29 April 2022

Girona y la Costa Brava

Girona ist eine Stadt mit gut 100.000 Einwohnern in Katalonien. Zu meiner rudimentär vorhandenen Reiseidee  gehört: wenn schon die größeren Städte, die jeder kennt,  aus zeitlichen und logistischen Gründen in dieser Reise nicht unterzubringen sind, nehme ich eben die kleinen mit, die sich mir am Wege anbieten und die niemand kennt.

Wobei ich von Girona gelesen habe, dass es als eine Art „Geheimtipp“ gehandelt wird und man dort eins der besten Restaurants der Welt findet. Letzteres suchte ich nicht aber einen Parkplatz, von dem aus ich bequem die Innenstadt würde erreichen können.

Gelernt: auch kleineren Städten im Süden sollte der ortsunkundige motorisierte Reisende nicht zu innenstadtnah nähern. Insbesondere nicht mit einem Reisemobil von mehr als 3m Höhe.

Der Versuch, einen der Kernstadt nahen Parkplatz anzusteuern, kostete einigen Schweiß bei der Fahrt durch verstopfte Straßengewirre, enge Durchfahrten, hektisch abwinkenden Parkplatzwächtern. Glücklich wieder geschafft, den Kernbereich zu verlassen, wo sich auf Kilometer nicht ein einziger tauglicher Parkplatz egal welcher Sorte zeigte, war ich nahe daran, das Vorhaben aufzugeben, Girona zu besichtigen.

Aber  ganz so schnell mochte ich die Flinte doch nicht ins Korn werfen. Näherte mich nach Ortsumfahrung von der andren Seite und siehe da: hier  war es um ein vielfaches ruhiger, geräumiger und wie von Zauberhand  tauchte ein riesiger als Wohnmobilplatz ausgewiesener Sandplatz auf, auf dem auch recht viele Mobilisten schon standen.

Einige Kilometer von der Innenstadt entfernt. Aber wozu habe ich das Klapprad? Ausgepackt und festgestellt: die Kette war nicht nur abgesprungen sondern hatte sich derartig hartnäckig mit dem Hinterrad  verkeilt, dass ich fürchtete, das nicht unkompliziert konstruierte Rohloff-Konstrukt auseinanderbauen zu müssen. Vermutlich wäre es der letzte Radeinsatz des Urlaubs gewesen. Unter Gewalteinsatz schaffte ich es letztlich doch, die Kette zu befreien und wieder  aufzuziehen, reinigte notdürftig meine komplett ölverschmierten Hände und radelte frohgemut ins Städtchen.

Eine Stadt aus Radlerinnen- und Touristinnenperspektive unterscheidet sich diametral von der Sicht  einer gestressten Wohnmobilfahrerin. Insbesondere, wenn es sich um eine Stadt mit vorbildlicher Radwegeführung handelt. Der Wahnsinn! Sowas hätte ich in Spanien nie vermutet: fast flächendeckend  vorhandene und durchgängige Radwege. Vorbildlich gekennzeichnet, großenteils mit Abtrennbaken vor dem Autoverkehr nebenan etwas geschützt. Schilder, die Radfahrern Vorrang einräumen, großzügige Streckenführung und für Radler freie Einbahnstraßen.



Weitläufige Parks mit blühenden Sträuchern, Palmen und Platanen, ein Fluß, großzügige Promenaden an selbigem entlang, hübsche Brücken, Straßenmusikanten, eine alte, zwar verwinkelte aber nicht unübersichtliche  Innenstadt,  Kathedralen, Burg, Kopfsteinpflaster und unglaublich viele Straßencafés, Bars, Restaurants und sonstige kulinarische Einladungsstätten, in denen unglaublich viele unfassbar gelassen und fröhlich wirkende Menschen die Wärme  der Sonne und vermutlich das ganze Leben genossen.

Gerade als mich der Gedanke ansprang: „Verdammt jung sehen die Leute hier alle aus!“ stellte ich fest, dass ich mich beim Eingang der Universität befand. Es gibt auch Touristen – hauptsächlich Franzosen und Spanier – und Souvenirläden. Sie dominieren aber in keiner Weise das lebendige Stadtbild.

