30 April 2025

Massencamping an der Costa Brava, Vogelparadies? und ein Fußmarsch für einen Helm

 Reisetagebuch Frühling 2025 Teil II

Es passierte mir, was mir so oft passiert und das nicht nur beim Losfahren zu Hause: loszulassen von diesem perfekten Stellplatz an der Dròme in Südfrankreich fiel mir ein bisschen schwer. Wozu weiterfahren, wenn doch hier alles passt? Ich könnte einfach bleiben, lesen, Urlaub machen und mir diese lästigen Fahrtage ersparen. Die Fahrtkosten gleich mit. Die Maut auf den Autobahnen Frankreichs ist völlig abgefahren. Dafür das Fahren sehr entspannt. Trotz nerviger TankTücke unterwegs,  aber das würde hier zu weit führen.

Weil ich aus Erfahrung weiß, dass es sich eigentlich immer lohnt den Absprung zu wagen, riss ich mich los und startete am Montag Vormittag in Richtung Costa Brava. Dass auf der gesamten Iberischen Halbinsel ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, als ich die Grenze überrollte, der Strom landesweit ausfiel, davon merkte ich nichts (könnte aber die TankTücke evtl. erklären, da auch Südfrankreich anfangs mitbetroffen war). 

Der ausgesuchte Campingplatz „La Laguna“ direkt an Mittelmeer und Zufluss der „Mura“ ins Meer gelegen und mit überdurchschnittlich guten Rezensionen entpuppte sich als ein fast ausschließlich von Deutschen und Niederländern bevölkerter Riesenplatz. Hier und da noch Luxemburger, Belgier und Briten. Ensprechend sprach der wirklich äußerst sympathische spanische Rezeptionist Deutsch (mit niederländischem Einschlag - vermutlich spricht er alles) perfekt. Das war‘s dann wohl erstmal mit meiner Idee, meine Spanisch-Sprachpraxis zu trainieren. Außer dem Reinigungspersonal spricht das hier niemand. Und auch diese Angestellten ihrem Erscheinungsbild nach wohl eher nicht als Muttersprache.

Ich hatte mir vorgenommen, vier Nächte zu bleiben, reduzierte dann aber erstmal auf drei. Zwar bekam ich direkt von dem Stromausfall erzählt, blieb aber selber davon komplett verschont denn der Campingplatz hat einen eigenen Generator und konnte alles locker aussitzen. Lediglich die Mobilverbindung funktionierte nicht; mit gekaufter WLAN-Karte aber auch das umgehbar.

Den Platz durfte ich mir unter den sehr großzügig bemessenen Standardplätzen, von denen auch viele noch nicht belegt sind (Sonderplätze direkt am Strand sind nur für längere Buchungen möglich), frei aussuchen. Fand Gefallen an einem mit Schatten unter Pinien, relativ nah zu einem der fast schon luxoriösen Sanitärhäusern und ohne direkte Nachbarn. Ca. 200m zu Fuß bis zum Strand.



Nach Auspacken und Aufbau ging‘s - natürlich - erstmal ans Meer und ins Wasser. Ein weitläufiger Sandstrand, lange flach ins Meer verlaufend, Kitesurfer, viele Hundspaziergänger aber außer mir niemanden, der ein Bad im ca. 18°C warmen Meer nahm. Erstaunlich! 

Das Bad mit anschließender Dusche erfrischte sehr. Aber ich war auch müde und geschafft. Entgegen meiner Hoffnung auf schnelles Verschwinden der linksseitigen Hüft- und Oberschenkelprobleme zwickten beide Stellen weiterhin ordentlich. Einige Dehnübungen noch, Abendessen und mit Lesestoff ab ins Bett. Wie meistens schlafe ich im Wohnmobil murmeltiergleich. 

Das als Lektüre gewählte Buch fesselte mich derart, dass es nicht schwer fiel, den nächsten Tag nach einem erneuten Bad im Meer ausschließlich lesend, ein bisschen gymnastikend und extrem hüftschonend nahezu ausschließlich im Liegestuhl zu verbringen.  

