05 August 2012

lavendelblaues Rausschlendern


Der für diesen Urlaub letzte Wandertag im Piemont bescherte uns für die recht gemütliche Wanderung nach Sambuco wunderbaren Sonnenschein und endlose Lavendelfelder.



Mindestens eine Stunde lang wurde der Weg um uns gesäumt von blau-violettem Lavendel in voller Blüte. Der Geruch ist unbeschreiblich - ein bisschen fühlste dich da wie auf Droge ...


und um mir ein bisschen "Rausch" mit nach Hause zu nehmen, pflückte ich eine ordentliche Menge der Blüten, packte sie in eine Tüte und kam - ich Depp - nicht auf die Idee, dass diese Blüten - so trocken und dürr sie auch gewirkt hatten - natürlich noch jede Menge Öle und Feuchtigkeit enthalten. Und nach 4 (vergessen auszupacken - einfach vergessen *wein*) Tagen in einer Plastiktüte nicht mehr frisch und duftig sondern schmierig, muffig und verklebt sind ... Aber die Schafgarbe (ohne Foto - und jährlicher Standard an selbst geernteten Kräutern, zwingend für den Vorrat im Schrank), von der ich an diesem Tag ebenfalls einen dicken Strauß gepflückt hatte, die wurde in einer Stofftasche heil nach Hause transportiert und trocknet nun im Gartenhäuschen. Ich liebe es, wenn ich weiß, dass meine Abendtees Zutaten aus dem Urlaub enthalten.


und es war in Wirklichkeit NOCH viel mehr Lavendel


viel viel viel mehr!


und ich fragte mich bei dem Anblick, warum er so prächtig und riesengroß dort steht. Mit kräftigen langen Blüten,  wo er doch in der Wildnis sicher nicht geschnitten und vor dem Verholzen bewahrt wird.
Denn: meine beiden heimischen Lavendelsträucher sind zwar auch inzwischen recht groß geworden. Aber sie blühen längst nicht mehr so reichlich und auch Rückschnitte ändern nichts daran, dass sie unten verdorren und verholzen mit der Zeit. Hier am heißen Berghang fühlen sie sich offensichtlich wohler als im städtischen München. Wer wollte es ihm verdenken, dem Lavendel.



Natürlich gab's auch heute nicht NUR Lavendel sondern viel mehr bunt unterwegs


 auch viele Bienenstöcke für die fleißigen Nektarsammlerinnen. Honig habe ich unterwegs zwar mehrfach gegessen, den durchaus vorhandenen Möglichkeiten, ihn einzukaufen, aber widerstanden. Hatte die Befürchtung, dass der Transport von Honiggläsern im Rucksack in einem Klebedesaster enden könnte bei meiner gelegentlichen Unbedachtheit und Ungeschicklichkeit. Gereizt hätte es mich schon, davon reichlich mitzunehmen. Honig von diesen Blütenfüllen muss die reinste Medizin sein!



Außderdem: idyllische Plätze


Abschieds-Rückblicke ins Hochgebirge


ein letztes Bad für Füße und Beine im kristallklaren Bergbach



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letzte Etappe: Pontebernardo - Sambuco am  Samstag den14. Juli 2012

Wanderzeit: 9:00 - 13:00 Uhr - gemütlicher geht's nimmer: Lavendel + Schafgarbe geerntet
 Höhenmeter:   350 ↑   480 ↓
Distanz: ca. 9,5  km
Begegnungen:   unterwegs nur ein Pärchen in Gegenrichtung, Sambuco sehr belebt (Motocrosser, Biker, Wanderer, "Normalurlauber" und Gourmets ;-) Hotel war ausgebucht, Glück gehabt und Ferienwohnung  + den letzten freien Tisch des Abends in der Osteria della pace ergattert.  In Sambuco sollte man besser reservieren.
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Nach der Busfahrt nach Cuneo dort noch ein bisschen Kultur


.. und Kunstinstallationen modernerer Art an alten Fassaden. Ziemlich witzig, diese Ausstellungen und Installationen im öffentlichen Raum und mal was anderes als immer nur typisch italienische Fassaden zu begucken. Ich mag das - auch wenn viele der Werke mich genauso ungläubig grienend und Kopf schüttelnd zurücklassen  wie viele der beobachteten einheimischen Parkbanksitzer.

