oder: noch'n "special"
Die Alpentäler im Piemont sind tief eingeschnitten. Viele der Dörfer liegen weit unten am Fuße von Berghängen. Die Sonne erscheint dort spät und verschwindet früh. Sogar im Sommer. Im Winter werden sie wohl noch weniger direktes Licht abbekommen - einige vielleicht phasenweise gar keins.
Irgendwann wunderte ich mich darüber, dass es hier überall so unglaublich viele Sonnenuhren gibt. In jedem noch so winzigen Ort meist mehrere. In Bellino, Ortsteil Celle, kann man sogar ein Sonnenuhrenmuseum besichtigen (wir haben allerdings nicht ;).
Wenn es doch so relativ wenige Sonnenstunden gibt, wieso neigen die Menschen dort dann dazu, ausgerechnet die Sonne dazu zu nutzen, sich die Zeit anzeigen zu lassen. Erscheint erstmal unlogisch. Andererseit fiel mir natürlich der Spruch ein, den wohl jedes Mädchen meiner Generation mindestens einmal ins Poesiealbum geschrieben bekam:
Früher fand' ich den Spruch blöd. Inzwischen kann ich ihm einiges abgewinnen und bin überzeugt, dass die Erschaffer der Sonnenuhren in dunklen Alpentälern ähnlich dachten:
Wenn etwas selten und kostbar ist. Alle sich darüber und daran erfreuen, dann ist es sehr sinnvoll, die Aufmerksamkeit und erhöhte Wahrnehmung eben genau darauf zu lenken. Auf die Sonne, die selten scheint - auf heitere Stunden, die bekanntlich selten genug sind und nie ewig andauern.
Dadurch wird der Schatten nicht heller, die Nächte nicht kürzer, die traurigen Zeiten nicht weniger. Dies alles weiterhin wahr- und auch hinzunehmen, steht nicht im Widerspruch zur Freude über Schönheit, Helligkeit und Heiterkeit.
Vieles lässt sich nicht grundsätzlich beeinflussen. Die Nacht nicht und die Sonnenstunden nicht. Und nicht jeder hat die Möglichkeit, immer gerade dorthin zu gehen, wo es eventuell etwas anders ist. Aber eine Möglichkeit hat jeder: seinen Fokus auf das Eine oder das Andere zu richten. Das Helle oder das Dunkle.
Die Sonnenstunden zu schmücken, ihnen bunte, verzierte, interessante Uhren zu bauen, gibt der Sonne eine größere Bedeutung. Wertet jede sonnige Minute auf. Beschäftigt auch über den eigentlichen Zeitraum des Scheinens hinaus. Lenkt die Gedanken zum Licht und lässt der Dunkelheit weniger Raum.
Diese Möglichkeit habe ich auch hier im Blog: meinen Fokus auf das richten, das mir erscheinenswert scheint. Dadurch wird das Erzählte nicht weniger wahr. Auch die Sonnenuhren zeigen die angezeigte Zeit exakt an. Nur eben nicht JEDE Zeit. Die nicht genug strahlt, bleibt - sofern nicht aus anderen Gründen erzählenswert - bedeutungslos und unbeachtet.
Trudy hat in einem Blogkommentar zu "Manderl und Weiberl" gefragt, wie es mir zu Hause erging bzw. wie, als der Urlaub vorbei war. Weil es vielleicht sooo schön und besonders gewesen sein kann, dass die Rückkehr schwer fällt und traurig macht. Und auch real wurde ich von einer Blogleserin vergleichbares gefragt.
Es freut mich natürlich, dass trotz Gewittererlebnis und Brombeerhecken offensichtlich eher das "Strahlende" und Schöne der Wanderung rüberkommt. So wollte ich es haben, so erinnere ich mich gerne. Um aber ein bisschen "geradezurücken" da es in die Irre leitet (oder soll ich es lieber schief lassen und in die Irre leiten? ;): Ja, es war ein schöner und gelungener Urlaub mit sehr schönen Momenten. Aber natürlich gab es auch "die anderen". Und das nicht nur beim Brombeerheckensturz oder wegen der Fußschmerzen.