Meine Ausstrahlung nach außen ist nun eine andere; mehr nach innen auf mich selbst gerichtete. Wurde ich am ersten Tag noch mehrfach angesprochen, hat sich das komplett gedreht. Ich merke selbst, dass ich auf Geplauder mit den anderen Campern - viele mehrere Wochen bis Monate hier stehend - gerade keine Lust habe. Nett grüßen, zu denen, die einem häufiger begegnen unverbindlich lächeln und fertig. 

Nach der zweiten Nacht schon war mir klar: ich bleibe doch länger! Der angepeilte und völlig andersartige Folgeplatz im Inland teilte mir mit, dass erst ab kommenden Sonntag dort wieder Stellplätze frei seien. Natürlich hätte ich mir Zwischenplätze suchen und gemütlich etappenweise hinmäandern können. Möglichkeiten gäbe es viele … doch mir wurde klar: nein, ich möchte nicht nur fahren, immer in kurzen Abständen ein- und auspacken und den größten Teil der Zeit unterwegs sein. Ich möchte auch ein bisschen ankommen  können. Und hier gibt‘s einiges, das noch reizt - nicht nur das faule Lesen, am Strand spazieren und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Das allerdings eindeutig schon auch! Komfortabel ist es hier fraglos und fällt relativ leicht, auch mal nicht nur rumhektiken zu wollen … ich verlängere um weitere drei Tage bis zum Sonntag.



Angrenzend an den Campingplatz befindet sich ein großer Natur- und Vogelschutzpark, den ich unbedingt ansehen möchte. Gestern habe ich erfahren, dass in Spanien beim Radfahren Helmpflicht besteht. Mist! Zwei Stück davon habe ich zu Hause aber keinen dabei. Verpennt! Dabei habe ich ihn im letzten Spanienurlaub schon vermisst (ab auf die Liste!). 

Seltsam! Wenn man nicht weiß, dass man etwas verbotenes tut, tut man es völlig entspannt. Das Wissen darum dreht die Gefühlslage um. So ein Vogelpark ist zu Fuß vermutlich ohnehin interessanter, denke ich mir und marschiere am späten Vormittag los. Mit dem zusätzlichen Plan, im auf der anderen Seite der Mura gelegenen Lagunenstädtchen Empuriabrava einen Fahrradhelm zu kaufen.

Was ich vorher nicht wusste: die interessantesten Wege durch das Vogelschutzgebiet sind zur Zeit aufgrund der Brutzeit abgeriegelt. Einige Aussichtsstellen erlatsche ich mir über staubige und schattenfreie Wege, die man selbstverständlich nicht verlassen darf.


Der Blick in die Pyrenäen ist schon schön



Aber Vögel sehe ich nicht allzu viele. Es pfeift und zwitschert hier und da; ab und zu fliegen einige aus Gräsern, Schilf und Feuchtwiesen auf.



Die größeren Exemplare lassen sich nur in der Ferne erahnen. Es wird auf der Seite des Naturparks dazu geraten, außerhalb der Brutzeit, in den frühen Morgenstunden und mit Fernglas zu kommen. Tja … war dann wohl nix mit Vogelbeobachtungen für mich. So belasse ich es bei einem meditativen Spaziergang. Es  bretzelt die Sonne, die Wege sind anstrengend und meine Orthopädie fängt wieder an zu maulen.

Das Rad griffbereit zu haben, das wäre jetzt prima! Aber da war doch der fehlende Helm … Also wandere ich zu einer Holz-Fußgängerbrücke über die Mura nach Empuriabrava, das eindeutig eher von der besser bis sehr gut situierten Urlauberversion bevölkert wird. Mehr Kanäle als in Venedig, dicke Autos, Motorboote  und Yachten, wohin das Auge sieht.



Mich zieht‘s aber ganz konkret zum dortigen LIDL. Jaja, ich weiß - ist ne Proll-Macke von mir aber diesmal gibt‘s den konkreten Grund -> in D hatte LIDL vor nicht allzu langer Zeit eine Sonderaktion mit Fahrradzubehör und ich hoffe darauf, dass das auch hier der Fall war und ich einen Helm aus Restbeständen abgreifen kann. 

