12 November 2011

Multimehl-Gewürz-Grissini


Irgendwann, als ich an ziemlich miesen Grissini rumknabberte, die nach einer faden Mischung aus Altpapier und Sand schmeckten (ich weiß: es gibt auch leckere zu kaufen. Aber  in dem Fall hatte ich nunmal daneben gegriffen ... vermutlich sparen wollen ... ), überlegte ich mir: "Da is doch eigentlich fast nix drin, in den Dingern. Außer Mehl. Bisschen Wasser, Hefe, Öl und Salz vielleicht noch ... die müsste man doch auch selber backen können." Und weil ich außerdem dazu neige, immer alle möglichen und unmöglichen Mehlsorten zusammenzukaufen (neben vielen anderen möglichen und unmöglichen zusammengekauften Dingen ...), hatte ich - bis vor kurzem - meist viel mehr Mehl im Haus als ich üblicherweise in mehreren Monaten zu verbacken in der Lage war.


Das ist inzwischen nicht mehr der Fall. Seit ich Grissini  (und Ciabatta) selber backe, kaufe ich sogar permanent Mehlsorten nach, verbacke sie im Wochenturnus und jeder Besuch, jeder von mir Beschenkte und überhaupt jeder, der sich nicht wehrt, muss Grissini knabbern bis sie ihm zu den Ohren rauskommen (hab' noch nicht beobachtet, dass das bisher schon der Fall gewesen wäre).


Inspirieren lassen habe ich mich von diesem Rezept bei Chefkoch.de. Wobei aber der dort genannte Hauptbestandteil: Mehl vom Typ 450 bei mir nie dabei war. Von Anfang an habe ich meine vorhandenen Mehlsorten fröhlich durcheinandergemixt, was auch bei der Wassermenge jeweils zu Differenzen führt. Der Teig sollte halt nicht fettig oder klebrig sein. Sondern eher leicht und weich. Hier das Grundrezept:


Grissini

Zutaten:


500 g Mehl
1 Pck. Hefe, (Trockenhefe)
250 ml Wasser
2 - 3 TL Salz
3 EL Olivenöl (oder irgendwelche passenden ähnlichen Öle: Sesam, Nuss ... auch dazugemischt)

(zum Reinmischen oder Drüberstreuen: Sesam, Kümmel, Schwarzkümmel, Gewürzmischungen, Kräuter(-mischungen), grobes Salz, Mohn .... der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt)

Zubereitung:

Mehl, Trockenhefe, Wasser, Salz und Olivenöl in eine Schüssel geben und ca. 10 Minuten lang verkneten. Ich mach' das erst per Knethakenmixgerät und dann später mit der Hand weiter. Wenn der Teig glatt und elastisch ist, mit einem Küchenhandtuch bedeckt 10 Minuten ruhen lassen, dann nochmals durchkneten.
Ich teile den Teigklumen in meist drei kleinere und verarbeite jeden einzeln. Weil der Teig im Verarbeitungsprozess weiter aufgeht und dabei dann schnell klebrig wird.

Die Teigklumpen zu einem Rechteck von ca. 1/2 cm Dicke ausrollen, in ca. 1/2 - 1 cm  breite Streifen schneiden - ich nutze ein Teigrollrädchen. Die Länge der Streifen sollte kürzer gewählt sein als die Grissini werden sollen. Wie lang sie gewünscht sind, ist natürlich Geschmackssache und irgendwann kommt mit der Übung ein Händchen dafür, was gut passt.

Jetzt die Streifen etwas rund rollen oder auch verzwirbeln. Die einzelnen Streifen auf ein Backblech legen, mit Wasser bestreichen (oder kurz durch einen flachen mit etwas Wasser gefüllten Teller ziehen) und mit Kräutern, Salz, Sesam oder Mohn bestreuen (bzw. ebenfalls auf einen Teller tun und die gewässerten Teigstreifen kurz reintunken.)

Im vorgeheizten Backofen ca. 15 Minuten bei 200°C backen.

Auf einem Drahtrost auskühlen lassen.