Der letzte Tag in Italien brachte mir außerdem gleich DREI denk- und erzählwürdige Begebenheiten rund um die Sprache und ich bin mir nicht sicher, ob sie mich mit den beiden vorhergehenden Wochen versöhnen sollen oder ich mich auf den Arm genommen fühle:

  1. Nummer Eins noch recht harmlos: Beim Einkaufen von Mitbringseln wie Trüffelöl und Trüffelsalz (denn wie ließe sich effektiver ordentlich Geld unters Volk streuen und trotzdem wenig Platz für den Transport verbrauchen ;) entspann sich mit der Verkäuferin des Ladens ein kleines Gespräch auf Italienisch, das entgegen vorherigen Erfahrungen erstaunlich fluffig und leichtzüngig verlief. Die Selbstbeherrschung - kein Zitronengesicht, keine Flucht bei der Verkäuferin - könnte natürlich auch ein bisschen daran gelegen haben, dass die Dame - nach anfänglichem SEHR kritischen Mustern unseres Outfits: Rucksäcke, staubige, abgelatschte Schuhe etc., wesentlich zugänglicher wurde als sie erfuhr, dass ich Trüffelöl mitnehmen möchte, wir in München leben und gerade mehrere Wochen durchs Piemont gewandert sind. Diese Faktoren erklärten das Outfit und verhießen dennoch Umsatzmöglichkeiten. Das Trüffelöl wurde verschenkt - Trüffelsalz hingegen erweitert neuerdings mein Repertoire an unsinnig-teuren Salzkreationen. Wenn einmal die Hemmschwelle gefallen ist ...
  2. Frühstück im Hotel Cuneo. Deutlich reichhaltiger und an Resteuropa angepasster als die meisten Frühstücke unterwegs (die Italiener sind diesbezüglich eher spartanisch), genossen wir den Luxus der Zivilisation. Leider fehlte bei meinem Gedeck ein Teelöffel und ich bat die Hotelangestellte, mir doch einen "cucchiaino"  zu bringen. Ihre Reaktion war ein spontan-begeistertes "BRAVA Signora! Brava!"

    Volker war verwirrt und fragte mich anschließend erstaunt, wovon sie derart begeistert gewesen sei. Ich wusste es auf Anhieb. Dieses kleine Wörtchen "cucchiaino" mit seiner recht eigenwilligen italienischen Intonation wird vermutlich NIE korrekt ausgesprochen von Ausländern. Schon gar nicht von Deutschen!
    Dieses Wissen brachte die muttersprachliche Italienischlehrerin meines ersten gebuchten - und dann später abgebrochenen - VHS-Kurses dazu, beim Training des Wortschatzes rund ums Essen so lange mit der Gruppe zu üben, bis jeder einzelne dieses "cucchiaino"  im Schlaf korrekt "vorsingen" konnte. Mit Begeisterung, perfekter Intonation und eingebrannt ins Hirn für ewig. In mehreren Stunden musste die komplette Gruppe immer wieder im Chor so lange "CHUCCIAINO" anstimmen, bis der Klang Gnade fand vor den Ohren der Lehrerin. Auch jeder einzelne wurde mehrfach aus dem Hinterhalt und nichtsahnend mit der Forderung überfallen und konfrontiert, ein perfektes Chucciaino-Solo zum Besten zu geben. Wenn ich kein Wort aussprechen kann: DAS kann ich :o) und erntete prompt und ich gestehe, es gefiel mir - ein "BRAVA Signora, Brava!" dafür (vielleicht lassen die Hotelbetreiber deshalb bei deutschen Gästen gezielt schonmal den Teelöffel weg - als Härtetest, den ich bestanden habe ;)
  3. Am Bahnhof von Cuneo, von dem aus eigentlich stündlich ein Zug nach Turin fahren sollte. So steht es auf dem Fahrplan. Auf der elektronischen Anzeigetafel wird der nächste Zug aber erst für in drei Stunden angekündigt und weil ich ohnehin noch Fahrkarten kaufen muss, beschließe ich, den Mann am Schalter zu fragen. Leite das Gespräch ein mit der Frage: "Do you speak english?" (weil ich hoffe, dass ein Mensch, der so im Publikumsverkehr einer immerhin größeren und sehr belebten Provinzhauptstadt eingebunden ist, das erstens können wird und es mir in dem Moment zweitens schlicht bequemer erscheint).

