... wäre er heute geworden; mein Vater.
Internet hat er nicht mehr kennengelernt und ich schwanke, ob er es als Informationsmedium spannend gefunden oder als
"Kokolores, haben wir früher nicht gebraucht, brauchen wir heute auch nicht" abgelehnt hätte. Beides kam vor. Letzteres bei technischen Neuerungen und Trends (Autos, Telefon, Urlaubsreisen etc.) häufig.
Aber Bildungsmöglichkeiten, Nachrichten verfolgen, vom Weltgeschehen mitbekommen, Diskussionen oder Predigten darüber abhalten, das gehörte wiederum zu den Steckenpferden.
12 Kommentare:
Liebe Lizzy,
interessanter Gedanke! Meiner wäre nun 105. Er war immer sportlich und politisch interessiert und handwerklich ausgebildet wie auch begabt. Er hätte das Netz wohl wahrgenommen, aber ob er sich reingewagt hätte...? Schwer zu sagen.
Meine Schwiegermutter, nur wenig jünger, hat sich zuletzt immer geärgert, wenn in Nachrichten- und sonstigen "offiziellen" Sendungen locker Web-Adressen zur weiteren Information genannt wurden, sie fühlte sich durch so etwas abgehangen und fordert zugängliche Informationen auch für ihre Generation.
Wer weiß, was wir im späteren Alter in dieser Richtung noch erleben müssen...?
Eine schöne Erinnerung an deinen Vater!
Liebe Grüße
Elke
Liebe Lizzy,
die Beschreibung Deines Vaters hört sich ganz nach, wie man so schon sagt, "Der ist noch vom alten Schlag" an. Hattest Du einen guten Draht zu ihm?
Mein Dad würde dieses Jahr 80 werden und ich frage mich, ob er auch ohne seine Krebserkrankung wohl so alt geworden wäre. Er hat nicht gerade gesund gelebt. Ebenso überrascht mich, dass ich heute schon nur noch sechs Jahre jünger bin als er es zu seinem Tod war. Internet hat er noch so eben mitbekommen, er fand es spannend :-)
Liebe Grüße
Volker
Liebe Lizzy,
da sieht man ganz deutlich, welche Masse an Neuerungen in den letzten sagen wir mal 50 Jahren entstanden sind / erfunden wurden.
Spannend, sich vorzustellen, wie es unseren Eltern mit den Neuerungen ergangen wäre.
Nun denn - mein Bruder, der mit seiner Familie das elterliche Haus übernommen hat, in dem auch mein Vater bis zu seinem Tod 1998 wohnte, hat mich korrigiert: mein Vater bekam noch mit, wie er - der Bruder - sich als einer der ganz frühen auch nebengewerblichen Nutzer eine Internetleitung zulegte. Seiner Aussage nach tendierte mein Vater eher in Richtung „Kokolores“ und „Braucht man nicht“ bzw. war er der Meinung, das bräuchten nur große Firmen. Aber letztlich dachten das zu dieser Zeit noch fast alle - auch Politiker - und meiner Einschätzung nach hätte sich die Meinung meines Vater schnell drehen können über das Kennenlernen z. B. von Wikipedia und co. Aber wir werden es nicht mehr erfahren.
Liebe Elke,
du hattest demnach ebenfalls einen vom Krieg geprägten Vater?! Im Grunde war das vermutlich das Hauptmotiv dieser Generation. Aus welcher Sicht auch immer ... mein Vater wurde direkt zu Kriegsbeginn eingezogen, verbrachte also die Hauptzeit seines jungen und prägenden Erwachsenenlebens in Schützengräben, Lazaretten, an der Ostfront und letztlich dann in Sibirien in russischer Kriegsgefangenschaft, aus der er krank und weniger als 40kg wiegend irgendwann über weite Teile zu Fuß zurückkam ... was den meisten mit gleichen Schicksalen nicht gelang ... Ich finde es immer noch schade, dass ich aus dieser Zeit im Grunde viel zu wenig weiß.