Es handelt sich hier - wie ich es von früheren Besuchen in Spanien teilweise schon kannte - wieder um einen „Feinkost-LIDL“ mit Truhen voller Frischfisch und Meeresfrüchten und einer vielfältigen Auswahl an frischem Obst, Gemüse, Käse … doch schnell erstmal zu den Sonderaktionen … ich nähere mich … von weitem schon leuchten mir Warnwesten, Luftpumpen, Sättel entgegen … kein Helm? … ich suche die Korbreihe ab und … erblicke genau EINEN letzten einsamen schwarzen Helm. Aufgerissene Packung. Misstrauisch untersuche ich ihn auf Fehler, Macken, Problemstellen … aber nein, da ist nix! Ein Erwachsenenhelm, passt mir, völlig intakt. Manchmal hat frau auch Glück! 

Ich packe noch ein Literchen Milch, meine geliebten Fleischtomaten in Blau und Gelb, Paprika, Schokoladen … ein … erst danach fällt mir ein, dass ich das Zeug jetzt in einem ohnehin schon ziemlich vollen kleinen Rucksack zu Fuß vier Kilometer zum Campingplatz schleppen muss. 

Gegenüber vom Discounter befindet sich ein „Yachthaus“ - wie bei uns die Autohäuser, stehen hier eine ordentliche Auswahl an Yachten hinter Glas zu bewundern. Man könnte also locker durch die Verkaufstür schlendern und sich mal eben ne Yacht kaufen. 




Ein Stückchen weiter gibt‘s auch ein Fahrrad-Fachgeschäft (wusste ich vorher schon - so ganz auf LIDL wolle ich mich dann doch nicht verlassen) aber das hat - wie die meisten spanischen Geschäfte - über die Mittagszeit geschlossen und öffnet erst um 16:00 Uhr wieder. Froh, nicht noch zwei Stunden hier irgendwie rumbringen zu müssen, mache ich mich langsamst auf den Rückweg. 

Bad im Meer, Dusche, Abendessen, Tee trinken, Blog schreiben … und gleicht geht‘s wieder ins Bett. Ganz schön anstrengend, so ein Urlaub 😁

🏖️


27 April 2025

Von Wasser über Wasser zu Wasser. Reisetagebuch Frühjahr 2025 erster Teil.

Manchmal vor Reisen und längeren Unternehmungen - ach was, nicht manchmal .. eigentlich immer - fällt es mir vor und bei der Abfahrt etwas schwer, loszulassen. 

Obwohl ich mich lange mit ansteigender positiver Energie darauf vorbereitet habe, sicher weiß, dass mir unterwegs vieles Freude machen wird, auch das Alleinsein aber besonders das vollkommen selbstbestimmte Streunen, fühlt sich kurz vor Abfahrt alles schwer und duster an. Dunkle Phantasien von so ziemlich allem, was passieren könnte (und z. T. unwahrscheinlicher ist als der Einschlag eines Blitzes neben mir) drücken auf Kehle, Kopf und Stimmung.  Gleichzeitig verfalle ich in die Hektik des „alles noch schnell erledigen, vorbereiten, bevorraten,  absichern Wollens“. Die Katzen werden verhungern und leiden vor Sehnsucht (der Mann eher nicht ;), die Pflanzen verdorren, der Sauerteig sterben  … ich fühle mich unabkömmlich (was ein Blödsinn! Und ich weiß das auch).

Kaum sitze ich am Mittwoch den 23. April mittags im Mobil und fahre los, löst sich alles wie nie dagewesen auf. Der Sinn richtet sich nach vorne. Erste Station wird Bad Zurzach in der Schweiz sein, wo das lithiumhaltige Mineralwasser die gute Stimmung für unterwegs noch etwas festigen soll.

Die RoamingTücken des nicht-EU-Landes (eine eSim nur für zwei Tage des Durchfahrens auch noch zu besorgen, erscheint mir zu umständlich. Für die Navigation habe ich offline-Karten geladen und außerdem einen guten alten Straßenatlas gekauft. Was früher funktionierte, sollte es auch heute noch tun.) sorgen dafür, dass ich - die Abendkarte für die Therme gibt‘s nur online und WLAN natürlich keins dort *narg* - noch zweimal hin und herpendele. Deutschland ist nur einen guten Kilometer entfernt und dort übernachte ich dann auch nach einem äußerst entspannenden und wohltuenden Thermenbesuch.

