Hey, was für eine perfekte Unterkunft das war!
Wenig wurde von Erfurt im zweiten Weltkrieg zerstört und auch die Zeit der DDR hat das meiste an alter Bausubstanz überdauert. Jetzt wieder frisch hergerichtet besticht die Weltkulturerbestadt durch eine durch und durch sehens- und erlebenswerte Altstadt.
Stadtführungen lohnen sich meistens und umso mehr, wenn die Stadtführerin nicht nur in allen Themengebieten bewandert sondern auch über die eigentlich zu vermittelnde Ebene hinaus selber so begeistert von einigen Aspekten ist, dass Zusatzschlenker eingebaut, Fragen und von den TeilnehmerInnen eingeworfene Aspekte aufgefangen und vertieft werden, so dass die Führung erstens länger als geplant dauert und zweitens der am zweiten Tag eingeplante Ausflug nach Weimar von uns abgeblasen wurde, um stattdessen einige der am Vortag flüchtig erfahrenen Dinge noch genauer zu erkunden.
Dass diese Prachtfenster die original erhaltenen sind, vor denen auch Martin Luther jahrelang in der viel zu kalten Kirche des Augustinerklosters gefroren hat, macht ordentlich Eindruck.
Und auch das Chorgestühl in der Predigerkirche, auf dem der christliche Philosoph, Gelehrte und Mystiker des Mittelalters Meister Eckhart gesessen hat, ist noch original erhalten. Möge der Sitz die Weisheiten gespeichert haben und den heute darauf Sitzenden Besuchern die Offenheit verleihen, seiner Stufe nahezukommen. Im 14. Jahrhundert brachten dem Ordensbruder diese Art von Lehren und Weisheiten fast vor die Inquisitionsgerichte. Ihm drohte dafür die Todesstrafe aber er starb eines friedlicheren Todes noch bevor das Urteil in einer Bulle des Papstes Johannes XXII verkündet wurde.
Natürlich möchte ich der geneigten Blogleserschaft keine noch tiefergehenden Einzelheiten der Stadt- und Kirchenführung zumuten. Schließlich hatten wir wunderbares Wetter, ein Regenschirm erheiterte uns lediglich als Ampelmännchen-Utensil. Die Eiskultur Erfurts ist herausragend, die ruhigen und an Vogelsang und Blütenmeeren reichen ruhigen und naturnahen Stellen einladend, die Krämerbrücke über die Gera sehenswert. Einladende Restaurants jeder Couleur mit qualitativ hochwertigen Genüssen.
Sieht gar nicht aus wie eine Brücke, oder?
Am Tag der Abreise per ICE dann auch noch unerwartet eine Portion politische Bildung. Denn keiner von uns Dreien war bekannt, wer oder was Willy Brandt am Fenster haben oder tun sollte.
Auf 1970 bezieht sich dieser am Bahnhofplatz zu lesende Satz und ein Geschehen, das sowas wie eine frühe Vorwegnahme der Ereignisse von 1989 war. Mir bis dahin unbekannt gewesen.
Erfurt kann ich als Reiseziel nur wärmstens empfehlen!
🧳
14 Kommentare:
Danke für diesen Bericht, liebe Lizzy!
Solche Beiträge lösen bei mir regelmässig FOMO aus – so viele Orte, so wenig Zeit! Erfurt sieht fantastisch aus: geschichtsträchtig, architektonisch beeindruckend und mit einer Atmosphäre, die einlädt.
Da können Paris, Venedig & Co kaum mithalten, vor allem, da die Instagram-Städte so hoffnungslos überfüllt sind.
Meister Eckhart habe ich schon mal gehört, weiss aber sehr wenig über ihn. Alleine schon auf Grund seiner Sprüche muss ich mehr über ihn erfahren.
Liebe Grüsse aus dem sonnigen Zürich!
Liebe Lizzy,
da schließe ich mich deiner Reiseempfehlung gern an! Erfurt ist eine bezaubernde Stadt mit vielen Reizen und sehenswerten Punkten. Die Krämerbrück - ein Highlight.
Das Fenster mit Willy Brandt war mir schon immer ein Begriff. Nur dass es so präsent ist gleich gegenüber vom Bahnhofe habe ich auch erst vor 10 Jahren erkannt.
