12 Mai 2018

Goldsteig im Bayerischen Wald häppchenweise

Der Fern- oder Weitwanderweg "Goldsteig" steht seit längerem auf meiner Favoriten-Beobachtungsliste. Schon häufiger kam ich ihm bei Stippvisiten im Bayerischen Wald näher, damit in Berührung; Großer Arber und Rachelsee  - ebenfalls an Goldsteigetappen liegend - wurden bereits in früheren Jahren erwandert. Jeweils als Tagestour.

Weitgehend unabhängig davon sehe ich seit Jahren bei all meinen Besuchen in Zwiesel den Gipfel des "großen Falkenstein" in direkter Nähe lockend winken. Bisher hatte aber nie alles für eine Besteigung gepasst. Aber dieses Mal: Zeit vorhanden, Wohnmobil vorhanden, Wetter passend.


 Den im Naturpark bzw. im Wald liegenden Waldparkplatz Zwieslerwaldhaus erreiche ich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag gegen 23:00 Uhr. Es ist stockfinster hier im Wald nahe der tschechischen Grenze und es ist meine erste Alleinreise mit neuem Pössl-Kastenwagen. Der Platz ist riesig, nicht asphaltiert und nirgendwo finden sich Hinweise, in welcher Ausrichtung Fahrzeuge hier üblicherweise parken.

Verunsichert rolle ich langsamst durch die dunkle Bayernwaldnacht, bis ich am anderen Ende des Parkplatzes zwei E-Auto-Ladesäulen einsam vor sich hinleuchten sehe. Mir ist bewusst, wie irrational das Gefühl ist, dort in der Nähe der Lichtquelle ein sichereres Gefühl zu bekommen. Normalerweise bin ich keine Bangbüx (bzw. keine Angsthäsin ;), doch heute hier in komplett fremder Dunkelheit beschleicht mich ein bängliches Grummeln und ich vermeide es, mein rollendes Heim nochmal zu verlassen. Richte mich ein, schlafe etwas unruhig und als es langsam hell wird, hält direkt neben mir - der riesige Waldparkplatz ist weiterhin ansonsten komplett einsam und leer - ein erstes Wandererauto. Die beiden Insassen, mit Rucksäcken und Wanderausrüstung versehen,  verlassen den Platz.

Nun erkunde ich kurz die Umgebung, gönne mir einen Espresso und begebe mich, meinesteils ausgerüstet mit Läuferrucksack, Laufkleidung und leichten Trailschuhen (Mizuno Ferus) auf den gut ausgeschilderten Weg zum Gipfel des großen Falkenstein. Es existieren mehrere Auf- und Abstiegsrouten; ich entscheide mich für den Aufstieg bzw. ein Joggingründchen durch die Höllbachspreng.


 Nach einem kurzen Verlaufer, bei dem ich die Abbiegung vom Rad- und Autoweg zum Wanderweg verpasst und damit locker 100 zusätzliche Höhenmeter zur Tagesbilanz von letztlich irgendwas zwischen 800 und 1000 hm dazugepackt habe, finde ich den Einstieg in die Tour, laufe über weiche und wilde Waldpfade locker dahin, überhole ein Wandererpärchen - ansonsten ist es einsam.

Still nicht: überall rauschen Wasser und die vielen Vögel verbreiten doch einiges an Lärm ;o)


 Bei der Hütte neben einem kleinen See an der Höllbachschwelle dann wieder einige Menschen, die ganz offensichtlich eine ordentliche Vatertagssausse vorbereiten. Grüßend laufe ich vorbei und weiter hoch geht es dem Gipfel zu.


Wilde und unwegsamere Stellen tauchen zwar auf - aber nicht wirklich schwer oder gefährlich. Jedenfalls nicht bei Trockenheit.


Die eigentliche Höllbachspreng-Strecke jedoch ist gesperrt und eine Umleitung ausgeschildert. Angeblich wegen brütender Vögel - ich denke an Wölfe und Luchse, die bekanntlich ebenfalls hier irgendwo ihre Jungen aufziehen im Moment. Davor ist mir aber nicht bange - das Knurren meines Magens hätte sogar einen ausgewachsenen Grizzly in die Flucht geschlagen, da bin ich mir sicher. Bis auf die zwei Zuckerstückchen in den morgendlichen Espressi hatte ich heute noch keine Energiezufuhr und das macht sich nun deutlich bemerkbar. Mir wird ein wenig flau ...


Doch auch hier auf der Alternativstrecke lässt die Schönheit der Natur nichts zu wünschen übrig. Es begegnen mir - nicht gemeinsam sondern in ca. halbstündigem Abstand, zwei Läufer. Beide vom Gipfel kommend und so liegt die Vermutung nahe, dass sie die von mir geplante Rundtour über die beiden Falkensteingipfel (großer und kleiner) in umgekehrte Richtung erlaufen haben. Die Begrüßung ist jeweils strahlend, herzlich. "Wir BergläuferInnen" ;-D  sind eben schon eine verschworene Gemeinschaft. Wie ein Falke fliegen wir mit leichten Schwingen ....

... aber ich gestehe: wenn es steil wurde, bin ich gegangen bzw. gewandert :) Habe auch viele Fotostops eingelegt und diese unglaublich beeindruckende Landschaft ausgiebig genossen.


Viele Waldabschnitte und auch Freiflächen in Höhenlage zugewachsen mit endlos scheinenen Meeren riesiger und reichhaltig Frucht tragender Heidelbeersträucher. Das wird im Sommer bzw. Herbst ein Erntefest bei dem ich mitzumischen mir fest vornehme!



