29 März 2021

Es muss nicht immer Jakob der Heilige sein ...

 .. dem fromme Pilger auf seinen Wegen wandernd oder joggend folgen. Da gibt's noch mehr ...

Einschub zur Frömmigkeit: was Goethes Gretchenfrage  "Wie hältst du's mit der Religion?" anbetrifft, halte ich - eher agnostizistisch unterwegs -  es wiederum mit Goetes Dr. Faust (was er aber nicht dem fragenden Gretchen sondern dem Teufel verrät):

"Das Drüben kann mich wenig kümmern,

Schlägst du erst diese Welt zu Trümmern,
Die andre mag darnach entstehn.
Aus dieser Erde quillen meine Freuden,
Und diese Sonne scheinet meinen Leiden;

Kann ich mich erst von ihnen scheiden,
Dann mag was will und kann geschehn."

 aber noch viel mehr mit dem Dalai Lama und seiner Aussage:

"Ich glaube, dass die einzig wahre Religion darin besteht, ein gutes Herz zu haben."

 Dessen ungeachtet weiß ich aber gleichzeitig die vielen "besonderen Orte": Plätze und Gebäude mit spiritueller Ausstrahlung, an denen sich besonders häufig religiöse Stätten finden, als Gelegenheiten zum Innehalten und für innere Einkehr sehr zu schätzen. Was für mein Gefühl nicht in Widerspruch zueinander steht.

EinschubEnde

So gibt es neben den vielen auch durch Bayern führenden Jakobswegen den 

Gunthersteig

der in 4 Tages-Etappen (Länge: ca. 88 km) von  Niederalteich zum Grenzübergang Gsenget und weiter nach Dobrá Voda (Gutwasser, CZ) führt.

 
 
Lediglich ca. 6 Kilometer davon nahm ich am vergangenen Palmsonntag unter die joggenden Füße. Hatte die Wallfahrtskirche Frauenbrünnl, auch Guntherkircherl genannt,  erst kurze Zeit vorher auf Google Maps erspäht. Der mir bis dato nicht bewusst bekannte kleine Ort "Rinchnach" liegt nur 13 Kilometer von Zwiesel entfernt und bei jeder Fahrt dorthin - sehr, sehr viele davon gab es in den vergangenen sechs Jahren - oder von dort komme ich an der Straßenabzweigung vorbei, die dieses Örtchen ausschildert.

Hielt es für eines der zahllosen winzigen Örtchen, die in die Gegend gestreuselt über enge Zufahrtsstraßen zu erreichen sind. Dass es sich bei diesem um einen ganz besonderen und bis vor wenigen Jahrhunderten sogar bedeutendsten Ort weit und breit gehandelt hat, der erst mit der Säkularisierung zur Bedeutung die "Losigkeit" dazugewann ... das erfuhr ich erst gestern.
 
 
Wusste es auch noch nicht, als ich, das Mobil in Rinchnach parkend, Richtung Waldkirchlein losjoggte. Durch lieblich geschwungene Landschaften voller Aussicht, mit viel Steigung und noch etlichen harschigen Altschneeresten.

Den Innenraum der Kirche dürfen Besucher derzeit nicht betreten, können aber durch ein Gitter Blicke und Fotos erhaschen.
 

  Einige in Fels und Waldboden gebaute Treppenstufen führen auf eine Aussichtsplattform oberhalb des Kirchleins und bieten atemberaubende Weitblicke.
 
   
 
Dass es ein ausgewiesener Weitwanderweg ist, auf dem ich entlangjogge, wurde mir unterwegs immer wieder vor Augen geführt, so dass ich - wieder zu Hause angekommen - diesen mir bis dahin völlig unbekannten "Heiligen Gunther von Rinchnach" (eine durchaus interessante Gestalt übrigens) nachgoogelte, dessen Steig mir allerdings schon mehrfach bei Wanderungen begegnet war aber früher  keine größere Aufmerksamkeit fand neben den vielen in dieser Gegend oft auch gemeinsam verlaufenden Weit- und Rundwanderwegen mit auch übernationaler Bedeutung.
 

Zurück in Rinchnach, wo das Mobil nahe der zu diesem Zeitpunkt mit Baugerüsten verschalten Kirche stand,  war mir dies alles noch weitgehend unbekannt. Ein bisschen hatte ich über die ausgehängten und oberflächlich überflogenen Tafeln erfahren ... aber auch über die Pfarrkirche "St. Johannes der Täufer" war mir nicht bekannt, dass es sich bei der ehemaligen Klosterkirche um eine der bedeutendsten Barockkirchen Bayerns handelt.  

Von außen war ihr durch den verkleideten Kirchturm auch nicht viel spannendes anzusehen. Dass ich sie dennoch betrat, war - nach zögerlichem "ich will eigentlich losfahren und diese Dorfkirchen sehen sich doch irgendwie alle ähnlich mit den auswechselbaren Massenproduktions-Altären"-Gedanken dem Wunsch geschuldet, dem wem-auch-immer eine (oder auch eine mehr) Dankes-Andachtskerze-für-nähere-Verstorbene anzuzünden.

 

Innen wurde ich von nach dem Palmsonntagsgottesdienst noch nicht verflogenen alles nebelig einhüllenden Weihrauchschwaden umnebelt. Erkannte aber durch selbige sofort, dass hier mitnichten von Massenanfertigungen die Rede sein konnte sondern sehr besondere Verzierungen und bemerkenswerte Kunstwerke mich umgaben. In Natura wesentlich beeindruckender als auf den Fotos.

Aus dem geplant kurzen Joggingründchen zum in Google markierten Kapellchen war eine kleine Pilgertour mit sehr vielen neuen Geschichts-Wissensbausteinen über Bayern, den Bayerischen Wald und  Böhmen um die Zeit vor 1000 Jahren geworden, wie sie mir kein Buch und keine Schule so einprägsam je hätten vermitteln können. Erfühlbarer Geschichtsunterricht im Pilgerrahmen.


*

 


 

 Doch auch für das jüngere Publikum bietet Rinchnach attraktive (am Vortag aufgesuchte)  Ziele.


Den Fledermausspielplatz am Wald zum Beispiel. Der neben vielen Spielattraktionen auch Riesen-Ruhebänke für die Zwergenoma bereithält (jedenfalls, wenn diese noch ein bisschen klettern kann  ;)

 

 

 

 

 

2 Kommentare:

Volker hat gesagt…

Bayrische Idylle pur, liebe Lizzy.

Gewürzt mit Dir angelesenen Informationen und Fersen von Deutschlands großem Dichter (das waren noch Zeiten) fühlt man sich komplett in andere Welten versetzt. Dazu paßt auch die Zwergenoma im Reich der Riesen :-)

Liebe Grüße
Volker

lizzy hat gesagt…

Lieber Volker,entschuldige die späte Antwort; die Zeit rast so vor sich hin...

Allerdings wüsste ich gerne,
was für Zeiten genau es waren, als Goethe dichtete und erst recht: als Gunther in die Einsiedelei in der noch völlig menschenleeren Wildnis zog. In der kältesten Region des Landes. Mit Wäldern, Mooren, wilden Tieren. Ich denke, das kann ich mir gar nicht mehr angemessen vorstellen ... ein, zwei Tage mal reinfühlen können.... das wär‘ schon was ...