Lieber Volker,
„vom alten Schlag“ ...? Hmmmm ... weiß nicht ... kommt vermutlich darauf an, was man drunter versteht. Man hätte ihn konservativ oder wegweisend nennen können, wenn er in einer Zeit, in der in unserer Region höchstens Kinder das Rad nutzten, täglich damit zur Arbeit radelte und Autos verweigerte. Wenn er bei der Lebensmittelherstellung vom Gemüse bis zum Fleisch auf Eigenproduktion, Freilauf und qualitativ hochwertige Fütterung der Schlachttiere setzte ... ich beneidete die Gleichaltrigen, die Scheibenwurst aus dem Geschäft bekamen und nicht IMMER nur diese Blutwürste, roten Räucherwürste etc. Aus eigener Schlachtung essen mussten ... für die man heute - wenn man die überhaupt noch bekommt - bei einem Biometzger sündhafte Beträge auf den Tisch legen muss ... wenn wir alle Klamotten, meist aus zweiter, dritter und x-ter Hand auftragen mussten bis sie auseinanderfielen. Wenn er selbst über Jahrzehnte in denselben Hosen, Mänteln und Hemden rumliefen, bis man den ursprünglichen Stoff von den Flicken nicht mehr unterscheiden konnte ... :D ...
Wäre nicht der Krieg gekommen, wäre er nach Amerika ausgewandert und sollte er dort die Amish People getroffen haben, vermutlich an passender Adresse gelandet ...
Es gab nicht den Zeitgeist, der als Leitmotiv für uns fungierte sondern nur Kirchengebote (fundamentalistische und authoritäre Erziehung: kenne ich sehr gut ;) und die väterliche Diktion.
Was den „Draht“ angeht, wäre das Thema „Eltern-Kindbeziehung“ wie bei vermutlich allen Menschen einen Roman wert - das fasst mensch nie in einem Satz zusammen. Aber letztlich steht es bei mir schon lange nicht mehr auf der inneren Themenliste bzw. Nur insofern, dass ich weiß: jeder Mensch macht es so gut oder schlecht, wie er es zu der jeweiligen Zeit gerade kann und mich gibt es so, wie und wo ich bin, nur deshalb, weil es die Eltern gab, wo wie sie sind und waren. Und weil ich gerne bin, was, wo und wie ich bin, ist es letztlich gut so, wie es ist und war.
Liebe Doris,
Deine Eltern leben beide nicht mehr? Meine Mutter wird demnächst 93 und ist zwar geistig nicht mehr so ganz auf der Höhe, hat aber schon früher ... ab ... ich sage mal ... so Mitte 50 etwa ... überhaupt keine Lust mehr auf technische Weiterentwicklung gehabt. Leitete das Pfarrbüro unserer Gemeinde und als der fortschrittliche Pfarrer (seit Jahrzehnten tot) sich eine Schreibmaschine mit Speicher und Monitor anschaffte, hatte sie schon keine Lust mehr, sich damit anzufreunden ... jedes neuartige Telefon (irgendwann wurde ja doch eins angeschafft) beäugte sie mit Misstrauen ... da war und ist sie - obwohl jünger - eher weniger neugierig als mein ansonsten stockkonservativer Vater.
Ich kannte in Münster mal eine Frau in der Nachbarschaft, die auf die 100 zuging und sich immer wie ein kleines Kind über neue technische „Spielzeuge“ freute. Mikrowelle? „Wie toll! Hätte ich das mal früher gehabt als die Kinder klein waren und ich jeden Tag kochen musste!“ - Schnurloses Telefon? „Wie praktisch! Da kann ich mich endlich hinsetzen, wo ich will und überall telefonieren - was die alles für prima Sachen erfinden. Schade, dass ich so alt bin ...“ und so weiter ... Die war eigentlich ein ziemlich herrischer Typ und sonst nichtmal sonderlich sympathisch (ziemlich braune Anwandlungen ...) aber DAS hat mich beeindruckt! Die meisten Gleichaltrigen - und jüngere als ich! - ließen sich langsamer auf Veränderungen ein als sie. Es ist nicht NUR eine Altersfrage sondern auch typenabhängig.
