15 Mai 2025

La Salendrinque in den Cevennen und ein Kefir auf Reisen.

Der Campingplatz in den französischen Cevennen  “La Salendrinque, den ich mir für den nächsten Halt ausgesucht habe, ist nur mühsam über lange Anfahrt über Landsträßchen, durch Städtchen und Dörfchen - in denen die Geschwindigkeit auf 30km/h für die ganze Durchfahrt gedrosselt wurde und Holperschwellen der heftigsten Art im Grunde Schrittgeschwindigkeit erzwingen, zu erreichen. Es zieht sich .. fünf Stunden Tagesfahrzeit sind für mich mühsam, anstrengend und auch im Prinzip mein Tagesmaximum. Doch es hat sich gelohnt!  

Da im Moment nur Gäste aus drei Mobilen (mich eingeschlossen), einem Zelt und zwei belegten Bungalows anwesend sind, habe ich freie Platzwahl und entscheide mich natürlich für einen Stellplatz am Fluß “La Salindrenque”. 


Erste Tat: Badeanzug anziehen und rein ins Wasser! (Bei den Fotos im Wasser muss ich mit dem Handy vorsichtig sein - es ist meist rutschiger, unebener Untergrund und ein abgesoffenes Handy wäre ziemlich blöd ;) Und *schwupp* - vergessen ist die Anstrengung der Fahrt! Weil ich nur für zwei Übernachtungen hier bleiben werde und mir die Sitzhaltung auf Stühlen und Sesseln ohnehin nicht bekommt, packe ich nur einen Hocker und den Doppeltritt aus. Letzterer zum ersten Mal dabei aber sicher nicht zum letzten. Ein Universalhilfsmittel für alles: sitzen, meditieren, als Tisch, Stuhl, Gymnastikübungsutensil, um an hohe Stellen des Mobils zu gelangen … unersetzlich fast.

Sessel - obwohl ein wirklich hochwertiger und bequemer und mit einem Griff aufgeklappt - und Tisch - ebenfalls einfach zu händeln und zu stecken - bleiben zusammengeklappt in ihren Hüllen im Mobil.

Überhaupt schleppe ich viel Zeugs  mit, das ich so gut wie nie oder gar nicht nutze. Auch und gerade bei den Klamotten. Locker 80% nutze ich nicht. Zwei lange Schlabberhosen im Wechsel und zwei kurze oberschenkellange. Zwei langärmlige und zwei kurzärmlige Shirts und je zwei Teile von Unterwäsche und Strümpfen. Sind Teile schmutzig oder müffeln, wird mit der Hand durchgewaschen. Wer will schon Berge mit Schmutzwäsche im Mobil rumliegen haben? Zumal es dann auch immer die Lieblingssachen sind, die ich wieder anziehen möchte weil praktisch und bequem.

Überhaupt bin ich - obwohl Mobil und Umfeld viele auch luxoriöse Varianten bieten würden - eher spartanisch unterwegs. Habe kein Bedürfnis nach Luxus, Ausgehen etc. Im Gegenteil wäre ich manchmal gerne noch naturorientierter unterwegs. Bin Städte schnell leid und war in all den vier Wochen nur einmal im Restaurant essen. Und das auch nur deshalb, weil ein Gewitter-Regenguss mich bei der Radtour am Mittag überraschte und es sich anbot, die Regenphase beim Mittagessen auszusitzen. War auch schön. Einmal habe ich mir ein frisches Thunfissteak gekauft und im Mobil mit Zwiebel, Paprika und Tomaten gebraten.

Mein Kaloriengrundbedarf ist nicht hoch. Die paar Wanderungen und kleinen Radtouren, Besichtigungen und Gymmnastikeinheiten schrauben ihn auch nicht wirklich in die Höhe. Es wäre mir lieb, die im letzten Jahr aufgepackten Kilos wieder loszuwerden … zähle aber nicht mit, beschränke mich auch nicht bewusst und lasse es auf mich zukommen. 

Es ist für mich bei dieser Tour schlicht der größere Genuss, mich selber in aller Ruhe meinen Selbstversorgergelüsten hinzugeben. Und wenn ich “in Ruhe” schreibe, dann meine ich das so: 



So fahre ich - wie auch schon bei meiner letzten Spanien-Mobiltour - wieder eine Portion meines kaukasischen Kefirs spazieren. Alle drei, vier Tage wird er gefüttert, so dass ich dann jeweils ca. 1/2l davon für die nächsten Tage verwenden kann. Es ist schlicht umständlich. Angewiesen darauf, die Behälter wieder zu reinigen in mehreren Schichten - zu Hause werden zwei Garnituren verwendet aber hier muss immer eine direkt wieder vor dem nächsten Ansatz gereinigt werden - ist es relativ aufwändig und .. ich liebe und genieße es! 