Die Fahrt durch herrliche Schweizer Landschaften bis zum ersten angesteuerten ZwischenÜbernachtungsZiel auf Französischer Seite am Genfer See, das ich schon kurz vor Mittag erreiche, verläuft problemlos und voller innerer Gelassenheit. Scheint zu wirken, das Lithiumwasser 😜

Nach einem kleinen Nickerchen breche ich zu einem Strandspaziergang auf. Bekomme unterwegs, als ich mich an einer Bank gründlich dehne, strecke und einige Mobilisierungsübungen absolviere, meine erste kleine „Sprachunterrichtsstunde“ auf Französisch. Eine Frau etwa meines Alters fragt, ob sie sich auf die Bank setzen darf. Ich verstehe die Frage zwar aber als Antwort fällt mir zunächst nur ein schlichtes „Oui“ ein, das mir in diesem Moment selber zu nackt und hart klingt. Glücklicherweise fällt mir auch noch das etwas höflichere „ bien sûr“  ein und ich setze es nach. 

Die Frau realisiert, dass sie es mit einer Deutschen zu tun hat (Einschub: spontan wurde ich bisher  noch nie für eine Deutsche gehalten. Früher nicht und heute noch weniger. Die erste Vermutung ist immer: Französin bzw. „Einheimische“. Ich werde sogar recht häufig nach dem Weg oder anderen Dingen gefragt.  Bis ich den Mund aufmache 😁). Sie stellt einige höfliche Fragen und ich radebreche  zusammen, dass mein SchulFranzösisch von vor ungefähr fünfzig Jahren absolut vergessen ist, ich aber ein paar Wörter verstehe. Und schon ist ihr Ehrgeiz geweckt. Sie ergänzt meine Lückentexte mit den korrekten Begriffen, erklärt, hilft, versteht … eine Lehrerin? Oder einfach nur freundlich.  

Überhaupt sind bisher alle zu mir total freundlich und hilfsbereit. Von den Kindern über die mir überdurchschnittlich locker und gut gelaunt wirkenden jungen Erwachsenen bis zu den Alten. Grüßen, lassen mich an der Kasse vor, geben gute Tipps, gehen zur Pantomine über wenn erkennbar wird, dass ich nix kapiere, leiten mich zum absolut besten noch freien Stellplatz auf dem Campingplatz (was bei den beiden vor mir an der Rezeption nicht der Fall war - zum gleichen Preis),   strahlen mich an. Auch dann noch, wenn rauskommt, dass ich Deutsche bin  …  Die grauen Haare? Meine eigene lockere Stimmung? 

Einige im Hirn vergrabene Vokabeln tauchen wieder aus der Versenkung auf, es macht Spaß und wieder einmal wird mir eine schöne französische Aussprache bescheinigt. Ob ich mit meinen Sprachlernbemühungen von Spanisch auf Französisch umschwenken sollte? Die Sprache ist doch toll, es gibt - wenn auch wenige - verschüttete Reste im Jugendgedächtnis, die - wenn sie denn reaktiviert werden könnten - sicher haltbarer sind als das erst im Alter gelernte Spanisch, das sich schwer damit tut, in den Hirnwindungen Halt zu finden.  Frankreich hat irre schöne Ecken und ist auch nicht so weit weg … Wir werden sehen. Aber für dieses Mal ist wieder Spanien angesagt.



Für den ersten Tag belasse ich es bei einem Spaziergang am See mit nur Wasserberührung bis zu den Oberschenkeln. Vorgenommen habe ich mir - ohne sklavischen Zwang dazu - jeden Tag in Wasser einzutauchen. Wenn nicht ganzkörperlich, dann doch mindestens mit den Beinen und Armen. Am ersten Tag die Therme, am zweiten etwas Kneippen im Genfer See, wo nachts sowohl im als auch außerhalb des Mobils die Temperaturen in den einstelligen Bereich abrutschen.  Und ich hatte mir doch für den Morgen ein Bad im See vorgenommen. Gleich an Tag drei kneifen? 

Ohne langes Nachdenken ziehe ich mir einen Badeanzug drunter, schnappe Klamotten, Handtuch und marschiere an den noch menschenleeren nahen Strand. Absolviere einige Dehn- und Atemübungen. Die Sonne ☀️ erscheint und erwärmt sofort Luft und Gemüt. Also nix wie rein ins gar nicht mal so kalte Wasser. Ein Thermometer habe ich nicht dabei aber meine inzwischen halbwegs zuverlässigen Schätzungen liegen bei ca. 14°C. Für eine, die auch bei einstelligen Temperaturen ins Wasser geht, schon fast angenehm warm.