Ok, und nächstens dann aber Weimar, das legt noch ein paar Schippen drauf, wenn auch auf andere Art.
Liebe Grüße
Elke
Diese Furcht, irgendwas zu verpassen, ist bei dir aber echt fehl am Platz - so viel und so schnell wie du durch das Weltgeschehen rennst!
Catrina - Erfurt war in der Tat fantastisch. Instagram verfolge ich nicht weil Accountlos - In Paris war ich noch nie (bzw. bin ich mal in wirklich jungen Jahren - schwarz, weil ich keine Franc hatte, drunter durchgefahren auf dem Weg von einem Bahnhof zum anderen) und es zieht mich, warum auch immer, überhaupt nicht hin. Venedig durfe ich vor … fast 50 Jahren einen Tag lang erleben. Damals noch weitgehend leer und weil ich 14 Jahre jung war, entsprechend aufregend, neu und abenteuerlich. Meine Mutter - die ich auf einer Busreise begleitet hatte - ließ mich lockerst alleine und voller Vertrauen in mich völlig helikopterfrei durch‘s italienische Städtchen rennen.
Überhaupt glaube ich, dass es beim Erlebniswert nicht und schon gar nicht in erster Linie an den Bildern hängt, die man mitbringt und auch nicht an den Sachen, die man gesehen hat. Sondern an dem, was sich innerlich an Freude und Erkenntnis (nicht identisch mit Wissen) bewegt. Ob Meister Eckhart dazu auch eine Erkenntnis hatte? Bestimmt!
Guten Morgen liebe Elke,
kanntest du das mit dem Fenster noch aus der Erinnerung? Ich habe alle möglichen Sachen von damals gespeichert - diese Ausfälle Wehners im Bundestag, Berichterstattungen über Vietnamkrieg … - aber diese Szene samt Ereignissen drumherum - die Menschen winkten ja auch schon am Rand der Zugstrecke und skandierten - die ist an mir vorübergegangen. Ich war acht Jahre jung und irgendwann um diese Zeit herum haben wir erst unseren ersten Fernseher bekommen.
Es gibt die vage Überlegung, ein nächstes Treffen in Weimar anzuschließen. Es gibt aber auch noch viele viele andere interessante Städte, die für ein Zusammentreffen für alle drei gut passen und die interessant sind. Es gibt aber gar nicht mehr so viel Restlebensjahre, die nötig wären, das alles abzuerleben
Da ich einige Verwandte in Sachsen habe und die Bindung zu DDR-Zeiten noch eng war, sind mir viele Begebenheiten noch von damals sehr gut in der Erinnerung. Die Dresdner Frauenkirche kenne ich noch als Steinhaufen mit den letzten stehenden Bögen auf einer wilden Wiese in Dresden...
Meine Eltern stammen sogar aus Thüringen und es gab lange durchgängig enge Kontakte dorthin (inzwischen sind alle gestorben). Meine jährlichen Urlaube der Kindheit bestanden aus Fahrten nach Thüringen. Dort habe ich klassische Literatur kennengelernt, Schach spielen etc. Ich bin als Kind mit dem Esel auf die Wartburg geritten, meine im Zonenrandgebiet lebenden Tanten haben Westfernsehen geguckt noch bevor wir selber eins hatten und sie haben ausgiebig über die DDR-Politik aber auch über den in ihrer Wahrnehmung DDR-OBrigkeiten-Freund Wehner z. B. geschimpft. Sie waren enteignet worden, die Familie stand - auch aufgrund der vielen Geflüchteten - auf der Bespitzelliste und wären sie an diesem Tag in Erfurt gewesen, hätten sie die DDR-Oberen sicher ebenfalls ausgebuht.
Eben WEIL ich so viele auch konkrete Erinnerungen auch aus frühester Kindheit habe, wunderte es mich, dass genau dieses Ereignis nichtmal in Randwahrnehmung oder -erinnerung vorhanden war. Aber das ist ja jetzt nachgebessert worden ;-)
Liebe Lizzy,
was für ein schöner Ausflug! Er erinnert mich, an die Dreiertreffen mit zwei Ausbildungskolleginnen, die wir seit ein paar Jahren machen.
