Der kleine Campinglatz „Can Coromines“ am Fuße der katalanischen Pyrenäen mit gut verstecktem eng-holprigem Zufahrtsfeldweg könnte auf den ersten Blick überall in Europa liegen. Im Bayerischen Wald z. B. oder in Mittelhessen, dem Hunsrück oder in den allgäuer Voralpen. Auf jeden Fall mit weniger Aufwand zu erreichen als das mehr als tausend Kilometer von zu Hause entfernte Katalonien.
Die mit Gänseblümchen übersäten großzügig und weitläufig
angelegten Stellplätze auf flachem Untergrund sind eingebettet in Bäume und Gestrüpp. Vogelstimmen lärmen; von weitem höre
ich das leise Rauschen und Knattern
einer stark befahrenen Straße.
Viele der hier wachsenden Bäume, Zypressen z. B. und knorrige "Flachdach-Bäume" (wie auch immer sie heißen mögen), die im Sommer vermutlich ein kühlendes Blätterdach über die Camper ausstrecken (die für mein mehr als drei Meter hohes Mobil zu niedrig sind, so dass ich einen anderen Stellplatz aussuchen muss), gibt es in Deutschland nicht. Immerhin das! Es ist auch wärmer als im bayerischen Wald. Am Ankunftsabend noch bewölkt, scheint Dienstagmorgen eine strahlende Sonne des Südens bzw. des spanischen Nordens auf meinen Frühstücksplatz vor dem Wohnmobil.
Nach endlich tief durchschlafener Nacht fasse ich wieder eine
Zuversicht, die mir gestern während der Fahrt durch Frankreich fast abhanden
gekommen wäre. Fragte mich, ob es wirklich ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis
sein kann, tagelang im Auto über zwar recht freie, insgesamt aber weitgehend
unansehnliche und von Gewerbezentren, endlosen Weinfeldern und Industrieanlagen
umrahmte, mautpflichtige Autobahnen zu rollen, nur um irgendwann für ein paar Tage einen Strand oder
ein paar Berge in Spanien zu Gesicht zu bekommen. Zumal Spritpreise und Mautgebühren
schwindelerregend hohe Fahrtkosten nach sich
ziehen, für die mehrere Billigflüge zu haben wären.
Womit ich beim Thema des Tages bin: Geld! Schon im Vorfeld
machte mich nervös, dass die comdirect mir in den letzten Jahren in unverständlich
kurzen Abständen irgendwelche sich ähnlich sehende aber doch irgendwie
verschiendene Karten zuschickte, deren genaue Verwendung und Unterscheidung mir
streckenweise ein Rätsel blieb. Die gute alte und überall funktionierende
EC-Karte? Scheint es so nicht mehr zu geben. Leider neige ich dazu, die
mehrseitigen beiliegenden Faltblätter solcher Sendungen nur zu überfliegen,
dann die Karte zu verwenden, die schon beim ersten Versuch zuverlässig Geld aus
dem Automaten spucken lässt und von Discountern akzeptiert wird.
Vor der Abfahrt blinkte jedoch in einer hinteren Hirnregion
die Erinnerung daran auf, dass auf einem der Begleitblätter erwähnt worden war,
man könne damit ausschließlich in
Deutschland Geld abheben. Doch welche war das? Und wozu eigentlich waren die anderen gut? Eine Kreditkarte kapierte ich noch … aber wo
war die PIN dazu? Ich habe sie bisher nur zum Bezahlen im Internet genutzt.
Dann die beiden Karten – je eine von den beiden Familienkonten – die ich nie nutze?
Also doch gelesen und immer noch nicht kapiert, welche nun
in Spanien zu nutzen ist, via BankenPortal kostenpflichtig die PINs geändert,
beim Geldautomaten in D noch alle getestet … puh … Eine wird schon tun, was sie soll.
Direkt hinter der französischen Grenze testweise die erste
Tankstelle auf der Autobahn angesteuert,
Karte gegen das Lesegerät gehalten und *oh
Wunder* der Tankstutzen spuckt sogar ohne Eingabe jeder PIN und ohne Beteiligung
von Tankstellenpersonal soviel Diesel aus wie die Karre braucht. Ich bin beruhigt.
