Das Motto der Bremer Stadtmusikanten gefiel mir schon immer. Und das, obwohl ich alles andere als von seiner Richtigkeit überzeugt bin. Fast schon im Gegenteil. Es gibt durchaus schrecklichere Vorstellungen als den Tod.
Habe mir vor Jahren eine Porzellanfigur vom Quartett aus Bremen zugelegt und das, obwohl ich Nippes und Miniaturfiguren üblicherweise überhaupt nicht mag.
Meine Interpretation:
Egal, wie schlecht die Ausgangssituation ist: versuche, ob nicht doch irgendwas zum Besseren hin geht. Mut, Loslassen, Risiko, Chance ... so ungefähr.
Kann funktionieren, kann aber auch gewaltig nach hinten losgehen. Oder auch mal beides gleichzeitig.
"Kein eindeutiges Ergebnis aber besser als der Tod jedenfalls", so könnte der Ausgang meiner Unternehmung "Länderpunkt Bremen" lauten. Während Hauptsponsor und Namensgeber für den Bremen-Marathon die dortigen Stadtwerke sind, wird der Zehner unter der Schirmherrschaft der Deutschen Bank gelaufen. Ob mir das zu denken hätte geben sollen? Andererseits schien es zum seit Monaten eigenen desolaten aber auch schwankenden Gesundheitszustand zu passen.
Nicht nur das Knie, es zipperte hier und da. Seit Wochen allerdings schmerzfrei - Kunststück! nach wochenlanger Laufpause und Belastungsfreiheit, die erst in den vergangenen zwei Wochen zugunsten zweier Winzigläufchen (eins pro Woche) milde zurückgefahren wurde. In diesem Halbjahr, also innerhalb dreier Monate, gerade mal 72 Kilometer langsamst gejoggt; das letzte Mal 10 Kilometer am Stück kaum noch erinnerbar. Aber seit ebenfalls drei Monaten Fahrkarten gebucht (eine Stornierung würde nicht viel weniger kosten als die Karten selber es taten), Hotel gebucht ohne Rücktrittsversicherung. Und auch keine Lust auf Rücktritt.
Im vergangenen Jahr in Bremerhaven gewesen und den Länderpunkt sausen lassen müssen weil der Lauf verschoben worden war. Ein zweites Mal ohne Teilnahme aus Bremen verschwinden und noch ein drittes Mal wiederkommen müssen? (das Spiel zu komplettieren, ist für mich ein "Muss". Ist eben so).
Bremen gefällt mir tatsächlich sehr gut. Die Innenstadt freundlich und sehr geräumig und ansehenswert, die Menschen größtenteils locker drauf, mit dem Hotel einen guten Griff getan, das Wetter für die Jahreszeit ganz wunderbar.
Es zog mich wie so oft auch in die Peripherie, zu Außenseiterdingen und nicht zur zum Sehenswürdigkeiten-Standard.
Ganz besonders aber in die weitläufigen Parks und Grünbereiche,
sehr großzügig dimensioniert und mit viel Flair.
Einkehrmöglichkeiten in ansprechendem Stil und Ambiente
Seen, Boote, Kanäle ... auch der Norden wird fühlbar. Nicht zuletzt durch gelegentlich warmen, sanft wehenden Wind, den es nur in nördlichen Gefilden auf diese Art gibt. Wehend wie ein angenehmes dünnes Tuch, das milde einschließt aber nicht einengt.
Die Eingänge der Häuser haben es mir ganz besonders angetan. Aber auch Balkone, Vorbauten und Giebelornamente sind in vielen Stadtvierteln wunderbare Blickfänge.
In Randlagen wird viel gebaut, bis zu den als problematisch verschrieenen Trabantenstädten war es mir zu weit und zeitaufwändig, doch einige Vororte bin ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln abgefahren. Die Menschenmischung ist SEHR bunt. Von den in der Presse oft gelesenen massiven sozialen Problemen, dem Bildungsnotstand, hoher Kriminalität, von der im Zusammenhang mit Bremen in den Medien häufig die Rede ist, davon habe ich auch in Tram, Vororten und mit möglichst offenem Blick nichts erspüren können. Bremen hat sich mir von einer aufgeschlossenen und freundlichen Seite gezeigt.
Doch was kann ich zum "Hauptdarsteller" schreiben, dem Lauf? Zum Vorher auch nur Gutes! Nach für mich langer "Wettkampfabstinenz" hatte ich mich auch angesichts der desolaten Knielage ohne jegliche Ambition nur auf den Länderpunkt ausgerichtet. Bei der Anmeldung sollte eine Zielzeit angegeben werden, was ich mit "1:05" auch tat.