Danke für die Ein- und Anblicke von Erfurt. Die Stadt ist ganz sicher einen Besuch wert. Da ich ja Ende des Monats in Weimar sein werde, überlege ich, auch Erfurt noch anzuhängen. Ist aber noch nicht fix, da ich nach 2 besichtigten Städten eine Übersättigung meiner Aufnahmefähigkeit befürchte.
Liebe Doris,
auch wir drei kennen uns aus der (Schul-)Ausbildungszeit - also seit mehr als 50 Jahren und hatten in diesen Jahren nach dem Abi mal mehr, mal weniger Kontakt untereinander. Weil wir alle an unterschiedlichen Orten leben, versuchen wir nun seit einiger Zeit, mindestens einmal im Jahr ein Treffen an interessanter Örtlichkeit zusammenzubasteln, die für alle einigermaßen günstig zu erreichen ist. Erfurt war perfekt! (Der ICE ab München braucht gerade mal ca. 3h und die andren beiden waren sogar schneller dort).
Aus eben diesen „Übersättigungsgefahr“-Gründen wurde der eigentlich für Samstag angedachte Besuch in Weimar von uns bei diesem Mal gestrichen.
Du läufst also auch in Weimar mit? Dann gibt‘s hinterher sicher gleich mehrere Berichte vom BloggerInnentreffen ☺️
Liebe Lizzy,
also, erstmal finde ich es toll, dass ihr immer wieder mal etwas zusammen macht! Da sind dann Städtereisen nicht das schlechteste, um sich immer wieder zu sehen, sich gemeinsam zu bilden und um manche Abende einfach nur zu ratschen!
Erfurt ... leider noch nicht besucht, obwohl ich quasi 'gegenüber' (die ersten Jahre) aufgewachsen bin. Bis Eisenach (schon mehrmals), oder auch Weimar hab ich es schon geschafft. Den Rennsteig habe ich wandernd, radelnd und laufend erkundet, da muss jetzt wohl Erfurt nach oben rutschen, auf meiner Liste! - Lizzy sei Dank! ;-)
Bruchstückhaft hätte ich noch zusammenbekommen, dass Willy Brandt mal Jubelstürme in der DDR ausgelöst hatte, wir hatten damals sogar was in den Medien mitbekommen, aber ich hätte es nicht mehr mit Erfurt und diesem Satz zusammenbringen können!
Danke fürs Schließen der durch die Zeit aufgerissenen Bildungslücke!
Das Ampelmännchen ist mir gleich aufgefallen, als ich zuerst die Bilder angeschaut hatte! - Da kommt mir eine alte Idee erneut in den Sinn, mal Bilder mit Ampelmännchen zu sammeln, haben mich doch schon unterschiedliche Motive zum Staunen gebracht! :-)
Meister Eckhart hatte gute Sprüche!!!
Liebe Grüße Manfred
Hallo Lizzy, etwas am Thema vorbei:
hast du mitgekriegt, dass im Forum von RunnersWorld dein alter Thread über die Wechseljahre ausgegraben wurde und grad ziemlich frequentiert wird?
Ich dachte, ich hätte auch was reingeschrieben, hab ich aber damals versäumt. Wenn ich mal Zeit finde, schreibe ich viellleicht auch noch meinen Senf rein, Hitzewallungen, Heulattacken, Gliederschmerzen, ich hätte einiges zu berichten. Gruß Sigrid
Lieber Manfred,
das ist ja fast schon erstaunlich, dass du noch nicht in Erfurt warst, so oft, wie du in der Gegend unterwegs bist und warst. Andererseits gibt‘s ja keinen „Abhakzwang“ und wenn sich die Blogger so schön mit den Berichten ergänzen, ist es doch auch gar nicht mehr nötig. Von wegen: Teamwork 👬🧑🤝🧑 und Bildungslücken schließen sich im Blogging-Wechsel auch viel angenehmer. Wobei ich zu einigen dieser Lücken gerne stehe und sie offenlasse. Hängt immer vom Interesse und Thema ab 😉
Von den Erfurter Ampelmännchen habe ich sogar eine Postkarte gefunden, gekauft und verschickt. Darauf waren auch noch ein Eis essendes Männchen, ein Wanderer .. die anderen habe ich vergessen. Leider sind uns die anderen nicht über den Weg gelaufen bzw. waren wir wohl auch nicht sonderlich aufmerksam dafür. Da gibt‘s schon ziemlich lustige Gestalten. In Fulda beim Dom habe ich mal eins mit Bischofsmütze gesehen.
