29 September 2013

Haken schlagen. 7 eckige Runden beim Marburger Stadtlauf


Chaotisch, undurchsichtig und widersprüchlich. So könnte man die nur schwer auffindbaren Infos im Internet zum Ahrens-Stadtlauf nennen, der heute in Marburg stattgefunden hat. Keine Online-Anmeldung, ein konfuses Gewimmel an unterschiedlichen Startzeiten von Jedermannsläufen und ebenfalls ausgetragenen Hessischen Straßenmeisterschaften, die dann auch noch widersprüchlich sind.

So schnell lässt sich eine aus familiären Gründen in der Gegend weilende Lizzy aber nicht von dem Plan abhalten, den "Länderpunkt Hessen" für's Länderspiel einzuheimsen. Dazu ist die Gelegenheit zu günstig, das Wetter zu gut, die Lauflust zu groß.

Also mit dem Zug die gut 30km nach Marburg gegondelt, eine Stadt, die vor so einigen Jahrzehnten die selten aufgesuchte Metropole der Gegend darstellte, damals vom Kleinststadtkind aus dörflichem Umfeld als Großstadt wahrgenommen. Marburg ist wunderschön! Eine atmosphärisch bezauberndes Städtchen, verwunschen, lauschig und verwinkelt wie  aus dem Märchenbuch und gleichzeitig mit seinem studentisch geprägtem Flair jung, bewegt, modern  und lebendig. Aber groß, nein groß, das ist Marburg nicht mehr.

Eis essend schlendere ich bei bestem Spätsommersonnenschein durch die Gassen und Gässchen der fachwerkgeprägten Oberstadt zum Startort des Stadtlaufs. Auch hier alles ein klein bisschen wirr aber die Orgaleute gleichen dasdurch dreifach gute Laune, Freundlichkeit und die Bereitschaft, wirklich alle meine vielen Fragen ausführlich zu beantworten, locker wieder aus.

Neben mir höre ich jemanden lachend sagen: "Nein, eine Strecke für Bestzeiten ist DAS wirklich nicht!" "Pöh" denke ich trotzig "versuchen werd' ich das trotzdem" und meine das ernst.

Die 10km-Strecke besteht aus einem 7-Runden-Lauf, wobei es eher eine Aneinanderreihung vieler Ecken und Kehren ist incl. einer Vollkehre um 360 Grad und alles muss sieben mal durchlaufen werden. Relativ flach ist sie, aber nicht absolut. Eine etwas langgezogene Steigung, der ein etwas kürzeres aber weniger flaches Gefälle folgt, ist in jeder Runde auch dabei. Hier wäre es von Vorteil, Hase zu heißen.

5:05 Minuten hätten es für mich werden sollen beim ersten Kilometer. Als ich allerdings 4:43 auf Meiner Uhr lese, könnte ich mich in den Allerwertesten beißen, wenn ich das denn könnte.

Ich DEPP! Immer der gleiche blöde Fehler und wie immer auf Wettkampfkilometer Eins Null Zeitgefühl aber schon bald darauf die Quittung, die bescheinigt: das ist wirklich zu schnell (noch?;)! Schalte zwar einen Gang runter, Kilometer Zwei geht aber mit immer noch zu schnellen 5 Minuten über die Bühne, was sich schon bei Kilometer Drei bitterlich rächt. Bleibeine. Achwas: Stahlbeine samt Stahlkörper bremsen derartig aus, dass ich gefühlt jetzt und hier und sofort aufhören möchte. Tue ich natürlich nicht sondern schleppe mich trotzig kämpfend weiter, so dass ich 25:31 Minuten auf der Uhr lese bei Kilometer Fünf. Inzwischen grenzwertig angeschlagen und ahnend, dass es mit der neuen Bestzeit heute noch nix werden würde. 

Bei Kilometer Acht überholt mich, die bis dahin keinen geeigneten Duellpartner oder zum dran-festbeissen Geeigneten Vorläufer hatte, eine sehr junge Frau. Keuchend. Ich denke: "nee, kampflos lasse ich dich nicht vorbei" und kämpfe nochmal. Kann mich auch wieder vor sie setzen, sie klebt mir einen Kilometer lang dicht im Nacken, beide schnaufen und keuchen wir, geben alles! Auf der Zielgerade zieht sie mit einer Kraft, die ich meinerseits einfach nicht mehr besitze, an mir vorbei und legt bis zur Ziellinie sogar noch einige Meter vor. Ohne sie - und das danke ich ihr auch mit der Gratulation ausgesprochenermaßen(worüber sie sich sichtlich freut) - aber wäre ich garantiert nicht unter 52 Minuten geblieben. Durch das bissige Duell zum Schluss konnte ich mit einer Zeit von 51:59 Minuten meine bisher zweitbeste Zehnerzeit mit nach Hause nehmen und bin damit sofort und auch immer noch absolut glücklich.

