17 Mai 2020

Goldsteig - Etappe eins bis vier im Oberpfälzer Wald. Marktredwitz bis Oberhöll

Der Goldsteig im Oberpfälzer Wald


Tag 1: von Marktredwitz über Friedenfels nach Wiesau


Ein wenig Aufregung ergriff mich, als ich am Donnerstag - eine nahe Turmuhr schlug in eben diesem Moment 12 Uhr - am Einstiegspunkt des Weitwanderwegs "Goldsteig" in Marktredwitz in der Oberpfalz stand.

Mein Urlaubsende sollte mit einer Wanderung besiegelt werden und weil das Bayernwetter für den größten Teil des Bundeslandes eher durchwachsenes, kaltes und nasses Wetter verhieß, dabei aber immer wieder betonte, die Oberpfalz würde mit sonnigen Tagen eine Ausnahme darstellen, besann ich mich auf die schon seit längerem anvisierten und grob vorgeplanten ersten Etappen des Goldsteiges im Oberpfälzer Wald.

Zwar hatte ich diesen sich später in drei Zweige aufspaltenden Weitwanderweg schon häufig in Teilstrecken und einzelnen Zwischenetappen touchiert, mir aber immer wieder vorgenommen, ihn vom Anfang an abzulaufen. Er ist wunderbar konzipiert, vorbildlich ausgeschildert, die Landschaften, durch die er führt, ein abwechslungsreiches Natur- und Ortschaftenspektakel.

Schon am Vorabend war das Wohnmobil fertig gepackt für drei Tage Selbstversorgung, die Feinheiten von Strecke und Anbindungen ausbaldowert. Nach gut zweistündiger Anfahrt parkte ich das Wohnmobil in Wiesau; einer Ortschaft, die nur wenige Kilometer vom Goldsteig entfernt liegt, einen stündlich angefahrenen Bahnhof besitzt und sich daher für zwei Abschnitte, die allerdings mehr als die offiziellen zwei ersten Etappen beinhalten, als Zwischenstation prima eignet.

Vom Stellplatz aus fix zum Bahnhof gelaufen, den Zug nach Marktredwitz genommen und nach einer großen Eis-Wundertüte als Mittagsverpflegung war es soweit: ich stand am Einstieg und war .. ja, unerwartet etwas aufgeregt.


Dabei startet der Weg sehr unaufgeregt und beschaulich durch Ortrandteile, mündet später in Wald- und Wiesenwege, um irgendwann auch immer wieder in einsamen Wäldern abzutauchen. Unterwegs war ich mit einem Laufrucksack und trug Traillaufschuhe an den Füßen, so dass ich schon von Anfang an immer wieder auf flachen oder abschüssigen langen Strecken in ein gemächliches Joggingtempo verfiel.


Es begleiteten mich Vogelstimmenkonzerte in frühsommerlicher aber recht kühler Luft. Ideales Wander- und Joggingwetter.

Viele Wanderwege durchziehen das Naturschutzgebiet und Wanderparadies Steinwald , aber nur wenige Wanderer waren an diesem Wochentag dort unterwegs.
 Lediglich an der Burgruine Weißenstein waren weitere kleinere Grüppchen an Ausflüglern unterwegs. Von hier hat man einen herrlichen Blick über den Oberpfälzer Wald und so wurde es Zeit für eine erste Trink- und Stärkungspause. Als Verpflegung hatte ich lediglich einen Liter Wasser (gemischt mit selber angesetztem Kombucha) und zwei Müsliriegel dabei. Wenig zu schleppen aber auch wenig zwischen die Zähne. Da momentan alle am Weg auftauchenden Gaststätten (es sind ohnehin nur wenige) geschlossen haben, bestand auch nie die Möglichkeit, etwas nachzukaufen. Aber das hatte ich einkalkuliert.


Weiter ging es über steinige Pfade, durch dichte, nach Baumrinde und Tannenzapfen riechende Wälder


vorbei an beeindruckenden Baumdenkmälern
 vorbei auch an winzigen Ortschaften, Kapellen und meist ein wenig heruntergekommenen Aussiedlerhöfen, deren Besitzer ihre (nicht meine ;)  politischen Ansichten  zuweilen in deutlichen Wegzeichen kundtun.