Ich glaube, wir sind "ziemlich normal". Und wenn ein ziemlich normales Ehepaar, das seit 13 Jahren zusammen lebt, sich entschließt, 14 gemeinsame Tage in der Einsamkeit miteinander wandernd zu verbringen, bzw. dauerte der Urlaub mit An- und Abfahrten sogar 17 Tage, dann birgt das auch ein gewisses Risiko und ich gestehe: ein bisschen Bammel hatte ich im Vorfeld schon davor. Bei Gruppentouren gibt's ja doch mehr Ausweichmöglichkeiten für beide. Unterhaltung außerhalb der Zweisamkeit und Ablenkung auch voneinander. Urlaubt man im 5*****Hotel, dann fällt zumindest der Stress durch Schmerzen, Gefahr und Anstrengungen, Entbehrungen, Unbequemlichkeiten weg. Von alledem hatten wir unterwegs reichlich.
So eng mehr als zwei Wochen lang täglich 24 gemeinsame Stunden zu verbringen, mit Anstrengungen, langweiligeren und zähen Passagen, Pannen, Entscheidungszwängen, Launenhaftigkeiten (ok., sowas kommt eher nur bei mir vor ;) ... eben allem, was es auch noch so gibt bei Bergwanderungen, das war für uns ein Novum.
Tendenziell würde ich keinem kriselnden Paar empfehlen, sowas miteinander zu versuchen. Es sei denn, die Entscheidung soll mit aller Gewalt herbeigeführt werden ;-) Aber wer weiß das schon .. vielleicht wär's doch grad gut und alles ganz anders als ich mir das vorstelle ...
Natürlich haben wir nicht täglich Steinmanderl gebaut und verliebte Herzchen an Bergseen gelegt. Natürlich gab es auch bei uns Phasen, in denen es zäh wurde, der gemeinsame Verbindungsfaden riss, Gereiztheiten dazwischenfunkten, Erwartungen nicht erfüllt wurden, Stimmungen nicht im Gleichtakt schwangen ... eben ganz so, wie es in jeder Beziehung immer mal vorkommt - sogar mit der "besten Ehehälfte der Welt". Und das nicht nur im Urlaub. Bei so einer intensiven Gemeinsamkeit aber sogar erst recht. (und jetzt erzähl' mir hier bitte niemand, das gibt's auch anders. Sonst bin ich hinterher vielleicht doch frustriert und wünsche mir, hier nix geschrieben aber meine Illusionen behalten zu haben ;)
Natürlich war nicht jeder Tag durchgehend von Highlights angefüllt, strahlend und der Gipfel der Glücksseligkeit. Jeder dachte auch mal: "oh - nun wird's aber scho zäh ... " und beide hatten wir gelegentlich Heimweh nach unseren Miezen ;)
Aber es gab sie eben auch: (und zum Glück auch recht oft - vermutlich deutlich häufiger als die seltenen Sonnenstunden in tiefen Alpentälern ;) diese Highlights an Erlebnissen, Innigkeiten, tiefen Empfindungen, Leichtigkeit und Glück, die sich aus meinen Blogbeiträgen offensichtlich mühelos rauslesen lassen den Reaktionen der Leser zufolge. Da kommt dann wieder der Fokus auf das ins Spiel, das man betont wissen möchte. Klar könnte ich mich auch damit aufhalten, jegliche Problemsituation auseinanderzufrieseln. Genauestens zu beschreiben wie es ist, wenn man mies drauf ist, jeglichen Konflikt oder negativen Moment auskosten, in die Länge ziehen und mit hellen Spots auf offener Bühne drauf zielen: "Seht her - die PROBLEME!" Ginge auch. Klar. Muss mir keiner erzählen. Wenn ich will und in dazu prädestinierten Fällen bin ich eine versierte "Haar in der Suppe-Sucherin". Kann ich prima. Aber wer hätte was davon?
Deshalb wieder einmal - hab's glaub' ich, schon öfter angedeutet:
Dieser Blog hat nicht den Anspruch lückenloser, vollständiger oder gar neutral-objektiver Berichterstattung.
.
Die Alpentäler im Piemont sind tief eingeschnitten. Viele der Dörfer liegen weit unten am Fuße von Berghängen. Die Sonne erscheint dort spät und verschwindet früh. Sogar im Sommer. Im Winter werden sie wohl noch weniger direktes Licht abbekommen - einige vielleicht phasenweise gar keins.
Irgendwann wunderte ich mich darüber, dass es hier überall so unglaublich viele Sonnenuhren gibt. In jedem noch so winzigen Ort meist mehrere. In Bellino, Ortsteil Celle, kann man sogar ein Sonnenuhrenmuseum besichtigen (wir haben allerdings nicht ;).