    Der Schaltermann verdreht genervt die Augen und schüttelt den Kopf. Ich: "Okay, okay - ich versuch's auf Italienisch." und stelle meine Frage: "da auf dem Plan steht: in einer Stunde,  da oben an der Anzeige aber in drei Stunden. Wann fährt denn der nächste Zug nach Turin oder gibt es heute irgendwelche Probleme?"

    Er lehnt sich zurück, legt den Kopf schief, breitet in einer plakativen Geste die Arme aus - Handflächen nach oben gezeigt - und stellt - vor einer sachlichen Antwort zum Zugverkehr (es fahren Busse im Schienenersatzverkehr in den Zwischenstunden) in einer Mischung aus Tadel und Lob sehr theatralisch fest:

    "Parla perfetto italiano!"  ("Aber Sie sprechen doch perfekt Italienisch!").

    Na klasse! Und das heute - wo abends unser Flieger von Turin nach München geht.

    Oder vielleicht doch alles nochmal von vorne? 







04 August 2012

mach' es wie die Sonnenuhr, erzähl' die heit'ren Stunden nur

oder: noch'n "special"
 

Die Alpentäler im Piemont sind tief eingeschnitten. Viele der Dörfer liegen weit unten am Fuße von Berghängen. Die Sonne erscheint dort spät und verschwindet früh. Sogar im Sommer. Im Winter werden sie wohl noch weniger direktes Licht abbekommen - einige vielleicht phasenweise gar keins.

Irgendwann wunderte ich mich darüber, dass es hier überall so unglaublich viele Sonnenuhren gibt. In jedem noch so winzigen Ort meist mehrere. In Bellino, Ortsteil Celle, kann man sogar ein Sonnenuhrenmuseum besichtigen (wir haben allerdings nicht ;).

Wenn es doch so relativ wenige Sonnenstunden gibt, wieso neigen die Menschen dort dann dazu, ausgerechnet die Sonne dazu zu nutzen, sich die Zeit anzeigen zu lassen. Erscheint erstmal unlogisch. Andererseit fiel mir natürlich der Spruch ein, den wohl jedes Mädchen meiner Generation mindestens einmal ins Poesiealbum geschrieben bekam:

"Mach' es wie die Sonnenuhr, zähl' die heit'ren Stunden nur!"

Früher fand' ich den Spruch blöd. Inzwischen kann ich ihm einiges abgewinnen und bin überzeugt, dass die Erschaffer der Sonnenuhren in dunklen Alpentälern ähnlich dachten:

Wenn etwas selten und kostbar ist. Alle sich darüber und daran erfreuen, dann ist es sehr sinnvoll, die Aufmerksamkeit und erhöhte Wahrnehmung eben genau darauf zu lenken. Auf die Sonne, die selten scheint -  auf heitere Stunden, die bekanntlich selten genug sind und nie ewig andauern.

Dadurch wird der Schatten nicht heller, die Nächte  nicht kürzer, die traurigen Zeiten nicht weniger.  Dies alles weiterhin wahr- und auch hinzunehmen, steht nicht im Widerspruch zur Freude über Schönheit, Helligkeit und Heiterkeit.