Zumal der Kefir das offensichtlich ebenfalls tut. Er ist so cremig und voller Kohlesäurebläschen wie nie zu Hause. In der Tat liebt Kefir es, sich unter Geschunkel zu entwickeln; das hatte ich schon früher gelesen: im Kaukasus werden Lederbehälter mit dem Getränk an die Sättel von Lasttieren (Esel, Pferde oder Trampeltiere) gebunden, damit es sich durch das Schaukeln gut entwickelt. Also wird mein Kefir zu Hause auch hier und da mal durchgeschüttelt per Hand. Kein Vergleich zum Dauergeschunkel, das auch die Mobilfahrt erzeugt. So cremig wird er zu Hause NIE! Und an der Milch kann’s nicht liegen - am Anfang hatte ich noch die von zu Hause mitgenommene verwendet.


Auch die übrige Verpflegung ist eher praktische als landestypische Sterneküche. Einiges - viel - habe ich dabei und bin entschlossen, die Sachen diesmal wirklich aufzubrauchen. Was gelingt - ich habe ziemlich wegreduziert. Ergänzt durch viel Gemüse und Obst, hier und da Brot, Käse, Milch, Joghurt. Und natürlich Marmelade! Ich habe so viele leckere BioMarmeladen (Erdbeer mit ganzen Früchten, Bitterorange …) entdeckt … und erst immer hinterher festgestellt, dass ich davon keine mehr werde besorgen können … 

Zum Frühstück wird entweder Baguette mit Käse bzw. Marmelade gegessen - immer auch Gemüse. An der Hälfte der Tage weiche ich über Nacht Haferflocken und mitgenommen Vollkornmehle (einfach alles, was zu Hause noch als Reste der selbstgemahlenen da war, in einem Pott gemixt damit es nicht so alt wird während ich weg bin) in roten DirektSäften ein (ebenfalls mitgenommen: Aroniabeere und Granatapfel). Zusammen dann am Morgen mit einem guten Schuss Kefir, etwas Kakao, Hagebuttenpulver, manchmal ein Löffelchen Marmelade und ein paar Nüssen ein absoluter Genuss ohne allzu viel Abwechslung, auf den ich mich zum Kaffee jeden Morgen neu freue. Mehr irgendwie als hätte ich Buffets in Hotels .. klingt komisch? Ist aber so …

Es darf auch mal ein WochenMarkt sein … aber ansonsten genieße ich den Einkauf in den großen Märkten und auch den aus Deutschland stammenden Discountern. Weil es immer neues auch hier zu entdecken gibt (ganz abgesehen davon, dass die kleineren Frucht- und Gemüsegschäfte in den Orten nicht annähernd so attraktive Frischware haben). Die Paprika und Tomaten (immer ein Muss!) sind fleischiger, saftiger, süßer, dünnhäutiger  und überhaupt geschmackiger als die in Deutschland, selbst wenn sie auf den ersten Blick ähnlich aussehen (vermutlich lassen diese Sorten sich nicht so weit transportieren ohne dabei zu verderben).

Bei LIDL habe ich zuckerfreie Kekse mit dunklen Kakaonibs entdeckt und erst festgestellt, wie total lecker die schmecken, als ich Spanien schon verlassen hatte ;-(  Sonst hätte ich davon mehr gekauft (oder gibt’s die bei uns auch und ich habe sie nur nie entdeckt? Man geht in bekannter Umgebung ja doch mit Tunnelblick durch die Regale ..). Salzreduzierte Cracker, 95%ige Schokolade … Wein lässt mich diesmal eher kalt. Trinke ich ja überhaupt fast nicht mehr. Die auf dem Hinweg in Frankreich gekaufte Weinflasche habe ich in mehreren Etappen genüsslich getrunken. Danach aber nie mehr Bedürfnis nach Mehr gehabt.

