wilde Rosmarinsträucher, blaue Iris, purpurne Löwenmäulchen und viele andere prachtvoll blühende Pflanzen unbekannter Namen zeigen sich in hochfrühlingshafter oder auch schon vorsommerlicher Pracht. Eidechsen flitzen vom Rad aufgeschreckt davon. In den Vorgärten Besalús stehen Palmen, vom reich behangenen Orangenbaum (leider in einem Garten stehend und unerreichbar) kullern überreif abegfallene aufgeplatzte Orangen über das Straßenpflaster. Vielleicht war es doch den weiten Weg wert und ist momentan erlebenswerter als Mittelhessen, Bayerischer Wald und Hunsrück? Es ist heiß. Bald werde ich sicher über die Hitze jammern. Irgendwas ist ja immer.

In Besalú  gibt es  Banken.

Geschlossen. Bis 16 Uhr ist hier bis auf die Souvenirläden und Restaurants, Bars und Imbisse alles dicht. Aber mit Geldautomaten. Denn nach wie vor  schwebt damoklesartig das Schwert der nicht oder unzureichend akzeptierten Geldkarten und des nicht reichlich vorhandenen Bargelds über meinem Reisehaupt. Also noch vor Brücke, Castell oder Kirchen eine Bank ausgeguckt. Meine Karte wird eingelesen, die PIN abgefragt, einen Betrag eingeben darf ich ebenfalls. Hoffnung keimt auf. Dann das bekannte Spiel: abgewiesen L und zwar alle vorhandenen Karten. Trotz korrekter PIN gibt`s keine Knete.

Wieder springt ohne Vorwarnung von null auf hundert der Panikmodus bei mir an. Mit jeder vorhandenen Karte versuche ich – inzwischen innerlich heulend, wegklagend, Haare ausreißend – es mindestens zehnmal mit jeweils allen vorhandenen Optionen und wechselnden Geldbeträgen.

Zum Glück muss die Karte nur aufgelegt und nicht in einen Schlitz eingeschoben werden, der sie vermutlich nach all den Fehlversuchen längst aufgefressen hätte. Hinter mir baut sich eine Schlange Wartender auf. Ich überlege kurz, ob ich sie um Hilfe anflehe,  auf die Knie falle, ihnen meine Geldkarten samt GeheimPIN anvertraue in der Hoffnung, sie kennen einen Geheimtrick, die störrischen Geräte zu überlisten. Zumindest die Kreditkarte sollte doch für Bargeld  gut sein!?

Oder ob ich doch einfach morgen zurück nach Deutschland fahre, einen Urlaub mit Thermenhopping und Wanderungen im Schwarzwald verbringe. Mitleidige Blicke begleiten meine hektischen von Wimmer-, Verzweiflungs- und Fluchlauten begleiteten Fehlversuche.

Irgendwann schleiche ich mit  hängenden Schultern zerstört weiter. Schiebe das Rad .. und sehe eine weitere und andere Bank mit Geldautomaten. Warum sollte es hier anders sein als dort? Obwohl meine überreizten Nerven heftigen Widerstand  leisten, beschließe ich einen letzten Versuch.

Einmal eine Karte ans Display gehalten, Geheimnummer und Wunschbetrag  eingegeben, Gebühren bestätigt und wie von Wunderhand erscheint ohne langes Federlesen mein ersehntes Bargeld im Ausgabeschlitz. Mir kommen Tränen der Dankbarkeit und Erleichterung. So kann ich auch Wochenmarkt, Altstadtstraßen, Wege am Fluss, mittelalterliches Flair genießen und muss mich zurückhalten, im Überschwang des Glücks nicht gleich alles Geld wieder bei Souvenirläden für Keramikprodukte, Pfeile und Bogen aus Holz,  bunte Kleider oder sonstigen Krimskrams auszugeben. Vom höchsten Punkt Besalús aus sieht man in der Ferne schneebedeckte Gipfel der Pyrenäen.



Also doch auf und weiter in den Süden! Noch nicht morgen. Hier gibt`s noch mehr zu entdecken. 

Aber die Tage. Bis ans südlichste geplante Ziel in Andalusien (es soll auf dieser eher naturorientierten-Wohnmobil-Tour nicht bis ganz runter gehen sondern nur bis ins obere Drittel Andalusiens – die ganzen berühmten Städte von Sevilla über Granada  bis Ronda  mit Kathedralen, Alhambra & Co. Sind für eine weitere einwöchige Andalusienreise im Herbst mit einer geführten Reisegruppe gebucht und werden dann hoffentlich, was mich betrifft, schon im A2-Spanisch-Modus stattfinden)  sind es nochmal fast tausend Kilometer. Das Bargeld sollte jetzt mit Tanken, Kosten für Stellplätze, ggf. Mautgebühren und gelegentliche Einkäufe ausreichen. Für den Hinweg. Um wieder zurück nach Hause zu kommen, braucht’s dann nochmal mindestens einen  gnädigen Geldautomaten. Wünscht mir Gllück!

 

5 Kommentare:

Trudy hat gesagt…

Diomio, mir wird ja beim Lesen schon heiss und kalt bei solchen Schwierigkeiten! Das nenne ich Abenteuer.
Du kannst einfach herrlich erzählen, sodass ich trotz deiner Mühsal dauernd schmunzeln muss.
Weiterhin viel Glück und gute Reise wünscht mit
herzlichen Grüssen
Trudy

Trudy hat gesagt…

Übrigens... warum so sparsam mit den Bildern? Da hätte doch jedes einen Ehrenplatz verdient, meine ich.
Ciao ciao

lizzy hat gesagt…

Hallo Trudy,

die Sparsamkeit bei den Fotos ist den praktischen Umständen geschuldet. Ich muss zum übermitteln eine nur bei der Bar vorhandene recht schwache Internetverbindung nutzen und ein winziges Notebook. Die Fotos also verkleinern, vom Handy tüberschaufeln … die App für die Collagen ist auf dem Handy und macht das komfortabel.

Ich will ja nicht nur Blog schreiben. Heute gar nicht. Wird ggf. nachgeliefert- bin fix und foxy.

Trudy hat gesagt…

Aha, Zustände wie in den Anfängen der Bloggerei :-)
Heute Ruhetag, den hast du dir wirklich verdient. Gute Erholung.
bei mir auch, strahlender Tag. Eine Stunde jäten und dann den Rest des Tages chillen :-)

regenfrau hat gesagt…

Liebe Lizzy,
ach diese Beschreibungen erinnern mich an... an früher, bevor alles vereinheitlicht war, bevor man ohne zu überlegen, mit nur einer EC Karte ausgestattet quer durch Europa reiste.
Trotzdem wurde mir heiß und kalt, bei deinen Beschreibungen! :O Aber wie man sieht, sind es oft die Hoppalas, die einem Reisebericht, die richtige Würze geben. Und wie ich gesehen habe, geht es heute weiter - wie schön! :D