Am Fuße der steinernen Kathedrale wurde soeben die Freiluftbühne für ein am kommenden Wochenende stattfindendes Theaterfestival aufgebaut. Kurz überlegte ich  zu bleiben, entschied dann aber doch anders und begnügte mich mit  einem relativen Kurzbesuch, bei  dem ich an den vielen vorhandenen Museen (Kunst-, Film- und jüdisches Museum z. B.) nur vorbeifuhr. Sah mir auch die Gotteshäuser der diversen Religionen nicht von innen an. Passierte das historische jüdische Viertel und genoss zum guten Schluss ein bisschen von der Kulinarik dieser sympathischen Stadt (by the way: sogar die kleine Tapas-Bar –  jeder wird Verständnis dafür aufbringen, dass es Momente, Orte und Stimmungen gibt im Leben, da ist nicht mehr die Zeit für rohe Sellerieschnitzel mit Olivenöl zu Rote Bete Saft sondern es müssen auch mal Tapas sein und das Glas Vino tinto dazu – auch sie akzeptierte genau wie Campingplatzlesegerät im Nichts der Pyrenäen und die Tankstelle unterwegs meine Geldkarte anstandslos.)


Nun bin ich am Meer. An der Costa Brava in Palamos noch deutlich nördlich von Barcelona. Auf einem recht charmebefreiten Wohnmobil-Einpferchplatz ohne den Hauch von Gemütlichkeit. Okay, ich kann aus dem Mobilfenster einen  Zipfel des ca. 1km entfernten Meeres sehen. Immerhin. Aber straff organisiert, gesichert,  mit zwar nicht begeisternden aber vorhandenen Sanitäreinrichtungen, überall hängen Kameras. WLAN – und zwar ein grottenschlechtes – wieder nur an der Rezeption. Diesmal keine Bar sondern ein schmuckloses Glashäuschen. Nicht einladend. Überhaupt: die Internetversorgung ist eher mit Deutschland vergleichbar  - wenn nicht schlechter. Ich hatte auf perfekte Abdeckung wie z. B. in Kroatien gehofft. Aber sei`s drum. Stört ja nur, wenn man Sachen downloaden muss – wäre für Maps aber durchaus ab und zu praktisch – oder Blogbeiträte hochladen. Dann eben nicht. Oder später. Im Mobil hindert es – dem schwindenden Datenkontingent geschuldet – das sinnlose Rumsurfen und fördert das Lesen. Bill Bryson ist durch. Mal sehen, welches  der viel zu vielen mitgeschleppten Bücher ich als nächstes greife.

Das netteste an dem Platz ist "La Paloma". Eine genau wie ich einzelreisende Taube, die mir zuverlässig Gesellschaft leistet, wenn ich das Mobil wieder aufsuche. Hier stehen ca. 40 Wohnmobile. Aber sie kommt zuverlässig zu meinem Platz getrippelt und weiß die mitgebrachten selbstgeflockten Haferflocken zu schätzen. Wir gurren uns dann gegenseitig immer was vor. Ein klassisches winwin-Verhältnis.



Die Wanderung heute entlang der traumhaften Bilderbuchküste lässt verstehen, warum es dazu kam, dass die Costa Brava zum Sehnsuchtsort so vieler Touristen wurde. Zum Glück ist die  Umgebung hier frei von Betonwüsten und Hotelmassenbauten. Es dominiert auch der Tourismus. Klar. Fast nichts  anderes gibt es. Aber es sind eher von zu edlen und vermutlich sündhaft teuren umgebaute ehemalige Fischerhäuschen direkt am Meer über Ferienwohnungen, Eingentumswohnungsanlagen (die höchste, die ich außerhalb gesehen habe, war 8 Stockwerke hoch, auf den umzäunten Anlagen standen größtenteils französische Autos  – die meisten niedriger) kleine Hotels und Pensionen vorhanden, Campingplätze und Bungalowanlagen.