Am Gipfel überrascht mich eine Vereinshütte (ich hatte die Tourenbeschreibung nur überflogen, nicht gründlich studiert) des Bayernwaldvereins. Autos stehend davor, ein Bagger daneben. Hier kann auch übernachtet werden, was offensichtlich nicht wenige Vatertagsausflügler auch getan haben. Und so geht es schon hoch her mit Weißwurschtfrühstück und reichlich Weißbier. Schluss mit Hunger! Inzwischen sind meine Hände leicht zittrig, es lässt sich kaum noch zwischen Hunger und Übelkeit unterscheiden. Eindeutig -> Unterzucker! (aber keine Brombeerhecken weit und breit zum Glück ;)

Die somatische Intelligenz in mir schreit nicht nach Obstriegel und Apfel aus dem Laufrucksack, sie verlangt nach Weißwürsten, Brezn, Apfelschorle und Kaffee und brav und prompt gebe ich die Bestellung an die Kellnerin weiter.


Danach erst der letzte Schwung zum Gipfel


Von dort gute Sicht auf den großen Arber, der höchste Berg im Bayerischen Wald.


Auf dem Rückweg noch ein Abstecher zum Kleinen Falkenstein mit ebenfalls herrlicher Aussicht. Inzwischen werden die Ausflügler, die mir in umgekehrte Richtung zum Gipfel strebend entgegenkommen, mehr und mehr. Es ist ein herrlicher Tag!


und durchgängig beeindruckende Landschaft


 Zurück im Wohnmobil, der weitläufige Waldparkplatz ist inzwischen rappelvoll, noch ein Espresso zu Apfel und Obstriegel. Es ist noch früh; in Zwiesel werde ich nicht vor 16:00 Uhr erwartet, die Landschaft herrlich - fit genug für eine weitere kleine Runde fühle ich mich auch.


Mache mich also joggend auf zur viel gegangenen Runde durch einen urigen Urwald mit Waldlehrpfad, Brunnen, viel Wasser und vielen Mitwanderern (sehr kindertaugliche Strecke) zum Schwellhäusl. Hier an Restaurant, Biergarten und Vergnügungsstätte tobt der Feiertags- und Vatertagsbär. Es ist trotzdem eine hübsche Ausklangsrunde für einen wunderbaren Lauftag.

Danach ein Tankabstecher ins nahe gelegene Tschechien.

Der gesamte Tag klingt aus mit Eis und Enkelkindern, die dann aber doch lieber nur im Wohnmobil ein bisschen spielen wollen. Schlafen entgegen der ursprünglich begeisterten Aussage letzlich im eigenen Bett in Mamas Nähe ... in einigen Jahren werden wir weitersehen ... ;)

In dieser Nacht schlafe ich wie ein Stein, wache mit  schweren Beinen und Muskelkater auf.

Wieder ein bisschen Enkel und Familie, ein bisschen nützlich machen aber weniger als ursprünglich geplant. Denn: irgendwie werde ich doch nicht gebraucht. Stört mich das? Aber mitnichten bei diesem tollen Wetter in dieser tollen Landschaft. Tagesplanänderung: Abfahrt in Richtung München und Halt am Wanderparklatz "Ruselabsatz".

Eine kleine Wanderung haben Volker und ich von dort im letzten Jahr bereits unternommen. Auch hier führt eine Variante des "Goldsteig" entlang und von hier plane ich heute eine ... ich bin mir zunächst noch nicht sicher, ob Laufrunde oder Wanderung .. in die der damaligen entgegengesetzte Himmelsrichtung.



Das Landshuter Haus scheint ein gutes Ziel für den Tag und die müden Beine zu sein.


Anfangs rollen sie nur schwergängig wieder an, doch erstaunlich schnell regenerieren sie sich auf weichem, federndem Waldboden. Wieder bei Vogelgezwitscher, dem Geruch des harzigen Bodens, sprießendem Frühlingsgrün und milden Temperaturen.


Vorbei an Josefsbuche, über Steinpfade und Wurzelwerk und wieder vorbei an endlos scheinenden Meeren von Heidelbeersträuchern.


Auch hier mit reichem Fruchtansatz



Ein Etappenziel: die "hölzerne Hand" - erinnernd an die Hand eines alten Weibleins, das dem im Wald Verirrten den rechten Weg wies, so dass er seinem Gelübde entsprechend eine Kapelle bauen ließ. Die Begebenheit dürfte schon länger zurückliegen. Denn: der Wald ist zwar auch heute noch dicht und urig und darf sich eindeutig auch so nennen. Er ist aber auch von vielen gut beschilderten Wanderwegen durchzogen, so dass Verirrungen unwahrscheinlich bis unmöglich sind in heutigen Zeiten. Vorsichtshalber aber - sicher ist sicher - fotografiere ich eins der Wanderschilder ab. Offlinekarten der Gegend habe ich nicht runtergeladen und wer weiß ... ;)



Weitgehend einsam ist es auf der Strecke. Nur wenige Menschen begegnen mir an diesem Freitag. Den Gipfel des BreitenauRiegel habe ich ganz für mich.


Lege eine ausgiebige Meditations- und Genussrast ein. Weite, Schönheit und Erhabenheit der Natur durchfluten mich. Unfassbar, wie relativ nah das Paradies liegt. Wenn nicht sogar mehrere Paradiese.



Hochmoor, die Reste eines früheren Dorfes


Rast am "Landshuter Haus". Da sich hier auch viele Bikerstrecken treffen, sind doch schon mehrere Gäste anwesend und lassen es sich auf den Sonnenterrassen bei herrlicher Aussicht gut gehen.


Hier raste und ruhe auch ich ausgiebig - diesmal bei Zwetschendatschi, Apfelschorle und Kaffee, bevor ich mich gestärkt an Körper und Geist auf den Rückweg zunächst zum rollenden zu Hause am Parkplatz Rusel und dann mit selbigem nach München begebe.


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