Ist im Grunde alles relativ einfach - aber doch auch ein bisschen zeitaufwändig. Eine Menge füllt ca. 4 Backbleche. Was ich bei meinen - ich glaube bisher 4 - Grissini-Backversuchen festgestellt habe:

  • Es ist besser, nur jeweils eine Menge anzusetzen und zu verbacken. Der Versuch, mit doppelter Menge rationell sein zu wollen und ordentlich viele Grissini in einem Durchganz zu prouzieren, endet schnell mit viel zu weich werdendem, matschigen Teig, der sich nur noch mühsam verarbeiten lässt und hässliche Verformungen fast schon erzwingt. Mit ungleichmäßigem und unbefriedigendem Backergebnis gegen Ende der Session.
  • Mindestens die 50% des Mehls sollte Weizenmehl sein. Dadurch wird die Teigkonsistenz harmonischer
  • Ein kleines bisschen - aber auf keinen Fall zu viel - beigemischtes Roggenmehl gibt einen würzigen Geschmack
  • Mindestens zwei TL Salz sollten es schon sein. Besser 2 1/2 - sonst schmecken die Grissini etwas fade
  • Wenn Kräuter wie Rosmarin oder Thymian verarbeitet werden sollen, arbeite ich sie lieber IN den Teig ein statt sie drüberzustreuen. Fällt erstens nicht soviel daneben und zweitens schmeckts intensiver und sie backen drittens nicht an der Oberfläche quasi mit (was Sesam- und anderen Körnchen geschmackstechnisch aber eher sogar gut bekommt).
  • In Zellophan mit bunten Bändchen drumherum machen die Dinger als Mitbringsel richtig was her
  • Nicht zu früh in Blechdosen geben sondern gründlich auf dem Rost auskühlen lassen. Sonst werden sie weich und verlieren von ihrer Knackigkeit.
  • Vermutlich halten sie - weil sehr trocken und cross - ziemlich lange in Blech- oder Plastikbehältnissen. Der praktische Test dazu steht aber bei uns noch aus. Bisher waren sie immer in Nullkommanix alle ;-(

31 Oktober 2011

Chill dir nen Ultra - Röntgenlauf 2011

"Bisse bekloppt oder was? Ich lauf' doch keinen Ultra!"

Irgendwann um diesen meinen Ausspruch herum - also so ungefähr Höhe Halbmarathon -  wäre es ihm klar gewesen: dass ich durchlaufen werde. So behauptete er zumindest hinterher. Der eine von den beiden ziemlich humorigen  Mitläufern, die mir 50 Kilometer lang hinterhältigerweise vorgaukelten, sie wären auch so langsam wie ich  *Hallo Thomas, Hallo Manfred*

Und dann bei Kilometer 55 abzogen als hätten sie nochmal frische Beine untergeschnallt. Oder lag's daran, dass meine Beine nicht mehr ganz so frisch waren und ich deutlich langsamer wurde? Aber ich wär' wohl auch ohne die beiden weitergelaufen. Waren ja noch genug interessante Leute und Gespräche außerdem rundum. Und Ruhe zum Glück auch mal ... vielleicht aber auch nicht ... wer weiß das schon so genau ...

Achnee, der Reihe nach, oder? So mit Weckergeklingel am Anfang. Dummerweise werd' ich meist ohne Weckergeklingel wach und vor so'nem Lauf schon sowieso.

Aufgehört hat's jedenfalls - viele viele Stunden später -  damit, dass mich meine -

A C H T U N G !  W E R B E E I N B L E N D U N G!

.....  meine wunderbaren Lieblingslaufschuhe "Adidas Chill": babyblau, gekauft im Mai 2011 am Lake Tahoe in Kalifornien für - wenn ich recht erinnere - ca. 27 $. Ungedämpft, ohne jeglich Stütze oder Führung und mit beweglich eingekerbter Sohle. Leichter als viele berüchtigt leichte Racer.

ENDE  WERBEINBLENDUNG

... sie  trugen mich gestern, Sonntag den 30. Oktober 20118 Stunden, 45 Minuten und 33 Sekunden nach Anpfiff, beim Röntgenultralauf über 63,3 Kilometer durchs Bergische Land, über Höhen (knapp 900 Höhenmeter) und durch Täler ... wohin trugen sie mich? Na ins Ziel doch.

Das wäre er dann auch schon. Eigentlich. Der Bericht. Marathon war geplant und gemeldet - im Hinterkopf der Ultra. Reizvoll am Röntgenlauf:  Marathon und Ultramarathon kosten nicht nur genauso viel Meldegebühr. Jeder Läufer kann auch unterwegs erst entscheiden, ob er das eine oder andere wählt. Zwar ist an der Startnummer der ursprüngliche Plan erkennbar. Laufen LäuferInnen aber weiter oder steigen vorher aus, so gilt die gelaufene Distanz. Urkunde und Medaille werden entsprechend verliehen. Narren- und Entscheidungsfreiheit bis zum letzten Meter.

