23 Juli 2012

grandioser Höhenweg im Germanasca-Tal

5. Juli: Gigho di Prali - Rifugio Jervis 

 


Die nächste Etappe startet mit schnellem Höhengewinne per Seilbahn. Wobei das mit der Schnelligkeit nicht gar so weit her war wie geplant. Extra früh aus dem Bett gesprungen, stellten wir bei der Bahn fest, dass die Buchangabe (Fahrt ab 8:00 Uhr morgens) nicht zutrifft. Am Schalter der Seilbahn steht: "ab 8:30 Uhr". Tatsächlich nahm sie an diesem Tag erst um 9:00 Uhr ihre Fahrt auf, so dass wir eine geschlagene Stunde lang wartend an der Straße standen. Die 1.000 Höhenmeter, die sie in einer halben Stunde nach oben befördert, waren die Warterei aber wert.




So konnten wir den Wandertag gleich auf einer Höhe von 2440 Metern über Null starten. In einer unglaublich beeindruckenden Landschaft mit - trotz Wolken - grandiosen Weitsichten. Von hier erhaschten wir einen ersten Blick auf den noch entfernten Monviso, den "König" der Cottischen Alpen, der uns noch tagelang mit seiner Dominanz begleiten sollte.



Geröll- und Schneefelder ....


... Bäche und Seen ...



ehemalige Militärwege und -anlagen


über mehrere Stunden weder stramm bergauf noch bergab sondern nur milde hoch und runter auf einem Höhenweg voll weiter, wundervoller und tief empfundener Anblicke. Es ist ein ganz und gar schöner Tag!


Insbesondere natürlich auch Weit- und Ausblicke.


Doch irgendwann ... es nützt ja nix ... geht's auch wieder an den Abstieg.


Wo Hütehunde, den zu hütenden Schafen nicht unähnlich, gucken kommen, wer da und warum die sonst so stillen Wege entlangwandert. "Du willst doch nicht beißen, oder"?



"Doch klar! Gerne! Jedenfalls in den leckeren Zwieback, der aus dem Rucksack zum Vorschein kommt ;-)"



Im Buch wird als Etappenende Villanova vorgeschlagen mit einem Posto Tappa. Da ich aus einem der vielen "Neustadts" Deutschlands stamme, hätte ich es lustig gefunden, in einem der ungefähr genauso vielen Neustadts Italiens zu übernachten (meine Schätzung: weltweit ist das der häufigeste - und phantasieloseste - Städtename überhaupt).

Andererseits: wir sind noch fit, nicht vorangemeldet und sehen, dass nur 1,5 Stunden weiter und 500m höher ein Refugio am Weg liegt, das ebenfalls einladend klingt. Endlich mal eine Alternative und Entscheidungsmöglichkeit ;) Wir entscheiden uns weiterzugehen und damit dem nächsten Tag schon ordentlich Höhenmeter abzuzwacken.



Oh neeee - DA wieder GANZ runter? *uff* ...  



unten angekommen einer der vielen Wasserfälle am Weg. Sauberes, klares und vor allem leckeresWasser ...


.. und ich spare mir das Rausholen von Wasserflasche oder Ausziehen von Radhandschuhen (die verhindern bei mir in den ersten Tagen - später gibt sich das sowieso - das Aufquellen zu Wurschtfingern, die sich kaum noch bewegen lassen). Trinken geht auch direkt - was Tiere können, das wird der Mensch doch auch schaffen  ;o)


Am Weg auch mehrere der von mir schon immer heiß geliebten Gumpen. Mich zieht's da eigentlich immer sofort rein. Magisch! Aber abgesehen davon, dass diese aus Schmelzwasser gespeisten Wasser scheißkalt sind, traue ich mich auch nicht, meine noch lädierten Füße aufzuweichen.