Wenn es doch so relativ wenige Sonnenstunden gibt, wieso neigen die Menschen dort dann dazu, ausgerechnet die Sonne dazu zu nutzen, sich die Zeit anzeigen zu lassen. Erscheint erstmal unlogisch. Andererseit fiel mir natürlich der Spruch ein, den wohl jedes Mädchen meiner Generation mindestens einmal ins Poesiealbum geschrieben bekam:
"Mach' es wie die Sonnenuhr, zähl' die heit'ren Stunden nur!"
Früher fand' ich den Spruch blöd. Inzwischen kann ich ihm einiges abgewinnen und bin überzeugt, dass die Erschaffer der Sonnenuhren in dunklen Alpentälern ähnlich dachten:
Wenn etwas selten und kostbar ist. Alle sich darüber und daran erfreuen, dann ist es sehr sinnvoll, die Aufmerksamkeit und erhöhte Wahrnehmung eben genau darauf zu lenken. Auf die Sonne, die selten scheint - auf heitere Stunden, die bekanntlich selten genug sind und nie ewig andauern.
Dadurch wird der Schatten nicht heller, die Nächte nicht kürzer, die traurigen Zeiten nicht weniger. Dies alles weiterhin wahr- und auch hinzunehmen, steht nicht im Widerspruch zur Freude über Schönheit, Helligkeit und Heiterkeit.
Vieles lässt sich nicht grundsätzlich beeinflussen. Die Nacht nicht und die Sonnenstunden nicht. Und nicht jeder hat die Möglichkeit, immer gerade dorthin zu gehen, wo es eventuell etwas anders ist. Aber eine Möglichkeit hat jeder: seinen Fokus auf das Eine oder das Andere zu richten. Das Helle oder das Dunkle.
Die Sonnenstunden zu schmücken, ihnen bunte, verzierte, interessante Uhren zu bauen, gibt der Sonne eine größere Bedeutung. Wertet jede sonnige Minute auf. Beschäftigt auch über den eigentlichen Zeitraum des Scheinens hinaus. Lenkt die Gedanken zum Licht und lässt der Dunkelheit weniger Raum.
Diese Möglichkeit habe ich auch hier im Blog: meinen Fokus auf das richten, das mir erscheinenswert scheint. Dadurch wird das Erzählte nicht weniger wahr. Auch die Sonnenuhren zeigen die angezeigte Zeit exakt an. Nur eben nicht JEDE Zeit. Die nicht genug strahlt, bleibt - sofern nicht aus anderen Gründen erzählenswert - bedeutungslos und unbeachtet.
Trudy hat in einem Blogkommentar zu "Manderl und Weiberl" gefragt, wie es mir zu Hause erging bzw. wie, als der Urlaub vorbei war. Weil es vielleicht sooo schön und besonders gewesen sein kann, dass die Rückkehr schwer fällt und traurig macht. Und auch real wurde ich von einer Blogleserin vergleichbares gefragt.
Es freut mich natürlich, dass trotz Gewittererlebnis und Brombeerhecken offensichtlich eher das "Strahlende" und Schöne der Wanderung rüberkommt. So wollte ich es haben, so erinnere ich mich gerne. Um aber ein bisschen "geradezurücken" da es in die Irre leitet (oder soll ich es lieber schief lassen und in die Irre leiten? ;): Ja, es war ein schöner und gelungener Urlaub mit sehr schönen Momenten. Aber natürlich gab es auch "die anderen". Und das nicht nur beim Brombeerheckensturz oder wegen der Fußschmerzen.
Ich glaube, wir sind "ziemlich normal". Und wenn ein ziemlich normales Ehepaar, das seit 13 Jahren zusammen lebt, sich entschließt, 14 gemeinsame Tage in der Einsamkeit miteinander wandernd zu verbringen, bzw. dauerte der Urlaub mit An- und Abfahrten sogar 17 Tage, dann birgt das auch ein gewisses Risiko und ich gestehe: ein bisschen Bammel hatte ich im Vorfeld schon davor. Bei Gruppentouren gibt's ja doch mehr Ausweichmöglichkeiten für beide. Unterhaltung außerhalb der Zweisamkeit und Ablenkung auch voneinander. Urlaubt man im 5*****Hotel, dann fällt zumindest der Stress durch Schmerzen, Gefahr und Anstrengungen, Entbehrungen, Unbequemlichkeiten weg. Von alledem hatten wir unterwegs reichlich.
So eng mehr als zwei Wochen lang täglich 24 gemeinsame Stunden zu verbringen, mit Anstrengungen, langweiligeren und zähen Passagen, Pannen, Entscheidungszwängen, Launenhaftigkeiten (ok., sowas kommt eher nur bei mir vor ;) ... eben allem, was es auch noch so gibt bei Bergwanderungen, das war für uns ein Novum.
