03 April 2023

Dieses war der erste Streich … Wildniswandern im Nieselregen

Dieser Beitrag dient  in erster Linie als Marker und Gedächtnisstütze zum Wiederfinden für mich selber ;) Aber wer mag, darf und kann natürlich auch sehen, wie so eine Wildnisübernachtung aussehen kann. 




Um mich aber nicht ungebührlich zur möchtegern-Heldin hochstilisieren zu wollen, sei zugegeben, dass ich mich extrem zierte, anstellte, eine Panikattacke gestehen muss, die mich bei Ankündigung der zeltfrei unter Tarps stattfindenden Waldübernachtung ereilte. Es war ein durch und durch feucht-regnerisches Wochenende mit Nachttemperaturen um max. 5°C (immerhin +) und ich zog ernsthaft in Erwägung, den ganzen Wildniskram umgehend der Tonne anzuvertrauen und das  wie ich inzwischen fand durch und durch hirnrissige Vorhaben gleich im ersten Block abzubrechen.

Gut, dass mich die Mitazubis samt Ausbildungsleitung dazu überredeten, es zumindest zu versuchen.


Mit viel zuviel Gepäck, massenhaft Isolierung zum Unterlegen samt Angoraunterwäsche und Kaschmirpullover begab ich mich nach einer kompassgesteuerten Wanderung durchs Unterholz im vollen Trekkingoutfit samt Kartenlese- und anderen Übungen, an Campingkochern gekochtem Abendessen und Tee, Tarp spannen und Klamotten drunter verstauen, bisschen Plauschen und Fachsimpeln mit den Mitschüler:innen etc.  ins kuschelige Nest am trockenen nadelgepolsterten Fuß einer Fichte (ihr sei tausendmal Dank für Schutz und Wärme! Einen besseren Platz hätte ich nicht finden können), wo mir so warm wurde in der Nacht, dass ich die Arme aus dem Schlafsack und selbigen ein wenig öffnen musste. Da lässt sich noch einiges an Gewicht einsparen bei mehr Vertrauen in Ausrüstung und Körperfähigkeiten. Es hat über die Nacht auch nur wenig geregnet. 

Ansonsten: Kochen am Lagerfeuer. Wobei diese Riesentöpfe natürlich nicht mit auf die Tour geschleppt sondern nur am Lernstandort verwendet wurden.



Bei Wind und Regen mit nur einem Streichholz ein Feuer aus in der Umgebung gesammelten Material entfachen und am Laufen halten, Kompass bedienen, Karten lesen samt Standortbestimmung in Hardcore-Variante, Wetterkunde, diverse Knoten schnüren … all das stand auch noch auf dem Programm .. wobei ich auch hier wieder gestehen muss: in den gefragten Momenten konnte ich das durchaus … einen Tag später aber schon wieder nicht mehr (bis auf den Trick mit dem Feuer. Ich glaube, der sitzt ;). Da müssen wohl ordentlich Hausaufgaben nachgepaukt und geübt werden bis zur nächsten Einheit. Ich bin dabei!

P. S. Meinen größten persönlichen Pferdefuß/Flaschenhals und schlimmste Schwäche der Angelegenheit zu erkennen war nicht schwer. Nicht Panik und Ängstlichkeit sind es - die verfliegen. Nicht Alter und morsche Knochen - die gaben sich erstaunlich zahm. Die völlige Verpeiltheit und Neigung zur Chaoshaushaltung sind es. In einem Rucksack die notwendigen Sachen zu verstauen und halbwegs geordnet wiederzufinden, das fand ich schon bei Hüttenübernachtungen wirklich schwierig. Das ganze im freien Gelände und bei Regen und Dunkelheit  zu schaffen … wobei ja auch viel Geraffel dazukommen ist von Kompass über Brille und sonstigen Pröddelkram … das erscheint mir kaum händelbar. Ständig suche ich nach irgendwas: Lampe z. B. weil frau auch nachts mal Pipi muss und ungern über Brombeerranken, Abspannleinen oder Anker stolpern und sich die Gräten brechen möchte. Bei der Suche danach wird auch noch der letzte Rest der Ausrüstung durcheinandergerumpelt. Kocher, Anzünder, Handschuhe, Mütze, Stirnband, Schnürbänder …. uferlos … so ein Trekking gerät bei mir zur Ganztagssuche nach so ziemlich allem, was ich dabei habe bzw. gerade benötige. Nicht immer findet sich auch jedes Kleinstteil wieder … puh ….





Tatsächlich gibt es in Deutschland Sequoia-Mammutbäume :-O



13 Kommentare:

Balla Doc hat gesagt…

Ja, gute Nacht Deutschland!