Es erstaunt mich, dass viele Ansiedlungen und Gebäude in dieser begnadet schönen naturweitläufigen  Gegend so menschenverlassen wirken. 
Einige Brauhäuser gibt es, die auch noch Bier brauen. Da aber die angegliederten Gasthöfe ebenfalls geschlossen sind, kaufe ich später in Wiesau eine Flasche "Schwarzer Ritter", ein Zoigl-Bier und Bierspezialität dieser Gegend.


 Ein weiteres Wahrzeichen der Gegend sind Karpfen! Nach dem Passieren der Ortschaft Friedenfels - hier endet offiziell die erste Etappe des Goldsteig aber ich gehe noch ein wenig weiter - durchquere in weitläufigen Wegen bei bezaubernder Spätnachmittagsstimmung mit goldenem Licht die Teichpfanne der Gegend. „Land der tausend Teiche“, so wird die Teichpfanne dieser Gegend genannt und wahrhaftig zieht sich schon dieser kleine Teil der Teichlandschaft mit unfassbar abwechslungreichen Bildern und Wasserstimmungen lange aber nicht langweilig dahin.


 Viele Wasservögel und Vogelfamilien: Schwäne, Enten, Gänse, Reiher, ein Storch und unzählige andere Wasservögel bevölkern die Teiche. Biber sind zu hören, ihre Spuren zu sehen. In der Luft kreisen Greifvögel und auch eine Möwe hat es herverschlagen. Insektenscharen summen und tanzen in der Luft, so dass ich froh bin, einen Tag erwischt zu haben, an dem die Stechmücken offensichtlich stichunlustig sind. Keins der Tiere nimmt von mir Kenntnis. Eine friedvolle Atmosphäre überall.


Sonderlich höflich oder auch nur ansatzweise freundlich war sie nicht, die Bahnschrankenwärterin am anderen Ende der Sprechkiste. Eher im Gegenteil. Aber immerhin öffnete sie mir die Schranke und darauf kam es an ;)

Nach 7stündiger Wanderung mit Jogginganteilen und einigen Pausen endete nach 48.000 Tagesschritten und grob geschätzt etwas über 30 Tageskilometern um 19:00 Uhr dieser erste Wandertag am Goldsteig. Mittig auf zweitem Etappenabschnitt mit noch einigen Zusatzkilometern bis zum Wohnmobil. Müde und mit leicht schmerzenden Füßen genehmigte ich mir einen "Schwarzen Ritter"-Zoigl-Trunk (gekauft im Supermarkt in der Nähe) und eine bunt zusammengewürftelte Abendmahlzeit.

Aus Schaden klug geworden gab es auch noch einige Freiluftübungen zur Dehnung der Lendenwirbelsäule und für die Entspannung von Hüftöffnern und Adduktoren. Und so blieb ich von Krämpfen und Anfällen jedweder Art diesmal verschont. Sank schon gegen 21 Uhr in tiefen Schlaf.



Tag 2: von Wiesau über Falkenberg nachNeustadt an der Waldnaab

 

Spielende und keckernde Eichhörnchen, die mein Wohnmobil ganz offensichtlich spannend finden wecken mich schon vor fünf in der Früh. Tirilierende Vogelscharen im Gebüsch der nebenliegenden Sportanlagen gesellen sich dem Geräuschpegel hinzu. Die Nacht der kalten Sophie war bitterkalt, im Mobil herrschen nur noch einstellige Temperaturen. Kurz aus dem Bett gekrabbelt, Heizung angeworfen, noch ein Stündchen eingekuschelt, beschließe ich um sechs Uhr, mich wanderfertig zu machen. Kaffee, Hafercrunchys und Apfelstücke in mitgebrachtem und selbst fermentiertem Kefir sollen die Kraft für einen langen Wander- und Lauftag liefern. Diesmal schlägt in der Ferne eine Kirchturmuhr sieben Uhr als ich die Tür hinter mir schließe und mich - wieder durch die Teichplattenlandschaft - zum einige Kilometer entfernten Anschluss an den gestrigen Goldsteigabschnitt begebe.


Der morgendliche Weg ist wieder begleitet von Tieransichten: Rehe, Feldhasen, ein Marder und auch wieder unzählbaren Vögeln in Wald, Feld und Gebüsch, die sich leider nicht schön ablichten lassen möchten.


Zum Glück (?) lassen sich die Wildschweine, auf die mich ein Schild hinweist, nicht sehen.


Ein "memento mori" der besonderen und moderneren Art.





