Ein Tag mit einer stimmungsreichen Höhengratwanderung
zum großen Teil entlang der Grenzlinie zwischen Italien und Frankreich
Auch während dieser Nacht hatte es geregnet und regnete zum Frühstück immer noch leicht. Denke ich mir: die Angestellten hier, die das Jahr in der Höhe verbringen, die wissen bestimmt sofort alle Zeichen der Natur zu deuten und können uns sagen, ob und wann es aufklaren wird. Oder noch schlechter.
Frage ich die Dame an der Rezeption. Sie lächelt höflich und bittet, einen Moment zu warten. Startet das Internet - sehr langsam, die Gäste haben es gar nicht zur Verfügung - und bittet höflich, die Wartezeit zu entschuldigen. Öffnet die Seite eines regionalen Wetterdienstes und verkündet strahlend: "Heute regnet es erst am Nachmittag! Vormittags kein Problem - da bleibt es nur bewölkt."
Aha. Ich zeige freundlich zur geöffneten Tür auf die Bindfäden, die vom Himmel regnen: "Aber es regnet JETZT, sehen Sie!"
"Nein, nein! Es regnet erst nachmittags!" Um Bestätigung heischend bittet sie mich, doch selber auf den Monitor zu schauen. Nungut - das war wohl nix mit den orts- und wetterkundigen Einheimischen. Ich bedanke mich und gehe erstmal in den Frühstückssaal. Wo der sehr ausstrahlungsstarke, schelmisch-jugendlich wirkende Abt alle Gäste begrüßt und nach ihrem Befinden fragt. "Der kennt sich sicher mit dem Wetter aus" denke ich mir und versuche erneut mein Glück: "Wird es heute den Tag über regnen oder sogar Gewitter geben?"
Bedächtig wiegt er den Kopf hin und her, macht eine abwägende Geste, die "Kann sein, kann auch nicht sein" bedeuten könnte. Blinzelt uns dann verschmitzt zu, legt die Hände wie zum Gebet aneinander, richtet die Augen in deutlich theatralischer Geste gen Himmel und entscheidet: "Am besten versuchen Sie es mit Beten" - woraufhin er lachend zum nächsten Tisch weiterzieht.
Das war immerhin eine Spur fachkompetenter ... wenn man den Job des Mannes bedenkt ;o)
Wir ziehen etwas wetterfeste Kleidung und den Rucksackregenschutz über und dann los. Das aber auch nur weil wir wissen, dass am ersten Pass, noch vor der Überschreitung des Hauptpasses die Möglichkeit besteht, die Tour abzubrechen und ins französische "Isola 2000" abzusteigen.
Auch heute: Schneefelder. Die meisten aber flach, ungefährlich und - von der Nässe abgesehen - leicht zu überqueren.
Durch den Regen der vergangenen Nächte ist der Schnee nicht nennenswert abgetaut. Aber unkomfortabler, rutschiger, härter geworden. An den Rändern und streckenweise auch flächig vereist.
Oft hört und sieht man unterhalb der Schnee- und Eisfelder Wasser gluckern. Alles - auch die Wege immer wieder: aufgeweicht, überflutet - die reinsten Bäche und Flüsse.
Der Weg am Grat aber wunder-wunder-wunderschön! Sobald die Wolken aufreißen - und das tun sie immer häufiger, der Regen hört schon bald komplett auf - zeigen sich weite und herrliche Ausblicke über die französischen und italienischen Alpenzüge.
Bis auf Gemsen und Murmeltiere sind wir heute alleine auf der Strecke - vorbei an vielen aus Steinen aufgetürmten Grotten. Angefüllt mit Heiligenfiguren und -bildern, Rosenkränzen, Bitt- und Dankessprüchen vieler (vermutlich) Pilger auf dem Weg nach St. Anna.
Höchster Punkt der diesjährigen Wanderung: Passo d'Orgials mit 2.600m
Wasser, Eis, Schnee, Seen und die Sicht auf schöne, zum teil auch hohe Berge mit über 3.000 m begleiten unseren Abstieg
zum Rifugio Malinvern. Ein selten komfortables Rifugio mit WLan und einer sehr jungen sportlichen und - weit und breit die Ausnahme - recht gut Englisch sprechenden Hüttenwirtin.
Tagesstatistik:
Wanderzeit: 9:40 - 14:45 Uhr
Höhenmeter: 810 ↑ ca. 1000↓
Distanz: ca. 15 km
Höchster Punkt: 2.600 m (Passo d'Orgials)
1 Kommentar:
*seufz* ;-)
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