Soll mitteilen: ich genieße alles rund um mein Essen hier total! Und brauche dafür in keiner Weise Gourmettempel oder auch nur Imbisse. Bisschen mehr Eis hätte sein dürfen. In Gegenden ohne Touristen (aus dem Norden) gibt’s aber nahezu keine Eisdielen. Man kann dieselben verpackten Sorten wie in Deutschland kaufen (und das reizt mich nicht) und das war’s. Vermutlich gut für die Kalorienbilanz ;)

War dieser Sonderausflug in puncto Ernährung zu ausführlich? Für mein Gefühl nicht denn - trotz Einfachheit - ist der Genuss des Essens und Trinkens (hier gibt’s täglich eine Kanne Tee mit wechselnden Sorten und oft selbst gesammelten Kräutern - die auch beim Essen zugegeben werden - als Beigabe) ein wichtiger Urlaubsfaktor auch bei mir. Alleine und selbstbestimmt unterwegs nehme ich das Reinspüren in die kleinen Wünsche, Bedürfnisse und Genüsse sogar besonders gut wahr. Es kommen durchaus andere Körperantworten als in Gruppen oder Überflussumgebungen.

Zurück zum “aktiven Leben”: wollte ich heute eigentlich nicht viel machen sondern nur gymnastiken, paar Klamotten waschen, Kefir … s.o. … und höchstens ein kleines Ründchen spazieren. Das Ründchen wurde dann doch etwas länger und dauerte ca. fünf Stunden ;-) Und wieder einmal ein Loblied auf meine App “TopoMaps”, die mir die Möglichkeit bietet, Wege überhaupt zu sehen, zu finden, mich nicht zu verirren und nicht auf - die ohnehin selten bis fast nie vorhandenen - Wegweiser angewiesen zu sein.

Der Weg heute entpuppte sich als einer, der in Schönheit so manchen mit Schildern zugepflasterten Weg weit überbietet! 


Blüten- und Kräutermeere, Insekten, Wasser und vor allem: weitgehende Einsamkeit. Bisschen mulmig wird mir schon, wenn hinter nicht sonderlich vertrauenswürdigen Zäunen große Hunde bei meinem Anblick in Hysterie verfallen oder mir einer sogar auf dem Wanderweg weitab eines Hauses entgegenkommt. Diese Hündin allerdings sehr friedlich und - wie es schien - nach etwas suchend unterwegs .. sie wirkte nicht glücklich, hatte ein Gesäuge, das zeigte: sie hatte vor kurzem einen Wurf und Kleine gesäugt. Ob sie ihr weggenommen wurden? Einen fragenden Blick warf sie mir zu, dann lief sie wieder schnüffelnd und suchend alle Wege mehrmals ab. Rauf, runter, vor und wieder zurück … 

Dann - schon fast zurück am Campingplatz die “Eingebung”: “Da an diesem Weg müsste doch der Fluss verlaufen und sichtbar sein … mal um die Ecke in das Sträßchen reigehen … und ungelogen: den bisher tollsten Badespot überhaupt gefunden! 


Mit Stein- und Sand”strand” kombiniert am Rand und einer Felswand am anderen.


Mäandernder Flusslauf mit Schwellen, seitlichen Fall-Zuflüssen, unterschiedlichen Geschwindigkeiten


Einer sehr tiefen Gumpe - groß und tief genug, um gemütlich schwimmend darin Kreise zu ziehen (mich bei den wegstiebenden kleinen aber auch großen Fischen - Forellen? - entschuldigend. Ich störe ja auch nicht lange ;)


Schon dafür hat sich der Tag gelohnt! Unerwartet und unverhofft einer der besonders zauberhaften.

Morgen geht’s schon wieder weiter nach Norden … Drei Übernachtungen werden es wohl noch werden. Aber ohne Campingplatz, ohne WLAN und daher wohl auch ohne weiteren Blogbericht von unterwegs. Den gibt’s dann vermutlich - mit einer kleinen Nachbetrachtung - wieder von zu Hause.  Auf zu Hause freue ich mich auch schon - ohne Eiligkeitsdruck. Auf den besten Mann natürlich, die besten Miezen, den hoffentlich überlebt habenden Sauerteig - gut gefüttert im kühlsten Teil des Kühlschranks geparkt und noch nie so lange ohne Einsatz gewesen … Eigentlich auf alles und auch darauf, dann eine Weile vom hier Mitgenommenen hoffentlich zehren zu können.


🌸 🐠 🥛 🌊 🌺





7 Kommentare:

Catrina hat gesagt…

WAS?? Du hast sogar Kefir dabei?? Jetzt wird’s richtig next level! Du bist überhaupt beeindruckend ausgerüstet – mit TopoMaps, Doppeltritt und einer halben Gourmet-Küche. Das „ein bisschen zu viel mitnehmen“ machen wir alle...😂

Deine Beschreibung vom minimalistischen Campingluxus trifft ins Schwarze. Es ist schön, wie du auf dich und deine Umgebung achtest - ob beim Sitzen, Spazieren oder beim Essen. Da wird man fast ein bisschen neidisch auf deinen Kefir, der nicht nur mitreisen, sondern offenbar richtig aufblühen darf.