Aber hätte ich diese leichten Schläppchen wirklich gewählt, wenn ich nicht spätestens davon erhofft hätte, von dieser völlig irren Idee: vom Marathon um nochmal nen halben Marathon auf eindeutigen Ultra - was dann der erste solche für mich wäre -  zu verlängern ... abgebracht zu werden? Wer jetzt denken mag: ach, die Chills sind sicher wie die Nike free und damit laufen manche Irren ja auch Marathon, der irrt ein bisschen. Denn: die frees habe ich auch. Und nicht im Traum käme ich auf die Idee, mit denen einen Wettkampf mitzulaufen oder sie gar für einen Marathon zu wählen. Sie machen mich schlappig und behäbig. Sind bequem aber langsam.

A C H T U N G !  W E R B E E I N B L E N D U N G!  Ganz anders die Chiller. Sie machen und lassen die Waden leicht und locker, die Füße schnell ... - ENDE DER WERBEINBLENDUNG -

... naja gut, was bei mir eben so "schnell" heißt  ...

Aber was ist zu erwarten bei einer durchschnittlichen Wochen-Laufleistung (über's Jahr gesehen) von unter 35 Kilometern? Als Vorbereitung für einen Ultra gilt 1 [in Worten: EIN ! ] langer Lauf im gesamten letzten halben Jahr über sage und schreibe 30 Kilometer auch als eindeutig suboptimal. (wobei 'ne Bergwanderwoche im Wellnesstempo dazukommt. Vermutlich auch nicht der Hit an Laufvorbereitung aber immerhin für die Ausdauer brauchbar). Sogar für nen Marathon eher leichtfertig. Noch dazu, wenn sichs um nen Marathon auf - ich kann das jetzt mal wirklich unterstreichen - sehr anspruchsvoller Strecke handelt. (so, genug Vorgeplänkel, das natürlich dazu dient, meine "Leistung" von  unterm Scheffel  - oder hätt' der Quatsch da mal besser versteckt bleiben sollen? - ins strahlende Scheinwerferlicht der kritischen Blogleseröffentlichkeit zu zerren.)

Erstes Drittel Röntgenlauf: Menschenmassen - noch sind auch die vielen Halbmarathonis mit am Start und Walker - ergießen sich auf die Strecke, die erstmal eine Rundschleife durchs Örtchen führt. Erst ordentlich hoch, dann wieder ordentlich runter, ordentlich hoch ... und so weiter über die ganzen folgenden Kilometer. Ab und zu sogar *uffff* so RICHTIG ORDENTLICH HOCH und runter (steil runterlaufen find' ich ja eh klasse! Fühlt sich immer ein bisschen so an als würde ich gleich losrollen und als ob das Gewicht mal fast nen Vorteil wär').

Am Rand der Strecke auf erstem Drittel für meine Begriffe nahezu Menschenmassen mit Ratschen, Schnarren, Tröten, Pfeifen, Glocken ... LÄRM, ein HÖLLENLÄRM! Hey, ich bin hier unter anderem hergekommen um einen ganz idyllischen Landschaftslauf zu laufen. Mit Vögleingezwitscher, Rauschen der Blätter im kühlen Herbstwind ... 

Bilder gibt's diesmal übrigens keine von mir - keine Lust gehabt, das Fotodingen auch noch mitzuschleppen. Wer mag, der drehe sich einen eigenen Kopfkinofilm. Kulissenanweisung dazu: idyllische Orte mit Schiefer- und Fachwerkhäusern, von Wasser angetriebene Mühlräder. Weite, einmal sanft geschwungene dann wieder deutlich mittelgebirgige Felder, Wälder und Wiesen in Morgen-,und später dann Abendnebel. Dazwischen wenn auch eher seltene Sonnenstrahlen. Wald- und Feldwege mit Steinen, Wurzelpfade und Dorfstraßen, hohe Bahn- und sonstige Brücken. Bäume jeglicher Herbstcouleur: hell-, dunkel, gold- und leuchtend gelb. Dasselbe Spektrenfeld auch  in rot und braun und viele auch noch in grün. Gluckernde Bäche am Wegesrand, (Stau-)seen, Pferdekoppeln, Aussichtspunkte ...

Nach Zieleinlauf der Halbmarathonis - selbe Strecke mit lediglich geteilten Mittelabzweigen: ins Ziel oder weiter. Für mich natürlich weiter  - wird's endlich ruhiger. Keine Menschenmassen mehr, kaum noch Schnarren, Knarren und Tröten. Selten bei Ortschaftenberührung - aber erträglich. Nur hier und da Wanderer und Spaziergänger. Das verbliebene Marathon- und Ultrafeld entzerrt sich. Ab hier: die immer gleichen Begleitgesichter (um nicht zu sagen: Pappnasen :-p  ) bis zum Marathonziel. Launige Gespräche, viel Gelächter und Spaß - die Bergabpassagen immer noch mit Schwung und Schmackes genommen.