Auch die ersten beiden Mautstationen, die nur relativ bescheidene zweistellige
Summen von mir verlangen, geben nach Vorhalten der Karte rückfragelos eine
Quittung aus und öffnen die Schranke. So soll es sein. Meine Zuversicht wächst.
In Dole, wo ich bei ziemlicher Kälte und später tosenden Regenfällen
eine Zwischennacht verbringe, begegnet mir Sabine aus Nürtingen im Hexenmobil. Etwa
mein Alter, ebenfalls gattenlos unterwegs und auf dem Weg nach Portugal. Sie
schildert mir vom Problem, mit ihren drei
vorhandenen Karten nicht tanken zu können. Musste an einer Tankstelle ohne
Personal einen netten Landsmenschen darum bitten, mit seiner Karte für sie zu
tanken und dafür Bargeld zu nehmen. Sie machte sich nun Gedanken ... Was ich
nur zu gut verstand, sie bemitleidete und Glück wünschte. Gleichzeitig
unendlich froh war, dass mir dieses Problem – durch umsichtige Vorbereitung der
Kartenangelegenheiten wie ich meinte, erspart blieb. Wer mich ein bisschen kennt –
und so ein kleines bisschen kenne ich mich selber auch – weiß, dass ich bei
derartigen Problemfällen nicht nur etwas nervös werde sondern ohne lange
Umschweife in kaum steigerungsfähige Spontanhysterie verfalle.
Die Kälte und das auch für den Folgetag angekündigte
Regenwetter Frankreichs ließen mich vom ursprünglichen Plan einer weiteren Zwischenstation
dort Abstand nehmen und ich brauste in einem Rutsch gen Spanien weiter.
Ziemlich weit ist das schon! Recht nah
vor der Grenze neigte sich die Tankfüllung des Mobils dem Ende zu. Also eine
Tankstelle angesteuert. Der Versuch, der
Zapfsäule mit Kartenlesegerät auf die bereits bewährte Art und Weise Diesel zu
entlocken, mündete in einer Meldung, die Karte würde nicht akzeptiert. Unruhe
keimte auf. Ich versuchte es mit den drei übrigen Karten. Dasselbe Ergebnis. Die
Unruhe steigerte sich umgehend zur Panikattacke. Bargeld? Wurde auch nirgendwo
angenommen und sehr viel davon hatte ich auch nicht einstecken. Nach den reibungslosen
ersten Versuchen noch nah an der Deutschen Grenze wähnte ich mich in genug
Sicherheit, hauptsächlich auf die Geldkarten zu setzen.
Mit roten Hektikflecken im Gesicht und vom schlagartig angestiegenen Blutdruck schlierigem Gesichtsfeld
suchte ich im angrenzenden Raststättengebäude nach einem Menschen, den ich um
Hilfe anflehen könnte.
In einer Ecke fand sich schließlich zwischen all den Souvenirverkaufsflächen
und diversen Restaurantkennten mit FastFood ein unscheinbarer Stand mit Tabak,
Getränken, Süßigkeiten und einer jungen, für Tankwillige zuständigen Frau.
Meine Panik hatte auch noch die letzten Reste des lange verstaubten
Schulfranzösisch aus meinen Hirn gelöscht und ich fragte sie – das immerhin auf
Französisch – ob sie evtl. auch Englisch spräche.
Sie verneinte kompromisslos, behandelte mich von diesem
Zeitpunkt an mit abgrundtiefer Verachtung, zügelte bei Erklärversuchen – irgendwie
hatte sie doch irgendwann das zugrunde liegende Problem zu verstehen geruht- in keiner Weise den französischen Sprachfluss.
Zwei interessiert das Geschehen verfolgende weitere Kunden – augenscheinlich ebenfalls Franzosen - mit eher intellektueller Ausstrahlung bat ich schon
fast flehentlich um Hilfe in Englischer Sprache. Ein kurzes „No“ und auch hier schier verachtungsvoll-angewidertes
Abwenden von dieser lächerlich hyperventilierenden Deutschen ohne akzeptable
Sprachkenntnisse. Es erschien mir
letztlich fast wie ein Wunder, irgendwann
nach Auflegen der Karte und Leisten einer Unterschrift bei der jungen Französin
doch für 100 Euro tanken zu dürfen. Zwar kein voller Tank bei derzeitigen
Preisen – aber immerhin.