Liebe Lizzy,
ja, meiner war auch die volle Zeit im Krieg. Leider hat er davon nichts erzählen wollen. Er war wohl sowohl an der West- als auch an der Ostfront. Niemand weiß, wie er zurückkam, ob desertiert, Gefangenschaft. Durch Zufall sah ich nun, dass er in Norddeutschland in englischer Gefangenschaft war. Ich will da mal weiter nachforschen.
Ich denke auch, diese Generationen wurde um viel betrogen und waren sicherlich geprägt durch das, was sie durchmachen mussten.
LG Elke
Liebe Lizzy,
nein, mein Vater ist schon 1998 gestorben und er war eher der Typ, der schon mit seinem VHS-Videorecorder Probleme hatte. Was er allerdings nie zugegeben hätte, da wurde vorher das Gerät sieben Mal umgetauscht, weil "es nicht funktioniert"! ;)
Meine Mutter war zwar nie sehr technikaffin, aber sehr viel länger offen und interessiert an Neuerungen. Sie hat sogar mal an einem Kurs "Internet für Senioren" teilgenommen. Allerdings war die Begeisterung nicht so groß, dass sie sich für zuhause einen Computer mit Internetanschluss gekauft hätte. Sie hat sich, wie Elkes Schwiegermutter allerdings oft geärgert, wenn Firmen nur mehr ihre Webadresse bekannt gegeben haben, aber keine Telefonnummer mehr.
Viel Glück bei der Ahnenforschung, Elke!
Doris, unsere Väter snd also im selben Jahr gestorben (ich weiß gar nicht, wie alt bzw. jung DU bist ...
Was den VHS-Rekorder angeht, wäre mein Vater nie in die Verlegenheit gekommen, sowas programmieren oder umtauschen zu müssen, denn diese Dinge fielen eindeutig unter die Kokolores-Rubrik ;-D
Selber habe ich noch einen :-O .... und gerade vor kurzem 30 VHS-Walt-Disney-Filme gekauft, damit ich den Enkeln voller Inbrunst sagen kann: „Tonibox? Alexa? Hab‘ ich früher nicht gebraucht, brauch ich heute nicht ... und überhaupt: Kokolores!“ - ist ja nicht so, dass Erziehung NICHT wirkt.
Hat sich auch noch niemand darüber beschwert, wenn es den König der Löwen oder Die Schöne und das Biest bei Oma von VHS zu sehen gibt ... oder via DVD ... dochdoch - da bin sogar ich schon angekommen *roll* ;)
Hat hier jemand ein Amazon-prime-Abo oder Netflix? Fällt bei mir momentan ja auch noch unter „Kokolores“ ... aber bzgl. Netflix gerate ich ins Schwanken ...
Liebe Lizzy,
ich bin 52, hatte aber "alte" Eltern. Mein Vater war Jahrgang 24, meine Mutter Jg. 30. :)
Und beim "heutigen Kokolores" muss ich leider passen. Amazon boykottiere ich schon seit fast 10 Jahren und Netflix hab ich auch nicht. (Kenn ich nicht, brauch ich nicht!) ;)
Nein im Ernst, ich hatte noch nie das Bedürfnis nach noch mehr fernsehen, weil ich schon die Filme oder Dokus, die mich interessieren, nicht anschaue.
Danke für die Info, Doris - du junges Hüpfer, du ;)
Im Grunde gucke ich auch sehr selten TV; sogar die Tatorte haben viel vom früheren Reiz verloren. Wenn ich mal gucke, dann meist aus der Mediathek. Aber neulich gab es mal eine Zeit, da wurden für Serien auf Netflix geworben, die ich recht reizvoll fand ... der Reiz ist aber längst wieder verblasst. Kommt er wieder, schlage ich vielleicht zu. Von „brauchen“ kann auch bei mir keine Rede sein - aber was, das man noch nicht hat, braucht man schon in unserer dekadent übersättigten Gesellschaft .... ;-D
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