Soll ich behaupten, dass ich extra bequem gelaufen bin? Würde bis zum Halbmarathon noch halbwegs stimmen. Da kam ich nach ca. 2:25 h an (leider stehen bei mir in der Zeitmessung die genauen Splitzeiten nicht). Das war noch einigermaßen stressfrei. Nach gut 5:20 h (und damit nur knapp 10 Minuten vor "Cut off Zeit", nach der ich gar nicht mehr hätte weiterlaufen dürfen) beim Marathonziel wäre es glatte Hochstapelei. Maximal 10 Minuten schneller wäre bei Vollgas VIELLEICHT! möglich gewesen. Mehr auf keinen Fall.

Hier lief ich - komplett denk- und hirnfrei - statt ins Marathonziel - auf der Ultraspur weiter und zum direkt dahinter liegenden Versorgungspunkt. Wo ich empfangen wurde mit: "Na siehste woll! Datt Mädel hat nich nur die richtichen Ultragene - et  iss auch noch vernünftich!" Tja ... is eben alles 'ne reine Definitionssache mit der Vernunft ....

Kurz mich selbst gefragt, wie's mir denn so gehen mag. Das schon. Antwort: "och, eigentlich nicht viel schlechter als beim Big Sur" ... also: VOR dem Start ... na dann ...

Andererseits: hätte es nicht SO schön enden können?! Einen derartig anspruchsvollen Marathon gelaufen zu sein und immer noch einigermaßen fit? Ich meine: wo steht geschrieben, dass frau IMMER völlig vernichtet ins Ziel zu kriechen hat?! NIRGENDWO STEHT DAS. ICH DEPP!

So schnappte ich mir die leckersten aller frisch gebackenen Müsliriegel (was für eine Luxusversorgung!), Cola und was frau sonst noch so braucht für unterwegs und außerdem mein Handy.

 Vermeldete nach München an den besten aller Ehemänner, dass ich gerade durchs Marathonziel eines wirklich stramm-schwierigen Landschaftsmarathons gelaufen wäre und dann, den herzlichsten Ehemannglückwünschen ins Wort fallend ... jetzt allerdings noch ein bisschen weiterlaufen würde ...  ... ich glaube nichtmal, dass er sich sonderlich drüber gewundert hat ...

Dummerweise und um die letzten gut 21 Kilometer hier nicht ganz so lang werden zu lassen wie sie mir erschienen (gefühlt mindestens ein 100 Meilen-Lauf zwischen Kilometer 55 und 60): alle in meiner Nähe befindlichen zogen ab als wäre es normal, das letzte Drittel am schnellsten zu laufen. Hinter mir immer weniger.  Wofür ja schon die Cut-off-Zeit im Vorhinein gesorgt hatte. Von den wenigen zogen noch einige an mir vorbei.

Dann über einige Kilometer eine Organisatoren-Jungmann-Radbegleitung: ich konnte ihn aufmuntern - fast hatte er es geschafft. Nach einem Tag im Fahrradsattel. Auch den Versorgungsständen unterwegs zollte ich zunehmend großes Lob: "Super, Wahnsinn! Ihr macht das so klasse!" und: "bald habt ihrs geschafft - kommen nicht mehr viele!" :o)   Ohne ein bisschen Galgenhumor und Dummwitz geht gerade am Schluss bei mir gar nix mehr.

Ja - und irgendwann nach einem wirklich langen Tag auf den Beinen - war auch ich im Ziel. Medaille mit der - viel zu dezent *pfff* ;-) eingravierten Zahl: 63,3 km.

Im Zelt die Interims-Begleiter fast alle noch da. Große gegenseitige Gratulationen, Endorphinmassen wabern durch die Abendluft, auch die letzten Läufer treffen ein. Alle glücklich, alle zufrieden.

Von Mitläufer-Abhol-Freundin Zigarette geschnorrt und sehr genossen. Dann von Orgahelfer-Ehepaar auf absolut privater Basis ins  fast 4 Kilometer entfernte Hotel gefahren worden. Völlig ohne mein Zutun das nette Angebot, von mir glücklich angenommen. So viele freundliche Helfer und Menschen. Das ist auch der Röntgenlauf!


