So schnell lässt sich eine aus familiären Gründen in der Gegend weilende Lizzy aber nicht von dem Plan abhalten, den "Länderpunkt Hessen" für's Länderspiel einzuheimsen. Dazu ist die Gelegenheit zu günstig, das Wetter zu gut, die Lauflust zu groß.
Also mit dem Zug die gut 30km nach Marburg gegondelt, eine Stadt, die vor so einigen Jahrzehnten die selten aufgesuchte Metropole der Gegend darstellte, damals vom Kleinststadtkind aus dörflichem Umfeld als Großstadt wahrgenommen. Marburg ist wunderschön! Eine atmosphärisch bezauberndes Städtchen, verwunschen, lauschig und verwinkelt wie aus dem Märchenbuch und gleichzeitig mit seinem studentisch geprägtem Flair jung, bewegt, modern und lebendig. Aber groß, nein groß, das ist Marburg nicht mehr.
Eis essend schlendere ich bei bestem Spätsommersonnenschein durch die Gassen und Gässchen der fachwerkgeprägten Oberstadt zum Startort des Stadtlaufs. Auch hier alles ein klein bisschen wirr aber die Orgaleute gleichen dasdurch dreifach gute Laune, Freundlichkeit und die Bereitschaft, wirklich alle meine vielen Fragen ausführlich zu beantworten, locker wieder aus.
Neben mir höre ich jemanden lachend sagen: "Nein, eine Strecke für Bestzeiten ist DAS wirklich nicht!" "Pöh" denke ich trotzig "versuchen werd' ich das trotzdem" und meine das ernst.
Die 10km-Strecke besteht aus einem 7-Runden-Lauf, wobei es eher eine Aneinanderreihung vieler Ecken und Kehren ist incl. einer Vollkehre um 360 Grad und alles muss sieben mal durchlaufen werden. Relativ flach ist sie, aber nicht absolut. Eine etwas langgezogene Steigung, der ein etwas kürzeres aber weniger flaches Gefälle folgt, ist in jeder Runde auch dabei. Hier wäre es von Vorteil, Hase zu heißen.
5:05 Minuten hätten es für mich werden sollen beim ersten Kilometer. Als ich allerdings 4:43 auf Meiner Uhr lese, könnte ich mich in den Allerwertesten beißen, wenn ich das denn könnte.
Ich DEPP! Immer der gleiche blöde Fehler und wie immer auf Wettkampfkilometer Eins Null Zeitgefühl aber schon bald darauf die Quittung, die bescheinigt: das ist wirklich zu schnell (noch?;)! Schalte zwar einen Gang runter, Kilometer Zwei geht aber mit immer noch zu schnellen 5 Minuten über die Bühne, was sich schon bei Kilometer Drei bitterlich rächt. Bleibeine. Achwas: Stahlbeine samt Stahlkörper bremsen derartig aus, dass ich gefühlt jetzt und hier und sofort aufhören möchte. Tue ich natürlich nicht sondern schleppe mich trotzig kämpfend weiter, so dass ich 25:31 Minuten auf der Uhr lese bei Kilometer Fünf. Inzwischen grenzwertig angeschlagen und ahnend, dass es mit der neuen Bestzeit heute noch nix werden würde.
Bei Kilometer Acht überholt mich, die bis dahin keinen geeigneten Duellpartner oder zum dran-festbeissen Geeigneten Vorläufer hatte, eine sehr junge Frau. Keuchend. Ich denke: "nee, kampflos lasse ich dich nicht vorbei" und kämpfe nochmal. Kann mich auch wieder vor sie setzen, sie klebt mir einen Kilometer lang dicht im Nacken, beide schnaufen und keuchen wir, geben alles! Auf der Zielgerade zieht sie mit einer Kraft, die ich meinerseits einfach nicht mehr besitze, an mir vorbei und legt bis zur Ziellinie sogar noch einige Meter vor. Ohne sie - und das danke ich ihr auch mit der Gratulation ausgesprochenermaßen(worüber sie sich sichtlich freut) - aber wäre ich garantiert nicht unter 52 Minuten geblieben. Durch das bissige Duell zum Schluss konnte ich mit einer Zeit von 51:59 Minuten meine bisher zweitbeste Zehnerzeit mit nach Hause nehmen und bin damit sofort und auch immer noch absolut glücklich.
Statistik:
Meine Zeit: 51:59 ~ 5:11min/km
W50: Platz 2 von 4 - Siegerin: Silke Körburg-König in 51:25
W gesamt: Platz 11 von 41 - Siegerin: Kim Mess (W35) in 42:30