Dass ein egal wie zurückgenommener Wettkampf hochgradig unvernünftig ist, das war mir durchgängig bewusst und ich nahm in Kauf, anschließend wieder massivere Probleme ausbaden zu müssen. Dass ich auch schon vorher an anderer Bauststelle laborieren und eine Stunde in einer Bremer Arztpraxis zubringen musste, möchte ich hier inhaltlich nicht vertiefen - es hatte mit dem Lauf nur insofern zu tun, als es ihn noch ein bisschen unvernünftiger werden ließ und noch am Tag vorher nicht sicher war, ob ich würde starten können. Was ich dann - s. Photo oben - aber doch tat. Vernunft hin oder her und den Tod würde es schon nicht bringen.
Die Stimmung auf dem Bremer Marktplatz am Morgen war uneingeschränkt klasse! Es wurde sich bei Klängen einer live-Band zu "Satisfaction" , "Come together", viel Beatles und ein bisschen Twist warmgerockt und warm getwistet, Strahlesonne, super Organisation, tolle Streckenführung(en) ... wer auf diese Dinge bei Läufen Wert legt, sollte Bremen auf die Agenda setzen.
Positiv für mich auch, dass ich mich vorher nicht schlau gemacht hatte über die zu laufende Strecke und die Freude ungetrübt und echt war, mich entlang der Weser geleitet zu sehen, durch die Innenstadt, durch's Weserstadion auf grüner Bahn und mit Riesenbildschirm, passender Moderation und Versorgung. Das ließ Ablenkung zu von dem Knieproblemen, die sich trotz eher gemächlichen und zurückgenommenen Tempos schon ca. bei Kilometer Drei einstellten und nach dem Weserstadion (bei Kilometer Sechs) endgültig in Schmerzen übergingen.
Dass ich es durchziehen würde, das war mir klar. Hinterher leiden zu müssen aber auch. Und so ist es jetzt auch: sicher ist, dass die Bänder des linken Knies betroffen bzw. entzündet sind. Zeigt sich sehr deutlich daran, dass es in alle möglichen Gegenden von Hüfte über Adduktoren und auch ins Fußgelenk zieht. Meniskus ebenfalls - wenn ich mir Diagnose-Einordnungsseiten zu Kniebeschwerden durchlese und mit meinen Symptomen abgleiche, komme ich zu dem Schluss: ich habe ALLES ;o) Und tierischen Muskelkater im Moment noch dazu.
Wir werden sehen, wie lange die Laufpause dieses Mal währen muss. Ewig auf keinen Fall denn mindestens zwei Läufe - wie klein und langsam und wann auch immer - müssen noch gelaufen werden. In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.
Statistik:
Zeit: 1:07:00
Frauen Gesamt: Platz 665 von 943
W 50: Platz 81 von 120
Kleines Ratespiel am Schluss:
Da mein Zug nach München am Sonntag erst um 19:14 Uhr von Bremen aus fuhr, musste ich viele Stunden bis dahin "totschlagen". Zunächst etwas beim Marathon-Zieleinlauf geklatscht, gepfiffen und angespornt, dann ein wenig gegessen, nahmen die Schmerzen im Knie von Minute zu Minute unerträglichere Ausmaße an, bis Laufen und auch Stehen nahezu unmöglich wurde.
Mehrere Stunden essend und trinkend in Gaststätten zu verbringen hatte auch wenig Reiz und weil am Nachmittag die Sonne ab- und die Schauerneigung zunahm, entschloss ich mich zu einem Kinobesuch.
In Anbetracht von Kinoentfernung und Uhrzeit blieben mir vier Filme zur Auswahl - für welchen habe ich mich entschieden - was meinen die Leser, die mich kennen oder ein bisschen zu kennen glauben?:
1: Findet Dorie
2. Bad Moms
3. Mit dem Herz durch die Wand
4. The Infiltrator
11 Kommentare:
Eiwei, so schön deine Bremen-Bilder sind (ein nettes "Städtchen"), so schauerlich ist sein Laufbericht und sind die Hinweise auf den Zustand deines Knies danach. Da ich deinen "typischen" Umgang mit Beschwerden und deine Haltung zu ÄrztInnen inzwischen zu kennen glaube, enthalte ich mich jeglicher Kommentare zum Thema "In Schmerzen hineinlaufen" und aller Anregungen zum weiteren Vorgehen.
Nur einen Tipp zum Länderpunkt "Meck-Pomm" möchte ich loswerden: http://www.schneckenlauf.de/ - wenn nicht im Nov. 2016, dann vielleicht im kommenden Jahr.