Vieles lässt sich nicht grundsätzlich beeinflussen. Die Nacht nicht und die Sonnenstunden nicht. Und nicht jeder hat die Möglichkeit, immer gerade dorthin zu gehen, wo es eventuell etwas anders ist. Aber eine Möglichkeit hat jeder: seinen Fokus auf das Eine oder das Andere zu richten. Das Helle oder das Dunkle.

Die Sonnenstunden zu schmücken, ihnen bunte, verzierte, interessante  Uhren zu bauen, gibt der Sonne eine größere Bedeutung. Wertet jede sonnige Minute auf. Beschäftigt auch über den eigentlichen Zeitraum des Scheinens hinaus. Lenkt die Gedanken zum Licht und lässt der Dunkelheit weniger Raum.

Diese Möglichkeit habe ich auch hier im Blog: meinen Fokus auf das richten, das mir erscheinenswert scheint. Dadurch wird das Erzählte nicht weniger wahr. Auch die Sonnenuhren zeigen die angezeigte Zeit exakt an. Nur eben nicht JEDE Zeit. Die nicht genug strahlt, bleibt - sofern nicht aus anderen Gründen erzählenswert -  bedeutungslos und unbeachtet.

Trudy hat in einem Blogkommentar zu "Manderl und Weiberl" gefragt, wie es mir zu Hause erging bzw. wie, als der Urlaub vorbei war. Weil  es vielleicht sooo schön und besonders gewesen sein kann, dass die Rückkehr schwer fällt und traurig macht. Und auch real wurde ich von einer Blogleserin vergleichbares gefragt.

Es freut mich natürlich, dass trotz Gewittererlebnis und Brombeerhecken offensichtlich eher das "Strahlende" und Schöne der Wanderung rüberkommt. So wollte ich es haben, so erinnere ich mich gerne. Um aber ein bisschen "geradezurücken" da es in die Irre leitet (oder soll ich es lieber schief lassen und in die Irre leiten? ;): Ja, es war ein schöner und gelungener Urlaub mit sehr schönen Momenten. Aber natürlich gab es auch "die anderen". Und das nicht nur beim Brombeerheckensturz oder wegen der Fußschmerzen.

Ich glaube, wir sind "ziemlich normal". Und wenn ein ziemlich normales Ehepaar, das seit 13 Jahren zusammen lebt, sich entschließt, 14 gemeinsame Tage in der Einsamkeit miteinander wandernd zu verbringen, bzw. dauerte der Urlaub mit An- und Abfahrten sogar 17 Tage, dann birgt das auch ein gewisses Risiko und ich gestehe: ein bisschen Bammel hatte ich im Vorfeld schon davor. Bei Gruppentouren gibt's ja doch mehr Ausweichmöglichkeiten für beide. Unterhaltung außerhalb der Zweisamkeit und Ablenkung auch voneinander. Urlaubt man im  5*****Hotel, dann fällt zumindest der Stress durch Schmerzen, Gefahr und Anstrengungen, Entbehrungen, Unbequemlichkeiten weg. Von alledem hatten wir unterwegs reichlich.

So eng mehr als zwei Wochen lang täglich 24 gemeinsame Stunden zu verbringen, mit Anstrengungen, langweiligeren und zähen Passagen, Pannen, Entscheidungszwängen, Launenhaftigkeiten (ok., sowas kommt eher nur bei mir vor ;) ... eben allem, was es auch noch so gibt bei Bergwanderungen, das war für uns ein Novum.

Tendenziell würde ich keinem kriselnden Paar empfehlen, sowas miteinander zu versuchen. Es sei denn, die Entscheidung soll mit aller Gewalt herbeigeführt werden  ;-) Aber wer weiß das schon .. vielleicht wär's doch grad gut und alles ganz anders als ich mir das vorstelle ...