Seit Tagen trage ich nur noch meine Trabucco-Trailschuhe. Die Blase an der Ferse macht keinerlei Probleme mehr und beginnt abzuheilen. Nur die Wunde am Zehenballen schmerzt noch hin und wieder. Hauptsächlich beim Bergabgehen, wenn der Druck nach vorne schiebt und das Gewicht stark darauf lastet. Es wird aber von Tag zu Tag weniger und ich bin guter Dinge, das Problem noch vor Ablauf der Tour gänzlich gelöst zu wissen.


Das Rifugio Jervis. Sehr komfortables Haus! in jeder Hinsicht. Und das ESSEN ERST! Wer würde sich in einer Alpenvereinshütte ein Mehrgängemenü vorstellen? Und zwar als STANDARD!

Für pro Person 40,- Euro bekommt man hier: Übernachtung, reichhaltiges und extrem leckeres Abendmenü mit 4 Gängen incl. Wein + Frühstücksbuffet. Herausragend! Diese Hütte könnte ich mir auch als Basis für einen mehrtägigen Wanderaufenthalt im sie umgebenden Naturpark vorstellen.

Das können auch einige andere andere Wanderer - größtenteils Franzosen, die hier in direkter Grenznähe so häufig anzutreffen sind, dass im Refugio fast nur französisch gesprochen wird auch von den Angestellten.



___________________________________
Summary:

Wanderzeit: 9:30 - 16:00 Uhr
Höhenmeter:   Ca. 800 bis 850 ↑  (wegen leichter Etappenabweichung nicht exakt bestimmbar) ca. 1500↓
Distanz: ca. 18 km
Begegnungen:   unterwegs: 1 französisches Pärchen, im Refugio Jervis: relativ viele Wanderer (ca. 12 Übernachtungsgäste, einige Rast-Zwischenstationierer, darunter ein deutsches Pärchen, das in dieser Gegend ein paar Tage lang gewandert ist in Anlehnung an DIESES Buch)
______________________________________


11 Kommentare:

sam hat gesagt…

Das liest sich doch nach reinem Genußwandern. Ein super Ausblick ins Tal runter. 4-Gänge Menü das hat natürlich was. Ich könnte mir vorstellen, daß bei weniger Kalorienzufuhr so eine Wanderung doch gewaltig an die Substanz gehen würde.

Tschö sam

lizzy hat gesagt…

Sam, das mit der Kalorienzufuhr ist so ein Thema für sich ...

Frühstück in Italien ist ja eher spartanisch: helles Brot und was süßes drauf und gut. Dazu Kaffee. An manchen Orten - wie auch hier - war es mehr und umfangreicher aber weit weg von einem Hotel-Buffet oder so.

Dann haben wir unterwegs meist einen Happen aus dem Rucksack gegessen, in der Regel einen Bio-Müsliriegel z. B. Wobei das Unterzuckerungs-Problem mit kürzer werdenden Etappen und größer werdender Gewöhnung nicht mehr auftrat.

Und dann abends die Menüs, die zwar viele Gänge hatten und herrlich sättigten. Aber jeder Gang besteht NICHT aus unbegrenzter Fressmenge und manch einer ist auch eher kalorienarm (eingelegte Pilze z. B.), zum Nachtisch ("dolce") meist ein Stück Mürbeteigkuchen oder sowas. Manchmal auch Früchte - bis auf zwei Ausnahmen mit jeweils 1/4 l Wein pro Person. Sonstige Getränke: ab und zu einen Cappucino, sonst nur Wasser. Mehr haben wir nicht gegessen: Frühstück, einen winzigen Zwischensnack von jeweils immer unter 100 kcal. pro Person und dann das Abendessen. Achdoch: an einigen Tagen haben wir uns - wenn vorhanden - nach Ankunft im Quartier ein Eis am Stiel aus der Truhe genehmigt.