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Bestandsaufnahme am Tag danach:

weitgehend wohlauf. Psychisch absolut.
Physisch: Laufen ginge heute noch nicht. Nichtmal kleinste Joggingschritte. Warum? -> Harte Oberschenkel und ultramäßiger Muskelkater im Po. Die viele Umsteigerei mit oft knappen Anschlusszügen war eine echte Herausforderung - Stichwort: Bahnhofstreppen ....
Waden: locker, problemfrei und weich
Füße: nach bzw. mit Hilfe des Coolpack aus'm Hotel schnelle Verminderung der anfänglich aufkeimenden Schmerzen. Leichte Schwellung an Problemferse rechts ging auch wieder zurück.  Sieht gut aus soweit. Mal die Woche abwarten (ausruhend, versteht sich ;)

30 September 2011

nicht vom Brot allein - Antipasti und charismatische Mitwesen

Antipasti bei "Carlina"


Wer würde in einem weitgehend unbevölkerten piemontesischen Tal, in fast unbewohnten Ortschaften der Bergwelt - wer würde dort Abend für Abend ein 5-Gänge-Menü aus meist frischen und fast ausschließlich Bio-Zutaten erwarten? Wir hatten es nicht erwartet. Und was bekamen wir? Genau DAS!

Ich habe nur wenig der Köstlichkeiten geknippst. Meist essen alle Anwesenden - auch die Familie - gemeinsam. Da kam ich mir zu blöd vor, ständig mit der Kamera anzurücken. Daher nur wenige Ausnahmen von "Anfang" und "Ende". Das "Dazwischen" möge die Fantasien beflügeln - es war es allemal wert!


Birra und Dolce bei Carlina


Auch Wein allein muss es nicht IMMER sein - aber fast immer schon ;) und ab und zu auch mal einen Grappa oder Bio-Genepy zum Abschluss nach Dolce und Espresso.

So kam es, dass ich fast alle Bio-Müsliriegel, das Studentenfutter und die Obstschnitten wieder mit nach Hause geschleppt habe. Wer gibt sich schon mit plastikverpacktem Zeug ab, wenn es abends 5-Gänge-Menüs gibt ...


... obwohl auch der selbst mitgeschleppte Luxus nicht zu verachten ist (in einen 12 kg schweren Rucksack noch Bunsenbrenner, Gaskartusche, Pozellantassen, Espressolöffelchen und braunen Rohrhzucker zu den Espressotütchen zu packen, erfordert durchaus etwas Überwindung - aber was tut frau nicht alles für einen schnöden kleinen Überraschungsmoment, in dem sie sich toll fühlen darf ;-) 

Dauerhaft laufende Brunnen mit frischem Quellwasser finden sich übrgens in allen - auch den verlassenen - Ortschaften reichlich. So muss der Wanderer nicht allzu viel Getränke im Rucksack mitschleppen. Trinken und Nachfüllen ist fast überall möglich.


Maria Schneider - permanent in Aktion und gefragt

 Maria Schneider (weit über die Grenzen des Tals hinaus bekannt und geachtet) - mit einem ihrer Hunde.

Im Gebäude dahinter (dort hatte ich die Digicam nicht mit) geschmackvollste künstlerische Arrangements, eine Hightech-Industrieküche, in der allabendlich mehrere Saisonkräfte atemberaubend leckere Menüs zaubern.
Allerdings nicht "a la carte". Gegessen wird - hier wie überall unterwegs - das einzige Menü des Tages. Also das, was auf den Tisch kommt. Vorabgefragt wird lediglich, ob vegetarisch oder nicht gewünscht wird.

Voranmeldungen sind unerlässlich, werden aber gerne vom vorhergehenden Quartierwirt am Morgen für die Abreisenden - und in unserem Falle sprachlich alles andere als versierten - Gäste erledigt. Jeder kennt hier jeden im Tal.  
In zwei der Quartiere waren wir - Michaela und ich - die einzigen Gäste (die Ferien sind vorbei, die Saison neigt sich dem Ende zu). Und doch wurden wir bekocht und bewirtet vom aller allerfeinsten! Da wundert es nicht, dass jemand ausgeschickt wurde, die Hänge, über die wir eigentlich ankraxeln mussten, mit dem Feldstecher nach uns abzusuchen als wir deutlich später dran waren als zu erwarten gewesen wäre.

Neben der Sorge um unser Wohlergehen - das immer und immer wieder glaubwürdig, echt und herzlich zu spüren war, hätte noch ein weiteres Problem beim Ausbleiben bestanden: "Wer soll das alles essen?!"


Restaurant und Bar "Carlina"
 
Dieses Restaurant samt Bar (siehe oben) und diese Küche (siehe unten) befindet sich in Ussolo - einem Bergdorf mit nur ca. 10 ständigen Bewohnern. Jedenfalls im Sommer - im Winter ist es verwaist.  Das Posto Tappa "La Carlina" hatte aber dennoch neben uns beiden einzigen Schlafgästen (die Übernachtungszimmer befinden sich etwas entfernt in einem anderen Gebäude) auch weitere einheimische Kunden, die zum Essen vorbeikamen, vorbestellte Pizzen abholten und hier die Gelegenheit nutzten, aushäusig gut bewirtet zu werden. Dafür lässt es sich auch ein paar Ortschaften weit fahren.