Natürlich haben wir nicht täglich Steinmanderl gebaut und verliebte Herzchen an Bergseen gelegt. Natürlich gab es auch bei uns Phasen, in denen es zäh wurde, der gemeinsame Verbindungsfaden riss, Gereiztheiten dazwischenfunkten, Erwartungen nicht erfüllt wurden, Stimmungen nicht im Gleichtakt schwangen  ... eben ganz so, wie es in jeder Beziehung immer mal vorkommt - sogar mit der "besten Ehehälfte der Welt". Und das nicht nur im Urlaub. Bei so einer intensiven Gemeinsamkeit aber sogar erst recht. (und jetzt erzähl' mir hier bitte  niemand, das gibt's auch anders. Sonst bin ich hinterher vielleicht doch frustriert und wünsche mir, hier nix geschrieben aber meine Illusionen behalten zu haben ;)

Natürlich war nicht jeder Tag durchgehend von Highlights angefüllt, strahlend und der Gipfel der Glücksseligkeit. Jeder dachte auch mal: "oh - nun wird's aber scho zäh ... " und beide hatten wir gelegentlich Heimweh nach unseren Miezen ;)

Aber es gab sie eben auch: (und zum Glück auch recht oft - vermutlich deutlich häufiger als die seltenen Sonnenstunden in tiefen Alpentälern ;) diese Highlights an Erlebnissen, Innigkeiten, tiefen Empfindungen, Leichtigkeit und Glück,  die sich aus meinen Blogbeiträgen offensichtlich mühelos rauslesen lassen den Reaktionen der Leser zufolge. Da kommt dann wieder der Fokus auf das ins Spiel, das man betont wissen möchte. Klar könnte ich mich auch damit aufhalten, jegliche Problemsituation auseinanderzufrieseln. Genauestens zu beschreiben wie es ist, wenn man mies drauf ist, jeglichen Konflikt oder negativen Moment auskosten, in die Länge ziehen und mit hellen Spots auf offener Bühne drauf zielen: "Seht her - die PROBLEME!"  Ginge auch. Klar. Muss mir keiner erzählen. Wenn ich will und in dazu prädestinierten Fällen bin ich eine versierte "Haar in der Suppe-Sucherin". Kann ich prima.  Aber wer hätte was davon?

Deshalb wieder einmal - hab's glaub' ich, schon öfter angedeutet:

Dieser Blog hat nicht den Anspruch lückenloser, vollständiger oder gar neutral-objektiver Berichterstattung.


Mein Blog ist meine Sonnenuhr!


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03 August 2012

special: für die Füße


um das Ende der Wanderung zumindest virtuell noch ein bisschen rauszuzögern und weil die Füße beim Wandern eine Hauptrolle spielen, sei ihnen, ihrer Rolle und den Schuhen ein kleiner Sonder-Blogbeitrag gewidmet.

Fotos von meinen Füßen in den Wanderschuhen - im Bild oben links -  zu finden, war gar nicht so leicht. Ich hatte sie ja nur in den ersten beiden Tagen an. Und an Tag 2 nichtmal bis zum Schluss. Dabei mag ich sie ganz gerne und habe sie bisher für relativ bequem gehalten. Habe die Hiking-Boots der Marke Vasque letztes Jahr aus Kalifornien mitgebracht und schon ein paarmal erfolgreich in den Bergen getragen.

Das Problem diesmal: der zweite desaströse Regentag. Die Schuhe sind nicht für solche Sintfluten ausgerichtet und ich schwamm in ihnen, die Füße quollen auf, wurden wund, bildeten Blasen, die sich auch sofort öffneten und in Wunden verwandelten.