Es ist 8:30 Uhr als ich den Ort Falkenstein erreiche. Hier endet offiziell die zweite Goldsteigetappe.

Beim Rundweg um die Burg übersehe ich wohl den dort angeblich zu findenden "Wackelstein", habe aber keine Lust auf eine zweite Umrundung.

Durchquere den hübschen aber noch menschenleeren Ort.



 Und wieder schlägt eine Turmuhr - diesmal 9:00 Uhr -  als ich nach einer kurzen Rast am anderen Ortsende zur dritten Goldsteigetappe aufbreche.

Es ist eine Etappe mit dramatisch schönen Naturdenkmälern im Waldnaabtal.


Die Waldnaab, sie fließt durch tief eingeschnittene Felswände und ausgewaschene Steinformationen. Viele Steingebilde haben Namen. Geschichten und Legenden ranken sich um sie. Die Legende des "Kammerwagen", das erste unter den mir in den Weg kommenden benamten Steinbildern, kenne ich nicht. Da ich aber im echten Leben schon seit fast 20 Jahren vor diesen Wagen gespannt bin ;) und obwohl ich ihn üblicherweise frohgemut und überzeugt mitziehe, ziehe ich heute entspannt statt angespannt flott weiter. Immerhin habe ich noch ein paar Tage Urlaub :o)



 Am liebsten würde ich jedes einzelne Foto aus dem Waldnaabtal posten - aber mir ist bewusst, dass keins auch nur annähernd die erhabene Stimmung des Weges transportieren kann.

Nicht lange nach dem Ende des prominentesten Waldnaabtal-Anteils erreiche ich Windischeschenbach. Hier - bzw. im angrenzenden Neuhaus - wäre offiziell die dritte Goldsteigetappe beendet. Hier gäbe es auch einen Bahnanschluss für die Rückfahrt.

Ich hatte mir die Option, hier auszusteigen, offengehalten. Doch es ist erst gegen 13 Uhr am Mittag als ich den Ort erreiche. Keine Turmuhr schlägt diesmal und ich nehme es als Omen, den Weg fortzusetzen. Einen Abstecher ins nahe Windischeschenbach gönne ich mir - nach längerer Suche finde ich immerhin einen kleinen geöffneten Lebensmittelladen, in dem ich eine Leberkässemmel und ein Getränk erstehe und gierig im Rekordtempo inhaliere.


 Danach geht es weiter auf den ersten Abschnitt der vierten Etappe des Goldsteig.


Nach ca. 10 Kilometern erreiche  ich Neustadt an der Waldnaab und freue mich kindlich über die Wand mit vielen Wappen auch aller anderen der vielen Neustadts, von dem eines meine Geburtsstadt und Wohnort der ersten 18 Lebensjahre ist.


 Wieder gönne ich mir eine riesengroße Wundertüte mit leckerem Eis und Sahne bevor ich im Nachbarort Altenstadt am Bahnhof minutengenau passend in eine Oberpfalzbahn nach Wiesau springen kann.


Es sind fast 12 Stunden vergangen als ich wieder im Wohnmobil ankomme. Mit schmerzenden Füßen und einer Rekord-Schrittzahl - mit Abstand! - auf dem Zähler, den ich seit fast zwei Jahren im Einsatz habe. 

In dieser Nacht schaffen es weder Eichhörnchen noch Vögel, meinen Schlaf zu unterbrechen.


Tag3: Weiden in der Oberpfalz, Bauernmarkt und noch ein bisschen Goldsteig





 Nach einem gemütlichen Frühstück breche ich mit dem Wohnmobil auf in Richtung Weiden in der Oberpfalz. Finde auch sofort einen prima innenstadtnahen Parkplatz, von dem aus ich zum zentral stattfindenden Bauern- und Wochenmarkt spaziere. Bewundere diese heimelige Kreisstadt mit Flair, freue mich sehr, mich wieder mit Roggenmehl aus einer regionalen Demeter-Mühle und anderen frischen Lebensmitteln eindecken zu können.

Nach einem Besichtigungsstündchen wandern die Einkäufe in die immer mitgeführte Kühlbox im Heck des Mobils und ich begebe mich zu einem vorher ausgekundschafteten Parkplatz mit schnellem Anschluss zur gestern verlassenen vierten Goldsteigetappe.