Wie urig und teil marode viele Häuser auch von außen aussehen mögen. Überall trafen wir auf saubere, gepflegte und zweckmäßige Innen-, Küchen-, und Sanitäreinrichtungen.



Duschen in Ussolo


Matteo und Virginia  Laugero in ihrer Posto-Tappa-Küche in Palent

Matteo ist zuständig für die "geistreichen" Genüsse

Posto Tappa in San Marino - im Centro Culturale von Maria Schneider

In den meisten Unterkünften (nicht überall - aber es gibt ein vollständiges Unterkunftsverzeichnis des Mairatals, in dem man alles notwendige nachsehen kann) existieren auch (teurere) Doppelzimmer neben den Posto Tappa Betten, die Matratzenlager oder Stockbetten in Mehrbettzimmern sind.

Im Centro Culturale waren alle Zimmer auch außerhalb der Saison ausgebucht. Maria Schneiders Ruf und das des Hauses sorgt für regen Zuspruch. Nur unser "Zimmer", die Posto-Tappa-Saal war frei. Wir waren die einzigen Gäste in diesem größten und im Grunde schönsten aller Zimmer. Mit eigenem überdachtem wundervoll eingerichtetem Balkon und vielerei liebevoll bedachten "Extras".

Die Gäste - viele bleiben für Tage oder Wochen und unternehmen vom Standort aus Wanderungen - sind hauptsächlich Deutsche und Schweizer. Viele kommen schon seit Jahren immer wieder. Aber gerade jetzt beginnt es sich immer weiter herumzusprechen. Am Tag unserer Ankunft kam auch eine acht(?)köpfige Männer(Kollegen-)Gruppe aus Münster via Flug nach Nizza und von dort per Mietwagen weiter ins Mairatal, angereist. Nur einer von ihnen kannte das Tal und Marias Schneider Perle in der Wildnis. Sie kamen nach dem Motto: " Kommt doch mal mit - ich kenn' da was so irres, das MUSS ich euch zeigen ... Das ist DER Wahnsinn ...!" und auch den anderen neuen Gästen fiel - genau wie uns beiden - angesichts dieser unerwarteten Schätze in fast menschenleerer Bergwelt die Kinnlade langwierig runter und wollte sich kaum  einrenken lassen. Beim Essen dann klappte es aber doch wieder ;-)


Ussolo


Posto Tappa "L'Artesin" in Clari

Posto Tappa in Clari bei Elva


Posto Tappa in Palent

der "Clint Eastwood" vom Mairatal
 Das Bild von mir nur abfotografiert von einer im Gastraum in Ussolo aushängenden Fotoausstellung mit "Gesichtern des Valle Maira". Tolle Fotos - und tolle Gesichter. Die (überwiegend recht betagten - Familien mit Kindern finden hier kaum die nötige Infrastruktur - noch nicht) Bewohner des Tals fast alle in bewusster Entscheidung und Stadtabwendung hier (wieder)angesiedelt. Engagierte, idealistische und vielseitig interessierte Menschen. Wie mir schien: überdurchschnittlich offen und vorurteilsfrei, selbstbewusst und voller Visionen.


für alle Wesen wird gesorgt

emanzipierte Kater helfen bei Aufzucht ihrer Jungen und halten Wache
 In Palent war fast das erste, was wir noch vor Einchecken im Posto Tappa entdeckten, eine Katzenfamilie, die heute - so erfuhren wir erst später von Virginia, der Besitzerin mehrerer Katzen und Hunde - zum ersten Mal aus ihrer Geburtshöhle ins Licht geführt wurden.

Papa Mimi (der schwarz-weiße Kater) hilft beim Popo-Abputzen der Kleinen, schmust und kuschelt mit allen und natürlich bewacht er sie vor neugierigen Wandersfrauen mit Digitalkamera.


zwei von vieren



Am zweiten Tag im Licht der Herbstsonne wird die Wohnstatt näher an die Futtertröge verlegt. In zwei "Marschschichten" mit je zwei Minimiezen.  Die Katzenmama passt zwar auf. Aber sie verlangt den ca. 3wöchigen Kätzchen einiges ab. Sie purzeln fast kopfüber Hänger herunter, Treppen abwärts und müssen ziemlich unwegsame Wege zurücklegen. Dagegen waren unsere Wohnungswürfe echte Weicheier - total überbehütet vom Menschen.


auch eine neugierige Katze im Bett kann schon mal vorkommen :-)