Volker fing an Tag 3 etwa an, seinen Gürtel enger und enger zu schnallen. Bei mir tat sich eine Woche lang NICHTS dergleichen. Dann merkte auch ich ganz ganz langsam, dass Körper bereit ist zu akzeptieren, was rausrücken zu müssen ... ich kam gerade mal 2kg leichter wieder zu Hause an.

sam hat gesagt…

Das hört sich schlecht für mich persönlich an. Ich muß meinem Körper nach solchen Tagen was "Anständiges" bieten, da er dann unersättlich ist. Soviel Substanz ist nämlich auch nicht da zum Abgeben. *g Meine Begleiter freuen sich zumeist auf das Gesicht der Bedienung, wenn ich anfange zu bestellen. :-))

Hättest Du mal Lust auf eine gemeinsame Tagestour?

Tschö sam

Uschi M. hat gesagt…

Ah! Der Hund! Ein Maremmano, nehme ich an. Die sind so schön. Und hüten, hab ich mal gesehen, ganz alleine. Ich frag mich nur, woher die ihr Fressen kriegen ( so ein Zwieback von vorbeilaufenden Wanderern reicht ja wohl kaum...)? Hast du da irgendwelche Erkenntnisse darüber, Lizzy?

Ansonsten: toller Bericht, aber ganz und gar nichts für mich. Zum Lesen aber richtig schön und interessant.

Trudy hat gesagt…

Diese Etappe mit den romantischen Wegen hätte mir auch gefallen.
Schade, dass du bereits selbständig ans Wasserschlabbern gegangen bist. Hayka hätte dir heute grad gezeigt, wie das geht.
Grüessli Trudy

lizzy hat gesagt…

Sam, natürlich gab es genug zum Sattessen. Und im Grunde hat man fast überall noch nachordern können; hungern muss im Piemont wahrlich niemand. Zudem hat ja jeder auch die Möglichkeit, sich noch was dazu zu kaufen bzw. gleich einzupacken (Geschäfte trifft man natürlich selten - aber fast in jeder Station wird ein Verpflegungspaket angeboten. Haben wir nur nie genommen. Gerade in so einem Urlaub noch zuzuehmen wäre ja völlig doof und ich habe wahrlich mehr als genug Substanz zum Abgeben ;)

Ja Uschi das ist die Rasse, wobei ich ihn als "Maremmen"-Hund kenne. Aber wir meinen auf jeden Fall dieselbe Rasse, die aus der Toskana stammt und dort auch häufig zu sehen ist.

Was das Fressen angeht, hab' ich mich das auch gefragt und aus noch einem Grund gehofft, dass der Besitzer von Hund und Schafherde möglichst bald auftauchen möge: der Hund hatte eine recht große Fleischwunde an einem Hinterbein und musste übel hinken. Er sah aus, als wäre der erst kürzlich der Aufgabe nachgekommen, für die er bei Schafherden gehalten wird: als hätte er mit einem Wolf gekämpft. Er tat mir sehr leid aber ich glaube schon, dass die Hunde im Grunde versorgt werden. Sie sind ja auch wertvoll für den Besitzer und Schaf- und andere Nutztierherden hat man immer nur in relativer Nähe zu Ortschaften angetroffen und nicht selten war auch gerade ein Mensch oder sogar mehrere zu sehen, die dazu gehörten. In diesem Fall allerdings nicht. Es war da etwa mittag - könnte also noch am selben Tag jemand gekommen sein zum Nachsehen, Füttern etc.

Daran hängt noch ein Thema: natürlich gehe ich nicht auf jedes Detail ein, das mir unterwegs begegnet ist. In diesem Fall nochmal vom "Leid der angetroffenen Wesen" - wenn auch wieder anders .. zu schreiben, habe ich bewusst vermieden. Obwohl es ein inneres Thema für mich war an dem Tag. Sehr sogar. Und natürlich gab es an vielen Tagen viele innere und äußere Themen, die hier nicht zur Sprache kommen. Manchmal kommt nichtmal das beherrschende Tagesthema zur Sprache. Mein Blog bringt echte Ausschnitte. Aber eben immer nur Ausschnitte aus dem Gesamtbild. Und nicht zwingend immer die (für mich) zentralen.