Die wirklich schönen Strände sind – vermutlich noch – relativ leer. Es tummeln sich zwar Menschen in und am Meer aber in absolut verträglicher Zahl. Die kleinen Steinbuchten mit Kiessträndchen entlang des Küstenweges,  die regelrecht einladen dazu, hier lesend, liegend und schwimmend einen Tag zu verbringen, sie sind menschenleer.



 Küstenweg, auf dem ich heute eine fünfstündige Wanderung unternommen habe, war einer der Sorte, bei denen ich wie ferngesteuert alle paar Meter fotografieren und filmen; auf jeden Fall alles festhalten und am liebsten mitnehmen möchte nach Hause.

 


Bis ich einmal mehr merke: das geht ja am besten, wenn ich das Handy wegstecke, mich dem Ablick von bunt blühenden Küstenpflanzen und Kakteen genauso hingebe, wie dem fast überall dominierenden schweren Duft von Jasmin und gelegentlich auch Zitrusfrüchten. Gehe, atme, schaue und  mit nackten Füßen und offenen Sinnen durch Sand, Meerwasser und Küstenklippen wandere.



Einen botanischen Garten habe ich auch besucht. Der war nett aber doch insgesamt eher unspektakulär. Interessant fand ich, dass auch hier auf den Schildern, wie so ziemlich überall  und bei jeder sich bietenden Gelegenheit, deutlich darauf hingewiesen wird, dass man sich in erster Linie in Katalonien und erst mit sehr nachgeordneter Priorität in Spanien befindet. An allen erdenklichen öffentlichen und auch privaten Gebäuden ist die katalanische Flagge gehisst. Dass es da mal „Unstimmigkeiten“ gab historisch gesehen, ist mir dunkel  in Erinnerung. Wenn ich wieder Internet habe, muss ich diesbezüglich mal  die Geschichtskenntnisse  auf Vorderfrau bringen.

 


Morgen geht`s weiter. Ein bisschen noch nach Süden runter.

3 Kommentare:

regenfrau hat gesagt…

Liebe Lizzy,
oh ich lese zwischen den Zeilen, dass du nun schon ganz im Urlaubsmodus gelandet bist, wenn sinnloses Handysurfen durch lesen und häufiges fotographieren durch schauen und genießen ersetzt wird. ;)
Tja, die kluge Camperurlauberin hat ein Rad dabei (und nutzt es auch!).
Liebe Grüße auch an deine neue Freundin - während ich diesen Satz schreibe, sehe ich einer nahen Verwandten von ihr zu, wie sie sich dem Vogelbad auf meiner Terrasse nähert. :D

Trudy hat gesagt…

Wunderschön die Gegend wo du gerade bist, da würde ich auch gerne wandern mit meinem Bodyguard.
Stattdessen mache ich Rharbarberkonfi weil es heute regnet. Zum ersten Mal mit der Brotbackmaschine, bin gespannt ob das was wird.
Vor etwa 40 Jahren ist es mir mit meinem ersten VW-Camper passiert, dass ich auf Stadtgebiet in Flotenz gefahren bin. Noch mit Landkarte und Stadtplan. Also musste ich immer wieder austeigen und Passanten nach dem Weg fragen... und die konnten alle nicht kartenlesen, was mich enorm erstaunte. Immerhin habe ich schlussendlich den Camping in Fiesole gefunden und zur Sprachschule in Florenz habe ich dann den ÖV benützt.
Liebe Grüsse in den Süden
Trudy

lizzy hat gesagt…

Einen guten Morgen an meine beiden frühen Leserinnen Doris und Trudy,

ja, das mit den Transportmitteln ist so eine Komplikation. Alle mit Erfahrung bestätigen: rein in Städte geht nur ohne Mobil. Wenn keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, braucht es Rad, Roller o.ä. Ohne alles wäre ein Mobilist kaum noch mobil. Wobei ich mit meinem nur 5,5m kurzen Floh neben den meisten anderen sehr zwergig wirke und zumindest auch kleinere Plätze ansteuern kann und wendig bin.

Euch im Norden schöne Tage mit Touren, Hundis und Kompott:)

La Paloma war heute nur sehr kurz hier. Ich lasse ihr gleich bei Abfahrt einige Bioflocken zurück.