Nach einer kurzen Pause hatten sich auch die flatternden
Nerven wieder beruhigt, mein Plan, Frankreich schnell den Rücken zu kehren, erschien
mir immer genialer und ich steuerte weiter in Richtung Spanien.
Dann die letzte Mautstation vor der Grenze. 120 Euro wollte
das Gerät von mir. Ich staunte nicht schlecht, hielt in gewohnter Manier die
Karte ans Display … um von diesem die Auskunft zu erhalten, meine Karte würde nicht
akzeptiert. Meine drei übrigen Karten teilten dieses Schicksal. Hinter mir inzwischen
weitere Autos, die die Mautstation passieren wollten. Sie drehten nach und nach
grimmig um. Zum Glück gab es reichlich andere Durchfahrten. Ebenfalls zum Glück
sah ich eine Möglichkeit, Bargeld einzugeben.
Um die Karte ans Display halten zu können, muss man so nah an die Station
fahren, dass sich die Fahrertür nicht mehr öffnen lässt. Aus dem geöffneten
Fenster aber ist dummerweise der Bargeldschlitz
nicht zu erreichen. Die Zufahrten sind eng. Rückwärts fahren, weitere Durchfahrwillige
verärgern, rangieren, Türe öffnen, vor lauter Nervosität erst die Karten, dann
die Lesebrille fallen lassen und mit zitternden Händen halb unter’s Mobil kriechen zum Wiedervorfummeln.
Passende Scheine werden vom Schlitz gierig eingsogen – ich darf weiterfahren.
Inzwischen hat sich
der Rest eines funktionierenden Nervenkostüm in schrill schillernde und
fiepende Hirnfetzen verwandelt. Nur zum ersten auserkorenen Campingplatz werde
ich fahren, so nehme ich mir fest vor. Und morgen über mautfreie Straßen wieder
nach Hause. Dafür sollte mein noch vorhandenes Bargeld ausreichen.
Den sympathischen jungen Mann an der Rezeption des Campingplatzes
frage ich – nur dafür reicht mein heute in alle Regenbogenschnippsel zerfetztes
A1-zertifiziertes Anfängerspanisch noch – ob er auch englisch spricht. Auf seine immerhin lächelnde Verneinung, er
bevorzuge katalanisch, ansonsten Spanisch keimt nur sehr kurz ein erneuter
Panikanflug in mir auf. Es stellt sich letztlich heraus, dass seine Englisch-
und meine Spanischbrocken doch für eine rudimentäre Verständigung ausreichen.
Aber gut: so ist das eben, wenn frau auf
versteckte kleine Campingplätze im Nichts der Pyrenäen fährt anstatt wie fast
jeder anständige Wohnmobilist nach Barcelona, an die Costa Brava oder nach
Gibraltar.
Nach fast zehnstündigem Schlaf scheint mir die Morgensonne durch
die Dachluke aufs Hochbett. Wieder lärmen draußen Vogelstimmen. Ansonsten ist
es ruhig.
Gestern haderte ich noch damit, niemanden vor Ort zu haben,
dem ich meinen Stress aufs Ohr drücken oder mit dem ich ihn teilen bzw. je nach
angedachter Person nochmal verdoppeln konnte. Und drückte meine gesammelte Verzweiflung
dem zu Hause verbliebenen Gatten telefonisch aufs Ohr. Mobilfunk klappt. WLAN
nur an der kleinen CampingBar mit Außenterrasse. Nett ist es hier. Und prima
jetzt – im Moment - auch, allein unterwegs zu sein.
So kann ich unkommentiert frühstücken, was ich will. Oder zu
müssen meine. Den aus Deutschland im Glas mitgeschleppten Kefir, Haferflocken,
diverse mitgebrachte Rohkostsorten mit
Olivenöl. Vegane Rote-Bete-Sesam-Cracker und rohe Sellerieschnippsel zu Rote-Bete-Saft mit
Zitrone knabbern. Apfelschnitze und tassenweise Kräutertees von Kamille bis
Blasen-Nieren- oder Leber-Galle-Heiltees.