Oder eben, wenn jemand gezielt nach etwas fragt, dann kommt auch das auf den Tisch. So wie du jetzt ;) Dann ist mein Redefluss wiederum kaum zu stoppen, sorry ... Was ich hiermit aber doch tue: das Thema stoppen. Auch wenns schwer fällt ... ;o)

Trudy, so eine Hayka hätte ich natürlich gerne dabei gehabt ;) Aber ohne Wasser überlebt Mensch nicht so lange, dass Warten funktioniert hätte *s*

Anonym hat gesagt…

Vielen Dank für die schönen Bilder ! Im August werde ich genau diese Wanderung machen und freue mich jetzt schon!!!!!
Ist es eigentlich nicht nötig Unterkünfte zu reservieren ??? Es scheint ja doch recht leer auf dem Weg zu sein!!!

lizzy hat gesagt…

Hallo,

das mit den Unterkünften ist sehr unterschiedlich.

Überall habe ich gehört und gelesen, dass es im August am vollsten ist.

Einige der Unterkünfte haben nur wenige Betten, so dass es mit zwei Gruppen schon voll sein kann, wenn die sich zufällig treffen.

Wie voll, das kann ich nicht beurteilen.

Wir haben meistens von Etappe zu Etappe voranmelden lassen vom vorherigen Wirt. Das gehört zum Service und sie tun es gerne, haben die Telefonnummern etc.

Mehrmals waren wir auch nicht angemeldet und es hat immer funktioniert. War aber auch Glück. Einmal wurden wir dafür getadelt - das war in Campo Base. Dort waren 30 von 36 Betten belegt (in einigen Gegenden wie dem Mairatal und um den Monviso herum, ist es auch außerhalb der Hauptferienzeit etwas lebendiger.

Und einmal, bei Lou Saret im Varaitatal (super Unterkunft - eine der herausragenden!), der nur 10 Betten hat und alles scheinbar alleine wuppt, kamen wir just in der Minute als er einkaufen fahren wollte. Fünf Minuten später und die Türe wäre verschlossen gewesen, niemand hätte gewusst, ob und wann er wiederkommt, noch was frei ist, er genug fürs Abendessen gekauft hat ...

Bisschen sind wir auch immer danach gegangen, ob - im Falle des nicht-Falles - auch eine Alternative existieren würde und um welche Uhrzeit wir vermutlich eintrudeln werden.

Babs hat gesagt…

Ich schmunzle gerade über diese Zweideutigkeit: "...wenn der Druck nach vorne schiebt und das Gewicht stark darauf lastet. Es wird aber von Tag zu Tag weniger und ich bin guter Dinge..." Ach, es geht ja um die Blase, die weniger wird. Sonst nur 2 Kilo - menno, da wünscht man sich doch schon etwas mehr bei so ner Tour.

LG,
Babs

Anonym hat gesagt…

Hey! Vielen Dank für die Antwort die Unterkünfte betreffend!
Ich hatte schon Sorge, dass ich Monate vorher reservieren muss! Aber von einen Tag auf den anderen ist es natürlich kein Problem..... man merkt wohl....so eine Tour mit Gepäck habe ich noch nicht gemacht! Aber ich freue mich wahnsinnig! Und Karten und Buch-Material habe ich auch genug! Und alleine bin ich auch nicht! Wir sind zu dritt!

Wenn noch jemand Tipps hat????
Anita

lizzy hat gesagt…

Hallo Anita,

frag' doch einfach mal per Mail bei z. B. den kleinsten Unterkünften an, wie die Erfahrungen für den August sind. Sind ja fast alle per Mail erreichbar.

Auf alle Fälle wünsche ich mindestens so viel Spaß, wie wir ihn hatten ;)

Gruß
Lizzy