Statistik

Meine Zeit: 51:59 ~ 5:11min/km
W50: Platz 2 von 4    -   Siegerin: Silke Körburg-König in 51:25
W gesamt: Platz 11 von 41 - Siegerin: Kim Mess (W35) in 42:30


13 Kommentare:

Jörg hat gesagt…

Die Kombination von Abnehmen und Training funktioniert doch gut. Von den Platzierungen sieht es auch richtig toll aus.

Grüße

Jörg

lizzy hat gesagt…

Die Platzierung ist toll, das finde ich auch, Jörg. Und deshalb sollte die Elite vielleicht doch immer in einem gesondert gestarteten und gewerteten Rennen laufen, dann rücken Laienjogger wie ich gleich ordentlich nach vorne ;)

Blumenmond hat gesagt…

Wow, was für ne Zeit und das unter nicht den besten Bedingungen. I'm deeply impressed. Gabs nen Pokal für den Platz? ;-) Marburg ist in der Tat ein total hübsches Städtchen, mag ich sehr.

lizzy hat gesagt…

Marburg ist richtig ein bisschen *flippig* und voller Ideen, finde ich. Liegt mir irgendwie viel mehr als schicki-micki München. Aber letztlich liegt mir vermutlich so ziemlich jeder Ort mehr als München ....

Pokal gab's nichtmal für die AK-Ersten und auch keine Medaille. Urkunde und das sponsernde Kaufhaus hat seine Ladenhüter ausgemistet. In meinem Fall fiel eine Adidas-Einkaufs-Henkeltasche ab, die mir sogar gelegen kam und eine *go green* Handytasche der allerersten Handystunden mit Karabinerhaken. Nun habe ich ja sogar noch ein Handy der fast allerersten Stunde, nehme das aber nie zum Laufen mit und wenn doch mal, dann nicht angehakt.

Obwohl ... Wollte gleich hier ein bisschen durch die dichten hessischen Wälder joggen, da könnte ich das Ding mal versuchen ...

Anonym hat gesagt…

Hallo Lizzy,
gratuliere zum erfolgreichen Wochenende. Von der "50" bist du doch gar nicht mehr weit weg, wenn die Strecke nicht so hakelig gewesen wäre, wer weiß??
In Marburg ist es sicher hügeliger als im Münchner Umkreis, wenn du jetzt Bergtrainig machst, kannst du beim nächsten Heimrennen erneut punkten.
Mit dem fddb hast du mich richtig animiert, so daß ich meinen alten Account wieder aktiviert und heute morgen mein Frühstück eingegeben habe. Ich bin nicht übergewichtig, kratze aber z.Zt. immer öfter an meiner persönlichen Schallgrenze. Ich bin am Samstag Marathon gelaufen, hab daher jetzt ein bißchen Laufpause, und in Urlaub fahre ich auch noch, da kommt sicher kilomäßig noch was drauf. Und diese Kilos sitzen dann wie Beton :-((
Machs gut
Sigrid

lizzy hat gesagt…

Es fühlt sich nach wie vor an wie "meilenweit entfernt" von den sub 50. Aber was sind schon Meilen?;)

Berge gibt's hier nicht wirklich und Training eher noch weniger. Einige Male werde ich aber schon dazu kommen, durch die tiefen Wälder und geschwungenen Weiten zu joggen. So'n bisschen eben. Damit die Woche ohne Kontollwaage und mit nur grob geschätzten Essensmengen, die auch sehr viel unterschiedliches von dem zu Hause beinhalten, nicht zu viel Rückschlag einbringen. Ein bisschen könnte schon sein beim nicht wirklich spannenden und extrem temporeduzierten Tagesprogramm. Aber Tests und Übungen ohne Netz gehören ja auch dazu :)

Wo war denn Samstag ein Marathon? Warst du zufrieden? Hat er Spaß gemacht?

lizzy hat gesagt…

Kleiner Nachtrag noch zum Lauf oder auch zwei Nachträge ;)

Die sehr junge Frau, die mich auf der Zielgeraden abgehängt hat, war Jahrgang 1997. Die Ergebnisliste des Jedermannlaufs ist gar nicht so leicht aufzustöbern im Netz. Aber wer die Ausschreibung gemeistert hat, schafft auch das *s*

zweitens: es war eine "Laufschule Marburg" mit drei Barfußläufern am Start und der Lauflehrer ist nach km 1 recht locker barfüßig an mir vorbei gezogen. War vielleicht sogar ein Grund, warum ich so losgeheizt bin: ich wusste, dass er hinter mir ist *g* Zufällig erkannte ich das Gesicht beim Abholen der Startnummer neben mir, nenne fragend seinen Nick (Kenner des RW-Forums dürfen einmal raten, wie er lautet ;) und als er nickt, gucke ich fragend und demonstrativ auf seine beschuhten Füße. Wortlos. Wie aus der Pistole geschossen sagt er: "die ziehe ich gleich noch aus." :o). Was er tat und wie gesagt: ganz schön flott gewesen dabei. Sollte ich vielleicht doch auch mal beim Wettkampf versuchen. Trau' mich das irgendwie nie so recht.