Tendenziell würde ich keinem kriselnden Paar empfehlen, sowas miteinander zu versuchen. Es sei denn, die Entscheidung soll mit aller Gewalt herbeigeführt werden ;-) Aber wer weiß das schon .. vielleicht wär's doch grad gut und alles ganz anders als ich mir das vorstelle ...
Natürlich haben wir nicht täglich Steinmanderl gebaut und verliebte Herzchen an Bergseen gelegt. Natürlich gab es auch bei uns Phasen, in denen es zäh wurde, der gemeinsame Verbindungsfaden riss, Gereiztheiten dazwischenfunkten, Erwartungen nicht erfüllt wurden, Stimmungen nicht im Gleichtakt schwangen ... eben ganz so, wie es in jeder Beziehung immer mal vorkommt - sogar mit der "besten Ehehälfte der Welt". Und das nicht nur im Urlaub. Bei so einer intensiven Gemeinsamkeit aber sogar erst recht. (und jetzt erzähl' mir hier bitte niemand, das gibt's auch anders. Sonst bin ich hinterher vielleicht doch frustriert und wünsche mir, hier nix geschrieben aber meine Illusionen behalten zu haben ;)
Natürlich war nicht jeder Tag durchgehend von Highlights angefüllt, strahlend und der Gipfel der Glücksseligkeit. Jeder dachte auch mal: "oh - nun wird's aber scho zäh ... " und beide hatten wir gelegentlich Heimweh nach unseren Miezen ;)
Aber es gab sie eben auch: (und zum Glück auch recht oft - vermutlich deutlich häufiger als die seltenen Sonnenstunden in tiefen Alpentälern ;) diese Highlights an Erlebnissen, Innigkeiten, tiefen Empfindungen, Leichtigkeit und Glück, die sich aus meinen Blogbeiträgen offensichtlich mühelos rauslesen lassen den Reaktionen der Leser zufolge. Da kommt dann wieder der Fokus auf das ins Spiel, das man betont wissen möchte. Klar könnte ich mich auch damit aufhalten, jegliche Problemsituation auseinanderzufrieseln. Genauestens zu beschreiben wie es ist, wenn man mies drauf ist, jeglichen Konflikt oder negativen Moment auskosten, in die Länge ziehen und mit hellen Spots auf offener Bühne drauf zielen: "Seht her - die PROBLEME!" Ginge auch. Klar. Muss mir keiner erzählen. Wenn ich will und in dazu prädestinierten Fällen bin ich eine versierte "Haar in der Suppe-Sucherin". Kann ich prima. Aber wer hätte was davon?
Deshalb wieder einmal - hab's glaub' ich, schon öfter angedeutet:
Dieser Blog hat nicht den Anspruch lückenloser, vollständiger oder gar neutral-objektiver Berichterstattung.
Mein Blog ist meine Sonnenuhr!
.
5 Kommentare:
Der Sonnenuhrvergleich ist sehr gut gewählt. Jedem "normal" Denkenden dürfte die Brisanz solcher Unternehmungen bewußt sein. Bislang haben bei mir auch immer die positiven Erlebnisse überwogen obwohl ich auch bei mancher Tour innerlich wie ein Rohrspatz gezetert hatte.
Noch einmal vielen Dank, daß Du uns Bloglesern an Deinen Touren teilhaben läßt. :-)
Wann ist eigentlich der nächste Urlaub? ;-)
Tschö
Aber es gibt doch auch außerhalb von Urlauben zeigenswerte Sonnenstunden: Katzen, Blumen, Volksläufe ... ;)
Du ahnst es längst: meine Einträge sind in erster Linie egoistisch motiviert *s*
Und natürlich gibt's zuweilen auch Ausnahmen vom Sonnenuhrblogdasein ;)
Das war ein superschönes Fazit, Lizzy! Und da ich dich im realen Leben ja (leider) noch nicht kenne, will ich mir gar keinen Kommentar dazu anmaßen, sondern hoffe, dass dieser Blog dazu beiträgt, dass dir dieser Urlaub immer heiter im Gedächtnis bleiben wird. Die Schmerzen vergisst man ja doch auch viel schneller, oder?
LG,
Babs
Schön beschrieben, Lizzy. Schön.
Schmerzen? Was genau sind eigentlich Schmerzen? ;-p
Kommentar veröffentlichen