Lizzy! Echt jetzt?

Willst Du Dich echt beruflich verändern und zur Fremdenlegion?
Oder spielst Du die Hauptrolle in Rambo reloaded?

Egal. Klingt schon nach Herausforderung, die gemütliche Heimstatt mal zu verlassen. Respekt!

LG
Balla Doc

Öhem... wo gibt's das Video zu "Lizzy im Urwald"?

lizzy hat gesagt…

Moin Alex :)

beruflich verändern ist im fast-Rentenalter ja so eine heikle Sache … und statt Fremdenlegion schweben mir eher so weichgespülte Wildnis-Ideen im Kopf rum. Waldbaden im Thüringer Wald vielleicht? Hmmm … gibts eh schon … Aber vielleicht brauchen die noch Tourenleitungen für Seniorengruppen. Muss ja nicht immer nur Walking und Wellness sein für uns olle Omas und Opas.

https://www.thueringen-entdecken.de/de/drausspowern

Aber tatsächlich ist es reichlich irre, das schicke vorhandene Wohnmobil auf dem Parkplatz zu lassen und im Unterholz zu pennen. Wobei die echten Wildnisherausforderungen noch kommen: Mücken und Zecken!

Video? Mist! Das (in unserer Kleingruppe erfolgreiche) Anfachen des Feuers hätte ich wirklich filmen sollen. Das war ein toller Moment.

regenfrau hat gesagt…

Liebe Lizzy,
grandios! Nicht nur die Idee, dich so einer Herausforderung zu stellen UND, was viel, viel wichtiger ist, sie trotz innerer Widerstände zu meistern, sondern auch die Beschreibung der Situation, der Haken und Erfolge! :D
Ich bin gespannt, was da noch so alles kommt.

lizzy hat gesagt…

Danke dir, liebe Doris :)

was meinst du, wie gespannt ich erst bin auf das, was noch kommen wird :-D denn der Widerstand am Vorabend war massiv und gipfelte in einer Kieferklemme … Möge die Zuversicht mit mir sein … *ommm*

Elke hat gesagt…

Wildnisübernachtung? Unter einem seitlich offenen Zeltdach?? Bei 5° ????
Lizzy, was hast du geraucht?!
Also in einer lauen Sommernacht mit richtigem Zelt und netten Leuten könnte ich mir das noch vorstellen.
Respekt, was du so alles ausprobierst! Ich wage kaum mir vorzustellen, was da als nächstes kommt. Dennoch auf alle Fälle viel Spaß dabei!

Liebe Grüße
Elke

lizzy hat gesagt…

Elke, ich habe wirklich nur eine einzige selbst gedrehte Zigarette geraucht. Und das erst
Am Morgen zum Frühstück (geschnorrt;)

Das offene Zeltdach ist ein „Tarp“ - eine ganz eigene und mir bis dahin auch völlig unbekannt gewesene Gattung von Schutz. So eine Art Multifunktionsschutz für alle möglichen Anwendungsfälle. Man kann damit auch Regenwasser auffangen und sonstige nützliche Dinge in der Wildnis veranstalten.

Ich war vor dem Kurs drauf und dran, mir ein Zelt zu kaufen. Gut, dass ich es doch nicht tat - um rauszufinden, welches empfehlenswert ist. Inzwischen denke ich: gar keins. Das mit dem Tarp hat Charme wenn man alles im Rucksack
Mitschleppen muss. Ist leicht und multifunktional.

Volker hat gesagt…

Das Plätzchen im Schatten der Fichte sieht wirklich sehr lauschig aus, liebe Lizzy. Bei allem anderen kann ich nur den Kopf schütteln. Ne, nicht ganz, heftig am nicken war in Bezug auf das Suchen im Rucksack, ganz meine Disziplin ... im negativen Sinne.

Hut ab vor Deinem Tun. Ne ne, das ist nicht meins :-)

Hast Du mit der Tour denn den Azubi-Status abgelegt?

Liebe Grüße
Volker

lizzy hat gesagt…

Lieber Volker,

wenn ich bei dir von Kopfschütteln und „ist nicht meins“ lese, muss ich automatisch an deine vehemente Ablehnung jedweder ganzkörperlichen Wasserberührung denken, die du über Jahre hinweg gepflegt hast … um jetzt zum begeisterten Schwimmer noch dazu bei eisigen Temperaturen im Freiwasser mutiert zu sein …. Ich beobachte deine Kopfschüttelei also mit einem neugierig abwartenden Lächeln 😁

Noch bin ich Azubine und das auch noch mindestens ein Jahr lang. Für den Abschluss fehlen noch die meisten Einheiten. Z.B. ein Wintercamp 🥶 im kommenden Jahr. Bin mir auch gar nicht so sicher, ob ich das Zertifikat wirklich will und brauche 😉