Ich muss nicht landestypische Bars und Restaurants aufsuchen
und darin mit meinen erworbenen auf die meisten Speisen und Getränke unwillig
reagierenden Wohlstandszipperlein samt Übergewichtsneigung hadern. Zipperlein, die zeitweise und ganz besonders in letzter
Zeit schon auf homöopathische Spuren von
Fleisch, tierischen Fetten überhaupt, Zucker oder Alkohol mit Gallenschmerzen
oder Gichtanfällen reagieren. Davon hatte ich genug – allein unterwegs in
Spanien muss ich das alles nicht haben.
Brauche mich mit niemanden darüber abstimmen, in welcher
Richtung Tisch und Stühle aufgebaut werden sollen, ob und was im „Ja“-Fall
unternommen werden kann. Wenn mir danach ist, lasse ich nur die Beine baumeln,
mache Yoga, meditiere und plaudere ein Ründchen mit hypothetischen Gottheiten des
Universums oder popele einfach nur hingebungsvoll in der Nase.
Kann das seit Jahren auf meinem Nachtschrank neben vielen
anderen ungelesenen Büchern schon anstaubende Buch „Streifzüge durch das
Abendland“ von Bill Bryson endlich zu lesen beginnen und mich von ihm letztlich
inspirieren lassen, hier im Blog meine datenexibitionistischen Neigungen
ebenfalls ein bisschen auszuleben, indem ich, wenn sich die Gelegenheit dazu
bietet, ein Reisetagebuch führe.
Sitze, wenn andere Reisende Konversation betreiben, auf der mit Wein überrankten Steinterrasse der Campingbar und schreibe Blogbeiträge. Wobei … wenn ich mich recht besinne,
höre ich von den mich umgebenden Campern eher wenig Konversation. Die
belgischen, niederländischen und ein deutsches Paar – alle im typischen
Wohmobilisten-Renter oder zumindest rentennahen Alter – also: wenn überhaupt,
dann nur geringfügig älter als ich es bin – sitzen, wenn sie nicht mit den
mitgeführten E-Bikes unterwegs sind, relativ schweigend vor ihrem Fahrzeug in
der Sonne. Die wenigen gelegentlich aufgeschnappten Wortfetzen scheinen sich
dem Hören nach eher um die praktischen Fragen des Alltags zu drehen: wer macht
den Abwasch (ich trinke so lange aus dreckig-benutzten Tassen, bis sie wirklich
ALLE erdenklichen Farben und Farbtöne angesammelt haben. Schrecke auch vor
Kamillentee aus nach Rote-Bete-Saft nicht abgespülter Tasse nicht zurück), in
welche Richtung Tisch und Stühle aufgebaut werden sollen und was es zum Abendessen
gibt.
Die Eltern mit spielenden und tobenden Kleinkindern widmen Spracheinsätze, soweit ich das mitbekomme, ausschließlich dem Nachwuchs. Ob sie selber das bemerken?
Die einzigen Personen, die ich am Vorabend auf der schon
dunklen Terrasse wirklich miteinander habe sprechen und lachen hören, waren ein
junges Deutsches Paar, das in breitestem schwäbischem Dialekt miteinander
flüsterte, kicherte, vor sich auf dem Tisch mit Teekerzen und Bierflaschen eine
romantisch-genussvolle Atmosphäre improvisierte, sich an den Händen hielt, zärtlich miteinander umging und ganz offensichtlich viel
Freude am Leben, sich selber, an der gemeinsamen Reise
und am miteinander Sprechen hatte. Ich gehe davon aus, dass die beiden noch
recht frisch liiert sind J
Bill Brysons Streifzüge durchs Abendland fanden vor mehr als 30 Jahren statt. Kein
wirklich aktuelles Europabild. Von Spanien gibt es keinen einzigen Beitrag im
Buch. Ich genieße ganz besonders, von meiner eigenen sonstigen Verhaltensweise und Erwartungshaltung unabhängig einfach das zu lesen, wonach mir der Sinn steht. Auch ohne jeden urlaubsbegleitenden
Lokalkolorit des Landes. Ergötze mich
laut lachend und hemmungslos losprustend an den todwitzigen Schilderungen deutscher,
französischer und anderer landestypischer Eigenarten. Wie ich seit gestern weiß:
nur wenig scheint sich geändert zu haben seit damals.