Viele Grüße und gute Besserung,
Anne
P.S.: Kinotechnisch glaube ich dich nicht zu kennen. Ich rate ins Blaue Rein: 1.?!
Guten Morgen, Anne ;)
Ja, schauerlich, das ist das Wort, das auch meinen aktuellen Laufzustand beschreiben könnte. In den Schmerz reingelaufen bin ich übrigens nicht - es war keiner vorhanden beim Start. Das aber nur deshalb, weil ich Laufen komplett vermieden habe in der Zeit davor. Stimmt also im Prinzip schon.
Der Schneckenlauf liest sich ansprechend und es gibt auch einen Fünfer :o) 2017 und 2018 usw. sind ja auch noch Jahre. Danke für den Tipp. Im Moment bleiben die Pläne für die beiden fehlenden Bundesländer allerdings noch unkonkret. Es gibt so viele konkretere Dinge - auch abgesehen vom maladen Orthopädiezustand - dass dieses Jahr komplett aussen vor ist mit weiteren Lauffplanungen.
Liebe Lizzy,
Bremen ist eine schöne Stadt und ich lerne sie auch immer mehr schätzen. Schade dass ich nicht wußte, dass Du dort warst. Vielleicht hätte Dir einwenig Anfeuerung an der Strecke geholfen.
Und das Wetter kann ja auch ganz nett sein. Im knapp 40 km entfernten Oldenburg war es nicht anders ;-)
Für Deine Gesundheit wünsche ich Dir alles Gute!
Übrigens tippe ich auf "Mit dem Herz durch die Wand". Warum? Keine Ahnung. Oder doch "Findet Dorie"? ;-)
Liebe Grüße
Volker
Sonne in Oldenburg? Erzähl' mir doch nix, lieber Volker ;) Der Lauf startete schon um 9:30 Uhr. Du hättest für ein bisschen Anfeuern 40km entfernt schon arg früh aufstehen müssen ... wohingegen ich für das Anfeuern beim BZM in drei Wochen nachts länger werde durchhalten müssen (ich werde es versuchen ;). Wie lange bist bzw. bleibst du in München?
Was die Filmtipps angeht, antworte ich etwas später - auch, wenn es unwahrscheinlich ist aber vielleicht mag ja doch noch jemand mittippen.
Liebe Lizzy,
oh weh, das war ein hart erlaufener Länderpunkt bzw. einer mit einem Ritt auf der berühmten Rasierklinge errungener! Ich kann Dich ja so gut verstehen. Man möchte unbedingt, alles gebucht (wobei Bremen auch einfach so die Reise wert gewesen wäre), lange gefreut. Aber es reist und läuft die Sorge mit. Wie dem auch sei, ich freue mich umso mehr mit Dir, dass Du unter diesen Umständen mit einer guten Zeit angekommen bist, herzliche Glückwünsche! Und ansonsten lese ich zwischen den Zeilen, dass Du Dir Deines Risikos bewusst bist und damit auf Deine Art umgehst. Ich wünsche Dir auf alle Fälle, dass die Rechnung nicht zu hoch ausfällt, und der ganze Kram wieder auf die Reihe kommt!
Danke für die schönen Bremen-Impressionen. Ich mag die Stadt auch, war schon gelegentlich beruflich dort.
Und Deine Film-Auswahl...? Mh, Kopfkratz. Also Du liebst Tiere, aber ich glaube, dass Du gerade deswegen nicht #1 schauen warst. #4 denke ich auch nicht. Ich tippe auf #3. Bin auf die Auflösung gespannt!
Liebe Grüße, erhol Dich gut!
Elke
Liebe Lizzy,
gratuliere zum neu erlaufenen Länderpunkt! :)
Bremen scheint mir eine sehr ansprechende Stadt zu sein. Die Tochter einer Arbeitskollegin ist gerade hingezogen. Interessant!
Für das Ratespiel muss ich auch noch einen Tipp abgeben - ich rate doch so gerne (und so falsch) ;) - ich sage es war die Nummer Vier!
Irgendwie stimmt mich dein Bericht etwas traurig, führt er mir doch vor Augen, wie es mit dem aktiven Laufen zu Ende gehen kann. Doch vielleicht kann ein großer Knieguru ja noch einmal alles richten.
Doch die verbleibenden 2 Läufe schaffst noch!
Ihr Lieben: Elke, Doris, Jörg - Danke für Kommentare, Aufmunterungen, Tipps und gute Wünsche.