Meine nächste Station ist ein recht großer Campingplatz an der Dròme bzw. an der Mündung des Flüsschens „La Gervanne“ in die Dròme , nahe dem kleinen Städtchen Crest. Ich bekomme einen der drei wirklich schönsten Plätze mit eigenem Holztisch-Bank-Arrangement und Blick auf den Fluss, zu dem ich nur wenige Meter zu gehen habe. So kann ich täglich unkompliziert darin baden. Sie führt nach langen heftigen Regenfällen in dieser Gegend noch viel schnell fließendes türkisgrünes Wasser (bis vor kurzem herrschte Hochwasser; einige Stellplätze sind noch aufgeweicht - meiner mit Kiesuntergrund zum Glück nicht mehr), dessen Temperatur ich auf ebenfalls ca. 14°-15°C schätze. Wärmer als gedacht. Südfrankreich eben 🤗



Schon am ersten Tag (Freitag)  starte ich zu einer kleinen Wanderung, die mir von der Campingplatzmitarbeiterin neben zwei weiteren - die ich an den Folgetagen absolviere -empfohlen wird. Sie sind auf dem Plan des Campingplatzes grob beschrieben; Ausschilderungen gibt es keine. Nirgendwo! Trotz herrlichster Wandermöglichkeiten null komma null Wanderausschilderungen. Ich lobe mir die App „Topo Maps“ incl. gekauftem Kartenmaterial. Nie war sie so hilfreich wie hier! Die fehlenden Ausschilderungen haben auch deutliche Vorteile: fast niemand ist hier wandernd unterwegs. 




Es ist ein herrlich sonnig-warmer Tag. Hier duftet, blüht, sirrt und tiriliert es, was das Zeug hält. Meterhohe in voller Blüte stehende Rosmarinsträucher, beherrschend überall der ebenfalls blühende und insektenumschwirrte Thymian. Aber auch Melisse, Salbei, Pimpinelle und viele weitere Kräuter und lassen sich am Wegesrand nicht nur bewundern sondern auch direkt vernaschen oder für den abendlichen Tee mitnehmen. Vor Husten und anderen Erkältungsproblemen sollte ich angesichts der hohen konsumierten Kräuterdosis für diesen Urlaub hoffentlich gefeit sein.

Am ersten Tag begegnet mir genau EIN Trailbiker, der genauso erstaunt über mein Erscheinen in der Wildnis ist wie ich über seins. Wir grüßen uns freundlich.

Überhaupt ist in Frankreich der Radsport eindeutig populärer und unterstützter als das Wandern. An mehreren Orten begegnen mir solche „Servicestationen“ mit Reparaturwerkzeug und Luftpumpe für den Pannenfall. Auch das Radwegenetz scheint ansehnlich und in gutem Zustand zu sein. Und auch ich habe mein Birdy-Rad ja dabei. Eine gute Gelegenheit, es am zweiten Tag  auszupacken und damit nach Crest zu radeln. Wo an Samstagen in der Altstadt ein wirklich schöner Markt stattfindet




Knappe acht Kilometer sind es auf dem Radweg entlang der Dròme bis Crest. Frohgemut strampele ich los. Obwohl ich in München so viele Vorräte eingepackt habe, dass ich vermutlich eine Hungersnot damit überstehen könnte. Möchte nicht so viel aber gesund essen. Auch vom kaukasischen Kefir reist wieder ein Portiönchen mit und möchte alle drei bis vier Tage neues Futter -> Milch. Davon gedenke ich, ein Literchen frische zu besorgen. Wenn ich Strom habe - und auf dem Platz habe ich - ist auch der Kühlschrank im Mobil angeschaltet. Beim Fahren oder für Zwischenplätze wandern die zuvor gefrorenen Kühlakkus in die Kühlbox im Heck, darin Kefir, Milch, Käse und ggf. andere zu kühlende Lebensmittel.