Die zwar recht weit entfernt aber noch in Hörweite stehenden
belgischen und niederländischen Camper grüßen beim Vorbeigehen heute um ein Vielfaches
aufgeschlossener als gestern Abend. Freundlicher und vor allem sogar auch aktiv
selber. Ob’s an meinen Lachkaskaden liegt? Hatten auch sie bei meinem Anblick samt
deutschem Autokennzeichen das Stereotyp der humorlosen Deutschen im Kopf und dieses
nun zumindest für mich ein wenig abgemildert? Oder wirke ich heute einfach etwas entspannter und weniger zerknittert?
Inzwischen ist Dienstag Mittag. Ich beschließe, mein
mitgenommenes Faltrad zusammenzubauen, mich auf selbiges zu schwingen und die
ca. 4 Kilometer bis Besalú zu radeln. Ein kleines mittelalterliches Städtchen, von
dem ich vorher nie gehört hatte, das aber laut Google als reizvolles
touristisches Ziel erscheint. Mit Römerbrücke über den Fluss, Castell,
historischer Altstadt und zwei alten Kirchen.
Über sandige und schotterige Feld- und Waldwege holpere ich mit dem Rädchen langsam dorthin. Keine Wegweiser. nach Besalú zu sehen und als nicht zu überbietende Orientierungsniete muss ich an jeder Weggabelung halten, mich per googleMaps vergewissern, trotzdem mehrfach den Weg korrigieren.
Ficht mich alles nicht an.
Am Wegesrand blühen schmetterlingsumschwärmte wilde Rosmarinsträucher, blaue
Iris, purpurne Löwenmäulchen und viele andere prachtvoll blühende Pflanzen
unbekannter Namen zeigen sich in hochfrühlingshafter oder auch schon vorsommerlicher
Pracht. Eidechsen flitzen vom Rad aufgeschreckt davon. In den Vorgärten Besalús
stehen Palmen, vom reich behangenen Orangenbaum (leider in einem Garten stehend
und unerreichbar) kullern überreif abegfallene aufgeplatzte Orangen über das
Straßenpflaster. Vielleicht war es doch den weiten Weg wert und ist momentan erlebenswerter
als Mittelhessen, Bayerischer Wald und Hunsrück? Es ist heiß. Bald werde ich
sicher über die Hitze jammern. Irgendwas ist ja immer.
In Besalú gibt es Banken.
Geschlossen. Bis 16 Uhr ist hier bis auf die Souvenirläden
und Restaurants, Bars und Imbisse alles dicht. Aber mit Geldautomaten. Denn nach
wie vor schwebt damoklesartig das
Schwert der nicht oder unzureichend akzeptierten Geldkarten und des nicht
reichlich vorhandenen Bargelds über meinem Reisehaupt. Also noch vor Brücke,
Castell oder Kirchen eine Bank ausgeguckt. Meine Karte wird eingelesen, die PIN
abgefragt, einen Betrag eingeben darf ich ebenfalls. Hoffnung keimt auf. Dann
das bekannte Spiel: abgewiesen L
und zwar alle vorhandenen Karten. Trotz korrekter PIN gibt`s keine Knete.
Wieder springt ohne Vorwarnung von null auf hundert der
Panikmodus bei mir an. Mit jeder vorhandenen Karte versuche ich – inzwischen innerlich
heulend, wegklagend, Haare ausreißend – es mindestens zehnmal mit jeweils allen
vorhandenen Optionen und wechselnden Geldbeträgen.
Zum Glück muss die Karte nur aufgelegt und nicht in einen
Schlitz eingeschoben werden, der sie vermutlich nach all den Fehlversuchen
längst aufgefressen hätte. Hinter mir baut sich eine Schlange Wartender auf.
Ich überlege kurz, ob ich sie um Hilfe anflehe, auf die Knie falle, ihnen meine Geldkarten
samt GeheimPIN anvertraue in der Hoffnung, sie kennen einen Geheimtrick, die
störrischen Geräte zu überlisten. Zumindest die Kreditkarte sollte doch für
Bargeld gut sein!?
Oder ob ich doch einfach morgen zurück nach Deutschland
fahre, einen Urlaub mit Thermenhopping und Wanderungen im Schwarzwald verbringe.