Einerseits schmerzen mir die Füße - eine kleine Blase habe ich mir gestern erlaufen - und die Beine sind schwer. Andererseits ist es ein sonniger Samstag und ohne einen letzten kleinen Spaziergang möchte ich ungern nach München fahren.


Weil es keinen wirklich angenehmen Rundweg gibt, der in verträglicher Zeit den kompletten fehlenden Teil erwandern würde, eine komplette Hin- und Rückwanderung auf gleicher Strecke wäre mir zu weit für heute. Also beschließe ich, die Tour auf einer Höhe aus zu starten, von der aus ich die ausgelassene Strecke von fast 6 Kilometer zwischen Neustadt an der Waldnaab und dieser Stelle komplett überblicken kann. Eine Strecke wieder durch hügelige Wiesen, Felder und Wälder. Ich beschließe, sie einfach mal wegzuschummeln und mich nicht sklavisch an die Etappenvorgaben zu halten.


So wende ich mich in Richtung Etappenende und erwandere diese ca. sechs fehlenden Kilometer bei bestem Wetter in schöner Landschaft,  wieder vorbei an Grenzsteinen  und Orten mit Spuklegenden im Gepäck. In Oberhöll, Endpunkt von Etappe 4, angekommen, beschließe ich, mich über Landstraßen und kleine Orte zurück zum Mobil zu begeben. Angesichts der Ortsnamen fühle ich mich ein wenig in Dantes Göttliche Komödie mit den unterschiedlichen Kreisen der Hölle versetzt.

Guter Dinge beende ich nach drei Stunden den heutigen verlängerten Spaziergang - wieder mit kurzen Laufabschnitten. Insgesamt müsste ich in den vergangenen 50 Stunden irgendwas zwischen achtzig und neunzig Kilometer unter die inzwischen sehr müden Füße genommen haben. Diese Füße steckten im Tageswechsel in Mizuno-Trail-Laufschuhen und Leguanos (aktiv). Für mich eine gute Wahl.

Nachmittags um 17 Uhr, also drei Tage mit zwei Nächten später, bin ich wieder zu Hause in München. Erschöpft, zufrieden und voller Ideen und Pläne, die Tour möglich bald weiterzuführen. Das Problem bei den kommenden Etappen besteht darin, dass die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel wesentlich schlechter wird. Keine Bahn mehr, die Busse umständlich und mit Umsteigen und ungünstigen Fahrzeiten.

Ich werde mir eine Lösung überlegen - vermutlich mit "selbstgebastelten" Rundtouren, die den Goldsteig in nur kleineren Einheiten einschließen. Denn im Grunde gilt hier wie überall in der Gegend: auch rundum sind Traum-Wandergebiete, hübsche Orte, viele Burgen, Klöster und sehenswerte Dinge am Weg. Ob sie nun "Goldsteig" heißen oder nicht.


*   *   *




3 Kommentare:

Jörg hat gesagt…

Du machst aber schöne Sachen. Vom Goldsteig habe ich schon allerhand gehört und irgendwann muss ich da wohl mal hin.

Grüße

Jörg

regenfrau hat gesagt…

Liebe Lizzy,
uff, das hat jetzt etwas gedauert, bis ich deine zwei letzten Posts nachgelesen hatte! ;)
Aber wenn du auch immer so tolle und berichtenswerte Ausflüge unternimmst!! :D Schwester und Schwager haben sich heuer auch ein WoMo gekauft und planen schon tolle Ausflüge, die allerdings nicht so wander-/lauflastig wie deine sein werden, da Neffe und Schwager eher andere Schwerpunkte setzen. :D

lizzy hat gesagt…

Du hast ja den Rennsteig vor der Haustür, Jörg und der kann allemal mit dem Goldsteig mithalten. Wobei letzterer, wenn man alle drei Varianten zusammenzählt, wohl irgendwas um die 1000 Kilometer beinhaltet. Also Abwechslung genug und für mich noch viele Jahre an Möglichkeiten. Bisher müsste ich über’n groben Daumen erst sowas um die gut 10 % davon abgelaufen und abgewandert sein.

Tja, liebe Doris - ich mute denen, die meine Elaborate wirklich durchlesen, ordentlich was zu - verzeih‘ mir ;-)
Und gut, dass die immer mehr werdenden Wohnmobilisten zum größten Teil andere Schwerpunkte setzen. Beim Wandern finde ich Abstand und mehr Raum um mich sehr angenehm *s*