Mehr brauche ich nicht … also: eigentlich … Aber seit ich hier bin, umweht mich Grillduft der anderen Campingplatzgäste (Franzosen - etwas entfernter dominieren die Holländer, Deutsche sind nur wenige da. Der Platz ist jetzt in der Vorsaison zu  max. 1/3 gefüllt). Auch auf dem Markt gibt es Stände mit leckersten Köstlichkeiten. Die längsten Schlangen stehen bei Fleisch- und Käseverkäufern.

Eigentlich brauche ich nix … paar Mitbringsel vielleicht .. Honig, Maronicreme … und die Erdbeeren 🍓, die sind frisch und von hier … im Freiland blühen sie, unter Folie gibt‘s auch reife. Okay - frisches Obst kann ja nix schaden. Ein Schälchen geht schon .… und überhaupt:

wie kommt es eigentlich, dass sowohl in Frankreich als auch in Spanien so viel Fleisch gegessen wird. Ich bemühe Google mit der Frage, wo die beiden Nationen im Ranking liegen. Jedenfalls über Deutschland👆

Gibt‘s ja gar nicht … beide haben auch gleichzeitig eine höhere Lebenserwartung … *grübel* … vielleicht mal die anderen verdächtigen Faktoren überprüfen: auch der Alkoholkonsum - behauptet Google bzw. die von mir gefundene Statistik - liegt über dem der Deutschen … Sehr seltsam! Wo uns doch immer verschärfter presseseitig gebetsmühlenartig vorgebetet wird, dass jeder Alkoholtropfen und jedes Stückchen Wurscht nahezu umgehend in die verfrühte Grube führt. Kann das stimmen? Wurstgerichte, Wurststände, Wurst- und Weinspezialitäten allüberall in Frankreich wie in Spanien. Es mag ja nicht der Grund für die Langlebigkeit sein … zu verhindern scheint es sie aber demnach auch eher nicht.

Umgehend spinnt mein Hirn eine neue (oder gibt‘s die schon?) Verschwörungstheorie zusammen: 

will womöglich eine Rentenmafia uns viel zu personenstarke Babyboomergeneration mit der Mär des angeblich gesunden Essens unter Umdrehung der Wahrheit ins vorzeitige rentenkassenschonende Grab buggsieren? 🕵🏻‍♀️  (muss ich mal undercover in meiner Firma nachrecherchieren - das müsste dort doch jemand wissen .. 🤔). 

Soll ich daran glauben? Wie auch immer … auf jeden Fall kaufe ich gleich noch neben den Tomaten und Erdbeeren, dem Käse und Honig französisches Baguette - helles Mehl versteht sich - und auch etwas  Salami. Es ergibt sich ein heiteres Gespräch mit zwei Radlern aus dem Ruhrpott, nur wenige Jahre älter als ich. Wir fachsimpeln über Honig, Räder, Campingplätze und blödeln blöde rum. Ich radle  dann noch zum Supermarkt für die Milch, wo ich -  sicher ist sicher 😜 - auch ein Fläschchen Wein erstehe.

Und wenn‘s doch das Olivenöl ist? Null Problem. Hab‘ ich gutes dabei und auf dem Markt in Crest eine Unmenge dieser lecker eingelegten Oliven in gleich mehreren Geschmacksrichtungen gekauft. Inzwischen gerüstet für mindestens gleich zwei Hungernöte.
Rentenmafia⁉️ diesen hier ➡️ 🖕aber sowas von!  Der Abend samt Aussicht auf ein langes Leben  kann kommen und ist erstmal gesichert 🍷🥩🥖




Der nächste Tag - ein Sonntag (heute also) - startet wieder sonnig. In der Nacht hat es etwas geregnet aber ansonsten blieben die  von der WetterApp hartnäckig immer wieder prognostizierten Regenschauer komplett aus. Hier und da Durchzug von Wolken  ☁️ und die taten eher gut. Zuviel Sonnendröhnung gleich zu Beginn, wo ich mich doch den ganzen Tag im Freien aufhalte, könnte auch nachteilig sein. So ist es perfekt!  Heute blieb es bei einer nur realtiv kleinen ca. zweistündigen Wanderung und einem Bad in der Dròme. Zum Kühlen der dummweise etwas muckenden Muskeln, Schleimbeutel in der Hüfte oder was auch immer es sein mag, das das Gehen erschwert und die Kraft im linken Bein mindert. Bisschen schmerzen tut‘s jetzt nach der Wanderung auch. Die Radtour auf lange nicht genutztem und nach den Einkäufen ordentlich beladenen Birdy? 




