30 April 2024

ein Halber geht fast (n)immer

 Als ich noch sowas ähnliches wie eine Läuferin war, kursierte unter unsereins der Spruch: „Ein Halber geht immer!“. Er sollte besagen, dass ein Halbmarathon zumindest wenn unambitioniert und ohne konkrete Bestzeitwünsche angegangen aus dem laufenden Training beliebig bestritten werden kann und obwohl ich über den größten Zeitteil meiner zwanzigjährigen Jogging- und Laufjahre mit Laufteilnahmen im dreistelligen Bereich nur relativ selten konkretes Zeittraining absolvierte, passte das für mich bis in die Vorcoronazeit recht gut. Mal eben etwas über zwanzig Kilometer abjoggen in einer relativ unauffälligen Zeit bis 2,5h ging schon meistens irgendwie relativ locker. Für die Bestzeit von 2014 war natürlich ordentlich viel Training notwendig und Zeiten unter 2 Stunden waren entsprechend selten.

Bei meinem bis Sonntag vorher  letzten Halbmarathon erjoggte ich bei Hitze und unter schwierigen Bedingungen in Ingelheim am 02. Juni 2019 eine Zeit von 02:20:45 (weil ich damals keine Blogeintrag erstellt habe, musste ich jetzt suchen …). 

Für 2020 hatte ich mich für diverse Halbmarathonläufe angemeldet, die alle den coronäen Streichungen und Schließungen zum Opfer fielen. Zwar joggte ich all die Jahre im kleinen privaten Rahmen weiter vor mich hin, doch nach einem Sturz mit  Wirbelbruch im Sommer 2020, einigen durchaus nicht ganz locker durchgestandenen Infektionen mit und ohne C im Vornamen in den Folgejahren schwanden alle Ambitionen auf weitere öffentliche Laufteilnahmen mehr und mehr dahin. Das immer wieder nach oben ausreißende Körpergewicht machte die Sache nicht besser. Joggen fand ausnahmslos gemütlichst, langsamst ohne Zeitmessung und vor allen Dingen relativ selten statt. 

Damit war ich auch gänzlich im Reinen für mich .. im Prinzip jedenfalls … wenn da nicht doch eiiin klitzekleiner Schönheitsfehler hier und da die Idee aufblitzen hätte lassen …

Wer in meiner Leserschaft erinnert sich noch ans Spiel „Lauf die Länder“? , das ich 2018 mit dem WutzseeLauf in Brandenburg für beendet erklärt hatte. Um später zu erkennen, dass ich zwar in allen Bundesländern mindestens eine Laufteilnahme vorweisen konnte. Für das Saarland aber noch keine Medaille (was aber auch nicht Bestandteil bzw. Bedingung meiner selbst erfundenen Spielregeln gewesen war. Immerhin bevorzug(t)e ich insgesamt eher die eher kleineren Läufe, bei denen die Medaillen den SiegerInnen vorbehalten bleiben). Dieses einzige medaillenlose LaufBundesland nagte hier und da trotzdem an meinem Sinn für stimmige Abschlüsse und so meldete ich mich schon im vergangenen Jahr zum Halbmarathon in St. Wendel an. So früh auch deshalb, weil ich mir einbildete, dann ordentlich trainieren zu können.

Gewollt hätt‘ ich auch schon … aber gekonnt hab‘ ich es nicht … Infekte, Schlappheit, bei längeren Laufversuchen diverse orthopädische und schwächelnde Begleiterscheinungen mit  miesesten Regenerationszeiten führten dazu, dass drei Läufe pro Woche das selten erreichte Maximum darstellten und alles über zehn Kilometer jeweils mehrere Tage Erholung erzwang.

Seit Anfang des Jahres wieder Mitglied im Sportverein mit Fitnesscenter wollte ich wissen, wo ich stehe und wagte einige Versuche auf dem Laufband. Sie zeigten mir knallhart: was früher relativ lockeres Wettkampftempo war und für Intervalle eher lahm, war jetzt absolutes Höchsttempo für wenige hundert Meter. Den Sechserschnitt (6 Minuten auf einen Kilometer und damit 10km/h) hielt ich einige verwegene Male maximal 200 Meter lang durch, wonach ich gehend, hustend und schwindelig nach Atem schnappend ums Überleben kämpfte … Meine in mehreren Lendenwirbeln versteifte arthritische Wirbelsäule legte jeweils auch Einspruch ein. Invaliditätsgefahr nach jedem Versuch.

Keine wirklich gute Basis für eine Halbmarathonteilnahme. War mir auch klar. Bin lange genug dabei gewesen … und trotzdem … fuhr ich hin. Gedanke: bei 4 Stunden von Startschuss bis Zielschluss für alle Distanzen sollte das Ding auch wandernd funktionieren. Und wandern geht ja noch ganz passabel.

Stellte mich am Start auf. Ermuntert und unterwegs mehrfach angefeuert vom besten Ehemann und dessen Mutter genoss ich die aufgeregte wimmelige Atmosphäre der Laufveranstaltung in der Altstadt vom saarländischen St. Wendel. Ist ja schon schön, dieses Getümmel und Gehibbel im Vorfeld. Bisschen wehmütig macht mich das auch wegen vieler schöner Erinnerungen und der Erkenntnis, wie wichtig dieser Lebensteil über viele Jahre für die Freude im Leben für mich war.

Kurz und knapp: ich wurde mit einer Zeit von 2:57:12 Letzte  (von 172 Teilnehmerinnen :-) 


 


Die letzte Medaille der letzten Zieleinläuferin - hart erkämpft! 


Von „locker“ konnte höchstens auf den ersten Kilometern die Rede sein. Spätestens ab Kilometer 10 schmerzte meine Ferse heftig. Abbrechen kam nicht in Frage. Die letzten ca. 5 Kilometer waren ein einziger Überlebenskampf unter Schmerzen. Positiv: ich habe ihn gewonnen ;-) 

Weiter positiv: die kurz darauf  einsetzenden heftigen Krämpfe in Rücken-, Po-, Ober- und Unterschenkelmuskulatur samt Schmerzen in der rechten Leiste, die mich nach dem Lauf mehrfach in extrem schmerzhaft verzerrte Verrenkungshaltungen und zu jämmerlichen Lauten zwangen, vergingen bald und nach einem Folgetag in den Saarland-Thermen in Kleinblittersdorf mit Mineral- und Dampfbädern, Saunagängen und köstlicher Bewirtung zeigten sich fast  alle Problemstellen weitgehend befriedet. Die linke Ferse allerdings … auch sie gebärdet sich zwar seit einigen Ganzkörperbädern im 10°C kühlen Idarbach vor dem heutigen Frühstück gnädiger als zuvor, lässt  jedoch weiterhin nur humpelnde Weiterbewegungsformen zu. Abgemildert durch einen in die Socke gestopften dämfpenden Topfschwamm. Sag‘ noch jemand, ich wäre nicht findig bzw. würde mir nicht zu helfen wissen ;-)




Der den Lauf umrahmende fünftägige Urlaub mit Mann und Mobil,  stimmungsvollen Unternehmungen an unterschiedlichen Stationen in Eifel und Hunsrück  mit familiären Begleitungen, Bewirtungen, (Hunde-)Spaziergängen, Restaurantbesuchen, schönen Städtchen als Zwischenstationen und auch das perfekt mitspielende Wetter  hat alles zu einem prima gelungenen Urlaubspaket geschnürt. 

Die Ferse? Die wird schon wieder …  *winkend und weiterhumpelnd* ….