Mitleidige Blicke begleiten meine hektischen von Wimmer-, Verzweiflungs- und Fluchlauten
begleiteten Fehlversuche.
Irgendwann schleiche ich mit
hängenden Schultern zerstört weiter. Schiebe das Rad .. und sehe eine
weitere und andere Bank mit Geldautomaten. Warum sollte es hier anders sein als
dort? Obwohl meine überreizten Nerven heftigen Widerstand leisten, beschließe ich einen letzten
Versuch.
Einmal eine Karte ans Display gehalten, Geheimnummer und Wunschbetrag eingegeben, Gebühren bestätigt und wie von
Wunderhand erscheint ohne langes Federlesen mein ersehntes Bargeld im
Ausgabeschlitz. Mir kommen Tränen der Dankbarkeit und Erleichterung. So kann
ich auch Wochenmarkt, Altstadtstraßen, Wege am Fluss, mittelalterliches Flair
genießen und muss mich zurückhalten, im Überschwang des Glücks nicht gleich
alles Geld wieder bei Souvenirläden für Keramikprodukte, Pfeile und Bogen aus Holz,
bunte Kleider oder sonstigen Krimskrams
auszugeben. Vom höchsten Punkt Besalús aus sieht man in der Ferne schneebedeckte Gipfel der Pyrenäen.
Also doch auf und weiter in den Süden! Noch nicht morgen. Hier gibt`s noch mehr zu entdecken.
Aber die Tage. Bis ans südlichste geplante Ziel in Andalusien (es soll auf dieser eher naturorientierten-Wohnmobil-Tour nicht bis ganz runter gehen sondern nur bis ins obere Drittel Andalusiens – die ganzen berühmten Städte von Sevilla über Granada bis Ronda mit Kathedralen, Alhambra & Co. Sind für eine weitere einwöchige Andalusienreise im Herbst mit einer geführten Reisegruppe gebucht und werden dann hoffentlich, was mich betrifft, schon im A2-Spanisch-Modus stattfinden) sind es nochmal fast tausend Kilometer. Das Bargeld sollte jetzt mit Tanken, Kosten für Stellplätze, ggf. Mautgebühren und gelegentliche Einkäufe ausreichen. Für den Hinweg. Um wieder zurück nach Hause zu kommen, braucht’s dann nochmal mindestens einen gnädigen Geldautomaten. Wünscht mir Gllück!
5 Kommentare:
Diomio, mir wird ja beim Lesen schon heiss und kalt bei solchen Schwierigkeiten! Das nenne ich Abenteuer.
Du kannst einfach herrlich erzählen, sodass ich trotz deiner Mühsal dauernd schmunzeln muss.
Weiterhin viel Glück und gute Reise wünscht mit
herzlichen Grüssen
Trudy
Übrigens... warum so sparsam mit den Bildern? Da hätte doch jedes einen Ehrenplatz verdient, meine ich.
Ciao ciao
Hallo Trudy,
die Sparsamkeit bei den Fotos ist den praktischen Umständen geschuldet. Ich muss zum übermitteln eine nur bei der Bar vorhandene recht schwache Internetverbindung nutzen und ein winziges Notebook. Die Fotos also verkleinern, vom Handy tüberschaufeln … die App für die Collagen ist auf dem Handy und macht das komfortabel.
Ich will ja nicht nur Blog schreiben. Heute gar nicht. Wird ggf. nachgeliefert- bin fix und foxy.
Aha, Zustände wie in den Anfängen der Bloggerei :-)
Heute Ruhetag, den hast du dir wirklich verdient. Gute Erholung.
bei mir auch, strahlender Tag. Eine Stunde jäten und dann den Rest des Tages chillen :-)
Liebe Lizzy,
ach diese Beschreibungen erinnern mich an... an früher, bevor alles vereinheitlicht war, bevor man ohne zu überlegen, mit nur einer EC Karte ausgestattet quer durch Europa reiste.
Trotzdem wurde mir heiß und kalt, bei deinen Beschreibungen! :O Aber wie man sieht, sind es oft die Hoppalas, die einem Reisebericht, die richtige Würze geben. Und wie ich gesehen habe, geht es heute weiter - wie schön! :D
Kommentar veröffentlichen