An fehlenden Dehnübungen kann es nicht liegen. Kein Tag ohne mindestens eine Stunde mit Ausgleichsdehnungen, Faszientraining und Atemübungen. Die auch merkbar gut taten. Der lange muckende Fuß mit dicker Ferse und Achillesreizung ist komplett befriedet und wandert brav alles mit. Und so bin ich guter Dinge, dass auch die Hüfte sich wieder beruhigt. Morgen ist ohnehin Fahrtag angesagt. Dann geht‘s weiter - nach Spanien 🇪🇸 (oder konkreter geschrieben: nach Katalonien 😉) An‘s Meer!




🌊 🏖️ 👙






06 April 2025

Drei 62‘erinnen drei Tage in Erfurt

 



Die Ausstellung unter dem Paradiesgarten-Motto haben wir drei nicht besucht; es paradiesisch  in vielerlei Hinsicht vom Wetter bis zur Unterkunft aber trotzdem erwischt bei unserem Aufenthalt mit drei Übernachtungen in der Landeshauptstadt Thüringens.



Hey, was für eine perfekte Unterkunft das war!



Wenig wurde von Erfurt im zweiten Weltkrieg zerstört und auch die Zeit der DDR hat das meiste an alter Bausubstanz überdauert. Jetzt wieder frisch hergerichtet besticht die Weltkulturerbestadt durch eine durch und durch sehens- und erlebenswerte Altstadt. 



Stadtführungen lohnen sich meistens und umso mehr, wenn die Stadtführerin nicht nur in allen Themengebieten bewandert sondern auch über die eigentlich zu vermittelnde Ebene hinaus selber so begeistert von einigen Aspekten ist, dass Zusatzschlenker eingebaut, Fragen und von den TeilnehmerInnen eingeworfene Aspekte aufgefangen und vertieft werden, so dass die Führung erstens länger als geplant dauert und zweitens der am zweiten Tag eingeplante Ausflug nach Weimar von uns abgeblasen wurde, um stattdessen einige der am Vortag flüchtig erfahrenen Dinge noch genauer zu erkunden.



Dass diese Prachtfenster  die original erhaltenen sind, vor denen auch Martin Luther jahrelang in der viel zu kalten Kirche des Augustinerklosters gefroren hat, macht ordentlich Eindruck.



Und auch das Chorgestühl in der Predigerkirche, auf dem der christliche Philosoph, Gelehrte und Mystiker des Mittelalters Meister Eckhart gesessen hat, ist noch original erhalten. Möge der Sitz die Weisheiten gespeichert haben und den heute darauf Sitzenden Besuchern die Offenheit verleihen, seiner Stufe nahezukommen.  Im 14. Jahrhundert brachten dem Ordensbruder diese Art von Lehren und Weisheiten fast vor die Inquisitionsgerichte. Ihm drohte dafür die Todesstrafe aber er starb eines friedlicheren Todes noch bevor das Urteil in einer Bulle des Papstes Johannes XXII verkündet wurde.



Natürlich möchte ich der geneigten Blogleserschaft keine noch tiefergehenden Einzelheiten der Stadt- und Kirchenführung zumuten. Schließlich hatten wir wunderbares Wetter, ein Regenschirm erheiterte uns lediglich als Ampelmännchen-Utensil. Die Eiskultur Erfurts ist herausragend, die ruhigen und an Vogelsang und Blütenmeeren reichen ruhigen und naturnahen Stellen einladend, die Krämerbrücke über die Gera sehenswert. Einladende Restaurants jeder Couleur mit qualitativ hochwertigen Genüssen.




Sieht gar nicht aus wie eine Brücke, oder?



Am Tag der Abreise per ICE dann auch noch unerwartet eine Portion politische Bildung. Denn keiner von uns Dreien war bekannt, wer oder was  Willy Brandt am Fenster haben oder tun sollte.




Auf 1970 bezieht sich dieser am Bahnhofplatz zu lesende Satz und ein Geschehen, das sowas wie eine frühe Vorwegnahme der Ereignisse von 1989 war. Mir bis dahin unbekannt gewesen. 




Erfurt kann ich als Reiseziel  nur wärmstens empfehlen!


🧳