Keine Chance mehr, die schmerzenden Füße später nochmal in die Boots zu zwängen. Sofort schmerzte die Wunde am rechten Vorderfuß wie Hölle. Wie gut, dass ich auch noch Asics Trabuccos (6 Jahre alt und fast aufgelöst) sowie Trekkingsandalen (3 Jahre alt und von ALDI) im Rucksack mitschleppte. Wer mich beim Auspacken meines Schuharsenals beobachtete, verdrehte auch jeweils die Augen. Bei einer Weitwanderung kommt es darauf an, so wenig Gewicht wie möglich mitzuschleppen. Jedes Gramm zählt. Und dann SOWAS! Aber was soll ich machen? Ich kenne doch meine Füße und das - wie ich bisher dachte: Fußproblem. Aber im Grunde hab' ich kein Fußproblem - sondern ein Schuhproblem!



Obwohl sowohl Trekkingsandalen (gut, dass sich schwächelnde Klettverschlüsse hervorragend tapen lassen und dass der beste Mann der Welt für sich gänzlich auflösende Verschlüsse Sekundenkleber im Gepäck hatte - darauf, sowas mitzunehmen, wäre ich selber wirklich NIEMALS gekommen!) als auch die  Trabuccos (man beachte die Inneseite der Fersenkappe und an ein paar anderen auf dem Foto nicht sichtbaren Stellen sehen sie nicht besser aus) reif sind für die Tonne, habe ich es natürlich bisher nicht übers Herz gebracht und konnte sie daher soben in heimischen Gefilden nochmal vereint ablichten.



So sah die eigentlich winzige Problemwunde am Fuß nach einer Woche aus. Als ich mich erstmals getraut habe, genauer hinzusehen nach Ablösen des Blasenpflasters. Es war der Tag mit Fußbad im Bergsee - bei Steinmanderl und Steinweiberl.  An diesem Tag (siehe auch erstes Foto - Ausschnitt unten rechts. Auch an rechter Ferse noch ein Pflaster - dort aber keine Schmerzen -  und eine winzige wunde Stelle - unverpflastert und ohne Probleme zu verursachen - an linkem Fuß) hatte ich zwar die Blasenpflaster noch drauf. Traute mich aber erstmals barfuß ins Gelände und Wasser.

Nach dieser Ansicht mit genauerer Inspektion und verwackeltem Fotoshooting der Restwunde beschloss ich, kein Pflaster mehr draufzukleben und von Trabuccos auf Sandalen umzusteigen.

Vorsichtshalber möchte ich an dieser Stelle anmerken: Wander- und Bergschuhe haben mit Sicherheit eine Berechtigung auf solchen Wanderungen, sind sinnvoll und für die meisten Wanderer empfehlenswert.

Wenn ich selber sage, dass ich die 1,2 kg, die meine wiegen, bei vergleichbaren Wanderungen in Zukunft einsparen werde, dann auch deshalb, weil meine Knöchel, Sehnen und Bänder durch jahrelanges Joggen (auch barfuß) und barfüßiges Gehen im Alltag trainiert, robust und unempfindlich z. B. gegen Umknicken sind. Ich gebe hier also mitnichten Empfehlungen für andere! 



Volker zog mit, war begeistert und so dokumentierten wir unsere Fußbefreiung auch fotografisch. Zunächst allerdings noch in Socken.


Lizzy mit ElefantenStaubFüßen

Die Füße dankten es mit Schmerz- und Problemfreiheit und wurden fürderhin zum Dank auch vom Stoff befreit.



So sahen sie dann nach 4 Tagen barüßigen Wanderns aus - frisch geduscht und eingeölt. Zwei Tage vor Heimreise. Und so dann auch noch zu Hause, wo sie im Büro - ich bewege mich durchaus auch im Arbeitsumfeld oft barfuß - für mehr erstaunte Blicke auf dem Flur sorgten als die rosa Ringelsöckchen im Winter ;)



Befreit von allem: Schuhen, Socken, Wunden und Pflastern beim Bergbachbad am allerletzten Wandertag.



stürmische Wege und (Voraus)Blicke in die Seealpen


Freitag der 13. Juli 2012: einmal noch geht's hoch hinauf


der Aufstieg ist so stürmisch, dass es gelegentlich ein bisschen bange macht, weggeweht zu werden.