Wobei das mit der "guten Zeit" schon auch ein bisserl Veräppelung ist, gell Elke ;) Des Risikos bewusst bin ich mir tatsächlich immer, wobei dazu in meinem Fall eher "Sorglosigkeit" mitreist, was die Lauferei angeht. Das ist ja, was mir am Laufen immer so gefallen hat: dass es ein Bereich ist, zu dem die sonst fast allgegenwärtigen Sorgen keinen Zutritt haben.
Keine Sorgen also über kaputtes Knie und maroden Gesundheitszustand aber Jörg trifft es ganz gut mit der Bezeichung, es "stimmt etwas traurig" - mich auch, das tatsächlich. Die verbleibenden zwei Läufe sollten tatsächlich kein Problem sein, man eben Veranstaltungen aussuchen, bei denen die Zielzeit entsprechend lang ist, dann wird man nichtmal letzte ;o)
Und ich gestehe: früher fand ich diese Eventdinger mit Medaillen sogar für jeden Zehner-Finisher eher albern. Diesmal war es genau passend denn diese nette Stadtmusikanten-Medaille stieg bei mir sofort in den Rang derjenigen auf, die zu den Lieblingen der Sammlung gehören. Es ist also auch immer alles situationsabhängig - die eigene Meinung besonders *s*
Doris, tatsächlich liegst du mit der Nummer Vier eher falsch - wobei niemand GANZ falsch liegen kann oder konnte denn jeder der Filme wäre irgendwie in Betracht gekommen und keiner gehört zu denen, die ich unter "würde ich niemals angucken" einsortiert hätte. Insofern liegen auch alle richtig, da niemand die Zwei nannte, die für mich als erstes aus der Auswahl rausflog (nichtmal wegen des Themas sondern wegen seiner dem Trailer zufolge typisch amerikanisch-übersteigerten Umsetzung mit ebenso typisch schriller Synchronisation ins Deutsche, die ich in der Form verabscheue).
Wirklich geschwankt habe ich nur zwischen "Findet Dorie" (leichte, freundlich-lustige Unterhaltung mit vermutlich häufig witzigen Dialogen) und "Mit dem Herz durch die Wand" (französische Kommödien haben bei mir einen Vorab-Bonus weil ich schon viele gute davon erlebt habe). Es wurde letzterer und somit hat Volker am richtigsten getippt :o) Es war auch ein sehr unterhaltsamer Film. Kleine Randkritik meinerseits: aus der zweifellos guten Idee mit den interessant gestalteten bzw. erdachten Figuren hätte sich auch mehr machen lassen, da in einigen Punkten stärker grobe Klischeeskizzierung am Werk war als einfühlsam-künstlerisches Feinzeichnen.
Liebe Lizzy,
kleiner Widerspruch: Keinesfalls will ich Dich veräppeln! Daher schrieb ich ja auch zur Zeit "unter diesen Umständen". Dass das bei voller Gesundheit für Dich keine akzeptable Zeit wäre, weiß ich doch. Aber wenn Du noch in Bremen beim Doc warst, spricht das ja auch für eher ungünstige Umstände...
Hinsichtlich des Films, darf ich mich da zu Volker aufs Stockerl stellen? Habe ja auf #3 getippt. War der Film denn sehenswert? Der Teaser jedenfalls hat mir gefallen.
Liebe Grüße
Elke
Wahh - Elke! Klar bist und bleibst du auf dem Stockerl und bekommst die Medaille umehängt - warst ja als erste darauf! Entschuldige mein wirres Hirn - es ist momentan schnell überfordert, alle Energie wandert in die humpelnden und sonstwie angeschlagenen Untergeschosse ;)
Lassen wir das Thema "Zeit" für mich einfach ruhen - so halte ich das für mich selber jedenfalls. Es ist kein aktuelles Thema weil es das nicht sein kann. Selbst Vergleich mit "besseren Zeiten" führen ja nur dazu, mit der Jetztzeit zu hadern und dazu habe ich keine Lust *s*
Diese Filmkritik beschreibt Film und Darstellung eigentlich recht gut, finde ich und schließe mich ihr komplett an.
Liebe Lizzy,
hmm, ich bin ein wenig sprachlos zu dem Bericht und wähle sicherlich noch mal nen anderen Weg.
Bremen ist eine wunderschöne Stadt, finde ich. Sie ist auf meiner Tour deutlich zu kurz gekommen. Schön, dass Du sie so ausgiebig erkunden konntest.
Schön, dass Du nen neuen Länderpunkt hast. Das Resultat aber gefällt mir gar nicht - Dir sicherlich noch weniger.
Wünsch Dir jetzt erstmal gute Erholung. Pass auf Dich auf.
Anja
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