Wie lange hält sich dein Kefir eigentlich, wenn er ein paar Tage ungeschüttelt bleibt?

Gute Heimfahrt dir – und deinem Kefir natürlich auch!

lizzy hat gesagt…

Das Schütteln ist beim Kefir kein Muss, Catrina aber er mag es offensichtlich . Wobei: vielleicht wehrt er sich mit der Kohlensäure auch dagegen? Wir werden es wohl nicht erfahren… bis eine KI des nächsten Levels auch die Sprache der Bakterien entschlüsselt 😁

Kefir wird bei richtiger Behandlung eigentlich gar nicht schlecht sondern immer nur saurer , irgendwann klumpig und schmeckt dann nicht mehr gut.

Am besten schmeckt er mir, wenn er so zwei Tage gereift ist: einen bei Zimmertemperatur und noch einen im Kühlschrank.

https://support.fairment.de/de-DE/wie-lange-ist-der-fertige-milchkefir-haltbar-239776

Meine Kultur ist jetzt seit ca. sechs Jahren bei mir, vermehrt sich fleißig und muss entsprechend im Zaum gehalten werden. Wenn ein Teil - wie jetzt- auch einige Wochen alleine im Kühlschrank bleibt, schmeckt die erste Produktion danach nicht sonderlich. Man kann sie in den Kompost (ich habe einen Schnellkomposter im Gärtchen) tun, wo sich die dortigen Lebewesen über das Balterienfutter freuen oder Brot bzw. Waffeln damit backen, wenn die Säure sogar ein Zugewinn sein kann. Die Kefirknollen müssen dann auch mal ordentlich gespült werden damit die Poren nicht verklumpen.

regenfrau hat gesagt…

Liebe Lizzy,
nein, ich finde den Teil über deine Verpflegung nicht zu ausführlich. Ich kann das gut nachvollziehen, denn für mich ist das im Urlaub auch immer Thema. Deswegen war mir auch bei Brownie wichtig einen Kühlschrank zu haben, um mich individueller verpflegen zu können. Ich muss nicht groß aufkochen, dafür bin ich auch nicht ausgerüstet, aber frische Lebensmittel zur Verfügung zu haben, ist ein großer Luxus! Genauso wie die Möglichkeit, den Kühlschrank daheim einfach umräumen zu können - dadurch entfällt das "ich-muss-noch-alles-vor-der-Abfahrt-aufbrauchen"! ;)

lizzy hat gesagt…

Liebe Doris,

mir scheint, als hätten wir da eine sehr ähnliche Denk- und Herangehensweise 🤗

Elke hat gesagt…

Liebe Lizzy,
ach das liest sich alles so wunderbar entspannt. Da lässt sich do eine längere Fahrt zwischendurch verkraften. Wenn das sogar der Kefir mag... Erinnert mich an etwa früher mal gelesenes: Handwäsche vor einer Fahrt einfach in Lauge in einen Eimer, einen Teller o.ä. oben drauf, den Eimer umsturzsicher im WoMo verstauen und fahren. Das Gewackel soll für wunderbar saubere Wäsche sorgen...
Diese lauschigen Plätze am Wasser, die du entdeckt hast, sind mal wieder traumhaft. Genieß es!!!
Wieviel Reisezeit bleibt dir noch?
Liebe Grüße
Elke

lizzy hat gesagt…

Liebe Elke,

laut Navi müsste ich - nach einem extrem entspannenden letzten „Wasser-Aufenthalt“ (Bericht in Thermen folgt alsbald ;) in 1.5h zu Hause sein 😄

Das mit der Handwäsche klingt praktisch und praktikabel; aber ich werde es wohl trotzdem eher nicht anwenden … Ich bin da noch viel simpler gestrickt und anspruchsloser vermutlich. Und zu Hause wandert alles in die Waschmaschine. In der letzten Woche habe ich doch großzügiger auch frische Sachen angezogen.

Abschlussbericht folgt ebenfalls die Tage 🙋🏻‍♀️

Jörg hat gesagt…

Ach ich finde die Umgebung spannender als die Mahlzeiten.
Viel Spaß
Jörg