Lange weite Wege in der Höhe: mittig im ersten Geröllfeld bin auf dem Weg ich zu sehen (kleiner schwarzer Punkt) um die Entfernung in ihrer Dimension etwas zu demonstrieren. Es hat bei wirklich flottem Gehen ca. 15 Minuten gedauert, bis ich - vom Fotografen aus - an der Fotostelle angekommen war.



Jetzt mittig im selben Geröllfeld aber andersrum geknippst: unser heutiger Hamburger Mitwanderer. Am Anfang des Aufstiegs aus anderer Richtung kommend angetroffen, bestreiten wir diese Etappe und einen unterhaltsamen Aufenthalt im nächsten Quartier zu dritt.


Auch hier die Reste ehemaliger Maultierpfade und Militärwege



alles bröckelt in kleinen und großen Abbrüchen unaufhaltsam vor sich hin. Mensch fragt sich manchmal schon, was ihn dazu antreibt und motiviert, Tag für Tag mühsam aufzusteigen, zwischen Stein und Geröll stundenlang dahinzuwandern um nur wenig später wieder abzusteigen ins nächste Tal. Die heutige - letzte lange - Etappe dieses Urlaubs ist verhältnismäßig anstrengend durch Sturm, sengende Sonne, den langen Auf- und auch wieder Abstieg.



Nach Überschreiten des Passes schauen wir weit hinein in die französischen Seealpen und spätestens jetzt wissen wir wieder, was uns dazu motiviert! Das Gefühl allerdings, das den Wanderer nach mühsamen Passagen in diesen Momenten überwältigt, lässt sich in Blogs und mit Bildern nicht nachvollziehen. Dazu muss mensch schwitzen und leiden ;-)



erst dann werden Edelweiße vor türkisen Bergseen mit Seealpenkulisse zu Glücksbringern im Wortsinn.

Die im Hintergrund sichtbaren  Seealpen werden wir nicht durchwandern. Nicht im Rahmen der GTA. Aber ich weiß natürlich längst, dass es auch dort viele und wie man sagt wunderbare Wandermöglichkeiten gibt ;)



Blümmscher und sogar z. T. wieder etwas andere als bisher gibt's auch heute



Mein Liebling, die Steinnnelke, in weiß! :-o   Eine Albinoblume? Beschrieben finde ich sie immer nur in Rosa- und Violettfarbtönen und kannte sie bis heute auch nicht anders. Oder ist es  Verwandtschaft?



*



 Geschafft! Und gleich geht's zum Abendessen ins "schwarze Schaf".   Ich hab' also gut lachen.




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Etappe: Chialvetta - Pontebernardo  am  Freitag den13. Juli 2012

Wanderzeit: 8:00 - 16:00 Uhr - starker Sturm bis zum Passo di Rocca Brancia, einige Päuschen
 Höhenmeter:   1160 ↑   1340 ↓
Distanz: ca. 17  km
Begegnungen:   zu dritt gewandert (mit J. aus HH) sonst keine Wanderer-Begegnungen, im Posto Tappa die einzigen Gäste, in der Osteria "La Pecora Nera" noch einige weitere (einheimische) Gäste.
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01 August 2012

Titelbildkulisse


Kurz nach Loswandern in Campo Base ein Blick zurück auf das Dörfchen Chiappera, stellt mein bester aller Männer fest: "Das kenne ich doch!" und zeigt aufs Panorama seitlich. Tatsächlich. Schon hundertfach gesehen. Mehrmals täglich. Denn: wir blicken auf das Titelbild unseres Wanderbuches, nur im Original. Sogar die Sonne ist auf demselben Stand. Ist aber auch wirklich ein toller Anblick!



 Sobald der Betrachter allerdings den Winkel des Blicks ein bisschen verschiebt, zeigt sich die bittere Wahrheit: alles nur Kulisse und mit schwerem Material hier aufgebaut ;o)



Später dann: Hochmoor mit wieder anderer Pflanzenwelt und einem höllischen Schwefelgestank. Glücklicherweise tut sich kein Spalt auf, der uns verschlingt.