überall - auch hier in San Martino: Hunde und Katzen in Freundschaft und Harmonie
Mieze und Hund sind gleich alt. Leider verschwinden auch hier gelegentlich die Tiere. Jedes der beiden hatte einen gleichaltrigen Gefährten gleicher Art. Und beide werden vermisst. Ein weißes Kätzchen und ein Boarder-Colli-ähnlicher junger Hund. Von Greifvögeln gefangen? Oder von Wölfen? (die es angeblich im Valle Maira geben soll - gesehen oder gehört haben wir aber nix davon. Vorstellen konnte ich es mir auch nicht wirklich).
 Meine Vermutung: vom Menschen geklaut. Denn beide (verschwundener Hund wie verschwundene Katze - wir haben Bilder gesehen) waren ausnehmend schöne Exemplare ihrer Art.

Hütehund für Wandersfrauen. Arbeitet aus Freude und ohne Lohn.

Diese Boardercollie-Hündin sah uns in einer winzigen Ortschaft durchwandern. Dort wurde ein altes Haus renoviert, sie schaute gelangweilt bei den Bauarbeiten zu. Entschloss sich dann, in Ermangelung von anderen zu hütenden Wesen, die beiden Wandersfrauen bis zur nächsten Ortschaft - ca. 5 Kilometer und damit eine gute Stunde lang - durch Wälder und über Hügelpfade hügelauf und hügelab - zu begleiten. Immer etwas voraussprintend, sich aber ständig vergewissernd, dass wir ihr nicht abhanden kommen, geleitete sie uns freundlichst und voller Energie des Weges, sah uns nach, wie wir im Örtchen verschwanden, dort auf zwei ansässige Männer trafen, die wir nach dem weiteren Wegeverlauf fragten.

Das schien die Hündin zu der Überzeugung zu bringen, ihren Job erfüllt zu haben. Sie drehte um und sprintete in atemberaubendem Tempo zurück in Richtung ihres Wohnortes.


Snoopy - einer von 3 Hunden Virginias. Was für ein "Hundeleben" hier in Palent ;-)

"vendesi"

Traumplätze für Menschen und Tiere. Wen wundert es, dass mich jeweils ein Kribbeln befiel, wenn an diesen (s. o.) "zu Verkaufen"-Schilder hingen ... ? *seufz*





Neben wenigen Kühen und Ziegen finden sich auch "wilde Tiere"  im Mairatal. Hauptsächlich allerdings die kleineren Arten: es wimmelt und huscht von Eidechsen, springt, flirrt und schwirrt von bunten Grillen und vielfältigen Schmetterlingen in auch größeren Schwärmen wo man geht und steht.

Größere Tiere - Rehe, Falken, nur recht wenige Vögel ansonsten, wie ich fand - sahen wir zwar. Aber eher selten dafür, wie ruhig und weit einem die Welt dort scheint. Es ist eben auch karg. Jedenfalls auf der sonnigen Südseite. Die waldige Nordseite ist kühler, von Tieren bewohnter und hat ein etwas anderes Klima.

Zwei Nächte lang röhrte ein brünftiger Hirsch direkt hinter dem Haus, in dem wir schliefen stundenlang so laut, dass an Schlaf nicht zu denken war. Ich hab' mich aber nicht rausgetraut in die Dunkelheit - obwohl ein Foto mich schon gereizt hätte.

Habe ich es schon erwähnt? -> es ist eine kostbare Perle im abgelegenen Teil des Piemont, das Mairatal. Ich werde wiederkommen!

*

29 September 2011

Hauptsache grün! Oder doch lieber Gelb? -> Sentieri silenziosi - Percorsi Occitani - Valle Maira im Piemont


Oft gesucht - meist (aber eben nicht immer ;) gefunden  : der gelbe Balken, der den Rundwanderweg des Mairatal markiert. Den "Percorsi occitani" (übersetzt etwa: okzitanische Durchgangswege), der in zwischen 12 und 15 Einzeletappen durchs Mairatal im Piemont führt.







Es gibt diverse Alternativrouten, Zusatzschlenker, Überschneidungen mit anderen und weiteren markierten Wegen. Für uns blieb mit 8 Urlaubs-, davon 6 Wandertagen (es ist ein bisschen umständlich hinzukommen, ins abgelegene menschenarme und fast touristenlose Tal im Piemont) nur Zeit für einen kleinen aber doch recht umfassenden und vor allem wunderschönen Gesamteinblick.Die Gebiete im Hochgebirge allerdings haben wir nicht touchiert und so fanden die 6 Wandertage auf einer Höhe zwischen 1.000 Meter über Null und fast 1.900 Metern statt. Die - mit meist mehreren hundert Einwohnern etwas größeren  - niedrigen Talorte des Valle Maira liegen auf einer Höhe von ca. 1.000 m ü.nN.