lizzy hat gesagt…

Korrektur: Jg. 1994

Anonym hat gesagt…

Hallo Lizzy,
der Marathon war hier bei mir vor der Haustür, ein kleiner Lauf mit maximal 25 Teilnehmer, ein ganz handverlesenes Teilnehmerfeld. Ich hab mich Ende August von meiner Freundin da reinquatschen lassen, mußte dann schnell noch lange Läufe machen und stand am Samstag mit ihr ganz vorne in der ersten Startreihe. Leider mußte sie bei km 11 abbrechen, ich bin den restlichen Marathon ganz alleine durch den Wald gelaufen, keinen Läufer vor-oder hinter mir gesehen, sonst hätte ich mich zurückfallen lassen. Ab und zu ein Spaziergänger, ein paar Radfahrer, manchmal wurde der innere Schweinhund fast übermächtig. Es waren 2 Runden, bei HaMa mußte man im Vereinsheim durch das geöffnete Fenster seine Startnummer reinrufen, dann wurde drinnen die Zeit notiert. Auf die 2. Runde zu gehen, ist mir sehr schwergefallen, weil ich ja wußte, daß nochmal so eine ätzende Runde vor mir liegt. Von daher bin ich zufrieden mit mir, daß ich mich durchgebissen habe, allerdings mit Gehpassagen bergauf. Der Marathon hat insgesamt ca. 460 HM. Mit meiner Zeit bin ich auch zufrieden, ich wollte ünter 5 Stunden, habe ich mit 4:55 auch geschafft. Bin das erste und einzige Mal in meinem Leben Gesamtsiegerin Frauen, ist mir aber nicht schwergefallen, ich war ja einzige Frau, die das Marathon-Ziel erreicht hat. Meine Freundin ist ihre Runde noch zu Ende gewalkt und wurde dann für HaMa gewertet.
Das war mein 24 Marathon, jetzt bin ich grad auf der Suche nach einem Lauf für meinen 25. Marathon. Vielleicht gehen wir nächstes Jahr ins Elsaß, oder nochmal nach Hamburg, da bin ich meinen ersten Marathon gelaufen, oder vielleicht finde ich sonst noch was. Auf Zeit will ich nicht mehr laufen, irgendwas wie z.B. die Chiemseeumrundung oder der Bestzeitenmarathon würde mich reizen, aber dazu kann ich meine Mädels nicht motivieren.
Na, mal sehen, jetzt gehe ich erstmal in Urlaub und dann sieht man weiter, dann schaue ich mal, ob ich Lust habe, auf den Nikolaus-Lauf zu trainieren. Dort melde ich mich nie vorab an, da werden nach dem Probelauf im November massenhaft Startnummern angeboten, meistens von Leuten, die beim Probelauf dabei waren und sich dann nicht vorstellen können, diesen Lauf als Rennen auf Zeit zu machen und sich schon beim Probelauf üernommen haben.
Gruß
Sigrid

Anonym hat gesagt…

Nachtrag:
für Schwaben nicht ganz unwichtig: kostet 5€, mit Medaille - handgeschrieben - 8€.
Außerdem gibt es eine streckenlängen-/alters- und geschlechtsbereinigte Zeitumrechnung, damit habe ich eine neue Bestleistung von 03:46:11 ;-)
Hab ich als "reale" Laufzeit nie erreicht.
Gruß
Sigrid

lizzy hat gesagt…

Respekt!!! Du bist eindeutig noch ein paar Nummern verrückter als ich ;) so einsam im hügeligen Wald einen Marathon abzuspulen, das zeugt von Biss. Gute Erholung. Und falls du mal bei Vollmond um den Walchensee laufen möchtest ... Du wärst vermutlich eine gute Kandidatin, da mitzumachen. Ich wollte das bei Gelegenheit mal versuchen ...

Schönen Urlaub und erhol dich doppelt gut.

Anonym hat gesagt…

Lizzy, zweitbeste 10km-Zeit aller Zeiten *Respekt*, bin gespannt ... ;-)

Gruß aus Köln, Manfred

Ach ja, zur 360°-Wende ;-) Da gabe es letztens einen Artikel im Postillon, dass Unbekannte über Nacht den Kölner Dom angehoben und um 360° gedreht haben sollen ... ;-)

lizzy hat gesagt…

Manfred, ich bin überzeugt, die Geschichte mit dem Dom stimmt! Vermutlich passiert sowas jeden Tag überall im Universum mit allem.Sogar mit meinen Meinungen und Ansichten.

Danke auch für die Glückwünsche beim 6h-nicht-Marathon. Wenn ich dich lese, dann fällt mir auch immer mal wieder ein, dass ich nicht alleine verrückt, ein bisschen inkonsequent, ohne jeden Plan aber dafür relativ heiter durch die Welt eiere. Ob die zurückgelegte Lebensstrecke nun in Zeit, Kilometern, einer Kombination aus beidem, angesammelter Weisheit (da schneide ich am miesesten ab), Charakterbildung (nee, da wohl noch mieser ...) oder sonstwas bemisst. Is ja eigentlich wurscht, oder?