Wir erreichen unverschlungen  den Colle Ciarbonet, kurz hinter dem sich nun der beste Ehemann seinerseits vor die Kulisse drapiert und eigentlich auch ein hübsches Titelbild des Tages abgibt ...



Auch nach  inzwischen 12 Wandertagen durch Blütenmeere nie vorher gesehener Ausmaße immer noch nicht satt und wenn zwei meiner ausgemachten Lieblingsblümmscher grad' so schön nebeneinander wachsen, sind sie mir auch nochmal ein Foto wert.


Wildrosensträucher allfastüberall



dieses kleine aber feine "Refugio" hat's ihm sofort angetan. Das Häuschen - wieder etwas hergerichtet - wäre eine Mini-Privatprachtvilla in exponierter Lage



ab und zu könnte es natürlich passieren, dass einige der Kühe, die hier in Hundertschaften weiden, sich dazugesellen. Die Weide umfasst den kompletten Talabschnitt, so dass Wanderer dieser Etappe sie komplett durchqueren müssen. Im Laufe unserer 14 Etappen haben wir vielleicht 5 oder 6 eingezäunte Kuhweiden passieren müssen. Manchmal nur kurze Stücke - manchmal stundenlang. Manchmal bekam man die Kühe wegen der Weitläufigkeit gar nicht zu Gesicht oder nur aus der Ferne, manchmal marschierte man mittendurch.

Die Weiden zu umgehen, ist nicht möglich. Zumindest nicht, wenn man diese Etappe gehen möchte. Denn meistens werden sie an den Rändern von den Bergrücken begrenzt. Durchgehen oder gar nicht, das sind dann die Alternativen. Wobei ich mit Kuhweiden und Kühen kein Problem habe. Finde sie nett und habe auch noch nie irgendwelche Aggressionen erlebt.

Also fotografierte ich einpaar idyllische Mama-Kälbchen-Bildchen, bog um eine Ecke und ... *ffffffffff*flüchtete mich vorsichtshalber ein bisschen hinter den schützenden Rücken meines Gatten. Denn das, was dort nur wenig entfernt stand, das war keine Kuh und kein Kälbchen. Auch kein Ochse oder Jungbulle - das war ein ausgewachsender Stier und eindeutiger Chef der Truppe. 



Nirgendwo ein Baum, kein großer Fels - nichts, auf das mensch sich im Bedarfsfall hätte retten können - ein bisschen schlotterige Knie bekam ich dann doch. Flott vorbeigehuscht - zum Glück behielt Volker recht mit seiner These: "der interessiert sich gar nicht für uns sondern nur für seine Mädels .." traute ich mich erst wieder aus sicherer Entfernung die dann abgewandte Rückfront des Stieres zu knippsen.



Erst hinterher riet uns ein Schild irgendwas, das ich in dem Moment ohnehin nicht übersetzen konnte, sich aber später als Rat erwies, sich den Tieren nicht zu nähern. Okay - auch ohne Schild hatte ich keinerlei Bedürfnis, einen Stier zwischen den Hörnern zu kraulen ;)



Manche der "Stromversorger" an den Weidezäunen fallen vermutlich eher unter die Rubrik: "Placebo"



kreative architektonische Konstruktionen lassen sich bewundern



bis wir endlich an einem sehr heißen Nachmittag das sehr idyllische Etappenziel Chialvetta erreichen.







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Etappe: Campo Base - Chialvetta am 12. Juli 2012

Wanderzeit: 8:15 - 14:35 Uhr - keine längere Pause
 Höhenmeter:   810 ↑    970 ↓
Distanz: ca. 15,8  km
Begegnungen:   unterwegs: relativ gut belegten Campingplatz überquert aber keine Wanderer-Begegnungen, in der Osteria della Gardetta weitere 7 Gäste in 2 Grüppchen, deutschsprachig.
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