Alte Dörfer und kleine Ansiedlungen. Lange komplett verlassen gewesen - in den letzten Jahren wieder langsam teilbevölkert - finden sich zwar viele menschliche Spuren am Wege. Selten jedoch die dazugehörigen Menschen, da fast alle Häuser insbesondere außerhalb der Ferienzeiten leer stehen.

Die meisten verfallen weiterhin - inzwischen scheint aber angekommen zu sein, dass es sich um einmalige Schätze handelt und so sind viele Renovierungsarbeiten, Erneuerungen, Wiederbesiedlungen, Unterkünfte unterschiedlicher Komfortstufen und Verkaufsschilder zu finden an Häusern und Ruinen, die jahrzehntelang ein verfallendes und unbeachtetes Dasein im abgelegenen Tal führten, das zu den am dünnsten besiedelten Regionen Europas zählt und bis vor kurzem eine mit Alaska vergleichbare Bevölkerungsdichte (oder -dünne?) aufwies. Doch wie erwähnt: momentan findet eine sanfte Wiederbesiedelung und ein wachsender "sanfter" Tourismus statt und wer den jetzigen - unglaublich verzaubernden - Charme noch erleben möchte: JETZT bzw. bald oder nie mehr (denk' ich mal so ...).



 Die sonnige Südseite jetzt im Herbst mit nur wenig Farbe gesprenkelt.Bei näherer Betrachtung finden sich eine unglaubliche Vielzahl an Kräutern und Blumen: Lavendel in großen Flächen (jetzt zwar verblüht aber noch sichtbar), mehrere Thymiansorten, Oregano, Schafgarbe,  Rosmarin, Salbei und viele viele andere. Wermut wird in großen Flächen auch zur Ernte und Weiterverwertung kultiviert. Ganze Hänge sind übersät mit Hagebuttenbüschen.Hasel- und Walnüsse säumen die Wegesränder in tieferen Lagen.

Auf jeden Fall werde ich in einem Frühling wiederkommen, in dem das Tal ein einziges duftendes Blütenmeer sein soll voller wilder Rosen, blühender Kräuter, wilder Narzissen und  allem, was Auge und Herz begehren.




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Über die Unterkünfte möchte ich später noch ausführlicher schreiben. Vorweg erwähnt die "Erscheinung in der Wildnis", in der wir uns nach einer ersten langen und anstrengenden Tagswanderung wiederfanden: das "Centro Culturale Borgata San Martino"  von Maria Schneider.




Hier weiterzuziehen in dem Bewusstein, dass es kaum wahrscheinlich ist, nochmal eine solche Perle, ein solches "Wunder" (Kunstinstallationen, freundliche, witzige, geistvolle Menschen, verspielt-verhätschelte zutrauliche  Tiere, exquisite Küche, liebevollst gestaltete Schlafgelegenheiten, eine Gästebibliothek und nicht zuletzt einen Fön in der Dusche ;)  inmitten der Einsamkeit zu finden, das fiel schon ein bisschen schwer. War aber die absolut korrekte Entscheidung. Denn: hier im Valle Maira muss dem lieben Gott eine kostbare Perlenkette zersprungen sein. Kostbarkeiten und immer wieder wenn auch immer wieder unterschiedliche Perlen finden sich an vielen Wegen. Die früheren Bewohner haben es erkannt und liebem Gott samt Gottesmutter eine Vielzahl an Kirchen, Kirchlein und Bildstöcken an Wege und Häuser gebaut und gemalt (siehe vorherigen Beitrag).



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Noch andere Wege verlaufen im bzw. durch das Mairatal. Zum Beispiel der "gta" (Grande Traversata delle Alpi). In ihn erstmal vorsichtig "reinzuschnuppern" war einer der "Hintergrundgedanken" im Vorfeld des Valle Maira - Wanderurlaubs. Und JA - der Funke glimmt nun auch diesbezüglich stärker ...



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Kein einziges "Steinmanderl" ist mir im Valle Maira zu Gesicht gekommen. Erstaunlich, da sie überall im Alpengebiet immer ausufernder vor sich hinwachsen. Also hab' ich die Gelegenheit wahrgenommen, diese importierte (Un?- ;)-sitte auch hier vorsichtig einzuführen und mein allererstes eigenes Steinmanderl selbst gebaut  :-D



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Hier und da auch einige "größere" Ortschaften in den etwas höher gelegenen Regionen. Meist nur von wenigen Menschen dauerbewohnt. Wenn überhaupt.



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28 September 2011