Volker hat gesagt…

*lach* Du hast Recht, liebe Lizzy, ich sollte in Bezug auf meine Nichttaten den Mund nicht mehr so voll nehmen :-)))

Also: "NOCH" kann ich darüber nur den Kopf schütteln ;-)

Wintercamp? Mit dem richtigen Schlafsack ...??

lizzy hat gesagt…

Iglu + Schlafsack, fürchte ich. Da kann Frau nur auf die globale Erwärmung hoffen :-D

Manfred hat gesagt…

Liebe Lizzy,

jetzt muss ;-) ich doch mal was schreiben, hier bei dir. (Bisher nur mal stiller Leser.)

Ich finde deinen Bericht nämlich spannend und werde mal gucken, wann du wieder was als Azubine berichtest. Es erinnert mich nämlich an meine Pafdfinderzeit. So unter Tarp, oder als Streckenposten im Unwegsamen bei einem Orientierungslauf, oder bei den vielen Lagern und im Auf- und Abbauteam! - Bei einem Vorbereitungscamp für ein Zeltlager haben wir mal in einer Jurte bei -13° im Sommerschlafsack übernachtet. Das war ne Herausforderung, aber die Hütte war voll, es waren zuviele Helfer gekommen! ... vielleicht aber hätte ich einen Vorteil, ich bräuchte nicht viel und kann recht gut packen! - LOL

Aber alte Kenntnisse auffrischen wäre toll. Da reizt es ja fast sich mal als Azubi anzumelden, auch wenn ein Zertifikat nicht bräuchte!

Bleib dran, es lohnt sich, auch darin, dass man sich selber super kennlernt!

Liebe Grüße Manfred

lizzy hat gesagt…

Hallo lieber Manfred,

Danke für deine Aufmunterung :)

An die Pfadfinder habe ich unterwegs auch denken müssen. Wobei ich mit ihnen keine Erfahrungen habe aber durchaus ja selber als „Naturkind“ aufgewachsen bin. Ohne Auto, mit Grundstücken und Bienenhäusern in der waldigen Umgebung, Kräuter und Beeren sammelnd und verwertend … viele der Inhalte sind mir durchaus vertraut. Und auch das draußen Schlafen war keine Lebenspremiere. Wobei ich das mit der Kälte und Nässe echt nicht brauche. Aber wer tut das schon? Letztlich gehöre ich als viel-draußen-Seierin und gelegentliche Kaltseebaderin sogar zu den eher kältetoleranten Exemplaren. War am Osterwochenende z. B. nach den Saunagängen in den Kocheler Thermen zum Abkühlen im Kochelsee - mit Blick auf die noch schneebedeckten Berge rundherum. Es war rattenkalt … und ein tolles Gefühl.

Denn das war das Problem an diesem beschriebernen WE: es war regnerisch, die Böden total schlammig durchweicht, feuchtkalt … und ich bin ja nun nicht jünger geworden. Irgendwie war mir bei der Ankündigung bewusst, dass ich eben alt bin. Mit ziemlich fortgeschrittener Wirbelsäulenarthrose, Gicht und wie sie alle heißen, die Zipperlein des Alters. Es überfielen mich Visionen derjenigen Menschen, die in Not- und Kriegsgebieten bei Nässe und Kälte unter dafür ungeeigneten Bedingungen ums Überleben kämpfen, dabei keine Wahl haben als noch viel unwirtlichere Bedingungen aushalten zu müssen und mir kam der Gedanke: wäre ich darunter und müsste nicht z. B. meiner Familie helfen … ich hätte keinen Bock mehr auf diese Form von Kampf ums Überleben. Genug gelebt im Prinzip.

Und nun begebe ich alte Trulla mich mit zivilisatorischer Ausrüstung an so eine Art „Überlebenstraining für Weichgespülte“ und das kam mir skurril, abgefahren … irre vor. Dekadent auch. Aber letztlich hat es Spaß gemacht und dekadent bin ich mit Wohnmobil und früher bei Laufveranstaltungen … überhaupt … immer unterwegs.

Vielleicht sollte ich mir den Titel deines Blogs: „Laufend dankbar sein“ zum Vorbild nehmen und die Dankbarkeit dafür, das alles tun und machen zu können, stärker in den Vordergrund rücken.

Jörg hat gesagt…

Also ich finde es immer wieder erstaunlich, was du so treibst. Wobei ich dazu auch Lust hätte und es in meiner Spätjugend auch schon mal einfach so gemacht hatte.
Viele Grüße
Jörg