Oh Sigrid, Danke dir für den Hinweis. Und „Nein“, das habe ich nicht mitbekommen. Wenn ich mich überhaupt in großen Abständen mal dorthin verirre, dann um aus irgendeinem konkreten Grund nach irgendwelchen ollen Marathonberichten von mir zu suchen. Was auch selten geworden ist. Im Forum als solchem lese ich seit vielen Jahren nicht mehr mit. Gleich mal gucken, ob ich da noch hinfinde …
Mein Wechsel ist ja schon lange durch. Bin gespannt, was ich damals so ins Forum gekritzelt habe. Erinnere mich nicht daran aber weil ich selber eigentlich keine großartigen Beschwerden hatte und ohne ärztliche, medikamentöse oder sonstige Hilfe recht locker durch diese Zeit gerutscht bin mit nur eher leichten Symptomen, könnte ich mir vorstellen, dass es einer der damals von mir beliebt rausgehauenen „mal gucken, was passiert, wenn an kleinen Tabus gekratzt wird“-Artikel. Ja - jetzt fällt mir sogar ein, dass der Begriff im Titel vorkam … das Hirn sortiert sich … Ich hab auch mal was über‘s Pupsen beim Laufen geschrieben 😅 Fast schade, dass ich meinen Nick habe deaktivieren lassen. So findet man im Archiv nur noch die Artikel von mir, von denen ich genug Begriffe im Titel oder aus dem Bericht weiß.
Und du hast wirklich immer noch Probleme damit? Dann dürfte sich das inzwischen aber wirklich mal langsam verziehen sonst kannst du Arme doch einen entscheidenden Vorteil des weiblichen Alterns gar nicht angemessen genießen 😌
Oh Gott nein, die o.g. Beschwerden habe ich nicht mehr, ich komme ja nächstes Jahr in die W70. Gliederschmerzen hab ich schon noch, aber die Heulerei und Hitzewallungen sind vorbei. Für die Heutattacken habe ich damals einige Zeit Hormone genommen, das war auch wirklich ätzend und hat mich sehr beeinträchtigt. Ich bin damals ab und zu früher aus dem Bus ausgestiegen und bin zu Fuß nach Hause, weil ich im Bus nicht weinen wollte und manchmal musste ich beim Autofahren rechts ran, weil ich vor lauten Tränen nichts mehr gesehen habe.
Inzwischen kriege ich kleine Altersflecken, Blutdruck ist gestiegen und manchmal gehe ich abends ins Bett und wache morgens mit Blutergüssen am Arm auf, richtige blaue Flecken. Alles altersgerecht, sagen die Ärzte, die Haut wird dünner und empfindlicher, auch Juckreiz ist normal.
Bin gespannt, was dann mit 80 kommt. :-(
Tscha - das mit den Gliederschmerzen scheint mir in der Tat dazuzugehören zum alt werden … genau wie die anderen „altersgerechten“ Begleiterscheinungen.
Wenn ich jetzt so zurückdenke … kenne ich das mit dem näher am Wasser gebaut sein ebenfalls und es kam - auch das eher mild und am Rande; ich scheine da Glück gehabt zu haben - zu dieser Zeit auch ab und zu vor. Das habe ich glaube ich gar nicht auf die Wechseljahre geschoben sondern immer einfach den Vorkommnissen zugeschoben und passieren lassen. Aber stimmt schon: das war vorher nicht so und danach auch wieder weg.
Dass du immer noch bei Laufveranstaltung mithalten kannst, beeindruckt mich. Vermutlich besser als jede Hormontherapie ;-) Bleib bloß dran - eine W80 gibt‘s bei Frauen sooo selten. Mach‘ du die Ausnahme, die ich gerne gewesen wäre aber ganz sicher nicht sein kann. Aus dem Spiel bin ich raus. Schade drum - aber es ist, wie es ist.
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